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LeLo

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Insgesamt 80 Bewertungen
Bewertung vom 22.04.2020
Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich Von einer Begegnung, die alles veränderte
Randau, Tessa

Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich Von einer Begegnung, die alles veränderte


ausgezeichnet

Herzerwärmend und wunderschön anzusehen - "Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich" von Tessa Randau ist ein bezauberndes kleines Büchlein, das mit einem hübschen Layout und einer leichten und dennoch nachdenklich stimmenden Geschichte besticht.

Ich finde das Cover und die Seitengestaltung des Buches unglaublich schön. Vom Cover bis zum Klappentext ist das Buch liebevoll gestaltet und macht schon dadurch große Freude beim Lesen.

Der Schreibstil ist angenehm und macht es leicht, ganz in die Handlung abzutauchen. Und unversehens ist das Buch dann auch schon durchgelesen, umfasst es doch lediglich 128 Seiten. Nach der anfänglichen Überraschung fand ich gerade die Länge angenehm, denn so kann man sich das Buch auch schön noch ein zweites Mal zu einem späteren Zeitpunkt durchlesen. Durch das hinreißende Layout und die charmante Geschichte eignet sich das Buch auch gut als Geschenk - für sich selbst oder andere, denen man eine kleine Freude machen möchte.

Während des Lesens begleitet man eine junge berufstätige Mutter, die die Leichtigkeit und den Sinn in ihrem Leben vermisst. Sie lernt dann während eines Spaziergangs in den naheliegenden Wald eine sympathische ältere Dame kennen. Sie stellt der jungen Frau das Konzept der Vier Fragen des Lebens vor. Wie die Protagonisten war auch ich überrascht, wie simpel die erste Frage des Lebens ist. Es war sehr spannend zu verfolgen, ob die Fragen ihr helfen, wieder bei sich anzukommen und was sie auf dem Weg dahin erlebt. Zudem waren einige Sätze sehr gelungen und einprägsam formuliert, so dass ich sie gern in Erinnerung behalten werde.

"Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich" von Tessa Randau ist ein zauberhaftes Buch, das ich gern weiterempfehle.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.04.2020
Die englische Gärtnerin - Rote Dahlien / Die Gärtnerin von Kew Gardens Bd.2
Sahler, Martina

Die englische Gärtnerin - Rote Dahlien / Die Gärtnerin von Kew Gardens Bd.2


sehr gut

"Die englische Gärtnerin - Rote Dahlien" von Martina Sahler ist der zweite Band der Trilogie rund um Charlotte. Der zweite Band lässt sich losgelöst vom ersten Band lesen, da alle Personen und wichtigen Handlungen nochmals geschickt vorgestellt und in den Text verwoben werden.

Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Ausdrucksweise und Beschreibungen sind passend zur Zeit der Handlung in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts gewählt. Es werden wunderschöne detaillierte Bilder von zahlreichen Pflanzen aus England und dem damaligen Persien gezeichnet. Ein besonderes Highlight war für mich, dass einige englische Gärten vorgestellt werden. Es war, als wäre ich bei dieser Besichtigungstour mit dabei. Ich habe richtige Lust bekommen mir die Gärten, die es heute noch gibt, selbst einmal anzusehen. Durch die ausführlichen Beschreibungen war es leicht sich in Charlottes Leidenschaft als Botanikerin hineinzuversetzen und ebenfalls für diese schönen Parkanlagen zu schwärmen.

Neben den landschaftlichen Beschreibungen werden auch die Charaktere ausführlich vorgestellt und gewinnen mit ihren Eigenheiten, ihren Träumen, Hoffnungen, Ängsten und Nöten immer mehr an Persönlichkeit. Schon bald fühlt man sich als Leser Charlotte, der Familie Windley und einigen Personen aus dem naheliegenden Dorf verbunden, hofft, träumt und bangt mit ihnen mit.

