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Benutzername: 
mrs-lucky
Wohnort: 
Norddeutschland

Bewertungen

Insgesamt 197 Bewertungen
Bewertung vom 24.04.2023
Solange wir leben (eBook, ePUB)
Safier, David

Solange wir leben (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In seinem Roman „Solange wir leben“ erzählt David Safier die bewegende und zum Teil tragische Geschichte seiner Eltern. Sein Vater Josef, genannt Joschi stammt aus einer jüdischen Familie und ist in Wien aufgewachsen. Er erlebt die Anfänge des Nationalsozialismus mit und die Verfolgung der Juden, seinen Vater kann er nicht beschützen, ihm selbst gelingt die Flucht nach Israel, wo er seine ältere Schwester Ruth wieder trifft. Joschi lebt von Jobs, da er sein Studium in Wien nicht mehr abschließen konnte, er heiratet, wird in Israel jedoch nicht heimisch und entdeckt seine Liebe zu Seefahrt. Er ist bereits Mitte 40 als er auf einer dieser Reisen in Bremen die 20-jährige Waltraud trifft und schnell von ihr in den Bann gezogen wird. Waltraud stammt aus einer Bremer Arbeiterfamilie, die im Krieg ausgebombt wurde und unter ärmlichen Verhältnissen lebt. Sie ist in ihrem jungen Alter bereits verwitwet und zieht ihre Tochter mithilfe ihrer Eltern groß. Sie fühlt sich von Joschis Avancen geschmeichelt und dieser ist so verliebt, dass er für eine Heirat mit ihr nur 20 Jahre nach dem Holocaust in das verhasste Deutschland zurückkehrt.
Die Geschichte wird anfangs abwechselnd aus der Sicht Joschis und Waltrauds erzählt, fängt mit kleinen Momentaufnahmen ihre Lebensumstände und Gedanken ein, bis sich ihre Wege kreuzen und zu einer gemeinsamen Geschichte wird. Ihr Leben ist ereignisreich, von Höhen und Tiefen und Schicksalsschlägen geprägt.
Der Roman ist spannend und berührend, und obwohl die Geschichte für den Autor sehr persönlich ist, schafft er eine gewisse Distanz zu den Figuren. Das mag daran liegen, dass in seiner Familie die Vergangenheit kaum thematisiert wurde, vielleicht ist aber gerade seine emotionale Nähe zu den Hauptfiguren der Grund, weshalb er ihre Geschichte eher nüchtern und beschreibend wieder gibt. Die Ereignisse sind auch so oft dramatisch genug, als dass durch stilistische Mittel Spannung aufgebaut werden müsste.
Mich hat wie schon in „28 Tage“ David Safiers Vielseitigkeit beeindruckt, er kann nicht nur Klamauk und Satire, sondern überzeugt mit der Tiefe dieser ebenso spannenden wie emotional berührenden Geschichte.

Bewertung vom 11.04.2023
Der nette Herr Heinlein und die Leichen im Keller (MP3-Download)
Ludwig, Stephan

Der nette Herr Heinlein und die Leichen im Keller (MP3-Download)


