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Alexandros
Wohnort: 
Erde

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Insgesamt 33 Bewertungen
Bewertung vom 09.04.2023
Ich, ein Sachse
Meffire, Samuel;Kittstein, Lothar

Ich, ein Sachse


sehr gut

Obwohl auch ich in Dresden geboren bin und seit 2003 wieder hier lebe, hatte ich von Samuel Meffire bisher nichts gehört. Umso gespannter war ich auf seinen Lebensbericht.

Wenn man am Tag der eigenen Geburt einen Elternteil verliert, ist das noch nicht unmittelbar traumatisch. Doch das Trauma entwickelt sich um einen herum. Im Fall von Meffire war es der Vater, der möglicherweise einem heimtückischen rassistischen Attentat zum Opfer fiel. Das Trauma befiel die Mutter, die ihre Wut am kleinen Samuel ausließ. Bei den mütterlichen Großeltern erlebte Samuel ein paar Jahre einer fast unbeschwerten Kindheit, wurde ihr jedoch wieder entrissen, bevor er erwachsen werden konnte.

Die Wendezeit war so etwas wie eine Zeit des chancenhaften Neuanfangs. Doch für einen Dunkelhäutigen wie Samuel auch die Zeit, in der die Menschen um ihn nicht mehr farbenblind waren. Er erlebte viel Rassismus, setzte sich dem als Türsteher in der Dresdner Neustadt aber auch immer wieder selbst aus. Dann versuchte er es als Polizist. Dann gründete er eine Art schlagkräftige Bürgerwehrtruppe.

Es kam, wie es kommen musste: Er legte sich mit den falschen Leuten an, flüchtete fast in den Tod, stellte sich und musste sieben Jahre absitzen.

Während der Schilderung all dessen erlebt man einen höchst unsicheren Menschen, der Anschluss sucht und mitmacht, um dazuzugehören. Dazwischen lernt er Frauen kennen, verliebt sich, vergeigt es aber irgendwann immer. Bis auf die eine, die auch in seiner Zeit im Gefängnis zu ihm hält. Sie und die beiden Kinder sind heute Samuels Lebensanker.

Fazit: Die Geschichte von Samuel Meffire ist für einen Lebensbericht geradezu poetisch. Zuweilen trieft sie mir ein wenig zu sehr vor Selbstmitleid. Deshalb ein Stern Abzug. Auch wenn er unschuldig auf die Welt kam und viel Leid erfahren hat, ist er für seine Lebensentscheidungen selbst verantwortlich. Doch dafür hat er gebüßt und mit Hilfe seines Psychiaters seine Traumata aufgearbeitet. Es ist ihm zu wünschen.

Bewertung vom 09.04.2023
Asterix und Obelix im Reich der Mitte
Gay, Olivier;Tarrin, Fabrice

Asterix und Obelix im Reich der Mitte


weniger gut

Auf dieses Heft hatte ich mich sehr gefreut, obwohl ich ob des Themas etwas skeptisch war. Asterix und Obelix in China? Die historischen Gallier waren dort nie und auch nicht die Römer. Weshalb also diese Geschichte?

Zunächst einmal ist das ein Heft zum etwa zeitgleich erscheinenden Film, von dem ich bereits ein paar Ausschnitte gesehen habe. Alles sehr klamaukig und überdreht. Auch das Heft ist kein klassischer Asterix-Comic, sondern explizit für kleine Kinder konzipiert. Es gibt große Bilder, dazu jeweils einen Textabschnitt. Die Bilder sind allesamt wirklich gut. Deshalb vergebe ich auch zwei Sterne.

Was aber wirklich unterirdisch ist, sind die Texte. Weder hat das Heft eine stringente Geschichte, die Sinn ergibt, noch macht es Lust weiterzulesen. Asterix und Obelix streiten sich ständig und völlig grundlos. Dann will Asterix plötzlich kein Wildschwein mehr essen, nur noch Gemüse und auch der Zaubertrank kommt als Aufputschmittel Drogen gefährlich nahe. Die Dialoge sind sehr nahe an kindlichem Gequengel geschrieben und in einem derart einfachen Deutsch geschrieben, das auch stilistisch schlimm ist, dass das Lesen zur Qual wird.

Fazit: Wer sich das Heft zulegt, klebt am besten die Texte ab und erfindet seine eigene Geschichte entlang der Bilder. So hat diese neue Asterix-Veröffentlichung vielleicht doch noch einen kleinen Mehrwert. Ansonsten leider nicht empfehlenswert.

Bewertung vom 06.03.2023
Dschomba
Peschka, Karin

Dschomba


ausgezeichnet

Die Covergestaltung ist minimalistisch und zeigt ein paar gestutzte blutrote Bäume. Der Titel: "Dschomba" - was soll das sein? Und genau diese Frage hat mich dazu gebracht, die Leseprobe zu lesen. Bin zuerst gar nicht hineingekommen. Der Stil war einfach anders und unterschied sich so von meinen Lesegewohnheiten, also anderen Romanen oder überhaupt Literatur.

Dennoch: Irgendwas war an dem Roman. Und so las ich weiter. Irgendwann konnte ich dazu nicht mehr nur auf der Couch oder auf einer Bank sitzen und still lesen. Also stand ich auf, ging in meiner Wohnung auf und ab und rezitierte mir selbst laut vor. Was für eine Offenbarung!

Dragan Dschomba ist Serbe und kam 1954 ins oberösterreichische Eferding, in den Wohnort der Autorin Karin Peschka. Oder sollte man schreiben: Er tanzte sich in den fremden Ort hinein? Jedenfalls wurde er tanzend auf dem Friedhof entdeckt. Der Protagonist führte sich direkt auf, und die Einheimischen waren entsetzt.

Aus dieser Einführung entspinnt sich ein Hin und Her zwischen dem ersten Jahr Dragans in Eferding und dem Jahr 1977, also dreiundzwanzig Jahre später, als die Autorin zehn Jahre alt war und in der Gaststube der Familie mithalf, schlägt aber auch einen Bogen in die heutige Zeit.

Karin Peschka erzählt vom Suchen und Ankommen, vom schwierigen Sich-aneinander-Gewöhnen zwischen Neuankömmlingen und Einheimischen in der ländlichen Umgebung. Sie erzählt davon, wie Außenseiter der einheimischen Gemeinschaft sich zu Ankerpunkten für Zugewanderte entwickeln können, wie das Seltsame an Menschen erklärbar wird, wenn man sich einerseits öffnet, andererseits ein offenes Ohr hat. Der Roman erzählt von beidseitigen Traumata, von verschwiegenen Ereignissen und Orten, vom Leben und vom Tod.

Fazit: In die Sprache musste ich mich erst einfinden, aber wenn man sich darauf einlassen kann, hat der Roman sehr viel zu geben. Dschomba ist eines der wenigen Bücher, die ich wahrscheinlich zweimal lesen werde und jedem ans Herz legen kann. Unbedingt lesen!

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