Charlotte, die Gärtnerin von Kew Gardens und damit Hauptfigur dieser Trilogie, ist im diesem Band bereits zwei Jahre mit Victor verheiratet und bemerkt, dass die anfängliche Leidenschaft abflaut. Sie ist nach wie vor sehr zielstrebig, ehrgeizig und kämpft für ihren Traum eine große Botanikerin zu werden, die auf Expeditionen faszinierende Planzen entdeckt. Diese Begeisterung, die ihr Leben bestimmt, kann sie mit Victor nicht teilen. Ihre Art damit umzugehen, ist allerdings fragwürdig, verletzt sie damit doch einige Menschen in ihrem Umfeld und ist nicht ehrlich mit ihnen. Gerade gegen Ende der Geschichte beginnen die Ereignisse sich zu überschlagen und der bisher eher gemächlich dahin fließende Plot, gewinnt an Dramatik.

Eine kleine Warnung möchte ich dennoch aussprechen für Leser, die gern komplexe Geschichten mit großer Tiefe und manch unerwarteter Wendung lesen. Dieses Buch besticht eher durch seine leichte Lesbarkeit und die Vorhersehbarkeit. Eine Lektüre, die zum Träumen einlädt und angenehme, gemütliche Lesestunden bietet.

"Die englische Gärtnerin - Rote Dahlien" von Martina Sahler ist ein gelungener zweiter Band der Trilogie. Ich freue mich schon auf das Erscheinen des letzten Bandes, da ich gern den Weg von Charlotte noch weiter begleiten möchte. Für begeisterte Leser historischer Romane mit starken Charakteren und einer spannenden Geschichte, die jedoch nicht zu viel Tiefe erwarten, kann ich eine klare Leseempfehlung aussprechen.

Bewertung vom 21.04.2020
Das wirkliche Leben
Dieudonné, Adeline

Das wirkliche Leben


ausgezeichnet

"Das wirkliche Leben" von Adeline Dieudonné war meine bisher größte Lese-Überraschung in diesem Jahr. Und dies durchweg positiv!

Das Cover fand ich sofort sehr spannend, konnte mir aber nicht gleich ein Bild davon machen, um was für eine Art Geschichte es sich handelt. Dennoch, meine Neugier war geweckt, so dass ich mir die Leseprobe angeschaut habe. Auch hier war mein erster Eindruck sofort, dass es sich um ein ungewöhnliches Buch handelt. Ich liebe es, wenn mich Bücher überraschen, also wollte ich es unbedingt lesen.

Der Schreibstil gefällt mir außerordentlich gut. Einige Formulierungen sind die Wucht und haben mich innehalten lassen. Die junge Protagonistin beobachtet die Welt um sich herum so aufmerksam und fasst ihre Schlüsse dann auf solch faszinierende Weise zusammen, wie manch Erwachsener es nicht vermag. Das hat mich wirklich beeindruckt und meine Sammlung besonderer Sätze aus Büchern bereichert.

Das ganze Buch ist in der Ich-Perspektive aus Sicht des Mädchens verfasst. Obwohl man ihr sehr nahe kommt und einen tiefen Einblick in ihre Gefühls- und Gedankenwelt bekommt und ihre Entwicklung über einige Jahre verfolgt, bleibt doch eines verborgen - ihr Name. Auch hier zeigt sich wieder das außergewöhnliche des Buches. Die Protagonistin ist ein starker, beeindrucker Charakter voller tief empfundener Empathie und Liebe für ihren kleinen Bruder Gilles. Zudem ist sie ausgesprochen pfiffig und intelligent. Von Anfang an ist sie unglaublich sympathisch und dies verstärkt sich mit ihrer Entwicklung im Laufe des Buches noch. Leider hat das Mädchen katastrophale Eltern. Die beiden sind wirklich entsetzlich und haben mich an mancher Stelle sprachlos gemacht. Gerade im schlimmsten Moment des Lebens von dem Mädchen und ihrem kleinen Bruder Gilles, dem Moment, in dem sich ihre Wirklichkeit auflöst und "zu einem schwindelerregenden Nichts" wird, lassen die Eltern ihre beiden Kinder mit all den Emotionen völlig allein. Damit beginnt eine traurige Entwicklung, die teils wirklich nichts für schwache Nerven ist. Das Mädchen versucht alles, um die Auswirkungen wieder gut zu machen und entwickelt dabei eine enorme Stärke. "Wenn es die kleinste Möglichkeit gab, in die Vergangenheit zu reisen, musste ich sie finden und nutzen. Um Gilles' Milchzähnlächeln wiederzubekommen und seine strahlenden grünen Augen..."