sehr gut

Norbert Heinlein führt in dritter Generation ein Delikatessengeschäft in einer ostdeutschen Kleinstadt. Er ist alleinstehend und lebt für sein Geschäft, nebenbei pflegt er seinen dementen Vater, mit dem er gemeinsam in einer der 4 Wohnungen lebt, die zu dem Geschäftshaus gehören. Er legt großen Wert auf Qualität und höfliche Umgangsformen, sein Kundenkreis ist eher klein, so dass er froh ist, als ein neuer Stammkunde sein Geschäft regelmäßig aufsucht.
Als durch ein Missgeschick Heinleins eben dieser Kunde tödlich zusammenbricht, gerät er in Panik und bringt die Leiche zunächst in dem ehemaligen Kühlkeller des Hauses unter, um sich später darum zu kümmern. Doch bevor er dazu kommt, sorgen weitere unvorhergesehene Ereignisse dafür, dass Heinlein noch mehr Leichen im Kühlkeller unterbringen muss und gleichzeitig aufpassen, dass sein Leben nicht ganz aus den Fugen gerät.
Der Krimi überzeugt mit viel schwarzem Humor und seinen zum Teil absurd anmutenden Verwicklungen. Norbert Heinlein ist sehr ruhiger, rationaler aber auch naiver Mensch, der sehr sachlich von den über ihn herein brechenden Ereignissen berichtet und nicht merkt, wie er von seinen Mitmenschen manipuliert und ausgenutzt wird.
Der Krimi beginnt langsam, passend zu Norbert Heinleins eintönigem und vorhersehbaren Alltag. Je mehr Heinlein von einer Stolperfalle in die nächste gerät, umso mehr nimmt auch die Geschichte Fahrt auf und entwickelt zunehmend an Slapstick erinnernde Szenen.
Die Charaktere sind sehr speziell, Norbert Heinlein wirkt wie sein Delicatessen-Geschäft wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Trotz sinkenden Kundenzahlen und Einnahmen hält er an seinen Routinen fest und bereitet täglich seine Pasteten zu nach den Rezepten von Vater und Großvater. Die Szenerie ist begrenzt, spielt sich überwiegend in Heinleins Laden und der näheren Umgebung ab, die Heinlein kaum verlässt. Auch die auftretenden Nebenfiguren sind überschaubar, auf ihre Art jedoch alle sehr besonders und runden die Geschichte ab. Auch ohne große Action hat mich der Krimi in seinen Bann gezogen und ausgesprochen gut unterhalten, ich mag diesen Humor und die Art, wie der Autor seine Figuren entwickelt und mit kleinen prägnanten Details charakterisiert,
In der Hörbuchfassung verleiht David Nathan der Hauptfigur auf souveräne Weise eine Stimme, sein Vortrag unterstreicht Heinleins ruhige und bedächtige Art.

Bewertung vom 02.04.2023
Das Spiel - Desert Rogue
Hense, Julia

Das Spiel - Desert Rogue


sehr gut

Auf den ersten Blick erzählt der Thriller „Das Spiel - Desert Rogue“ eine unglaubliche Geschichte, je weiter man liest, umso realistischer und erschreckender erscheint die Szenerie.
Zu Beginn des Buchs wird der junge Journalist Navid Nazari in der Nähe von Kabul verfolgt und geradezu hingerichtet. Kurz vor seinem Tod hat er seinem Mitbewohner Tim, einem IT-Spezialisten und Spiele-Programmierer, auf verschlüsseltem Weg brisante Dateien mit seinen Recherche-Ergebnissen zuschicken können.
Als Tim gerade die Dateien sichtet und mit Schrecken erkennt, dass Navid offenbar einen Zusammengang aufgedeckt hat zwischen einem geheimen Drohnen-Projekt des US-Miltärs und dem Computerspiel Desert Rogue, für das Tim in Berlin als Programmierer arbeitet, steht auch schon ein Sonderkommando des BKA mit einem Durchsuchungsbeschluss vor seiner Tür. Unvermittelt gerät Tim zwischen die Fronten gleich mehrerer Geheimdienste und kämpft bald nicht nur darum, Navids Vermächtnis an die Öffentlichkeit zu bringen, sondern auch sein eigenes Leben zu retten.
Das Thema des Thrillers ist brisant und erschreckend realistisch, der Spannungsbogen ist durchgehend hoch, ich mochte das Buch kaum aus der Hand lesen. Die Erzählperspektiven und Szenen wechseln Schlag auf Schlag, durch die Kapitelüberschriften mit Zeit- und Ortsangeben behält man jedoch stets den Überblick.
Die Charaktere wirken teilweise etwas klischeehaft, ich fand es jedoch amüsant, dass die dazu passende stereotype Denkweise bisweilen dazu führt, bei der Verfolgung einen falschen Fokus zu setzen. Die Geschichte ist originell und wirkt gut recherchiert, insbesondere Tim, der als Unbeteiligter in die Entwicklungen hineingezogen wird, ist ein Sympathieträger, mit dem ich mitgefiebert habe und innerlich bejubelt, wenn er seinen Verfolgern ein Schnippchen schlagen konnte.
Das Ende lässt ein paar Fragen offen und verspricht eine Fortsetzung. Nach diesem tollen Debüt hoffe ich sehr, bald mehr von Julia Hense lesen zu können.

