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Benutzername: 
vielleser18
Wohnort: 
Hessen
Über mich: 
Ich lese querbeet, am liebsten aus den Bereichen Historisch, Krimi/Thriller, Frauen und Fantasy

Bewertungen

Insgesamt 803 Bewertungen
Bewertung vom 18.03.2024
Die Partie seines Lebens
Tevis, Walter

Die Partie seines Lebens


sehr gut

Nachdem mich das Damengambit von Walter Travis so gefesselt hatte, war ich neugierig geworden auf die Neuauflage des bereits 1959 erstmals erschienen Romans #diePartieseinesLebens .

Hier geht es um den Billiard -Glücksspieler Eddie, der durchs Land zieht und durch sein Können und Geschick und von dem Gewinn aus den Wetten, die er auf die Billiardspiele setzt, gut leben kann. Doch er hat auch Ehrgeiz. Deshalb zieht es ihn nach Chicago, dort will er sich mit der Billiard -Legende Minnesota Fast messen. Er setzt alles auf eine Karte und verliert alles. Was bleibt ist die Zuneigung zu der Studentin Sarah und, nach dem er sich von dem Schlag erholt hat, der Wille es wieder zu versuchen. Doch auf dem langen Weg zurück muss er einiges einstecken und lernen, sowie einen Pakt eingehen.

Ich kenne mich nicht mit dem Billardspiel aus, aber das brauchte ich auch nicht, denn Tavis hat alles anschaulich und auch interessant beschrieben. Man fühlt sich in die Zeit der 50er Jahre, in dem der Roman entstanden ist, zurück versetzt. Was dementsprechend natürlich auch die Rolle der Frau angeht und es wird auch viel getrunken in diesem Roman, allerdings auch von beiden Geschlechtern. Vorrangig geht es aber hier um die Entwicklung und das Reifen von Eddie, sei es sein Spiel betreffend, seine Strategie, oder auch seine mentale Reife. Ich habe mich beim Lesen gefühlt wie in einem ruhigen Fahrwasser, man wird geleitet, aber es gibt auch einige "unruhigere" Passagen, in denen Eddie zugesetzt wird, bis er scheinbar aussichtslos am Boden angekommen ist. Es bedarf bei diesem Roman auch keiner großen Spannungskurve , aber man fühlt man und fragt sich, wie es mit Eddie wohl enden wird. Wie und ob er es schafft aus der Abwärtsspirale wieder herauszukommen, das muss man selbst lesen. Für mich war es ein unterhaltsamer, sehr gut aufgebauter und brilliant erzählter Roman. Übrigens wurde dieser Roman unter dem Titel "Haie der Großstadt" bereits 1961 mit Paul Newman in der Hauptrolle verfilmt. Allerdings haben mich seine Werke "Der Mann, der vom Himmel fiel"(1961) und vor allem auch "Das Damengambit"(1983) deutlich mehr gefesselt. Aber auch hier hat es sich wieder gezeigt, dass es sehr interessant ist, immer wieder auch ältere Werke neu aufzulegen und sie natürlich auch zu lesen.

Bewertung vom 18.03.2024
Auch du bist ein kleines Wunder
Chapman, Jane

Auch du bist ein kleines Wunder


ausgezeichnet

Es ist ein wunderbar gestaltetes und illustriertes Kinderbuch. Es fängt schon bei der Titelseite an, die staunende Maus in der blühenden Löwenzahnwiese hat mich neugierig auf die Geschichte gemacht. Es geht um einen Frosch, der die Welt entdecken will, sich mit der Maus anfreundet und während seiner Reise viele Wunder entdeckt und dabei herausfindet, dass es bei ihm Zuhause gar nicht so langweilig ist, wie gedacht, sondern dass nicht nur jeder selbst ein Wunder ist, sondern auch, dass man, wenn man die Augen offen hält, überall weitere entdecken kann.