"Das wirkliche Leben" von Adeline Dieudonné ist mit Abstand der beste und berührendste Coming-of-age-Roman, den ich je gelesen habe. Der Roman ist von erzählerischer Kraft und entwickelt einen großen Sog, dem man sich äußerst schwer entziehen kann. Dabei sind einige Szenen jedoch nichts für schwache Nerven und lassen sich nur schwer bis gar nicht verdauen. Gern spreche ich eine überzeugte Leseempfehlung aus, weise jedoch darauf hin, dass es nicht immer leicht war, den Geschehnissen zu folgen.

Bewertung vom 21.04.2020
Alfie und der Clownfisch
Bell, Davina

Alfie und der Clownfisch


gut

"Alfie und der Clownfisch" von Davina Bell und Allison Colpoys soll ein Buch über Schüchternheit und den Mut über den eigenen Schatten zu springen sein. Leider kommt diese Botschaft nicht gelungen rüber.

Erstmal zu den Dingen, die mir gut gefallen haben. Das Buch hat eine schöne Größe und lässt sich gut gemeinsam anschauen. Das Cover ist sehr hübsch und glitzert stellenweise silbern. Die einzelnen Seiten sind mit großen Illustrationen und wenigen Sätzen versehen, so dass es sich altersgerecht leicht lesen lässt. Die Idee der Farbgebung ist witzig und ungewöhnlich und kam auch gut an.

Leider war es das auch schon mit den positiven Dingen, denn mit das wichtigste an einem Kinderbuch - die Hauptassage - finde ich hier nicht gelungen vermittelt. Alfie ist ein kleiner Junge, der vor einigen Dingen Angst hat. Das ist auch völlig verständlich und nachvollziehbar. Nur die Reaktion seiner Eltern verstehe ich überhaupt nicht. Wenn das eigene Kind, sich versteckt, Situation meidet und Angst hat, merkt man das doch als Eltern und reagiert darauf. Alfies Eltern jedoch reagieren nicht. Selbst als er ganz deutlich sagt: "Ich kann nicht", fragt Alfies Mutter nicht nach, was mit ihrem Jungen los ist. Das hat mich befremdet und war nicht stimmig. Und so versucht Alfie sich selbst zu helfen und redet sich selbst Mut zu. Dies jedoch mit ungewissem Ende, denn wer weiß, ob er am nächsten Morgen nicht wieder ganz anders empfinden wird, wie zuvor leider auch. Die Idee des Buches Kindern zu vermitteln, dass es in Ordnung ist, mal nicht mutig zu sein und Angst zu haben, gefällt mir, nur die Umsetzung ist nicht optimal.

"Alfie und der Clownfisch" von Davina Bell und Allison Colpoys ist ein hübsches Kinderbuch, leider wird die Botschaft nicht gelungen vermittelt. Ich kann keine überzeugte Leseempfehlung aussprechen.

Bewertung vom 08.04.2020
Unsere glücklichen Tage
Holbe, Julia

Unsere glücklichen Tage


sehr gut

"Unsere glücklichen Tage" von Julia Holbe ist ein einfühlsamer Roman über das Leben selbst, über Freundschaft, über die Kraft zu Verzeihen und über Momente, die unvergesslich sind. Besonders zu Beginn war der Debütroman ganz zauberhaft, lässt dann aber leider etwas nach.

Was mir ganz allgemein sofort aufgefallen ist und sehr gut gefallen hat, ist die Haptik des Buches. Der Umschlag der Printausgabe fühlt sich sehr wertig an und macht das Buch zu etwas besonderem. Auch das Cover finde ich ausgesprochen hübsch. Gerade die Schlichtheit gefällt mir. Ein aufmerksamer Leser des Klappentextes wird sich schnell fragen, warum nur drei Mädchen abgebildet sind. "Vier Freundinnen und ein Sommer am Meer, der alles für immer veränderte", heißt es. Ist einer der Freundinnen etwas zugestoßen? Gab es einen Streit? Meine Neugier auf das Buch war sofort geweckt.

