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Christina19

Bewertungen

Insgesamt 50 Bewertungen
Bewertung vom 08.10.2023
The Marmalade Diaries
Aitken, Ben

The Marmalade Diaries


sehr gut

Eine Mehr-Generationen-WG in einer außergewöhnlichen Zeit

Ben Aitken erzählt in seinem Tagebuch davon, wie er nach Ausbruch der Pandemie im Jahr 2020 bei der 85-jährigen Winnie einzog. Diese war nach dem Tod ihres Mannes Henry seit Kurzem verwitwet und benötigte neben ein wenig Gesellschaft auch Unterstützung bei der Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben in dem großen Eigenheim. Während sie es Ben anfangs nicht leicht machte, lernte er die alte Dame mit all ihren Eigenheiten allmählich kennen und lieben.

Der Autor berichtet in seinem autobiografischen Werk in Form von Tagebucheinträgen von seinen Erlebnissen mit Winnie. Während der gemeinsamen Zeit verhält er sich hilfsbereit und stets freundlich, während Winnie zunächst sehr barsch und unbarmherzig erscheint. Im Lauf der Geschichte lernt man sie zunehmend besser kennen und erfährt, dass sie trotz ihres hohen Alters ihre Aufgabe noch immer darin sieht, sich als Familienoberhaupt um alle zu kümmern und besonders ihren beeinträchtigten Sohn im betreuten Wohnen zu bemuttern. Hinter Winnies oft ironischen, fast sarkastischen Aussagen steckt somit eine doch liebenswürdige Frau, die es nur nie gelernt hat, ihre Gefühle, v. a. ihre Liebe für ihre Mitmenschen zum Ausdruck zu bringen.
Ben Aitken versteht es, die Ereignisse durch seinen Erzählstil sehr amüsant zu transportieren. Auch wenn mir ein wenig der Spannungsaufbau fehlte, hat mich das Buch somit gut unterhalten.
Ben Aitken zeigt auf, wie schwer der Verlust eines Menschen wiegt und wie hart uns Einsamkeit treffen kann. Er beweist außerdem, dass mehrere Generationen unter einem Dach eine gute Gemeinschaft bilden können, die füreinander sorgt und voneinander lernt. Zuletzt stellt das Buch die Frage in den Raum, weshalb es so schwer ist, Menschen, die wir lieben, zu sagen, was sie uns bedeuten. Es transportiert die Botschaft, sich öfter zu trauen, Gefühle auszusprechen.

Bewertung vom 29.09.2023
Die Magd des Medicus
Fritz, Astrid

Die Magd des Medicus


sehr gut

Medizingeschichte als Roman verpackt

Der Roman spielt im 16. Jahrhundert und ist eine Mischung aus historischen Fakten und Fiktion. Die wenigen überlieferten Informationen aus dem Leben von Paracelsus sind gut recherchiert und geschickt in einen größeren Kontext verpackt. Mit Barbara wird dem Medicus nämlich eine Magd an die Seite gestellt, von deren tatsächlicher Existenz heute nichts bekannt ist und die somit der Feder der Autorin entspringt. Barbara tritt, gemessen an der Zeit, in der sie lebte, recht selbstbewusst auf. Theophrastus dagegen wird als sehr ambivalente Persönlichkeit dargestellt: Einerseits ist er der bodenständige und einfühlsame Arzt, der sich vor allem den Bedürftigen widmet, andererseits kann er sehr aufbrausend sein, neigt mitunter zum Größenwahnsinn und behandelt Kollegen öfter herablassend. Während er zu Lebzeiten nur eingeschränkt Achtung erfahren hat, wurden vor allem nach seinem Tod viele seiner Schriften veröffentlicht und so gilt Paracelsus heute zu Recht als einer der Wegweiser der Naturheilkunde.
Die Erzählung von Theophrastus‘ Leben und Wirken ist interessant beschrieben, gerät an der einen oder anderen Stelle für mich jedoch etwas zu langatmig. In der zweiten Hälfte des Buches hatte ich zudem ein wenig Schwierigkeiten, mir die Stationen seiner Reise und die damit in Verbindungen stehenden Nebenfiguren noch vollständig zu merken. Sprachlich ist die Geschichte der Epoche angepasst, in der sie spielt. So ist der Roman mit einer Vielzahl an Wörtern gespickt, die man heute kaum mehr verwendet, die hier aber dafür sorgen, dass man sich als Leser sofort in der Zeit zurückversetzt fühlt. Im Anhang befindet sich dafür ein sehr ausführliches Glossar, das das Verständnis deutlich erleichtert.
Für Liebhaber historischer Romane und/oder Leser, die sich für Medizingeschichte interessieren, ist dieses Buch empfehlenswert!

