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trebor
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Willich

Bewertungen

Insgesamt 45 Bewertungen
Bewertung vom 23.09.2023
Nie gut genug
Curran, Thomas

Nie gut genug


sehr gut

Gut genug - geht das ?

Der Psychologieprofessor Thomas Curran befaßt sich in seinem Werk "Nie gut genug" mit dem Zeitgeistphänomen Perfektionismus in all seinen Facetten.

Der Autor unterscheidet zwischen selbstorientiertem, fremdorientiertem und sozial vorgeschriebenem Perfektionismus.
Hilfreich für das Verständnis dieser Theorie eines 3-Facetten-Modells ist eine grafische Darstellung im 2. Kapitel. Auch weitere wichtige Studienergebnisse werden im Verlauf des Buches mittels Diagrammen veranschaulicht.
Um zu unterscheiden zwischen Perfektionismus und lediglich einem außerordentlich hohen Anspruch ( an einen selbst oder an andere ) ist ein defizitäres Grundgefühi, also nicht gut genug zu sein, welches mittels Perfektionismus ausgeglichen werden will.

Der Autor befaßt sich außerdem damit, wie sehr Perfektionismus uns krank machen kann, und zeigt ein komplexes Gefüge von Ursachen auf. Besonders aufschlussreich fand ich hierbei das Kapitel zum Zusammenhang von Social Media und Perfektionismus.
Gegen Ende des Buches beschreibt er Gedankenmuster, wie wir der Perfektionismusfalle entkommen können.

Es ist kein üblicher oberflächlicher Ratgeber mit schlauen Sprüchen, sondern eine komplexe und tiefergehende wissenschaftliche Auseinandersetzung, die überraschende Erkenntnisse zu bieten hat.

Einziges Manko, die meisten Erfahrungsberichte und Studien beziehen sich auf Großbritannien oder USA, was den inhaltlichen Thesen allerdings keinen Abbruch tut.

Bewertung vom 12.09.2023
12 Gesetze der Dummheit
Beck, Henning

12 Gesetze der Dummheit


ausgezeichnet

Mit Optimismus und tiefem Denken in die Zukunft

Dieses Buch zeigt wieder einmal, und das auf sehr anschauliche und unterhaltsame Weise, wie sehr wir doch um uns selbst kreisen.
Henning Beck ist Neurowissenschaftler und hat sich dem Thema Dummheit verschrieben, so heißt auch der Titel seines Buches „Die 12 Gesetze der Dummheit - Denkfehler, die vernünftige Entscheidungen in der Politik und bei uns allen verhindern“.

Und mit Dummheit meint der Autor, nicht die der anderen, sondern die, die in uns allen schlummert. Er erklärt uns genau, wie wir Menschen ticken und warum, und das nicht nur aus neurologischer und psychologischer Sicht. Er bezieht ebenso historische und gesellschaftliche Bezüge sowie aktuelles Zeitgeschehen in seine Überlegungen mit ein und am Ende verstehen wir sogar, wie soziale Netzwerke funktionieren und was genau unsere Demokratie ins Wanken bringt.

Um seine Thesen zu belegen, bedient sich der Autor sowohl älterer klassischer neurowissenschaftlicher Studien als auch vieler neuerer aus den letzten 3 Jahren, deren Quellen er am Ende des Buches als Anmerkungen auflistet.

Es fällt leicht, sich selbst im Buch wiederzuerkennen und mit den zahlreichen Beispielen zu identifizieren. Wenn man sich der beschriebenen Denkmuster bewusst wird, könnte dies tatsächlich ein erster - nicht einfacher - Schritt sein, weniger häufig in die eine oder andere Denkfalle reinzutappen.