"Wir waren so jung und so grundlos glücklich, so übermütig und so unbedarft. So unentschlossen, was wir vom Leben und alldem wollten, und gleichzeitig spürten wir es genau." Der Schreibstil ist ausgezeichnet - melancholisch, lebensbejahenden, poetisch, einzigartig. Einige Sätze und Abschnitte sind ganz besonders formuliert und lassen beim Lesen innehalten. Zudem sind die Beschreibungen der Umgebung, des Klimas, der Orte und vor allem der Protagonisten mit ihren Eigenheiten und der Beziehung untereinander sehr intensiv und tiefgründig.

Lenica, Marie, Fanny und Elsa treffen sich Jahr für Jahr in einem hübschen Haus an der französischen Atlantikküste um den Sommer gemeinsam zu verbringen. Alle vier sind beste Freundinnen, leben im Moment und träumen gleichzeitig vom Leben, wenn sie erwachsen sind. Bis zu dem Sommer in dem Lenica Sean mitbringt. "Das mit Sean war nicht vorhersehbar gewesen. Er war ein Wahnsinniger. [...] Ein Lebewesen aus Sternenstaub. Ein Timelord, ein Zeitreisender." Nach diesem Sommer sehen sich die vier Freundinnen Jahrzehnte nicht wieder.

Durch einen Zufall treffen sich nach all den Jahren Marie und Elsa auf der Straße und damit beginnt das Band der Freundschaft wieder zart zu wachsen. Nach und nach stoßen auch die anderen hinzu und treffen sich an dem Ort wieder, wo sie die Sommer ihrer Jugend zusammen verbracht haben. Doch nicht ohne Grund haben sie sich damals aus den Augen verloren. Der letzte Tag im letzten Sommer steht unausgesprochen zwischen den Freundinnen und erst ganz allmählich zeichnet sich ab, was damals passiert ist und ob die Freundschaft neu beginnen kann. Über allem steht jedoch die Liebesgeschichte zwischen Elsa und Sean, die voller Höhen und Tiefen, Nähe und Zurückweisung ist. Aufgrund des Covers und des Klappentextes hatte ich gedacht, es geht mehr um alle vier Freundinnen. Aber Elsa steht klar im Mittelpunkt. Die Geschichte wird ausschließlich von ihr in der Ich - Perspektive erzählt. Es wird ein klares Bild von den anderen vermittelt, dies jedoch eingefärbt durch die Wahrnehmung Elsas. Das habe ich als schade empfunden. Mir hätte es gut gefallen, Abschnitte aus Sicht aller vier Freundinnen und gern auch von Sean zu lesen. So hatte ich den Eindruck, dass es sich um eine tragische, komplexe Liebesgeschichte handelt, versteckt hinter der Geschichte der Freundschaft von vier Frauen. Die Beziehung zwischen Elsa und Sean war dann leider auch keineswegs romantisch, sondern vielmehr toxisch und stellenweise nicht nachvollziehbar.

Insgesamt hat mir der Debütroman "Unsere glücklichen Tage" von Julia Holbe gut gefallen. Der Schreibstil ist ganz zauberhaft und vermittelt beim Lesen wunderschöne Bilder der Orte und vor allem der Charaktere. Einzige Kritik ist, dass der Schwerpunkt auf der toxischen Beziehung zwischen Elsa und Sean liegt. Dennoch spreche ich gern eine Leseempfehlung aus.

Bewertung vom 29.03.2020
Der Empfänger
Lenze, Ulla

Der Empfänger


gut

"Der Empfänger" von Ulla Lenze ist ein interessanter Roman für zwischendurch, wird aber leider nicht lange in Erinnerung bleiben. Ähnlich wie das Cover, hat auch der Roman einige Leerstellen, die einfach nur verschwommen bleiben.

