Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Anonym

Bewertungen

Insgesamt 140 Bewertungen
Bewertung vom 25.08.2024
Nach uns der Sturm
Chan, Vanessa

Nach uns der Sturm


gut

Leider nicht ganz wie erhofft

Vanessa Chan erzählt in „Nach uns der Sturm“ über die Zeit als Malaya noch zuerst von britischen, dann von japanischen Kolonialisten besetzt wurde. Da ich bisher nichts über die Geschehnisse in Malaya während des 2. Weltkriegs wusste, hat mich das Buch direkt angesprochen und umso spannender fand ich es, etwas über diese Zeit von einer malaysischen Autorin zu lesen. Leider war das Buch im Endeffekt nicht ganz wie erhofft.

Malaya, seit der Unabhängigkeit Malaysia genannt, hat eine harte Zeit hinter sich. Nach der britischen Besatzung, besetzen die Japaner das Land und stellen die Bevölkerung vor eine innere Zerreißprobe. In Rückblicken erfahren wir, wie es soweit kommen konnte. Denn Cecily hat durch ihre Arbeit als Spionin für die Japaner einst selbst daran mitgewirkt, dass diese an die Macht kamen. Doch was damals niemand wissen konnte, ist, wie brutal die Japaner die malaiische Bevölkerung behandeln würde. Wie die japanische Besatzung in all ihrer Brutalität abgelaufen ist, erfahren wir aus der Sicht von Cecilys drei Kindern. Hautnah erleben wir mit, welche erschreckenden Ereignisse in der Zeit der Besatzung passiert sind. So verschwindet z.B. von einem auf den anderen Tag einer von Cecilys Söhnen.

Geschrieben ist das Buch aus vier verschiedenen Perspektiven: da wäre zum einen Cecily Alcantar, dann ihr verschwundener Sohn Abel, der in ein Gefangenenlager verschleppt wird sowie ihre ältere Tochter Jujube, die in einem Teehaus arbeitet und die jüngere Jasmin, die sich im Keller versteckt, um nicht als Guniang verschleppt zu werden. An den vielen Perspektiven liegt auch meine Kritik. Jede Perspektive hat eine eigene, sehr harte Geschichte zu erzählen. So behandelt das Buch z.B. Themen wie Gewalt in Gefangenenlagern, Mord, Vergewaltigung,… Weil diese Themen so hart sind, wäre es meiner Ansicht nach besser gewesen, sie nicht alle in ein Buch zu packen, sondern sich eher auf ein bis zwei Themen und Persepktiven zu fokussieren, sodass man zu dem jeweiligen Thema und Charakter eine bessere Verbindung hätte aufbauen können. Insgesamt habe ich somit zwar einen guten Überblick über das ganze Geschehen in Malaya zu dieser Zeit bekommen, konnte jedoch zu keinem Charakter eine richtige emotionale Verbindung aufbauen. Dennoch hat mir das Buch gut gefallen, um besser zu verstehen, was die Bewohner Malaysias bis zur Unabhängigkeit alles ertragen mussten.

Bewertung vom 25.08.2024
Mit kaltem Kalkül / Die Sabine Yao-Reihe Bd.2
Tsokos, Michael

Mit kaltem Kalkül / Die Sabine Yao-Reihe Bd.2


ausgezeichnet

Rechtsmedizin spannend vermittelt

Der achtjährige Yasser lebt mit seiner Mutter in der Neuköllner High-Deck-Siedlung, bis er spurlos verschwindet. Doch seine Mutter traut sich nicht die Polizei zu rufen, da sie und Yasser ohne Aufenthaltsbewilligung illegal in Deutschland leben. So beauftragt sie den jordanischen Ex-Geheimdienstler Khalaf. Dieser findet heraus, dass aus der Siedlung vor vier Jahren schonmals ein Kind verschwunden ist. Schließlich wird auch Dr. Sabine Yao in den Fall involviert, als sie einen Toten der mit dem Verschwinden zu tun haben könnte, zu untersuchen hat. Wird es ihnen gelingen, Yasser rechtzeitig zu finden?