Bewertung vom 02.04.2023
Die Nacht der Lichter / Die Sommerschwestern Bd.2 (eBook, ePUB)
Peetz, Monika

Die Nacht der Lichter / Die Sommerschwestern Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

In ‚Sommerschwestern - Die Nacht der Lichter‘ kehren die 4 Thalberg-Schwestern für einen Sommerurlaub zurück nach Bergen an die holländische Küste. An diesem Ort haben sie die Sommer ihrer Kindheit verbracht, bis vor 20 Jahren in einer Sturmnacht ihr Vater dort bei einem Autounfall tödlich verunglückt ist.
In diesem Band steht Helen im Mittelpunkt, die von Schlafstörungen geplagt wird, seit die Familie ein Jahr zuvor zur überraschenden Hochzeit ihrer Mutter Henriette nach Bergen eingeladen wurde und alte Erinnerungen an den Tod ihres Vaters geweckt wurden. Helen lädt ihre Schwestern zu einem Kurzurlaub in die Villa ein, in der sie im Jahr des Unfalls den letzten Sommer verbracht haben, da sie hofft, die Aufklärung der Rätsel um den Tod ihres Vaters könne ihre innere Ruhe wieder herstellen.
Der Urlaub verläuft jedoch nicht so harmonisch wie geplant, zwischen den Schwestern stehen einige Geheimnisse im Raum, statt zueinander zu finden, scheint die Kluft noch größer zu werden.
Wie schon im ersten Band hat mir auch hier gefallen, wie detailliert die Charaktere angelegt sind, jede der vier Schwestern kann sich auf ihre Art entwickeln. Mutter Henriette ist zwar nicht mit in Holland anwesend, übt aber auch aus der Entfernung ihren bestimmenden Einfluss auf ihre Töchter aus. Ich finde die Dynamik innerhalb der Familie gut getroffen, es gibt Unstimmigkeiten zwischen den Schwestern, im Zweifelsfall halten sie jedoch zusammen und sind sie füreinander da.
Bei diesem Band habe ich eine Weile gebraucht, um in die Geschichte hineinzukommen, erst als mehr der Schwestern zusammen getroffen sind, hat sich die Atmosphäre entwickeln können. Für meinen Eindruck haben sie etwas sehr gezögert, Helen die Wahrheit über die Sturmnacht zu erzählen, da wurde aus meiner Sicht zu sehr versucht, künstlich eine Spannung aufrecht zu erhalten.
Insgesamt hat mir der Roman wieder gut gefallen mit seiner ansprechenden Geschichte und den vielschichtigen Charakteren. Bergen an Zee bietet eine großartige Kulisse, die Schilderungen des Ortes und der Umgebung machen Lust auf einen Urlaub an der holländischen Küste, Ich freue mich auf eine Fortsetzung der Geschichte, da immer noch einige Fragen offen geblieben sind.

Bewertung vom 10.03.2023
Tod in Siebenbürgen / Paul Schwartzmüller ermittelt Bd.1 (eBook, ePUB)
Werrelmann, Lioba

Tod in Siebenbürgen / Paul Schwartzmüller ermittelt Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