Insgesamt gefällt mir die Art, Dinge auszudrücken. Es werden zwar die Emotionen nicht detailliert geschildert, aber die realen zeithistorischen Ereignisse und die Dynamiken der fiktiven Personen untereinander. Dabei werden auch im Wechsel verschiedene Jahre und Länder als Handlungsorte gewählt, so dass der Leser verschiedene Aspekte und Sichtweisen kennenlernen kann. Ich habe dadurch einige neue Informationen zu meinem bisherigen Wissen hinzugewonnen, was mir bei Romanen mit historischen Anteilen sehr wichtig ist.

Leider blieb allerdings der Hauptprotagonist, Josef Klein, um den sich alle Ereignisse aufbauen, sehr verschwommen. Es gelang nicht, sich von ihm ein klares Bild zu machen und ihn als Charakter sympathisch und menschlich zu empfinden. Nur anhand der Dynamiken untereinander und den Gedanken Josefs über seine Familie und Bekannten, konnte man sich einen ungefähren Eindruck verschaffen, was für eine Person er ist. Emotionen oder Charakterbeschreibungen fehlten nahezu völlig. Joe möchte nur für sich leben, ohne etwas darstellen zu müssen, Erwartungen gerecht zu werden. "Einfach sein. Irgendwann kam die Erkenntnis, dass einfaches Sein das Schwierigste war. Alle wollten irgendwas aus einem machen." Durch diesen schlichten Wunsch entgeht ihm, dass er nicht einfach nur Amateur-Funker sein kann, sondern sich stattdessen in das politische Streben der amerikanischen Befürworter der Deutschen verwickeln lässt. Besonders störte es mich an Josef, dass er durchaus weiß, was richtig wäre und dafür dennoch nicht eintritt.

Bis zum letzten Drittel des Buches fühlte es sich so an, als wäre der Leser immer noch im Prolog. Viele Dinge wurden angerissen, im Voraus angedeutet, aber es kam nicht richtig Handlung und Substanz in die Geschichte. Der Schreibstil vermochte es die Atmosphäre der Zeit gut einzufangen und die Handlungsorte bildhaft zu vermitteln. Nur leider gelang dies weniger bei den Charakteren. Diese blieben bis zum Schluss leicht verhangen. Es war nicht möglich ein klares Bild von ihnen zu entwickeln und so fehlte dieser Geschichte das entscheidende Etwas, was sie zu etwas besonderem gemacht hätte. Mit detaillierteren, klareren Informationen zu der Tätigkeit des deutschen Geheimdienstes in Amerika und stärkeren Charakteren hätte dieser Roman das Zeug gehabt, ganz besonders zu werden. Der noch nicht so oft beschriebene Blick auf die Zeit des Zweiten Weltkrieges aus Sicht der deutschen Abwehr und der gelungene Schreibstil der Autorin bergen Potential, leider wird dieses nicht voll genutzt.

"Der Empfänger" von Ulla Lenze kann ich allen empfehlen, die gern historische Romane lesen und die oben genannten Einschränkungen in Kauf zu nehmen bereit sind.

Bewertung vom 24.03.2020
Weil jede Minute zählt
Bunte, Petra

Weil jede Minute zählt


ausgezeichnet

"Weil jede Minute zählt" von Petra Bunte ist ein Liebesroman der besonderen Art - hochemotional, plausibel und mit einer sehr wichtigen Botschaft. Die Autorin selbst bezeichnet ihren Debütroman als "Liebesroman Plus, weil e[r] sowohl eine berührende und mitreißende Liebesgeschichte beinhaltet, als auch ein sehr aktuelles Thema, das uns alle betrifft". Dem kann ich vollumfänglich zustimmen und hoffe von Herzen, dass dieser Roman eine große Leserschaft findet und beim Leser nachklingt.

Das für mich wichtigste zuerst: die Hintergründe aus dem Rettungsdienst sind unheimlich gut recherchiert und sehr korrekt dargestellt. Und auch sonst habe ich keine Kritik an dem Roman. Ich bin komplett überzeugt und habe das Lesen sehr genossen. Der Schreibstil gefällt mir, da er logisch, ausreichend detailliert, emotional und fesselnd ist. Mit jeder Seite wurde es immer schwerer aus der Handlung wieder aufzutauchen und das Buch aus der Hand zu legen.