In seinen neusten Thriller verarbeitet Prof. Dr. Tsokos wieder spannende Fälle aus der rechtsmedizinischen Praxis. Neben dem Hauptfall rund um Yasser wird noch ein weiterer Fall am Rande eingearbeitet. Indem der Roman abwechselnd aus Yassers, Khalafs und Sabine Yaos Perspektive geschrieben ist, gelingt der Wechsel zwischen Ermittlungs- und rechtsmedizinischer Arbeit perfekt. Speziell bei diesem Thriller empfand ich die Vermittlung der rechtsmedizinischen Inhalte über die Fragen der Praktikantin und die geduldigen Antworten von Dr. Yao sehr verständlich gelungen und dabei dennoch vertieft. Die Kapitel sind wie gewohnt kurz gehalten und sorgen durch Cliffhanger immer wieder für Spannung.

Somit gelingt Tsokos mal wieder die ideale Abwechslung zwischen der Vermittlung von rechtsmedizinischem Wissen und der Aufrechterhaltung von Spannung. Perfekt für alle Fans der Rechtsmedizin.

Bewertung vom 19.08.2024
Juli, August, September
Grjasnowa, Olga

Juli, August, September


sehr gut

Guter Roman über Eheprobleme und jüdische Identität


Lou und Sergej stammen aus der Sowjetunion, leben mittlerweile in Berlin und sind beide jüdisch. Doch was bedeutet es heutzutage eigentlich jüdisch zu sein und vor allem wenn man als Jude in Deutschland lebt? Diese Frage wird umso relevanter für Lou und Sergej als ihre Tochter größer wird und sie vor der Frage stehen, wie sie ihrer fünfjährigen Tochter die Shoah begreiflich machen sollen ohne dass diese davon verstört wird. Mit der Zeit werden auch die Schwierigkeiten in Lous und Sergejs Ehe immer deutlicher. Während Lou nach Costa Rica zu einem Familientreffen reist, versucht Sergej alles, um an seine Erfolge als Pianist anzuknüpfen. Als Lou sich dann mit dem, was sie auf Gran Canaria erfahren hat, mit Sergej auseinandersetzen will, hat dieser keine Zeit für sie. Da er für eine Reportage mit einer Journalistin herumreist, ist für Lou gleich klar, dass er sie betrügt. Um mehr über ihre eigene Familiengeschichte herauszufinden, reist sie schließlich nach Tel Aviv. Ob Lou und Sergej es schaffen können, trotz ihrer Entfremdung und Meinungsverschiedenheiten, wieder zueinander zu finden, müsst ihr selber lesen.

Olga Grjasnowa setzt sich in ihrem neuen Werk intensiv damit auseinander, wie sich zwei Menschen entfremden können. Lous und Sergejs Auseinanderleben beginnt zunächst klein mit Meinungsverschiedenheit bezüglich der Erziehung ihrer Tochter und wird mit der Zeit immer gravierender bis Lou ihrem Mann nicht mehr vertraut. Der Roman setzt sich auch mit jüdischer Identität auseinander. Auf Gran Canaria erfahren wir dann auch, welche harte Vergangenheit Lous Mutter in der Sowjetunion erlebt hat. Der ganze Roman ist aus Lous Perspektive geschrieben, weswegen man schnell einen Zugang zu ihr findet. Doch auch die anderen Personen haben alle prägende Charaktereigenschaften, weswegen man sie gut auseinanderhalten kann. Grjasnowas Schreibstil ist sehr pointiert und eindringlich. Dadurch werden die angesprochenen Themen sehr präzise auf den Punkt gebracht. Einzigen Kritikpunkt den ich habe, ist dass ich mir eine noch intensivere Auseinandersetzung mit der jüdischen Identität gewünscht hätte. In der Hinsicht hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl, dass der Fokus hierauf etwas verloren ging.

Insgesamt ein guter Roman, von dem ich mir aber eine noch intensivere Auseinandersetzung mit der jüdischen Identität gewünscht hätte.

Bewertung vom 15.08.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


ausgezeichnet

Sehr berührend, wie Karnick die verschiedensten Lebensphasen authentisch darstellt


Frie und Robert kennen sich schon seit Schulzeiten. Schon damals verliebt sich Robert in Frie, doch immer wenn er ihr seine Liebe gestehen will, passt es nicht. Dieses nicht passen zieht sich durch Frie und Roberts weitere Beziehung. Ihre Leben laufen immer diametral und scheinen sich nicht ergänzen zu wollen. Als Frie und Robert sich das nächste Mal sehen, ist Frie Mutter einer kleinen Tochter, die all ihre Aufmerksamkeit beansprucht. Nochmals zwanzig Jahre später könnte eigentlich alles passen, doch auf einmal steht wieder etwas zwischen ihnen. Gelingt es Ihnen dieses Mal zueinander zu finden?

