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Tänja

Bewertungen

Insgesamt 36 Bewertungen
Bewertung vom 26.03.2023
Das Ende der Ehe
Roig, Emilia

Das Ende der Ehe


ausgezeichnet

Revolution für eine Utopie
In "das Ende der Ehe" befasst sich Emilia Roig mit den patriarchalen Mustern, die die Ehe als Institution fördert. Sie ist dabei durch ihre persönlichen Erfahrungen motiviert, hat aber ein sehr wissenschaftliches Buch verfasst. Sie bezieht sich auf aktuelle Forschungsergebnisse, zeigt fehlende Forschungsbereiche auf und zitiert sowohl eindeutig feministische als auch allgemeine Quellen.

Zunächst entlarvt sie dabei, wie bereits Kindern der Wunsch nach einer heterosexuellen Liebesbeziehung und der Ehe eingetrichtert wird. Sie befasst sich dabei vor allem mit Erziehung und Prägung von Kindern. Es gelingt ihr sehr deutlich zu unterscheiden, was ihr persönlich und ihrem Umkreis passiert ist und was der allgemeine Usus in unserer Gesellschaft ist.

Durch die Unmengen an Quellen ( das Quellenverzeichnis umfasst fast 25 Seiten!) habe ich eine Menge aus diesem Buch gelernt und Interesse an der Bezugsliteratur entwickelt. Die Quellen sind hochaktuell und beziehen verschiedene feministische Richtung mit ein.

Das ganze Buch ist sehr revolutionär. Es geht hier nicht um eine leichte Kursänderung sondern um drastische Veränderungen. Schön finde ich dabei, dass es Roig gelingt absolut positiv zu sein. Es geht ihr um eine friedliche Revolution für mehr Gemeinschaft, mehr Miteinander und sie betont immer wieder, dass Feministinnen kein Matriarchat wollen sondern Gleichstellung. Sie erschafft eine Utopie, auf die ich beim Lesen immer mehr Lust bekam. Die Abschaffung der Ehe rückt immer mehr in den Hintergrund und der Blick richtet sich auf den Gedanken, was wäre, wenn die Ehe nicht das Ziel wäre, sondern Liebe, Freundschaft, Geborgenheit.

Außerdem begeistert mich an diesem Buch, wie wertschätzend sie schreibt. Sie wendet sich immer wieder an die Menschen, die sich von diesem Buch oder von Kapiteln ausgeschlossen fühlen könnten. Sie ist mitfühlend und selbstkritisch und zeigt auf, wie Gleichberechtigung für alle Menschen ein Gewinn sein kann.

Ich habe durch das Buch große Lust bekommen, neue Wege zu gehen und fühle mich inspiriert im Kleinen für eine gerechte Welt zu kämpfen.

Bewertung vom 19.03.2023
Keine gute Geschichte
Roy, Lisa

Keine gute Geschichte


ausgezeichnet

Wahnsinn!

Bei "Keine gute Geschichte" handelt es sich um eine schonungslose Erzählung in einem sogenannten Brennpunkt.

Den Erzählstil fand ich extrem clean. Die Protagonistin, Arielle, wirkt dadurch sehr authentisch. Ich hatte schnell das Bild einer abgestumpft jungen Frau vor mir, die viel erlebt hat. Und doch hat der Roman eine tiefe Emotionalität.

Der Roman beginnt schon in einem schrecklichen Setting. Arielle kehrt zurück ins Ghetto, weil ihre Oma gestürzt ist. Kurz zuvor sind zwei Kinder verschwunden sind, die Suche läuft.
Der Aufbau der Geschichte ist ziemlich krass. Erst hatte ich das Gefühl, es war doch schon schlimm und es wird immer schlimmer. Es gibt Abschnitte, die kaum zum Aushalten waren und nach denen ich das Buch beiseite legen musste. Und dann überraschte mich die Autorin in der ausweglos scheinenden Situation mit schwarzem Humor, der mich ganz unerwartet zum Lachen brachte.

Das Ende traf mich dann völlig unerwartet. Dabei ist es kein großer Plottwist, der die Lesenden umhaut. Es ist das Gefühl, dass hier twistet und mich ganz unerwartet zurücklässt.

"Keine gute Geschichte" ist hier einerseits Programm, weil von wirklich schrecklichem erzählt wird. Andererseits aber auch überhaupt nicht, weil es einfach ein großartiger Roman ist. Eine Gefühlswelt, in die sich eintauchen wirklich lohnt.

Bewertung vom 07.03.2023
Wer die Hölle kennt / Alex Stern Bd.2
Bardugo, Leigh

Wer die Hölle kennt / Alex Stern Bd.2


sehr gut

Auch der zweite Teil der Alex Stern Dilogie ist ein haptisches Highlight. diesmal ist es ein gruselig totes Kaninchen, das sich vom Cover abhebt. Farblich ist es völlig anders gestaltet als der erste Teil, aber durch die Schriftart passt es auch im Regal zusammen.

Inhaltlich kann es mit "das neunte Haus" nicht ganz mithalten. Am ersten Band gefielen mir besonders, die Vielschichtigkeit der Charaktere und das enträtseln der Zusammenhänge. Neue Seiten an den handelten Personen gab es nun nicht mehr zu entdecken und auch die Zusammenhänge waren klar.
Dafür überzeugt dieser Band durch Spannung und Emotionalität. Besonders im mittleren Teil des Buches war ich von der Geschichte in einen Bann gezogen. Die Schicksale der Personen haben mich sehr berührt.