Bewertung vom 23.09.2023
Die graue Stadt
Kuhlmann, Torben

Die graue Stadt


ausgezeichnet

Eine bedeutsame Botschaft mit viel Liebe gestaltet!

„Die graue Stadt“ ist das neue Kinderbuch von Torben Kuhlmann. Es erzählt von Robin, die mit ihrem Vater in die Stadt zieht und dort jegliche Farben vermisst: die Häuser, die Autos, selbst die Menschen sind grau. Bald schon kommt sie der Ursache für die Monotonie auf die Spur und kämpft mit ihrem neuen Freund für eine bunte Welt.
Die Geschichte rund um Robin ist kindgerecht formuliert, sodass sie für Grundschüler gut verständlich ist und sich zum Vorlesen bzw. für ältere Schüler zum selbstständigen Erlesen eignet. Dabei überzeugt sie mit einem gewissen sprachlichen Niveau hinsichtlich der Wortwahl, der Grammatik und des Satzbaus. Das Buch bietet sich in meinen Augen allerdings nicht nur für junge Rezipienten an, sondern hält auch für erwachsene Leser die eine oder andere Stelle bereit, die zum Schmunzeln, Staunen oder Nachdenken anregt.
Wie in allen Büchern von Torben Kuhlmann lebt auch diese Geschichte durch die tollen Illustrationen. Die Bilder sind sehr stimmungsvoll, absolut bezaubernd und zeugen von dem großen Talent des Autors. Es macht immer wieder Freude, durch die Seiten zu blättern und die Zeichnungen auf sich wirken zu lassen!
„Die graue Stadt“ zeigt, dass Kinder alles erreichen können, wenn sie den richtigen Verbündeten an ihrer Seite wissen und fest an ihr Ziel glauben. Die Geschichte ist darüber hinaus aber noch so viel mehr: Sie wendet sich gegen das triste Grau – und damit ein Stück weit auch gegen Anpassung und Unterordnung. Sie steht stattdessen für Farben, für Fröhlichkeit und setzt sich für Vielfalt in der Gesellschaft ein.
Torben Kuhlmann beweist mit seinem neuen Buch einmal mehr, was er kann! Große Empfehlung!

Bewertung vom 18.09.2023
Ich, Sperling
Hynes, James

Ich, Sperling


ausgezeichnet

Das ungeheuerliche Leben eines Sklaven im Römischen Reich - absolut fesselnd!