Lioba Werrelmanns Krimi ‚Tod in Siebenbürgen‘ klingt vielversprechend mit einem angekündigten spektakulären Mord vor der exotischen Kulisse des Dracula-Schlosses Bran in Siebenbürgen.
Der Investigativ-Journalist Paul Schwartzmüller war 14 Jahre alt, als er Rumänien vor 35 Jahren gemeinsam mit seinem Vater verlassen hat. Nun erhält er unerwartet die Nachricht, seine Tante Zinzi habe ihm ihren alten Bauernhof vererbt. Paul glaubt seine Tante seit Jahren als verstorben und beschließt, den Ort, an dem er die Sommer seiner Kindheit verbracht hat, aufzusuchen um die Angelegenheit zu regeln. Paul wird von Erinnerungen überwältigt, allerdings zeigt nur sein alter Freund Sorin Begeisterung bei seiner Ankunft. Als kurz darauf auf Schloss Bran ein Toter aufgefunden wird und Sorin als Verdächtiger festgenommen wird, setzt er seine Hoffnungen darauf, dass Paul als erfolgreicher Journalist den wahren Schuldigen ausmacht.
Paul findet jedoch keinen Zugang zu den Anwohnern des Ortes, er wirkt schon bei seiner Anreise naiv und planlos, er lässt sich mehrfach übertölpeln, wirkt ständig benebelt nicht nur von Alkohol-Konsum sondern auch von den Mythen und Aberglauben aus seiner Kindheit.
Mich hat in erster Linie die Schönheit der Landschaft und des nahe gelegenen Ortes Hermannstadt fasziniert, hier liegt eine Stärke des Romans, der ansonsten sehr anstrengend überzogen wirkt.
Es gibt interessante und informative Elemente zu der Geschichte Siebenbürgens, den kulinarischen Spezialitäten der Gegend bis hin zu aktuellen politischen Skandalen.
Mir hat es jedoch an Spannung gefehlt, Paul ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt und agiert derart dilettantisch in dem Versuch, den Mord aufzuklären, dass es schwer fällt, in ihm einen erfolgreichen Journalisten zu sehen oder ihn sympathisch zu finden. Man hat nicht wirklich den Eindruck, das Schicksal seines Freundes liege ihm am Herzen. Pauls Schlafwandeln und der ‚Spuk‘, den ihn umgibt, wirken zu aufgesetzt und sorgen ebenfalls nicht für einen Spannungsaufbau.
Das Thema und der Schauplatz der Handlung bieten viel Potential, man spürt die Begeisterung der Autorin für die Region, mit der Krimigeschichte konnte sie mich nicht fesseln oder mein Interesse an einer Fortsetzung wecken.

Bewertung vom 09.03.2023
Brandmal / Saana Havas Bd.1 (eBook, ePUB)
Backman, Elina

Brandmal / Saana Havas Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Elina Backman wird mit ihrem Debüt „Brandmal“ als neue Skandinavische Krimikönigin gehypt, das weckt Erwartungen, die die Geschichte nicht erfüllen kann, eine Thriller-Sensation habe ich nicht gefunden.
Im Jahr 1989 wird die 15-Jähre Helena in Hartola ertrunken im Fluss aufgefunden, 30 Jahre später führt eine Serie grausamer Morde die Ermittler aus Helsinki in die kleine Gemeinde, die sich selbst als „Finnlands einziges Königreich“ bezeichnet.
Nach ihrer Kündigung verbringt die Journalistin Saana Havas den Sommer wie in ihrer Kindheit bei ihrer Tante in Hartola. Dort hört sie von der Geschichte Helenas, deren Tod nie vollständig aufgeklärt wurde. Nicht alle glauben an einen Unfall oder einen Selbstmord, Saana beginnt über den Fall zu recherchieren und weckt damit den Unmut einiger Bewohner.
Kurz darauf wird in Hartola die Leiche eines Mannes entdeckt, der mit dem selben Brandmal gezeichnet ist, das bereits ein paar Tage zuvor bei einer Leiche in Helsinki aufgetaucht ist. Diese Parallele führt Kommissar Jan Leino nach Hartola, und die Suche nach Zusammenhängen zwischen den Fällen bringt auch Verbindungen zu Helena zu Tage.
Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, insbesondere den Privatleben von Saana, Jan und dessen Kollegin Heidi wird viel Raum gegeben. In diesem ersten Band einer geplanten Reihe ist es sinnvoll, die Hauptfiguren näher kennenzulernen, doch kommt dadurch wenig Spannung auf, ich hatte eher den Eindruck einen Roman zu lesen, aber keinen Thriller.
Insbesondere die Rückblenden aus Helenas Sicht sind stimmungsvoll und vermitteln gut ihre wechselnden Gefühle und zeitweises Unbehagen, in der Gegenwart habe ich die mystischen Elemente als zu gewollt und aufgesetzt empfunden.
insgesamt wirkt die Geschichte auf mich zu konstruiert, es gibt ein paar Zufälle zu viel, darunter leidet die Glaubwürdigkeit.
Für mich ist „Brandmal“ ein netter und stimmungsvoller Krimi aber nicht mehr. Die Charaktere sind interessant, so wirklich warm werden konnte ich mit keinem von ihnen, Jan Leino ist sehr verschlossen, Saana wirkt eher selbstsüchtig und naiv, Heidi ertränkt ihren Frust in Alkohol.
Kann daraus eine reizvolle Krimireihe werden? Potential ist da, wenn die Charaktere den negativen privaten Ballast abwerfen und freier agieren können.