Julia Karnick gelingt es, jede Lebensphase der Protagonisten authentisch darzustellen. Seien es die Probleme während der Schulzeit, als frisch gebackene Mama, aber auch im Alter. Karnicks Schreibstil ist melancholisch, aber auch immer wieder tröstend. So legt sie den Finger in die Wunden und zeigt die negativen Seiten der jeweiligen Lebensphasen, aber auch wie man daran wachsen kann oder aber im Nachhinein anders darauf blickt. Dadurch hat mich „Man sieht sich“ stark berühren können. Jede Lebensphase, die die Charaktere durchleben, verändert sie natürlich auch. Diese Veränderung wird durch die Seiten total spürbar und bringt einen dadurch stark zum Nachdenken, insbesondere weil sich sowohl Fries als auch Roberts Leben ganz anders als gedacht, entwickelt hat. Karnick hat ihre Protagonisten somit in ihren Eigenschaften lebendig werden lassen, weswegen dieser Roman empfehlenswert für alle ist, die gerne mit Charakteren mitfühlen. Abgesehen von der Liebesgeschichte ist dieser Roman aber vor allem ein Roman übers Leben und damit auch etwas für alle, die gerne mal wieder einen anderen Blickwinkel aufs Leben erhalten wollen.

Bewertung vom 14.08.2024
Das Baumhaus
Buck, Vera

Das Baumhaus


sehr gut

Guter Thriller

Henrik und Nora fahren gemeinsam mit ihrem Sohn Fynn nach Schweden. Dort angekommen, berichtet Fynn ihnen immer wieder, dass er im Wald ein Baumhaus entdeckt hätte, in dem ein Mädchen gefangen gehalten würde. Doch seine Eltern glauben ihm nicht. Und eines Tages verschwindet auch Fynn. An dieser Stelle wird Rosa, die sich keine schönere Beschäftigung als die Forensik vorstellen könnte, für die Ermittlungen hinzugezogen. Rosa hat in der Nähe bereits ein Kinderskelett gefunden. Welche Verwicklungen hat der Fund der Leiche mit Fynns Verschwinden?

Die Geschichte wird aus den Ich-Perspektiven von Fynns Eltern, Henrik und Nora sowie aus Sicht der Emittlerin Rosa erzählt. Zudem gibt es mit Marla noch eine vierte Perspektive, die zunächst etwas verwirrend ist, uns nach und nach aber weitere Hinweise liefert, was passiert sein könnte. Eingangs konnte mich Vera Buck mit den vielen Perspektiven nicht überzeugen, weil es dadurch länger gebraucht hat, in den Fall zu finden. Doch ab dem Moment, in dem man in die Geschichte gefunden hat, bieten die unterschiedlichen Perspektiven tolle Anknüpfungspunkte für Twists. Die Charaktere werden in ihren Eigenarten wirklich gut ausgearbeitet und bieten dadurch die nötige Grundlage für spannende Wendungen. Für mich daher ein guter Thriller, dem es aber an dem ein oder anderen Nervenkitzel gefehlt hat.

Bewertung vom 05.08.2024
Als wir Schwäne waren
Karim Khani, Behzad

Als wir Schwäne waren


ausgezeichnet

Über das Zerrissen sein in einem neuen Land


„Als wir Schwäne waren“ spielt zu Beginn der 1990er Jahre im Ruhrgebiet und erzählt von einem Jungen, der mit seinen Eltern aus dem Iran ins Ruhrgebiet geflohen ist. Während sein Vater Deutschland als Kränkung erlebt, ist die Mutter von einer zuversichtlicheren Art geprägt und versucht in Deutschland anzukommen. Doch auch ihr Sohn erfährt schon in jungen Jahren, wie er in Deutschland als Fremder angesehen und behandelt wird und wendet sich so immer mehr der Gewalt, die in seinem Viertel herrscht, zu.