"Ich, Sperling" ist ein Buch, das sich kaum in einem Wort beschreiben lässt. Die Geschichte um Pusus, auch Antinoos genannt, ist gewaltig, oft erschütternd, streckenweise berührend und zu jeder Zeit absolut fesselnd.
Im Mittelpunkt steht ein Sklave, der als alter Mann am Ende seines Lebens die Erlebnisse in seiner Kindheit niederschreibt. Er wächst in einer Taverne mit angeschlossenem Bordell auf, wo er zunächst in der Küche und im Gastraum hilft, ehe er die Wölfinnen im Obergeschoss bei ihrer Arbeit unterstützen muss. Dabei bewegt er sich stets zwischen dem unmenschlichen Alltag, der gedanklichen Flucht als Sperling und der Liebe zu seiner Ziehmutter.
Der Autor schafft es, mit einem sehr eingängigen Schreibstil die grausame Realität aufzuzeigen, die das Leben der Sklaven mit sich brachte, ohne Dinge zu beschönigen oder gar zu romantisieren. Beim Lesen entstehen durch die detaillierten, mitunter auch nüchternen Beschreibungen lebendige Bilder vor dem inneren Auge, sodass die Geschichte intensiv erlebbar wird. Schnell kann man dabei vergessen, dass das Werk keinen historischen Aufzeichnungen entspringt, sondern vollkommen fiktiv ist.
Wenn ich etwas kritisieren müsste, dann die Tatsache, dass entgegen meiner Erwartungen nicht das gesamte Leben von Sperling thematisiert wird. Die Handlung endet, als er noch ein Kind ist. Obwohl das Ende stimmig ist und einen guten Abschluss bildet, frage ich mich, was als Erwachsener aus dem Protagonisten wurde. Musste er weiterhin als Prostituierter arbeiten? Wie gelangte er nach Britannien? An dieser Stelle hoffe ich auf einen zweiten Teil mit einer Fortsetzung, die ich nur zu gerne lesen würde.
Eine klare Empfehlung für "Ich, Sperling"!

Bewertung vom 13.09.2023
Das Mosaik meines Lebens
Wiebusch, Michaela

Das Mosaik meines Lebens


sehr gut

Der Weg zur Selbstfürsorge

Nachdem ihr die Verantwortung im Alltag zu viel geworden ist, nimmt sich Lisa eine Auszeit von ihrem Mann Fin und den beiden Kindern. Sie reist nach Griechenland, wo sie schon bald auf eine alte Bekannte trifft und mit ihr das "Mosaik des Lebens" entdeckt. In den darin dargestellten Frauen entdeckt sie Teile ihrer Selbst und findet schließlich den Schlüssel zum Glück.

Nach dem Lesen des Verlagstextes und der Leseprobe hatte ich bei diesem Buch einen Roman erwartet. Stattdessen handelt es sich jedoch um eine psychologisch-philosophische Erzählung.
Die Hauptfigur Lisa erfährt mit dem Mosaik von den 12 Urtypen des Ichs, die in jedem Menschen in unterschiedlicher Ausprägung vorhanden sind und die unser Denken und damit unser Handeln bestimmen. Lisa lernt jeden dieser Archetypen kennen, wobei ich als Leser bis zum Schluss meine Schwierigkeiten damit hatte, mir deren Namen einzuprägen und sie auseinanderzuhalten. Die Protagonistin begreift allmählich innere Vorgänge und lernt, dass man niemanden für die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse verantwortlich machen kann, sondern dass jeder Mensch seine Bedürfnisse selbst erkennen und formulieren muss. Sie entdeckt also, dass sie nicht das Opfer ihrer eigenen Umstände ist, sondern findet ihre Selbstwirksamkeit wieder. Damit gibt das Buch auch dem Leser einen Anstoß dazu, in sich hineinzuhören, auf seine Gefühle zu achten und ggf. Wünsche zu verwirklichen. Die Erzählung kann somit ein Ratgeber zu mehr Achtsamkeit sein.
Die Gestaltung des Buches gefällt mir gut. Den Einband finde ich sehr ansprechend und die Darstellungen, die die Geschichte ergänzen, greifen den Inhalt treffend auf.

Bewertung vom 06.09.2023
NOVA
Bacà, Fabio

NOVA


gut

Hass und Gewalt als Teil der Menschheit(sgeschichte)

Als seine Frau und sein Sohn bedroht werden, lernt sich Davide neu kennen. Trotz der Gefahr für seine Familie ist er nämlich nicht in der Lage, einzugreifen und sie zu beschützen. Stattdessen ist der Neurochirurg wie gelähmt und schaut zu, wie ein Fremder die Situation brutal klärt. Unfähig zu Gewalt macht sich Davide daran, seine Kräfte zu entdecken und zu lernen, diese einzusetzen.

