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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Heather_H
Wohnort: 
Braunschweig

Bewertungen

Insgesamt 107 Bewertungen
Bewertung vom 04.01.2023
UNTEN
Moser, Rebekka

UNTEN


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Meine Nichte sah das Buch und fragte mich, ob ich den Titel auch so nichtssagend fand, als ich ihn das erste Mal las. Ich habe verneint, hatte aber anfangs nur eine ungefähre Vorstellung, warum das Buch so heißt. Beim Lesen wurde immer klarer: Der Titel ist Programm, auf so vielen Ebenen.

Die Autorin nimmt die Leser mit auf eine Reise tief in menschliche Abgründe. Sie schafft es scheinbar spielerisch leicht, eine spannende und packende Handlung mit vielen gesellschaftlich relevanten Themen zu verbinden, ohne dass eines davon darunter leidet. Es geht um Rassismus und so manches Erbe aus der Nazi-Zeit, um Trauer und Traumata und ihre Folgen, um das häufig noch tabuisierte Suchen nach professioneller Hilfe in psychischen Ausnahmezuständen. Und es geht immer wieder um Vorurteile, um Klischees und nicht passende Rollenzuschreibungen, die der Protagonist in Frage stellt und zu überwinden versucht.

Ich fand die Geschichte unglaublich dicht erzählt, eben weil neben der Handlung so viel angesprochen wird. Das Buch bietet nicht nur spannende Unterhaltung, sondern auch Gesellschaftskritik und viele Gedanken, die zum weiteren Nachdenken und In-sich-gehen einladen. Das hat mir außerordentlich gut gefallen.

Ihr Handwerk beherrscht Rebekka Moser sehr gut. Die Charaktere fand ich stimmig und authentisch, die Geschichte spannend und atmosphärisch erzählt, und so manche spannungsgeladenen Szenen haben es unmöglich gemacht, das Buch wieder aus der Hand zu legen. Rundum stimmig hat mich das Buch auf ganzer Linie überzeugt.

*FAZIT*
Ein Name, den ich mir merken werde, und ein Buch, das ich jedem Thriller-Fan, dem es nicht nur um Unterhaltung geht, wärmstens empfehlen kann.

Bewertung vom 04.01.2023
Die Herrschaft der Masken / Elias & Laia Bd.1
Tahir, Sabaa

Die Herrschaft der Masken / Elias & Laia Bd.1


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Es gibt Bücher, die man einfach nicht mehr aus der Hand legen kann. Dieses gehört für mich absolut dazu.

Das Cover wirkt auf mich etwas geheimnisvoll, und die im Buch beschriebenen Masken haben ich mir anders vorgestellt (das ganze Gesicht bedeckend), aber es stimmt toll auf die Story ein.

Die Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht von Laia und Elias erzählt, in beiden Fällen mit dem Ich-Erzähler. Weil die Charaktere sehr interessant angelegt sind und tiefe Einblicke in ihre Gedanken und Gefühle gestatten waren mir beide schnell sympathisch. Die erste Szene, in denen die Charaktere jeweils "vorgestellt" werden, ist bei beiden so interessant wie spannungsgeladen, dass ich sofort mittendrin war und unbedingt wissen wollte, wie es weiter geht. Ihre beiden Geschichten kamen mir nie wie zwei separate Erzählungen vor, sondern eher wie die zwei Seiten einer Münze: Ihre Leben könnten kaum unterschiedlicher sein, aber in ihren Überzeugungen und ihrem Antrieb sind sie sich sehr ähnlich.

Laia ist zu Beginn ein unbedarftes Mädchen, das ein hartes, aber glückliches Leben mit ihrem Bruder und ihren Großeltern führt - am Ende ist sie kaum wieder zu erkennen, und nicht nur bereit, sondern auch in der Lage, sämtlichen Widrigkeiten die Stirn zu bieten. Auch die Wandlung von Elias hat mir gefallen; auch wenn sie weniger extrem wirkt als bei Laia.

Die Neben- und auch die Randcharaktere fand ich spannend und authentisch. Da sie nie objektiv, sondern immer nur subjektiv aus der Sicht der Protagonisten geschildert werden, fand ich es toll, wenn eine Figur beiden begegnet, oder wenn die Protagonisten sich gegenseitig in Gedanken beschrieben haben, weil die Wahrnehmungen teilweise sehr unterschiedlich waren.