Direkt zu Beginn hat mich Khani mit seiner ausdrucksstarken Sprache in den Bann gezogen. Khanis Worte sind sehr bedacht gewählt, kein Wort ist zu viel. Stattdessen sind seine Formulierungen so bedeutungsvoll, dass ich das ein oder andere Mal die Sätze nochmals lesen wollte, weil es Khani so gut gelingt, begreifbar zu machen, womit man als Geflüchteter in einem neuen Land zu kämpfen hat. Was einem aus seiner früheren Heimat fehlt, aber auch in welcher Hinsicht „die Anderen“ einen nicht verstehen können. Khani findet Worte für das Zerrissensein in einem neuen Land und warum es so schwer ist, dieses als Heimat anzunehmen. Eindrücklich arbeitet er die sehr unterschiedlichen Blickweisen und Probleme, die die einzelnen Charaktere mit der neuen Heimat haben, heraus und zeigt aber gleichzeitig, wie jeder einzelne Charakter auf seine Weise damit zu kämpfen hat, Deutschland als neue Heimat anzusehen. „Als wir Schwäne waren“ eröffnet einem eine neue Perspektive und regt dadurch stark zum Nachdenken an. Mir hat das Buch durch seine aussagekräftige Sprache wirklich gut gefallen.

Bewertung vom 04.08.2024
Windstärke 17
Wahl, Caroline

Windstärke 17


sehr gut

Tolle Sprache


„Windstärke 17“ knüpft nahtlos an „22 Bahnen“ an und erzählt die Geschichte nun aus Idas Sicht weiter. Für Ida, die sich auch nachdem ihre große Schwester von zu Hause weggezogen ist, weiterhin um ihre alkoholkranke Mutter gekümmert hat, bricht eine Welt zusammen, als ihre Mutter an der Alkoholkrankheit stirbt. Ihr zu Hause fühlt sich nicht mehr wie eines an und auch zu Tilda will sie nicht. Nur möglichst weit weg. So landet sie auf Rügen und trifft dort auf den Kneipenbesitzer Knut, bei dem sie anfängt zu arbeiten und dessen Frau Marianne. Dann lernt sie Leif kennen, der ähnlich wie sie auch einige Päckchen mit sich herumzutragen hat. Auf einmal ist das Leben wieder erträglicher, bis das Leben doch wieder zurückschlägt…

Caroline Wahl drückt sich mit einer sehr modernen Sprache aus. Doch gerade dadurch empfand ich ihre Sprache als sehr realistisch. Wahls Dialoge sind auf das Wesentliche reduziert und sind dadurch sehr angenehm zu lesen. Aber auch ihre sonstigen Formulierungen sind sehr zielgerichtet geschrieben und schweifen nicht ins Überflüssige ab. Dadurch werden die Emotionen sehr greifbar und man leidet mit den Charakteren stark mit. Caroline Wahl schafft es somit ausgezeichnet, durch ihre Worte Menschen zu berühren, weswegen ich ihr Buch weiterempfehlen kann.

Bewertung vom 25.07.2024
Glow Like Northern Lights / Strong Hearts Bd.1
Stankewitz, Sarah

Glow Like Northern Lights / Strong Hearts Bd.1


sehr gut

Herzkrankheit und Island


Lilly flieht nach einem harten Schicksalsschlag von Berlin nach Island. Dort trifft sie auf Aron, den sie bereits aus dem Internet kennt, mit dem sie aber länger keinen Kontakt hatte und der dementsprechend noch nichts davon weiß, dass Lillys Bruder Luca gestorben ist. Doch Lillly und Aron verbindet, dass beide den Schmerz, den eine solche Krankheit mit sich bringt, nachvollziehen können und so steht Aron ihr nach anfänglichen Hindernissen beim Verarbeiten vom Lucas Tod bei.

„Glow like northern lights“ ist der erste Teil einer Dilogie. Um das Ende von Lilly und Arons Geschichte zu erfahren, muss man also auf jeden Fall auch Band 2 lesen. Sarah Stankewitz führt uns mit ihrer Protagonistin in die idyllische Atmosphäre Island. Durch viele Ausflüge, die Lilly und Aron unternehmen, wird Islands wunderschöne Natur real. Daneben fand ich es wirklich besonders, dass es zu zwei dieser Szenen überraschenderweise zwischen den Seiten schwarz-weiß Zeichnungen gab. Wer Romane mag, bei denen abseits von den Ausflügen in Island viel passiert, wird aber vermutlich an diesem Roman eher nicht so viel Freude habe, da der Fokus der Geschichte auf dem Verarbeiten der Gefühle der Protagonisten liegt. Nach dem krassen Plottwist kurz vor Ende, muss ich aber unbedingt auch Band 2 lesen.