Es fehlt auch zu Beginn der trockene Humor, der im ersten Teil die Geschichte auffängt. Das ist mir allerdings erst aufgefallen, als dieser wieder zurückkehrt. Der zweite Teil dieses Buches liest sich dadurch nochmal flüssiger und unterhaltsamer, auch wenn es durchaus gruselig zugeht.

Am Ende bekam ich auf jeden Fall Lust auf einen dritten Teil. Ich bin gespannt, ob Bardugo noch mehr Ideen und Geschichten in ihrem mystischen Yale entwickelt.

Bewertung vom 07.03.2023
Macht
Furre, Heidi

Macht


ausgezeichnet

Macht ist ein Buch, das von Anfang an Eindruck hinterlässt. Es geht um das Leben einer Frau Jahre nach einer Vergewaltigung. Für dieses Thema muss eine deutliche Triggerwarnung ausgesprochen werden.

Der Umschlag ist aufwendig gestaltet und die inneren Klappen zeigen zwei eindringliche Bilder. Die Gestaltung ist sehr stimmig.

Der Schreibstil der Autorin ist extrem flüssig, sodass ich schnell in der Geschichte angekommen war. Furre vermischt die Vergewaltigungserfahrung der Protagonistin mit sexuellen Grenzüberschreitungen, die wohl jede Frau kennt. Unangenehme Nähe und Berührungen auf Partys usw. Das schafft eine hohe Identifikation mit der Protagonistin und ein Bewusstsein für die Möglichkeit selbst betroffen sein zu können. Auch die Schilderung des Mutterdaseins und Berufes der Protagonistin, sowie der ein oder andere Witz im Dialog verdeutlicht noch einmal, dass einfach jeder passieren kann, was der Protagonistin wiederfahren ist.
Außerdem setzt sie sich sehr gekonnt mit der Frage auseinander, wo ein sexueller Übergriff beginnt. Sie greift wichtige Fakten und unbeantwortbare Fragen auf. Das war für mich als Lesende sehr emotional und hat mich zum intensiven Nachdenken angeregt.

Ich hatte etwas Angst vor der Schilderung der Tat an sich. Doch Furre ist es gelungen eine Vergewaltigung zu beschreiben, ohne das es für die Lesenden unaushaltbar ist.

Ich bin schwer beeindruckt, wie viel Furre in diesem doch relativ kurzen Buch zu sagen schafft. Definitiv keine Unterhaltungsliteratur, aber ein absolut fesselndes und wichtiges Werk.

Bewertung vom 07.03.2023
Männer sterben bei uns nicht
Reich, Annika

Männer sterben bei uns nicht


ausgezeichnet

"Männer sterben bei uns nicht" erzählt in kurzen Sequenzen die Geschichte dreier Generationen von Frauen, die zur Beerdigung einer Großmutter zusammen kommen.


Besonders gefällt mir schon das Cover, welches ein tolles Kunstwerk verwendet. Es lohnt sich eigentlich, das Buch nur zu kaufen, um dieses Bild im Schrank zu haben.

Die Geschichte beginnt mit einer spannenden Szene, in der die Protagonistin eine Leiche im See findet. Von da an war ich beim Lesen im Sog der Erzählung. Wobei Spannung nicht einmal das ist, was den Roman ausmacht. Er zeichnet sich eher durch einen klaren Schreibstil und sehr viel Tiefe aus.
Besonders ist an dem Buch außerdem, dass kein einziger Mann auftritt. Ich weiß gar nicht, ob ich das schon Mal in einem anderen Roman so gelesen habe.
Es geht in den Sequenzen, die in verschiedenen Jahren spielen, in der Regel um den Umgang der Frauen miteinander. Die Autorin findet dabei sehr eindringliche Bilder, wie Frauen sich das Leben teilweise gegenseitig schwer machen.

Ich finde, es ist ein wunderbarer Aufruf zu mehr Solidarität und Kommunikation. Ein Roman, den frau gelesen haben sollte.

Bewertung vom 07.03.2023
Wovon wir leben
Birnbacher, Birgit

Wovon wir leben


sehr gut

In diesem Roman geht es um eine Krankenschwester, die aufgrund einer Asthma Erkrankung und eines beruflichen Fehlers an einem Scheidepunkt ihres Lebens steht.

Der Roman überzeugt vor allem durch emotionale Intensität. Dabei sind es vor allem bedrückende Gefühle, die die Geschichte prägen.
Am Anfang steht die extreme Kraftlosigkeit der Protagonistin. Sie gerät in eine Trägheit, die den Roman so durchflutet, dass es mir teilweise schwer fiel weiter zu lesen. Durch den Spannungsaufbau in Bezug auf den beruflichen Fehler der Protagonistin gelingt es der Autorin aber die Lesenden dennoch am Ball zu halten.
Auch noch einmal interessant wird es, als die Autorin den Blick weitet auf die anderen, die im Umfeld der Protagonistin ohne Arbeit sind. Der herzkranke Städter, die ehemaligen Fabrikarbeiter, die Mutter und weitere sind von einer überzeugenden Vielfalt geprägt.

Das Ende ist dann an Spannung kaum zu überbieten. Mir fehlte aber ein wenig das Highlight im Mittelteil, sodass ich insgesamt vier Sterne vergebe.