Bewertung vom 06.03.2023
Die Klinik / Erdmann und Eloglu Bd.2
Borck, Hubertus

Die Klinik / Erdmann und Eloglu Bd.2


sehr gut

„Die Klinik“ von Hubertus Borck ist eine spannende Fortsetzung der Reihe um die Hamburger Ermittler Franka Erdman und Alpay Eloğlu.
In diesem Band bekommt Franka Erdman die Aufgabe, einen auffälligen Todesfall in einer Hamburger Klinik zu untersuchen. Ein junger Familienvater ist nach einem Sturz mit dem Fahrrad schwer am Kopf verletzt, nach zwei Wochen aus dem Koma aufgewacht schwebt er nicht mehr in Lebensgefahr und verstirbt dennoch unerwartet. Seine Witwe ist überzeugt davon, dass ihr Mann ermordet wurde, im Krankenhaus schenkt man ihr keinen Glauben, die rechtsmedizinische Untersuchung bestätigt jedoch ihren Verdacht. Auch Franka und Alpay finden in der Klinik wenig Unterstützung, die Leitung weißt jeden Vorwurf von sich, doch Franka lässt sich nicht abwimmeln und findet bald weitere Unregelmäßigkeiten bei früheren Todesfällen auf der Station.
Der Thriller ist spannend und temporeich erzählt, viele kleine Szenenwechseln innerhalb der Kapitel und verschiedene Erzählperspektiven sogen dafür, dass man das Buch kaum aus der Hand legen mag.
Die Geschichte wird nicht nur aus der Sicht der Ermittler erzählt, es gibt auch Abschnitte aus der Sicht der Witwe sowie der Krankenschwester Mecki, die als eine Art „Todesengel“ während ihrer Arbeit als Krankenschwester schwerkranke Patienten von ihren Leiden erlöst.
Hier nimmt sich der Thriller des vielschichtigen Themas Sterbehilfe an und zeigt, wie schwierig es sein kann, Beweggründe zu verstehen und zu bewerten.
Insbesondere die Szenen aus der Sicht Meckis, deren Geschichte auch in Rückblenden erzählt wird, sind aufgrund ihrer obsessiv wirkenden Einstellung und Handlungsweise oft verstörend, während sie in anderen Momenten nachdenklich stimmen.
Auch in diesem Band hat der Autor es wieder geschafft, eine spannende Geschichte mit interessantem Hintergrund zu erzählen, dass dabei Alpay persönlich von den Entwicklungen betroffen ist, erhöht den Nervenkitzel. Die Charaktere wirken authentisch, die Hintergründe erscheinen plausibel und gut recherchiert, man erfährt das eine oder andere über die Ermittler und ihre Eigenheiten, ohne dass ihr Privatleben zu sehr in den Vordergrund rückt.