Auf jeder Doppelseite sind 3-6 Sätze, es lässt sich daher auch schon den Kleinsten ab ca 3 Jahren vorlesen. Auf jeder Seite lässt sich was Neues entdecken, dennoch tauchen viele Figuren immer wieder auf und so kann man auch die Kinder beim Vorlesen mit einbeziehen und fragen nach "Wo ist denn hier der.....". Auch bietet es sich hinterher an, dem Kind Fragen darüber zu stellen, was alles ein Wunder ist.

Die Gestaltung des Buches ist abwechslungsreich. Ob See, Wiese oder Wald, unter Wasser oder obenauf, alle Szenen sind detailliert, aber nicht zu überfrachtet und sehr ansprechend gezeichnet.

Der Brunnenverlag hat eine große Anzahl an wunderschönen Kinderbüchern herausgebracht und dieses gehört definitiv dazu.

Bewertung vom 18.03.2024
Sturmmädchen
Bernstein, Lilly

Sturmmädchen


ausgezeichnet

Seit Kindheitstagen sind Elli, Margot und Käthe enge Freundinnen. Doch als die Nationalsozialisten an die Macht kommen, zerbricht die Freundschaft. Käthe schließt sich der Masse an, während Margot als Jüdin immer mehr Anfeindungen und Repressalien ertragen muss, bald geht es bei ihr nur noch um Leben oder Tod. Elli, die in jungen Jahren an Kinderlähmung erkrankt war und seitdem hinkt, muss sich entscheiden, wie weit sie bereit ist sich selbst Gefahren auszusetzen.

Es geht um die Zeit zwischen 1933 und 1940. Handlungsorte sind ein kleines Dorf bei Monschau in der Eifel und Aachen. Autorin LIlly Bernstein hat in diesem Roman eine fesselnde Geschichte um Freundschaft, Verfolgung und Grausamkeiten, Zerwürfnisse, Angst und Mut, Liebe und Verzweiflung geschrieben. Man fühlt sich beim Lesen wie hineinversetzt in diese dunkle Zeit. Es sind dabei auch gerade die Kleinigkeiten, wie die immer wieder eingestreuten Alltagsgegebenheiten, die diese Zeit und das Leben damals umso greifbarer machen. Die Figuren wirken so real und authentisch, als hätte es sie wirklich gegeben. Während es viele Figuren gibt, die grausam sind, gibt es auch "helle Gestalten", die Licht in diese dunkle Zeit bringen und oft aus dem Verborgenen arbeiten. Dabei ist mir die Hauptperson Elli ganz besonders ans Herz gewachsen. Sie entwickelt sich während der Jahre, reift und aus einer unsicheren Jugendlichen wird eine starke Frau. Und es gibt auch die Zwischentöne, denn nicht immer ist alles nur schwarz oder nur weiß, manchmal wird man auch überrascht beim mit hoffen und mit bangen.

Das Buch ist spannend, mit vielen Emotionen und sehr viel Tiefgang. Das Nachwort der Autorin zu den vielen Recherchen und den vielen realen Begebenheiten, die umgewandelt in diesen Roman eingeflossen sind, hat das ganze abgerundet. Ein wertvolles Buch!