Der Schreibstil hat mir auch sehr gut gefallen. Er liest sich flüssig und angenehm, die Seiten flogen nur so dahin. Sabaa Tahir kommt ohne viele und ausführliche Beschreibungen aus, aber ich fand das Buch sehr atmosphärisch und konnte mir die Szenerie sehr gut vorstellen. Das Worldbuilding ist super gelungen. Nach und nach werden wie ganz nebenbei immer mehr magische Fantasy-Elemente eingeführt. Damit ist die Welt für mich jedes Mal ein kleines Stückchen gewachsen und komplexer geworden, aber ich fand es immer sehr stimmig,.

Überhaupt hat mich die Story beeindruckt. Der Spannungsbogen hat für mich nie nachgelassen - was auch an zahlreichen Cliffhanern liegen mag, aber vor allem an der tollen Erzählweise. und der gut durchdachten Handlung, in der sich viele spannungsgeladene Szenen mit etwas langesameren abwechseln, die den Charakteren oder der Storyline aber mehr Tiefe und Komplexität verleihen.

*FAZIT*
Ich habe dieses Buch quasi eingeatmet. Der Schreibstil, die Charaktere, der Spannungsbogen, hier stimmt einfach alles. Band 2 bis 4 sind auch schon bestellt.

Bewertung vom 04.01.2023
Schatten über Mauritz
Meyer, Ursula

Schatten über Mauritz


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Das Cover finde ich für einen Krimi relativ untypisch, und es hat meine Neugierde geweckt. Ich bin nicht enttäuscht worden: Hier stimmte für mich einfach alles.

Anfangs fiel es mir ein wenig schwer, den Überblick über die recht vielen Ermittler zu behalten, die die Protagonistin in diesem Fall unterstützen. Da dies bereits der elfte Band ist, hat sich die Autorin nicht die Zeit genommen, alle ausführlich vorzustellen. Doch ich habe sehr schnell gut hinein gefunden, da die Charaktere prima ausgearbeitet sind, und in den verschiedenen Szenen nicht nur die Namen genannt werden, sondern auch Kontext zur Figur gegeben wird. Überhaupt haben mir die Charaktere sehr gut gefallen. Ursula Meyer versteht es hervorragend, den Figuren Leben einzuhauchen, sie nahbar und authentisch und dadurch sympathisch werden zu lassen, sodass ich mit ihnen mit gefühlt und auch gelitten habe. Die Geschichte des kleinen Jungen ist mir unter die Haut gekrochen und hat mich so intensiv berührt, wie ich es in Krimis eher selten erlebe.

Mit viel Liebe zum Detail werden nicht nur die Charaktere beschrieben, sondern der gesamte Fall. Die Autorin skizziert gekonnt Orte und Wohnungen, schafft damit Atmosphären, in die ich mich gut hinein versetzen konnte. Dabei halten sich Handlungen und Beschreibungen gut die Waage, letztere bereichern ungemein, ohne aufzuhalten. Im Gegenteil, sie helfen, die einzelnen Facetten des komplexen Falles darzustellen. So analysieren und werten die fähigen und gründlichen Ermittler beispielsweise auch die Fußspuren im Sand des Spielplatzes aus, von dem der Junge verschwand. Überhaupt finde ich, dass hier gute Polizeiarbeit geschildert wird, und dass Spürsinn und Beharrlichkeit zum Erfolg führen, nicht Kommissar Zufall. Das hat mir sehr imponiert. Obwohl der Leser an einigen Stellen mehr weiß als Sieglinde und ihre Kollegen, konnte ich gut mit rätseln und war bei einigen Dingen auch auf der richtigen Spur, während ich andere bis zum Schluss nicht durchschaut habe - diese Mischung fand ich gelungen.

*FAZIT*
Ein komplexer, gut erzählter Fall, der mir unter die Haut ging. Sympathische und fähige Ermittler, die gründlich arbeiten. Und ein Schreibstil, der mich absolut abgeholt hat - hier hat für mich alles gestimmt.

Bewertung vom 16.12.2022
Ein Schuss Whiskey / Kulinarische Kriminalromane Bd.3
Henn, Carsten Sebastian

Ein Schuss Whiskey / Kulinarische Kriminalromane Bd.3


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Nach "Der Gin des Lebens" und "Rum oder Ehre" ist dies der dritte Band der "Hochprozentigen Trilogie". Ich habe alle drei gelesen und muss sagen, dass ich diesen Band tatsächlich noch besser finde als die anderen beiden, die mich auch schon sehr begeistert haben.