Bewertung vom 09.08.2023
Lenny Hunter - Die magische Sanduhr (Bd.1)
Thilo

Lenny Hunter - Die magische Sanduhr (Bd.1)


ausgezeichnet

Nervenkitzel mit Humor, Hirn und Herz

Ein sehr aufwändig gestaltetes großformatiges Kinderbuch durfte das Autorenteam Thilo ( Texte ) und Silvio Neuendorf ( Illustrationen) mit „Lenny Hunter - Die magische Sanduhr“ verwirklichen.
Der Genuß beginnt bereits auf dem Cover im Glanz - Matt - Kontrast mit fühlbarem Reliefdruck und setzt sich ohne Pause im Inneren des Buches fort. Denn die Charaktere der Geschichte werden bereits steckbriefhaft auf den beiden Vorsatzseiten vorgestellt.

Die vielen ganzseitigen und teilweise auch doppelseitigen Zeichnungen beeindrucken durch ihren Detailreichtum, so ist es auch möglich für Vorschulkinder, den Inhalt der Geschichte zu erahnen, ohne den Text lesen zu können.
Der volle Genuss entsteht natürlich beim Lesen der spannenden Texte, da hier der feine Humor zum Tragen kommt, der die Erlebnisse begleitet.
Ein Werk voller Phantasie, origineller Ideen, überraschender Details, hervorragend gezeichnet, anspruchsvoll, intelligent und bereichernd. Ein Nervenkitzel der besonderen Art.

Bewertung vom 08.08.2023
Mattanza
Fabiano, Germana

Mattanza


gut

Thunfische und Harmonie

Der Roman "Mattanza" von Germana Fabiano ist ein schön geschriebenes Dokument, welches den traditionellen Thunfischfang auf einer kleinen italienischen Insel namens Katria anschaulich beschreibt.
Auch wenn die Thunfischjagd nur einmal im Jahr stattfindet, so ist alles Leben und Treiben die ganze verbleibende Zeit auf diesen Moment, der Versorgung und Einkommen der Inselbewohnenden sichert, ausgerichtet.

Ich hatte gehofft, ganz nebenbei so etwas wie eine Kulturgeschichte der Thunfischjagd vorzufinden mit noch detaillierteren Schilderungen der jährlichen Vorgänge. Die Skizze der Tonnara am Schluß des Buches ist sehr aufschlußreich, mehr in der Art hätte das Buch bereichert.

Die Charaktere des Buches werden zwar lebendig beschrieben, aber eine Naturverbundenheit, die ich bei diesem Thema erwarte, spüre ich nicht. Insbesondere angesichts der ökologischen und wirtschaftspolitischen Veränderungen im beschriebenen Zeitraum zwischen 1960 und 2012.

Insgesamt ist mir die Geschichte zu harmonisch trotz radikaler Veränderungen, die schicksalsergeben hingenommen werden. Weder äußere Konflikte noch innere Kämpfe werden in diesem Werk ausgetragen.

Bewertung vom 02.08.2023
Der Trost der Schönheit
Arnim, Gabriele von

Der Trost der Schönheit


ausgezeichnet

Zum Einverleiben

Gabriele von Arnim erzählt in ihrem neuen Buch "Trost der Schönheit" von der Gleichzeitigkeit der Ereignisse, den Schrecklichen und den Schönen.
Sie findet immer wieder den Trost in der Schönheit, den sie sowohl bezieht aus kulturell Geschaffenem, aus der Natur oder aus Erlebnissen und alltäglichen Beobachtungen in endlosen Beispielen, die nie langweilig werden.

Ihre eigenen klugen Gedanken, Wortschöpfungen, Beobachtungen, Erkenntnisse und poetischen Umschreibungen werden verflochten mit Zitaten aus Literatur, bildender Kunst, Musik, Film und Naturwissenschaft, die allesamt inspirierend sind.
Prima, am Ende des Buches werden die entsprechenden Quellen fein säuberlich aufgeführt.

Es ist ein sehr persönliches, ja beinahe intimes Buch, eng verwoben mit der eigenen Familiengeschichte, den Verletzungen und Demütigungen aus Kindheitstagen, ihrem Aufbegehren und Loslösen. Ihr heutiges Ich, ihre Zweifel und ihre Zuversicht, ihre gnadenlose Offenheit, ihre Ängste und ambivalenten Gefühle berühren sehr.