In „NOVA“ lernen wir eine Hauptfigur kennen, die sehr gebildet erscheint und sanftmütig auftritt. Meinungsverschiedenheiten klärt Davide mit Worten – nichts läge ihm ferner als seinen Mitmenschen Schaden durch eine körperliche Auseinandersetzung hinzufügen zu wollen. Entsprechend beschreibt er sich selbst als „Feigling“. Dieser bleibt Davide jedoch nicht, denn er macht im Laufe des Romans eine deutliche Entwicklung durch: Er lernt Aggressionen, Wut und die damit verbundene Gewalt als Urinstinkte kennen, die in jedem Menschen tief verwurzelt sind und die sich nicht dauerhaft unterdrücken lassen. Sein Mentor vermittelt ihm jedoch, dass man die Gewalt beherrschen können muss, ehe sie den Menschen beherrscht. Nicht in jeder Situation gelingt das und so gipfelt auch der Roman in einem erschütternden Finale. Hier stellt sich die Frage, ob Wut, Hass und Gewalt wirklich der richtige Weg sind, um sich zur Wehr zu setzen.
Neben Davide stehen vor allem seine Frau Barbara und sein Sohn Tomasso im Fokus des Geschehens. Mit ihnen und ihren Erlebnissen enthält das Buch einige Nebenschauplätze, die zwar unterhaltsam, für den Kern der Handlung meines Erachtens jedoch nicht relevant sind.
Sprachlich empfand ich den Roman stellenweise etwas herausfordernd, da er viele fachliche Termini enthält, insbesondere solche aus dem medizinischen Bereich.

Bewertung vom 04.09.2023
Kleine Probleme
Pollatschek, Nele

Kleine Probleme


ausgezeichnet

Warum man seine Pläne nicht aufschieben sollte

Lars, 49 Jahre alt, Familienvater, hat große Pläne: Als Autor möchte er sein Lebenswerk, „das beste Buch der Welt“, schreiben. Außerdem will er mit dem Rauchen aufhören, muss noch die Steuererklärung machen und das Bett seiner Tochter sollte er auch noch aufbauen. Wäre da nicht die fehlende Motivation, die dafür sorgt, dass er alles vor sich herschiebt, über Tage, Monate, Jahre. Als der 31. Dezember anbricht und sich damit wieder ein Jahr dem Ende neigt, versucht Lars endlich all seine Punkte auf der To-do-Liste abzuhaken und damit Johanna, die nach 25 Jahren Beziehung Abstand von ihm genommen hat, zurückzugewinnen.

Auf das Buch bin ich durch sein Cover aufmerksam geworden, das ein Bild des japanischen Malers Ohara Koson ziert und mir ausgesprochen gut gefällt! Der dargestellte weiße Reiher im Regen spiegelt den Protagonisten perfekt wider. Auch Lars, aus dessen Perspektive die Geschichte erzählt wird, hat manchmal das Gefühl, im Regen zu stehen und abgehängt zu sein, denn aller Anfang ist schwer, wie er selbst feststellt. Als er nun am letzten Tag des Jahres all seine Aufgaben erledigen will, verlässt ihn immer wieder die Motivation. Er verliert sich ständig in Gedanken oder Erinnerungen, kommt dabei regelrecht ins Philosophieren und schweift mitunter sehr weit aus. All das kostet ihm eine Menge Zeit und so hatte ich als Leser das Bedürfnis, den Protagonisten wachzurütteln und anzutreiben. Ich konnte es Johanna, der Mutter seiner beiden Kinder, also gut nachempfinden, dass sie jahrelang das Gefühl hatte, sich um ihn kümmern zu müssen und schließlich Zeit für sich selbst brauchte.
Obwohl der Protagonist teilweise zu bedauern ist, schildert er seine Erlebnisse mit viel Humor, sodass ich an etlichen Stellen des Buches schmunzeln musste. Sprachlich war der Roman für mich sehr originell, da er mit teilweise langen Sätzen, manchmal unvollständigen Sätzen und kreativen Verbildlichungen daherkommt. Zuerst musste ich mich an diesen Erzählstil gewöhnen, fand dann aber doch schnell rein und habe ihn bis zum Schluss sehr genossen.
Eine klare Empfehlung für diesen Roman, mit dem Nele Pollatschek aufzeigt, warum man seine Pläne nicht aufschieben sollte.