Die Geschichte selbst ist unheimlich packend und realistisch. So furchtbar es auch ist, passiert es doch leider immer wieder. Ich glaube genau diese Realitätsnähe war es, die mich an dem Buch so sehr berührt hat. Mir gefällt der logische, allmähliche Aufbau und die damit verbundene Entwicklung der Charaktere und deren Beziehungen zueinander sehr gut. Die Trauerbewältigung ist realistisch und nachvollziehbar beschrieben. Die Charaktere selbst sind authentisch, überwiegend sympathisch und durchweg plausibel. Es gefällt mir sehr gut, dass mit Chat-Nachrichten und Facebook-Einträgen gearbeitet wird, da es die Erzählung spannend macht und den Leser noch mehr einbezieht, als das bei einem reinen Text der Fall gewesen wäre.

Sophie lernt man am schlimmsten Punkt ihrer Lebens kennen. Sie wird in einen schrecklichen Autounfall verwickelt und wartet hilflos auf die Rettungskräfte, die dringend ihren schwer verletzten Freund versorgen müssen. "Jede Minute eine Minute, die über Leben und Tod entscheiden konnte. Jede Minute eine Minute, in der es weniger Hoffnung gab. Jede Minute eine Minute, die alles zerstörte." Die Beschreibungen sind so eindringlich, dass man mitfühlt, dass einem selbst der Atem stockt. Es ist absolut nachvollziehbar, dass Sophie die Nerven verliert und den Rettungsassistenten Moritz angreift, als der Rettungsdienst endlich den Unfallort erreicht. Diese Reaktion nimmt den jungen Mann sehr mit und lässt sich nicht einfach professionell abschütteln. "Abgesehen von der zeitlichen Verzögerung und ihrer Wut war es doch ein Einsatz wie jeder andere auch! Aber genau das hatte die Welt offenbar aus den Angeln gehoben und verkehrt herum wieder zusammen gesetzt." Im weiteren Verlauf des Buches begleitet der Leser sehr anschaulich und intensiv die Verarbeitung des tragischen Unfalls mal aus Sicht von Sophie und mal aus Sicht von Moritz. Mehr oder weniger zufällig kreuzen sich ihre Wege immer mal wieder und ganz allmählich bahnt sich eine zarte Liebe an. Aber kann diese vor dem Hintergrund der Ereignisse, die überhaupt zum Kennenlernen geführt haben, wirklich bestehen?

Die Botschaft des Buches als solche wird trotz der zarten Liebesgeschichte nie aus dem Fokus verloren und ist eine sehr wichtige - Rettungsgasse, Gaffer, Gewalt gegen Rettungskräfte - so dass ich hoffe, dass dieser großartige Roman viele Leser finden wird! Eine überzeugte und begeisterte Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 24.03.2020
Monty, Castor und der Findelfuchs
Harel, Maike

Monty, Castor und der Findelfuchs


sehr gut

"Monty, Castor und der Findelfuchs" von Maike Harel mit Bildern von Betina Gotzen-Beek ist ein turbulentes Kinderbuch voller Spannung.

Das Cover und die Illustrationen innerhalb des Buches sind ein Traum! Sie haben bei uns für so manch herzhaftes Lachen gesorgt und den Text wunderbar bereichert.

Wir waren von der ersten Sekunde an in den Bann gezogen. Der Erzählstil ist sehr gut. Es ist gleich eine Spannung da und zugleich kann man auch manchmal laut lachen. Monty - "Etienne Belmont de la Forêt" - ist nicht nur edler Herkunft, sondern vor allem auch oft ungewollt komisch. Mir war er manchmal etwas zu frech und taugte damit an mancher Stelle nicht als Vorbild. Wenn man das Buch gemeinsam liest, kann man aber gegensteuern und erklären, warum das Verhalten von Monty gerade nicht so gut war. Am Ende der Geschichte passte dann dennoch alles und ergab ein tolles Gesamtbild.