Bewertung vom 23.02.2023
Die Schuld, die uns verfolgt / Schmidt & Schmidt Bd.1 (eBook, ePUB)
Oetker, Alexander; Nguyen, Thi Linh

Die Schuld, die uns verfolgt / Schmidt & Schmidt Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Kann man sagen, dass einem die Lektüre eines Krimis Spaß gemacht hat? Zumindest war das mein erster spontaner Gedanke, nachdem ich „Die Schuld, die uns verfolgt“ von Alexander Oetker und Thi Linh Nguyen beiseitegelegt habe.
Analog zu dem gemischten Autorenduo sind es zwei Polizisten, die in diesem Auftakt einer neuen Krimireihe im Mittelpunkt stehen. Adam Schmidt ist Kriminalhauptkommissar bei der Berliner Polizei, seine Frau Linh Polizeioberkommissarin in Rheinsberg. An einem heißen Sommertag werden beide morgens fast zeitgleich zu Einsätzen gerufen. Adam erfährt von der Entführung eines kleinen Mädchens aus einer Kita in Berlin-Wedding, bei Linh entpuppt sich der Alarm aus einer Bankfiliale in einem kleinen Ort in der Nähe von Rheinsberg als ein bewaffneter Banküberfall mit Geiselnahme.
Neben den parallel erzählten Handlungssträngen zu diesen Fällen gibt es Rückblenden zu Linhs Kindheit, die sich mit der Biografie der Autorin decken, und der Leser erfährt nach und nach, wie Adam und Linh sich kennen gelernt haben und welche Schuld die beiden zusammenschweißt.
Die Geschichte ist durch die unterschiedlichen Perspektiven abwechslungsreich, die Fälle sind spannend und bergen beide einige unerwartete Entwicklungen. Es gibt sowohl brutale Szenen als auch Momente mit einem erfrischenden Humor.
Ein paar der Charaktere sind etwas stereotyp, was mich aber nicht gestört hat, sondern zu dem Krimi passt. Adam Schmidt zeigt im Verlauf, dass er mit einigen inneren Dämonen zu kämpfen hat, die ihn im Dienst manchmal im Weg stehen, zu brisanten Szenen führen und ihn in den Augen einiger Kollegen zu einer tickenden Zeitbombe machen.
Das bietet viel Potential für die Fortsetzung der Reihe, und auch wenn die Fälle in diesem Band am Ende abgeschlossen sind, macht es neugierig, wie es für Adam und Linh in der Zukunft weiter geht.

Bewertung vom 07.02.2023
Sibir (eBook, ePUB)
Janesch, Sabrina

Sibir (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

In ihrem aktuellen Roman „Sibir“ verknüpft die Autorin Sabrina Janisch die Geschichten zweier Kindheiten miteinander und macht den Leser aufmerksam auf ein Kapitel deutsch-russischer Geschichte, das nicht oft im Fokus steht. Mir war zwar grundsätzlich bekannt, dass im Osten Europas angesiedelte Bevölkerungsgruppen deutscher Herkunft um die Zeit des zweiten Weltkriegs auch nach Russland umgesiedelt wurden, die Tragweise der Schicksale dieser Menschen ist mir erst durch diesen Roman bewusst geworden.
Josef Ambacher ist 10 Jahre alt, als er mit seiner Familie in einen Zug gesteckt und unter unmenschlichen Bedingungen nach Kasachstan gebracht wird, bereits unterwegs stirbt sein jüngerer Bruder, seine Mutter Emma bleibt in einem Schneesturm bei ihrer Ankunft in Sibirien verschollen. Josef lebt dort mit seinen Großeltern und seiner Tante, ist jedoch weitgehend auf sich gestellt. Die Freundschaft zu einem gleichaltrigen Jungen aus dem nahe gelegenen Kasachendorf hilft ihm, in der unwirtlichen Steppe zu überleben.
Mitte der 50er Jahre kehrt die Familie gemeinsam mit aus Sibirien freigelassenen Kriegsgefangenen nach Deutschland zurück und lässt sich in einer Siedlung in der Lüneburger Heide nieder. Die Meschen fühlen sich fremd in Deutschland, sind geprägt durch ihre Erlebnisse, ihre Lebensgewohnheiten unterscheiden sich von den anderen Bewohnern des Ortes.
Josefs Tochter Leila spürt dieses Anderssein auch noch 40 Jahre später als Teenager Anfang der 1990er Jahre.
Die Geschichte springt zwischen Erzählungen aus Josefs Zeit in Sibirien und Leilas Aufwachsen in Niedersachen hin und her. Dabei ergänzen sich die Szenen oftmals; während Josef mit seinem Freund Tawil in der Steppe Vorräte anlegt und eine verlassene Hütte als Unterschlupf wieder aufbaut, sammelt Leila mit ihrem besten Freund Arnold Dinge, die ihnen wichtig sind in wechselnden Verstecken. In beiden Zeitschienen dominiert das Gefühl der Heimatlosigkeit, des Eindrucks, nicht dazu zu gehören, aber auch der Stärke, die aus einer engen Freundschaft entstehen kann.
Vieles steckt hier zwischen den Zeilen, wird von der Autorin nicht direkt ausgesprochen sondern anhand vieler kleiner Anekdoten verdeutlicht, so wie auch in den Familien vieles ungesagt bleibt und zu einigen Missverständnissen führt. Der Roman beeindruckt mit der Art und Weise, wie die Geschichten der beiden Zeitschienen miteinander verflochten sind, sich ergänzen und wie die Vergangenheit auf Leilas Jugend abzufärben scheint.
Für mich war es der erste Roman der Autorin, der Stil und der Inhalt haben mich so beeindruckt, dass mein Interesse auch an ihren anderen Werken geweckt ist.