Bewertung vom 24.07.2024
Bedrohliche Provence / Commissaire Leclerc Bd.10
Lagrange, Pierre

Bedrohliche Provence / Commissaire Leclerc Bd.10


sehr gut

Skrupellose Machenschaften


Albin Leclerc ist eigentlich schon im Ruhestand. Doch seine polizeiliche Arbeit kann er nicht ganz aufgeben und so hilft er der Polizei bei ihren Ermittlungen als polizeilicher Berater.
Als ihn also sein alter Bekannter Arnault Langlois um seine Hilfe bittet, weil seine Nichte und ihr Lebensgefährte verschwunden sind, hilft Albin tatkräftig mit. Doch bevor Albin es verhindern kann, kommt es noch zu weiteren Morden und umso dringender wird die Aufklärung des skrupellosen Täters…

Lagrange hat einen tollen Schreibstil, durch das sich das Buch schnell lesen lässt. Seine Kapitel sind nicht zu lang und zwischen den verschiedenen Kapiteln wechselt er öfters die Spuren, mit denen Albin versucht den Fall aufzuklären. Dadurch bleibt die Spannung konstant hoch. Auch wenn man bei den etwas mehr als 300 Seiten denken könnte, dass die Lösung sehr einfach sein würde, hat sich Lagrange eine spannende Thematik als Aufklärung der Tat ausgesucht. Lagranges Spur führt ihn bis nach Afrika und in tief verwurzelte Geschäftspraktiken. Die Thematiken, die für die Ermittlung am Rande relevant sind, sind sehr aktuell und deswegen umso interessanter aus der kriminaltechnischen Sichtweise zu lesen. Insgesamt konnte mich „Bedrohliche Provence“ gut unterhalten.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.07.2024
Und alle so still
Fallwickl, Mareike

Und alle so still


ausgezeichnet

Gesellschaftskritik


Und alle so still“ hat Mareike Fallwickl ihrem Sohn gewidmet, damit dieser versteht, wie sich das Denken der Männer ändern muss. Warum dies überhaupt notwendig ist, zeigt sie mit ihrem neusten Roman eindrücklich auf. Denn von einem auf den anderen Tag übernehmen die Frauen die Carearbeit nicht mehr, sei es beruflich für das Krankenhaus oder den Kindergarten, aber auch privat. Stattdessen legen sich die Frauen neuerdings einfach hin und machen nichts mehr. An welchen Stellen wird dies spürbar? Wie würde die Politik darauf reagieren? Und wie kann der Weg zur Veränderung aussehen?

Mareike Fallwickl nimmt in ihrem Buch eine sehr feministische Sicht ein. Sie legt die Finger auf die Wunde und zeigt auf, warum es so schwierig ist, die Frauen zu einem solchen Widerstand zu bewegen und warum Frauen überhaupt so viel stärker ausgebeutet werden. Besonders gut fand ich, dass sie aufzeigt, dass nicht nur Frauen ausgebeutet werden, sondern eben auch Personen mit Migrationshintergrund.

An Charakteren haben wir die Pflegefachkraft Ruth, Influencerin Elin, bei der nach einem One Night Stand die Frage bleibt, ob dies eine Vergewaltigung war und mit Nuri auch noch einen marginalisierten Mann, der sich irgendwie mit mehreren Jobs versucht über Wasser zu halten. Alle Charaktere haben eindrückliche Charaktereigenschaften, die passend zu der Ausgangslage gewählt sind und aufzeigen, wie Frauen, aber auch insbesondere Personen mit Migrationshintergrund ausgebeutet werden. Einzig und allein, dass der Roman alle anderen Männer eher stereotyp widerspiegelt, fand ich etwas schade.

Insgesamt würde ich diesen Roman allen, die sich gerne mit feministischen Themen auseinandersetzen, empfehlen.