Bewertung vom 30.08.2023
Der berühmte Tiefpunkt
De Gryse, Amarylis

Der berühmte Tiefpunkt


sehr gut

Essen ist auch (k)eine Lösung

Schon lange fühlt sich Marieke am Arbeitsplatz vergessen. Während ihre Kolleginnen mit den ihnen anvertrauten Senioren in einen Neubau wechseln durften, verbringt sie ihre Zeit als Pflegekraft noch immer in dem maroden Gebäude, kümmert sich alleine um die Bewohner ihrer Station und füttert ihnen tagtäglich dasselbe Essen. Als sie nun auch noch ihr Freund vor die Tür setzt, scheint Marieke am absoluten Tiefpunkt angekommen zu sein. Sie leiht sich ein Auto, in dem sie von nun an schläft, und hat kaum mehr als die Kleider, die sie am Leib trägt. In all ihrem Kummer spendet ihr vor allem Eines Trost: Essen. Der Grund hierfür liegt in ihrer Vergangenheit, die sie bald einholt. Schritt für Schritt schreitet Marieke voran und findet allmählich einen Weg aus ihrer Situation.

Der Roman erzählt in kurzen Kapiteln von der ebenso liebenswürdigen wie bedauernswerten Protagonistin. Man begleitet sie bei ihrer täglichen Arbeit in einem Pflegeheim, in dem deutlich die Missstände aufgezeigt werden – vom Personalmangel über die damit verbundene Knappheit an Zeit für die einzelnen Senioren bis hin zur inakzeptablen Wohnsituation. Regelmäßige Rückblenden bringen uns Marieke näher, indem sie Aufschluss über ihre Kindheit geben und ihr Verhältnis zu den Eltern und Geschwistern beleuchten. Was anfangs noch nicht zu erkennen ist, wird nach und nach immer deutlicher: Mariekes Erinnerungen an eine glückliche Kindheit trügen sie und hervor treten zerrüttete Familienverhältnisse und ein Kindheitstrauma, das bis in die Gegenwart strahlt. Eine besondere Rolle in ihrem Leben nimmt in diesem Zusammenhang die Zubereitung aufwändiger Gerichte und der Genuss der Speisen ein. Ihre Leidenschaft ist es schließlich, die ihr ein Stück weit bei der Befreiung aus ihrer miserablen Situation hilft. Obwohl das Ende einen positiven Ausblick gewährt, hätte ich mir gewünscht, dass Marieke ihre schwierige Kindheit besser aufarbeitet.

Bewertung vom 26.08.2023
Weil da war etwas im Wasser
Kieser, Luca

Weil da war etwas im Wasser


gut

Eine ungewöhnliche Idee mit einem Ende, das mich ratlos zurücklässt

In seinem Debütroman, der für den Deutschen Literaturpreis nominiert ist, bringt uns Luca Kieser einen Riesenkalmar näher. Als dieser ein Tiefseekabel berührt, beginnen seine Tentakel zu erzählen. Sie berichten zunächst von den Lebensgeschichten einer jungen Praktikantin auf einem Frosttrawler sowie einer älteren Frau, die für einen Geheimdienst in der Antarktis arbeitet. Durch einen Zufall treffen sie aufeinander, wobei dies, wie man noch erfährt, nicht die einzige Verbindung im Leben der beiden ist... Die Tentakel erzählen außerdem von Schriftstellern, die sich dem vermeintlichen Ungeheuer aus der Tiefsee gewidmet haben: Jules Verne, Peter Benchley und schließlich ein junger Autor der Gegenwart, der wiederum die Erlebnisse mit seinem eigenen „Tentakel“ schildert.