Bewertung vom 09.01.2023
Kuckuckskinder / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.11 (eBook, ePUB)
Läckberg, Camilla

Kuckuckskinder / Erica Falck & Patrik Hedström Bd.11 (eBook, ePUB)


gut

Nach 5 Jahren hat Camilla Läckberg mit „Kuckuckskinder“ einen neuen Band zu ihrer erfolgreichen Krimireihe um Patrik Hedström und Erica Falck veröffentlicht.
In Fjällbacka veranstaltet der erfolgreiche und aktuell für den Literatur-Nobelpreis nominierte Schriftsteller Henning Bauer eine große Feier anlässlich seiner Goldenen Hochzeit. Als Freundin der Schwiegertochter Luise sind auch Erica Falck und ihr Mann Patrik unter den Gästen. Zur selben Zeit wird nur wenige Häuser entfernt der Fotograf Rolf Stenklo ermordet, während er in einer Galerie eine Ausstellung seiner Werke vorbereitet hat. Er gehörte zu den engsten Freunden Henning Bauers und seiner Frau, hatte die Einladung zu deren Ehrentag jedoch ausgeschlagen.
Der Ort gerät in Aufruhr, als wenig später innerhalb der Familie Bauer eine weitere grausame Tat entdeckt wird.
Während Partrik Hedström mit der Polizei ermittelt und versucht verwertbare Spuren zu finden, ist Erica Falck auf einen rätselhaften Todesfall aus Rolf Stenklos Vergangenheit gestossen, der Inspiration für ihren neuen Roman sein könnte. Während die Polizei weiter im Dunkeln tappt, was Täter und Motiv angeht, findet Erica bei ihren Recherchen zum Tode Lolas in den Achtzigerjahren Hinweise, die diesen mit den aktuellen Fällen in Fjällbacka in Verbindung bringen.
Trotz der langen Zeitspanne bis zum Erscheinen dieses 11. Bandes waren die Vorgeschichten zu den Hauptcharakteren schnell wieder präsent. Mir gefällt die Mischung des Krimis aus Fällen, deren Auflösung sich nach und nach zusammensetzt, sowie der persönlichen Geschichte Ericas und Patriks, die hier erfreulicherweise eher im Hintergrund bleibt. Rückblenden in die 1980er lockern die Geschichte auf und sorgen für zusätzliche Spannung, die Abschnitte zu Lola und ihrer Tochter berühren, Camilla Läckberg greift das Thema LGBT sensibel und informativ auf.
Der Band fügt sich gut in die Reihe ein, ist insgesamt aber eher Durchschnittskost. Der Beginn zieht sich, es dauert, bis Spannung aufgebaut wird. Es gab schon komplexere Bände, hier ist ein Teil der Geschichte schnell vorhersehbar, die Auflösung wirkt jedoch nicht sehr glaubhaft.
Für Fans der Reihe ist der Band durchaus empfehlenswert, als Neueinstieg nicht die beste Wahl.