Castor bietet mit seiner besonnenen, mitfühlenden Art einen guten Gegenpart zu Monty. Und obwohl er ruhiger und ängstlicher scheint, ist Castor derjenige, der Monty überzeugt ihren Findelfuchs Foxi bei der Suche nach seiner Familie auf dem Weg zum Stadtpark zu begleiten.

Foxi ist ein ungestümer, kleiner Fuchs, der sich mutig auf den Weg macht. Nur gut, dass dabei Monty und Castor an seiner Seite sind, denn gemeinsam ist man viel stärker. Das ist eine bezaubernde Botschaft des Buches. Egal, wie verschieden man ist, mit gegenseitigem Verständnis, Akzeptanz und Hilfsbereitschaft erreicht man viel. "Die Besten, schnüff, ja das waren wir. Die besten Freunde und die besten Flüchtetiere, die sich nichts mehr verdient hatten, als ein friedliches Leben im Stadtpark!"

Bei dem Durchqueren der Stadt, um zum Stadtpark zu kommen, geht es teils ganz schön dramatisch zu. Ich sehe das Buch, daher nur bedingt für das empfohlene Lesealter ab fünf Jahren als geeignet an. Dennoch ist es insgesamt begeisternd für kleine Mitleser, wir konnten oft lachen und haben das Buch spannend, witzig und kurzweilig empfunden.

Mir hat noch ein Detail gut gefallen. Die Tiere werden nicht verklärt dargestellt. Sie fressen Käfer und Maden, die Stadt-Füchse auch kleine Nagetiere. Hier wird kein gänzlich unrealistisches Bild vermittelt.

"Monty, Castor und der Findelfuchs" von Maike Harel ist ein bezauberndes Kinderbuch, das es zu lesen lohnt.

Bewertung vom 24.03.2020
Die Geheimnisse meiner Mutter
Burton, Jessie

Die Geheimnisse meiner Mutter


gut

"Die Geheimnisse meiner Mutter" von Jessie Burton hat Potential, konnte mich aber nicht völlig überzeugen.

Der Schreibstil der Autorin gefällt mir wirklich gut. An so mancher Stelle versteht sie es die Macht der Worte zu nutzen. Einige Sätze und Passagen sind intensiv formuliert und lassen sich angenehm lesen.

Die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Zum einen im Jahr 2017/2018 aus Sicht von Rose. Sie kämpft damit, nichts über ihre Mutter und ihr Fortgehen zu wissen. "Ich war nicht gut genug gewesen, um meine Mutter davon abzuhalten, uns zu verlassen." Die Beschreibungen, wie sehr es sich auf Rose, ihre Persönlichkeit, ihr Leben ausgewirkt hat, nichts über ihre Herkunft zu wissen, außer ein paar vom Vater fallen gelassenen Bemerkungen, waren interessant und realistisch. Als sie dann jedoch auf Spurensuche nach ihrer Mutter unter falschen Namen als Haushaltshilfe bei der Schriftstellerin Constance Holden zu arbeiten beginnt, erschien mir ihr Verhalten oftmals nicht authentisch. Mir fehlte die kritische Reflexion und die Tiefe.

Zum anderen verfolgt der Leser in den 1980er Jahren den Weg von Rosies Mutter Elise mit und ist Rose damit stets ein Stück voraus. Diese Art der Schilderung gefällt mir, da viele Ereignisse im Jetzt gleich im richtigen Zusammenhang stehen. Die Ereignisse in der Vergangenheit ließen leider noch einige Fragen offen, die Erzählung schien nicht rund und half nur bedingt, Elises Entscheidung zu verstehen, ihre kleine Tochter zu verlassen und dabei auch noch spurlos aus ihrem Leben zu verschwinden.

Mir war alles insgesamt etwas zu viel des Ganzen und nicht, wie erhofft, tiefgründig. Nach dem Einstieg, der gelungen war, konnte ich mich nicht mehr mit den handelnden Personen identifizieren. Leider blieb mir der Roman bis zum Schluss fremd, vermochte es nicht, mich zu begeistern und emotional zu berühren.