Die Idee, ein Tier bzw. dessen Gliedmaßen erzählen zu lassen, ist ebenso außergewöhnlich wie grandios. Der Autor schreibt dabei jedem Tentakel eine Eigenschaft zu: vom Armen über den Süßen bis zum Bisschen-Schüchternen. Jeder von ihnen vermittelt seine Geschichte, wobei die unterschiedlichen Erzählstränge und die Vielzahl an Figuren für mich mitunter etwas verwirrend waren. Sehr gelungen finde ich die Zusammenhänge, sie sich im Laufe des Romans auftun und dafür sorgen, dass sich alles mehr und mehr zu Gesamtbild zusammenfügt. Manche Stellen vermochten es, mich in ihren Bann zu ziehen, während sich andere mir nicht erschlossen und mich entsprechend ratlos zurückließen. Daher bin ich nun auch etwas nachdenklich über die Kernaussage des Romans, insofern es denn eine gibt: In meinen Augen geht es wohl darum, ein Tier wie den Kalmar nicht zum Monster zu degradieren, sondern als das faszinierende Wesen wahrzunehmen, das er ist. Es geht aber ein Stück weit auch darum, falsche Scham abzulegen, offen über alle erdenklichen Themen zu sprechen, insbesondere mit Sexualität aufgeschlossen umzugehen.
Zuletzt einige Sätze zum Aufbau des Buches, den ich als sehr besonders empfinde: Kieser verwendet in seinem Roman eine Reihe an Paratexten wie Fußnoten mit Anmerkungen oder Verweisen sowie einen Anhang mit Tagebucheinträgen und einem Familienstammbaum. Beim Lesen wird man aktiv aufgefordert, vor- oder zurückzublättern und in anderen Kapiteln zu lesen. Zum besseren Verständnis der Handlung sollte man diesen Anweisungen folgen.

Bewertung vom 21.08.2023
Werden Tomaten süßer, wenn ich sie mit Zuckerwasser gieße und kann ich mein Unkraut einfach aufessen?
Nex, Sally

Werden Tomaten süßer, wenn ich sie mit Zuckerwasser gieße und kann ich mein Unkraut einfach aufessen?


sehr gut

Außergewöhnliche Gartenfragen in sehr ansprechender Gestaltung

„Werden die Tomaten süßer, wenn ich sie mit Zuckerwasser gieße und kann ich mein Unkraut einfach aufessen?“ ist ein Nachschlagewerk für Hobbygärtner und solche, die es werden wollen. Anders als in den übrigen Gartenbüchern, die ich bereits besitze, werden in diesem Buch viele außergewöhnliche Fragen gestellt und ausführliche Antworten geliefert. Die Fragen sind sehr übersichtlich in fünf Kapitel eingeteilt:
1 Was baue ich an?
2 Wo baue ich an?
3 Erlebnis Eigenanbau
4 Wer knabbert an meinen Pflanzen?
5 Ernten und Verarbeiten
Unter den Fragen sind solche, die Hobbygärtner mit ein wenig Erfahrung bereits selbst beantworten können, z. B. Muss ich wirklich jedes Jahr alles neu aussäen? Das Buch enthält jedoch auch eine Vielzahl an Inhalten, die auch für erfahrene Gärtner interessant sind, z. B. wie man herausfindet, ob die Samen noch leben, wie man seinen eigenen Dünger herstellt und wie man ohne Komposthaufen kompostiert.
Besonders gut gefällt mir die Gestaltung der einzelnen Seiten. Diese sind sehr übersichtlich dargestellt und mit wahnsinnig schönen Illustrationen versehen.
Bestimmt werde ich dieses Buch noch öfter zur Hand nehmen - insgesamt ein gelungenes und zu empfehlendes Nachschlagewerk!