Ein Werk, welches man lesend verschlingen möchte, um wieder und wieder zu lesen.

Bewertung vom 23.07.2023
Mieko tanzt
Miyata-Jancey, Mariko

Mieko tanzt


sehr gut

Plädoyer für Eigenwilligkeit

"Mieko tanzt" ist ein Plädoyer dafür, bereits im frühen Kindesalter ganz eigene Wünsche und Vorstellungen entwickeln zu dürfen, um später eigene Wege im Leben gehen zu können.

Ein besonderes Buch, auch grafisch sehr eigenwillig, hat die norwegische Autorin Mariko Miyata-Jancey zusammen mit der Illustratorin Marianne Gretteberg Engedal da geschaffen.
Somit spiegelt sich die Botschaft des Werkes in der Darstellungsweise wieder. Pastellig zart und bunt zugleich, die Bilder brechen jegliche Regeln, mal perspektivisch, mal flächig und das innerhalb einer Zeichnung, wir treffen auf Menschen mit merkwürdigen Gummiarmen und verkorksten Proportionen. Irgendwie ist alles falsch und doch alles richtig : die Gefühlswelten.
Die Gefühle von Beklemmung und Freiheit, von Lebensfreude und Verliebtsein, von Enttäuschung, Wut und Zweifel werden deutlich herausgearbeitet.

Dieses Buch kann sicherlich dabei helfen, ein gesundes Selbstvertrauen zu entwickeln sowie Vielfalt zu erkennen, zuzulassen und Toleranz zu vermitteln.

Bewertung vom 05.07.2023
Träumer
Janssen, Mark

Träumer


ausgezeichnet

Ein bildgewaltiges Feuerwerk der Phantasie hat Mark Janssen, der zugleich Autor und Illustrator seines Werkes "Träumer" ist, für den Ravensburger Verlag geschaffen.

Bereits das aufwändig gedruckte Cover mit Metalleffekten, einem großen Glanz-Matt-Kontrast sowie einem fühlbaren Lackrelief, gibt einen Hinweis darauf, dass die Gestaltung eine wichtige Rolle im Buch spielen wird.
Im Innenteil wird das Versprechen tatsächlich eingelöst, meine Erwartungen wurden sogar übertroffen. Doppelseitige naturalistische Naturdarstellungen werden gekonnt mit Phantasiewesen in unterschiedlichen Darstellungstechniken vermischt. Ihren optischen Höhepunkt finden die Bilder, wenn Aron, der kleine Hauptdarsteller, auf mehreren Seiten seiner Phantasie freien Lauf geben kann.

Die zugrundeliegende Vater & Sohn-Geschichte wird sehr sensibel aus der Perspektive des Sohnes erzählt.
Die eigentliche Botschaft des Werkes wird erst im Nachwort des Buches auf den Punkt gebracht : Träumer sind Weltverbesserer.

Bewertung vom 03.07.2023
Über Leben in der Klimakrise
Glimbovski, Milena

Über Leben in der Klimakrise


ausgezeichnet

Positiv resigniert

Milena Glimbovski beschreibt in ihrem Buch "Über Leben in der Klimakrise" die akuten und zukünftigen Auswirkungen der Klimakrise, in der wir uns bereits jetzt befinden.

Es ist kein Buch zum schnellen Durchlesen, sondern eines, welches man immer wieder in die Hand nehmen wird, spätestens nach dem nächsten Extremwetterereignis.

Falls man bis jetzt noch nicht wach ist, dieses Werk rüttelt wach, es erschüttert, es verstört, es klärt auf, es informiert, es hilft weiter.

Das Buch ist keine leichte Kost, sondern harter Tobak. Denn es ist nicht einfach, den Tatsachen der Klimakatastrophe ins Auge zu sehen. Die Autorin hat nach jahrelangem Kampf, in der Hoffnung, politisch etwas verändern zu können, um die Klimakatastrophe aufzuhalten, positiv resigniert. Sie befaßt sich nun mit den Folgen der Klimaerwärmung und zeigt Lösungen auf, wie wir uns zukünftig schützen können. Die Maßnahmen betreffen sämtliche Aspekte der komplexen Problematik : Wasserversorgung, Hochwasser, Landwirtschaft, Energie, Wirtschaft sowie Katastrophenschutz.