Das Setting in Dublin, die skurille "Drunken Poets Society" mit sehr liebevoll skizzierten Charakteren und der gesamte Plot, in dem es um vorgetäuschte und echte Morde, die Liebe zu irischem Whiskey und Literatur und besondere zu James Joyce' "Ulysses" haben mich ab der ersten Seite fasziniert und bis zum Ende nicht los gelassen. Dazu hat auch und insbesondere der Schreibstil beigetragen. Mit viel Humor skizziert der Autor seine Figuren und die Handlung, und hat mich des öfteren erheitert.

Die Figuren sind schräg und echte Individuen, das hat mir sehr gefallen. Ich fand sie authentisch und die Anspielung auf die "Dead Poets Society" (Club der toten Dichter) großartig. Es ist hier jedoch kein reiner Männerclub, und es geht nicht um das Rezitieren von Dichtung, sondern um das Verfassen eigener Texte, wobei jede und jeder im Club seinen Schwerpunkt hat. Hier passt der Protagonist Janus, der seine Schreibblockade mit Hilfe des irischen Whiskey zu überwinden versucht, hervorragend rein. 

Der Erzähler wechselt, neben den Kapiteln zu Janus und den Society-Mitgliedern erhält der Leser auch Einblicke in die Welt des Mörders. Diese werden als Audiotagebuch-Aufzeichnungen wiedergegeben, damit entwickelt sich quasi ein Stream of Consciousness (Bewusstseinsstrom). Das fand ich originell und sehr spannend, überhaupt hat mir die Erzählweise sehr gefallen. 

Der Plot hat mich ebenso begeistern können. Ich finde ihn originell und gut durchdacht, die Wendungen oftmals überraschend, ich konnte gut zu den Hintergründen miträtseln und bin bis zum Schluss nicht dahinter gestiegen. Also genau so, wie ich mir einen Krimi erhoffe.

*FAZIT*
Ein toller Plot, interessante Figuren, humorvoll erzählt. Dazu allerlei Wissenswertes rund um irischen Whiskey - dieses Buch ist Genuss pur.

Bewertung vom 13.12.2022
Miteinander durch die Babyzeit
Hummel, Inke

Miteinander durch die Babyzeit


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Dieses Buch beschäftigt sich mit der Babyzeit, also dem ersten Lebensjahr der Kleinen. In Vierteljahresabschnitten werden jeweils die gleichen Kategorien beleuchtet, beispielsweise, was das Baby schon denken und wahrnehmen kann, und wie kann man es dabei unterstützen kann. Und weil Babys in ihrer Entwicklung sehr individuell sind, helfen kleine Grafiken am obereren Rand der rechten Seite: Kann das Baby in Bauchlage schon etwas festhalten? Zieht es sich auf Knien schon an Gegenständen hoch? Dann ist dies der richtige Abschnitt.

Überhaupt ist das Buch sehr übersichtlich gestaltet. Durch farbliche Hervorhebungen wird Wichtiges gekennzeichnet und optisch hervorgehoben werden auch Tipps für die Mutter (die Eltern), die helfen, das Selbstvertrauen zu stärken.So kann man viel auch beim (erneuten) Durchblättern leicht wieder finden. Die Texte sind knapp aber prägnant, und sehr einfühlsam und liebevoll formuliert.

Im Zentrum steht, was das Kind jeweils braucht, und was für die Familie funktioniert. An einigen Stellen geht es zum Beispiel um das Vergleichen mit anderen Babys oder Kritik und einen gelasseneren Umgang damit. Alle (werdenden) Eltern werden wohl die Erfahrung gemacht haben, dass viele Menschen Meinungen zur Kindererziehung haben und diese auch ungefragt teilen, was mich teilweise sehr genervt hat. Hätte ich dieses Buch früher schon lesen können, wäre ich dem vielleicht anders begegnet.

Dieser bindungsorientierte Ansatz gefällt mir sehr gut, weil er keine Erwartungshaltung weckt, was das Kind in diesem oder jenem Alter können oder machen müsste, wie es viele andere Ratgeber tun. Stattdessen wird positiv vom Stand der Entwicklung des Babys ausgegangen und bestmögliche Hilfestellung geleistet.