Jessie Burton hat eine schöne Art sich auszudrücken und versteht es den Roman geschickt aufzubauen. Trotz dieser Stärken konnte "Die Geheimnisse meiner Mutter" mich nicht überzeugen. Für Leser, die einen unterhaltsamen, angenehm lesbaren Roman suchen, ist es dennoch sicher geeignet.

Bewertung vom 19.03.2020
Das Haus der Frauen
Colombani, Laëtitia

Das Haus der Frauen


sehr gut

"Das Haus der Frauen" von Laetitia Colombani ist eine Homage der Kraft und Zähigkeit von Frauen.

Was mir besonders schön an dem Cover gefällt, ist der Wiedererkennungswert der Romane von Laetitia Colombani. Auch der erste von ihr auf deutsch erschienene Roman "Der Zopf" hat ein ebenso wunderschön gestaltetes Cover mit Gold-Akzenten. Gleich auf den ersten Blick bin ich so auf diesen zweiten Roman aufmerksam geworden und wurde nicht enttäuscht.

Der Schreibstil, die Charaktere und die Gesamtaussage des Buches sind gewohnt stark. Die Autorin arbeitet mit klaren, aber dennoch intensiven Beschreibung.

Die Geschichte beginnt mit der Vorstellung von Solène. Sie hat ihr bisheriges Leben verbissen als Anwältin gearbeitet, um dem Ideal ihrer Eltern zu entsprechen. Irgendwann fehlt ihr die Kraft, um weiterzumachen und sie erhält einen einschneidenden Rat von ihrem Psychiater: "Sie durchlaufe[n] eine Sinnkrise. [...] In solchen Situationen hilft es, sich selbst aus dem Fokus zu nehmen, sich anderen Menschen zu öffnen, man muss wieder einen Grund finden, morgens aufzustehen. Sich nützlich zu fühlen, sich für eine Sache zu engagieren, anderen zu helfen, könnte einer sein." Solène beginnt auf diesen Rat hin als öffentliche Schreiberin im Haus der Frauen in Paris.

Damit entfaltet sich ein eindrucksvoller, zweiter Handlungsstrang um Blanche und Albin Peyron. Nach und nach erfährt man beim Lesen, wie die beiden im Jahr 1925 gekämpft haben, um den Palais de la femme zu eröffnen. Geschickt werden hier fiktive Figuren und Ereignisse mit realen zu einer stimmigen Geschichte verwoben. Neben Blanche und Solène, den beiden Frauen, die unverkennbar im Fokus stehen, werden auch einige weitere Frauen vorgestellt und ihre tragischen Schicksale geschildert. Die Darstellung erfolgt dabei eher nüchtern und kurz, so dass ich emotional nicht so ergriffen war, wie es hätte sein können. Leider fehlt in der gesamten Erzählung nahezu völlig die direkte Rede und die Ich-Perspektive, was es schwer machte, sich emotional den Charakteren intensiv zu nähern. Dennoch regt das Buch mit den tragischen Schicksalen der Frauen, dem großen Mut und dem Einsatz von Blanche und Albin, der allmählichen Veränderung von Solène an, sich selbst einmal aus dem Fokus zu nehmen und Dinge gerade nicht nur intellektuell wahrzunehmen, sondern sich auch emotional einzufühlen. Der Leser selbst ist gefragt, die Geschichte für sich umzusetzen und zu intensivieren.

Die Botschaft des Buches ist eine wichtige: "Man darf nicht unterschätzen, was kleine Gesten oder ein Lächeln vermögen, sie haben große Wirkung." Wenn jeder ein wenig über sein Umfeld hinausblickt und nur ein wenig Zeit und Kraft opfert, ohne dafür die Hand aufzuhalten, kann das enorme Auswirkungen für eine andere Person haben.

"Das Haus der Frauen" von Laetitia Colombani lässt zwar an Tiefe, Emotion und Ausführlichkeit noch einiges an Luft, setzt aber dennoch deutlich das versprochene "Plädoyer für mehr Solidarität". Ich kann eine Leseempfehlung für Leser aussprechen, die sich mit sich und ihrem Umfeld einmal kritisch auseinandersetzen und sich zu kleinen Veränderungen motivieren lassen möchten.