Sie belegt ihre Äußerungen ordnungsgemäß mit den entsprechenden Quellenangaben und weiterführender Literatur am Ende des Buches. Prima.

Einziger Mangel : Während des Lesens, nach ungefähr der Hälfte des Buches, löste sich an der unteren Buchkante die dünne Folienbeschichtung ab, nach zwei Dritteln begann sich die oberste Papierschicht des Umschlags mit abzurollen. Auch wenn es ein Taschenbuch ist, so erwarte ich dennoch eine Qualität, die es ermöglicht, das Buch nach einmaligem Lesen in einem neuwertigen Zustand zu hinterlassen.

Bewertung vom 12.06.2023
Detektive und Ermittler / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.11
Noa, Sandra

Detektive und Ermittler / Wieso? Weshalb? Warum? - Erstleser Bd.11


sehr gut

Abenteuer Ermitteln

Sandra Noas Kinderbuch "Detektive und Ermittler" aus der Ravensburger Erstleser-Reihe vermittelt das Titel-Thema auf anschauliche, leicht verständliche und spannende Weise.

Die Ermittlungsarbeit wird sehr differenziert beschrieben. Denn die Autorin unterscheidet zwischen der Arbeit einer Detektei und Agenten sowie Spionen.
Auch wenn der Titel vermutlich eher Jungs anspricht, werden Frauen sehr häufig als Ermittelnde dargestellt, und das ohne durchgängig sprachlich zu gendern.

Der Berufsalltag, die Arbeitsmittel, die Denk- und Vorgehensweise von Detektiven, Agenten und Spionen werden in Textbausteinen oder mittels Fotos und Illustrationen genau erklärt.
Es gibt sogar ein ausführliches Kapitel zum Thema Whistleblower. Dort wird beispielsweise ein Foto von Edward Snowden gezeigt, dessen Namen aber leider nicht genannt wird.
Das gleiche vermisse ich für die Namen der abgebildeten Darsteller in James Bond-Filmen.

Wie immer, können die Kinder mit Hilfe des Lesequiz, der Sticker und der Leserätsel das Gelernte spielerisch vertiefen.

Also, alles in Allem, ein Buch, dessen Anschaffung sich lohnt.

Bewertung vom 24.05.2023
Die Sache mit dem Wald
Herzog, Sven

Die Sache mit dem Wald


sehr gut

Wald - gestern, heute und morgen

Der Forstwissenschaftler Prof. Sven Herzog beschreibt in seinem Buch "Die Sache mit dem Wald" eine achtsame und nachhaltige Waldbewirtschaftung.

Gut gefällt mir, dass er zunächst auf die Geschichte der Forstwirtschaft eingeht, bevor er die gegenwärtigen Probleme benennt und zukünftige Ideen und Lösungen vorschlägt.

Er unterscheidet klar zwischen ökologischen und ökonomischen Auswirkungen bestimmter Phänomene. So kann beispielsweise die Gefährdung der Bäume mittels Abschälen von Baumrinde durch Hirsche zu höherer Diversität im Ökosystem führen, während dies für den Forstbetrieb ein wirtschaftlicher Schaden bedeuten würde.
Herzog zeigt die unterschiedlichen Interessen von Forstwirtschaft, Naturschutz und Jägern auf, erklärt die Ursachen und liefert Lösungsansätze für diesen ungelösten Konflikt.
Besonders aufschlussreich fand ich Kapitel 7, indem der Autor präzise die Unterschiede zwischen Urwald, Naturwald und Wirtschaftswald darlegt.

Das Buch ist geeignet für Menschen, die sich tiefergehend mit allen Facetten, auch den konfliktbeladenen und bürokratischen Aspekten, des Waldes befassen möchten und zwar ohne ideologische Verklärung jeglicher Art.