*FAZIT*
Nicht einfach nur ein weiterer Babyratgeber, sondern ein besonders wertvoller und liebevoll verfasster. Ich wünschte, ich hätte ihn vor der Geburt meines Kleinen schon lesen können, werde ihn aber auf jeden Fall im nächsten halben Jahr häufig zu Rate ziehen.

Bewertung vom 06.12.2022
Ruhe sanft im Fichtelgebirge
Lochmüller, Jacqueline

Ruhe sanft im Fichtelgebirge


gut

*MEINE MEINUNG*
Den Plot fand ich sehr interessant und den Anfang mochte ich. Die Autorin nimmt sich Zeit, die zentralen Figuren vorzustellen, und holt damit Leser wie mich ab, die die beiden Vorgängerbände nicht kennen. Der Schreibstil hat mir gut gefallen, viele kleine Details helfen, Bilder vor dem inneren Auge enstehen zu lassen und ich konnte mich gut in die Szenerie hinein denken. Dann nahm die Story an Fahrt auf, und ich habe mich gefreut, weil es immer spannender wurde und ich gut miträtseln konnte. Mir haben sich viele Fragen gestellt, ich habe versucht, Zusammenhänge herzustellen und wollte unbedingt wissen, ob ich richtig liege oder ob die Autorin falsche Fährten gelegt hat. Kleine Cliffhanger und aus verschiedenen Perspektiven geschriebenen Kapitel haben mich zum Weiterlesen animiert.

Ich bin mit der Protagonistin, Kristina Herbich, jedoch nicht ganz warm geworden. Ich konnte manche ihrer Prioritäten und Entscheidungen nicht ganz nachvollziehen. Vielleicht fehlte mir hier Wissen aus den zwei ersten Bänden, jedenfalls fand ich sie manchmal inkonsequent und ihr Verhalten nicht in sich stimmig. Die anderen Abschnitte aus Sicht der anderen Figuren, insbesondere Kommissar Breuers, haben mir deutlich besser gefallen. Mit der Zeit wurde jedoch auch hier das Störgefühl leider immer ausgeprägter. Die Ermittlungen fand ich wenig systematisch und zielgerichtet, Spuren werden nicht konsequent zuende verfolgt, stattdessen wird mal hier und mal da ermittelt. Zudem häufen sich Zufälle in der Handlung, die mir mit der Zeit immer konstruierter vor kam. Dazu lag ich gegen Ende mit fast allen Vermutungen richtig, wirklich überraschen konnten mich die Auflösungen nicht.

*FAZIT*
Die Figuren waren mir größtenteils nicht sympathisch, es waren mir zu viele Zufälle und zu wenig Ermittlungsgeschick. Schade - ich hatte mir mehr versprochen.

Bewertung vom 06.12.2022
Snowflakes All Around Us. A Royal Christmas Romance (Wunderschöne Winter-Romance im verschneiten Skandinavien)
Saxx, Sarah

Snowflakes All Around Us. A Royal Christmas Romance (Wunderschöne Winter-Romance im verschneiten Skandinavien)


sehr gut

*MEINE MEINUNG*
Das Cover ist einfach nur wunderschön und hat mich sofort verzaubert. Es verspricht eine wundervoll weihnachtliche, aber auch kitschige Liebesromanze, und der Inhalt hält, was das Cover verspricht.

Auch das Setting ist wunderschön: Der Königspalast inmitten des verschneiten Winterwunderlands von Fjarora, einem kleinen fiktiven Königreich zwischen Schweden und Norwegen. Vor allem die Beschreibungen der Schlittenfahrten durch den tiefen Schnee haben mir sehr gut gefallen und mich, wie erhofft, in Winter- und Weihnachtsstimmung versetzt.

Die Geschichte selbst ist ein kleines romantisches Märchen: Bürgerliche trifft auf Prinzen, und beide verlieben sich unsterblich ineinander. Bei einem Buch wie diesem erwarte ich nicht, dass die Geschichte realistisch ist, sie darf auch gern märchenhaft-kitschig sein, und das ist sie hier definitiv. Das hat mich weniger gestört, und ist an so manchem grauen Wintertag sicherlich genau das Richtige.

Doch es waren mir ein wenig zu viele Zufälle. Damit, dass Emelies Mutter ausgerechnet aus Fjarora stammt und Emelie deswegen fließend schwedisch kann, war ich einverstanden, obwohl das schon ein großer Zufall ist. Aber dass Emelie dann auch noch schwedische Gebärdensprache kann, war mir ein wenig zu viel. Auch weitere Zufälle - Emelie scheint die einzige aus der königlichen Konditorei zu sein, die der Königsfamilie im Palast begegnet, und das auch mit einer gewissen Regelmäßigkeit - fand ich in der Gesamtschau einfach zu viel des Guten.


Die Kapitel werden abwechselnd aus Sicht von Emelie und Frederik erzählt, und die wechselnden Perspektiven fand ich interessant, weil man dadurch mehr Einblick in die jeweilige Gedankenwelt erzählt, und die Charaktere an Tiefe gewinnen. Jedoch liegt auch genau hier mein nächster Kritikpunkt: Ich fand die Wandlung von Frederik, der anfangs noch ganz anders beschrieben wird, als er sich im Verlauf des Buches verhält, nicht wirklich glaubwürdig. Auch Emelie kam mir manchmal reichlich naiv und auch ein wenig lebensfremd vor. Beide Protagonisten und auch manche Nebenfiguren verhalten sich für mich nicht immer stimmig und nachvollziehbar, sondern eher der Geschichte und der Dramaturgie als authentischen Charakteren geschuldet. Das fand ich ein wenig schade.

*FAZIT*
Eine kitschige Liebesgeschichte in einem wundervoll winterlichen Setting - leider nicht ganz rund, aber hat ihren Zweck, mich in romantische Weihnachtsstimmung zu versetzen, erfüllt.

Bewertung vom 03.12.2022
Der Strand - Vermisst / Engelhardt & Krieger ermitteln Bd.1
Sander, Karen

Der Strand - Vermisst / Engelhardt & Krieger ermitteln Bd.1


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Mich hat das Buch von der ersten Seite an gepackt.

Die Idee der spurlos verschwundenen gehörlosen Lilli - ganz in der Nähe der Stelle, an der ihre Mutter vor 19 Jahren gewaltsam ums Leben kam, fand ich sehr spannend. Gleichzeitig erhält ihre Freundin, mit der die junge Frau verabredet gewesen ist, kryptische Nachrichten von Lillis Account. Was hat es damit auf sich? Wo sollen die Ermittler anfangen, zu suchen? Der Plot ist komplex und gut erzählt - die Ermittler stoßen immer wieder auf neue Fragen und Ungereimtheiten, und kaum jemand scheint ihnen die (ganze) Wahrheit zu erzählen. Die an sich schon interessante Geschichte wird durch Cliffhanger und Wendungen ergänzt, sodass der Spannungsbogen konstant hoch gehalten wird; ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.

Der Erzähler fokussiert sich nicht nur auf die beiden Ermittler, einige Abschnitte werden aus der Sicht von Nebenfiguren erzählt. Dadurch entstehen Nebenstränge, die Komplexität des Falles wird deutlicher und auch die Nebenfiguren gewinnen an Tiefe. Einige private Szenen helfen, den Charakter der Ermittler greifbar zu machen, und ich fand beide sympathisch und authentisch. Das Verhältnis von Ermittlungen zu Charakterszenen fand ich ausgeglichen, Längen sind für mich dadurch nicht entstanden. Neben den Figuren steht eindeutig die Handlung im Fokus, dabei kommt die Autorin ohne viele Beschreibungen aus; sie skizziert aber so viel, dass ich mir den fiktiven Ort Sellnitz und die Szenerie gut vorstellen konnte.

Ich freue mich schon sehr auf den Folgeband und werde Tom Engelhardt und Mascha Krieger sehr gern weiter bei ihren Ermittlungen begleiten.

*FAZIT*
Toller Plot, sympathische Charaktere, guter Schreibstil - ein rundum gelungener Trilogie-Auftakt.

Bewertung vom 30.11.2022
Maschenmord / Der Handarbeitsclub ermittelt Bd.1
Kramer, Leonie

Maschenmord / Der Handarbeitsclub ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Mein persönliches Highlight sind die velen Anspielungen und Wortspiele rund ums Stricken, wie beispielsweise "Ein Anschlag ist nur beim Stricken harmlos" oder "Eine Masche kann eine einfache Fadenschlinge oder gemeiner Betrug sein". Ich fand sie einfach nur herrlich.

Den Schreibstil auch. Die Autorin hat eine sehr angenehme, humorvolle Art, die Dinge und Personen zu beschreiben, und die Seiten flogen nur so dahin. Der Erzähler begleitet abwechselnd verschiedene Figuren, sodass der Leser manchmal mehr weiß als der Ermittler, aber ich habe bis zum Schluss im Dunkeln getappt und war nicht sicher, wer denn nun der Mörder ist. 

Der Protagonist Tim Wallenstein hat sich frisch in die Bayerische Idylle versetzen lassen, und ist mit vielen Gepflogenheiten noch nicht vertraut. Wunderbar fand ich beispielsweise die Szene, als er eine Leberkäsesemmel bestellt und nicht weiß, dass er süßen Senf dazu bekommt. Manches mutet ihm auch befremdlich an, aber genau diesen Blick "von außen" auf den bayrischen Ort fand ich sehr interessant. Im Gegensatz zu ihm sind die Damen des Handarbeitsclubs bestens im Ort integriert und vernetzt und beginnen ihre eigenen Ermittlungen. Anfangs hatte ich ein wenig Mühe, den Überblick über die vielen (vor allem) Frauen im Ort zu behalten, doch das gab sich sehr schnell. Die meisten Figuren bleiben relativ oberflächlich, doch die Hauptcharaktere werden dem Leser ausführlicher vorgestellt, und durch gut eingeflochtene Hintergrundinformationen erhalten sie mehr Tiefe.

Der Plot hat mir gut gefallen. Ich wurde immer wieder überrascht, konnte gut mit rätseln, habe mich im Nachhinein über viele falsche Fährten und einige Hinweise, die ich richtig gedeutet habe, gefreut. 

*FAZIT*
Dieses Buch hat mich rundum begeistert. Ich mochte den Humor sehr, konnte den Charakteren viel abgewinnen, fand den Plot interessant und spannend erzählt, und als Sahnehäubchen gibt es die Strickanleitung für die Mordwaffe - einen Lace-Schal - im Anhang obendrauf.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.11.2022
Zorn der Lämmer
Wehnhardt, Daniel

Zorn der Lämmer


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Anders als der Klappentext nahelegt, beginnt die Geschichte bereits 1943, im Getto im litauischen Wilna (heute Vilnius). Im Zentrum steht die reale Figur des Abba Kovner sowie seine engsten Vertrauten. Ich bin nicht sicher, ob alle Figuren realen Vorbildern nachempfunden sind, oder ob auch fiktive Charaktere darunter zu finden sind, doch letztlich macht es keinen Unterschied.

Der Autor muss die geschichtlichen Hintergründe sehr genau recherchiert haben, das wird deutlich. Eindrücklich und ungeschönt beschreibt er die Zustände im Getto, die Grausamkeiten der Nazis, den Überlebenskampf der Juden und den beginnenden Widerstand. Die Flucht in die Wälder, und nach Ende des Krieges die Gründung der Nakam. Viele Szenen gingen mir unter die Haut, sicherlich auch deswegen, weil mir beim Lesen bewusst war, dass es keine Fiktion ist, sondern Realität war. Dieses Grauen, das mich beim Lesen erfasste, ließ den Hass der jüdischen Partisanen nicht nur auf die Nazis, sondern auf alles Deutsche, sehr nachvollziehbar werden.

Trotz des bedrückenden Inhalts lässt sich das Buch wegen des guten Schreibstils sehr flüssig lesen. Der Erzähler betrachtet abwechselnd die verschiedenen Hauptfiguren, deren Wege sich im Verlauf trennen und wieder kreuzen. Daneben gibt es einige Absätze aus Sicht von Nebenfiguren, die helfen, ein ganzheitliches Bild von der Situation zu bekommen. Einblicke in die Gedanken, Gefühle, Ängste und Konflikte der Charaktere machen sie nahbar, wecken Sympathien und schaffen Verständnis. Mir jedenfalls hat das Buch einen neuen Blickwinkel auf die geschlichtlichen Ereignisse ermöglicht - von der Nakam hatte ich bislang noch nicht gehört, und obwohl ich ihre Taten nicht gutheißen kann, kann ich sie verstehen.

*FAZIT*
Daniel Wehnhardt schildert eindrücklich die historischen Ereignisse rund um die Geheimorganisation Nakam - ein Muss für jeden, dem die deutsche Geschichte nicht egal ist.