Bewertung vom 28.02.2024
Seit er sein Leben mit einem Tier teilt
Kirchhoff, Bodo

Seit er sein Leben mit einem Tier teilt


ausgezeichnet

L.A.Schongauer, verwitwet, ehemaliger Nebenrollenschauspieler in Hollywood, lebt zurückgezogen mit seiner Hündin Asha am Berg oberhalb von Torri del Benaco am Gardasee, als durch einen Zufall gleich zwei Frauen fast gleichzeitig bei ihm in seinem abseits gelegenen Haus auftauchen. Die eine angekündigt, um mit ihm über sein Leben zu sprechen für einen Artikel, den sie schreiben möchte, die andere, weil sie durch einen Motorschaden bei ihm gestrandet ist. Die eine könnte vom Alter seine Tochter sein, die andere seine Enkelin. Um beide hat er nicht gebeten, im Gegenteil, hat er sich doch mit seiner Einsamkeit angefreundet und muss nun nicht nur seine Türe öffnen, sondern auch seine Gedanken, seine Gefühle und sein Herz. Und gerade letzteres macht ihm gerade mal wieder mächtig Probleme.
Bodo Kirchhoff schildert in einem eindrucksvoll geschriebenen Roman, wie sich die Protagonisten annähern, sich auf ihre ganz spezielle Art öffnen, dabei geht es um Liebe und Verlust, Trauer, Schuld und Abhängigkeiten. Es geht um Vergangenheit und Zukunft. Dabei vewebt der Autor die zwischenmenschlichen Spannungen gekonnt mit den Wetterumständen, der flirrenden Hitze, dem mächtigen Unwetter und der Zeit danach. Es ist ein Roman der leisen Töne mit ungemeiner Tiefe und Ausdruckskraft. Scheinbar endlosen Sätzen. Wörtliche Rede ohne Anführungszeichen. Das fordert, aber es passt auch zu diesen paar Tagen, die aus Sicht von Schongauer geschildert werden. Der Roman lebt nicht von der Spannung im Geschehen, sondern von den Spannungen zwischen den Protagonisten. Man kann sich die beschriebene Gegend, aber auch die Figuren so gut vorstellen. Gerade letztere besitzen eine ungemeine Tiefe und man sinnt auch noch nach dem Lesen eine Weile darüber nach, wie es weiter mit ihnen gehen könnte. Dafür hat der Autor alle Grundlagen geschaffen, der Rest ist Phantasie.

Mein erster "Kirchhoff", aber nicht mein letzter!

Bewertung vom 21.02.2024
Grenzfall - In den Tiefen der Schuld / Jahn und Krammer ermitteln Bd.4
Schneider, Anna

Grenzfall - In den Tiefen der Schuld / Jahn und Krammer ermitteln Bd.4


ausgezeichnet

Anna Schneider hat mir dem vierten Grenzfall einen sehr spannend inszenierten Kriminalfall konstruiert, der sich langsam aufbaut, aber immer schneller an Fahrt gewinnt und schließlich in einem fulminanten Ende mündet.

Für mich war es der erste "Grenzfall". In den tiefen der Schuld spielt zum Teil in Innsbruck und zum anderen am bayerischen Walchensee. Es ist ein ganz persönlicher Fall für den österreichischen Chefinspektor Bernhard Krammer, denn in der Wohnung seiner Kollegin Rosza Szabo wird ein toter Mann aufgefunden, sie selber hat am Vortag Hals über Kopf die Dienststelle verlassen und ist seitdem spurlos verschwunden. Krammer ist auf die Hilfe seiner deutschen Kollegin Alexa Jahn angewiesen, denn Spuren führen nach Deutschland. Gelingt es den beiden, die noch viel mehr verbindet als dienstliche Gemeinsamkeiten, Rosza zu finden ?

Immer wieder werden in kurzen Sequenzen die Geschichte einer Frau eingeschoben, deren tragische Geschichte immer mehr auf eine dramatisches Ende hinauszulaufen scheint. Dazu kommt, dass sich die Erzählstränge der beiden Ermittler abwechseln und auch öfter an spannenden Stellen wechseln. Ein ungemeiner Sog entsteht, Nervenkitzel pur auch für den Leser, auch durch immer mehr werdenden mysteriösen Unfällen und Vorkommnissen. Die zweite Hälfte des Buches mochte ich daher kaum aus der Hand legen. Auch nach dem Zuklappen des Buches sinnt man noch eine Weile über diese komplexe Geschichte, die so meisterhaft von der Autorin erzählt wurde, nach.

Die ersten drei Bände muss ich nun unbedingt nachholen, mir gefällt der Erzählstil der Autorin unheimlich gut. Neben der spannenden Geschichte bekommt man allerdings auch die malerische Gegend nahegebracht und man bekommt trotz der vielen "Vorkommnisse" gleich Reiselust, die Schauplätze selbst zu entdecken.

Bewertung vom 21.02.2024
Die Nacht des Blutadlers
Voltenauer, Marc

Die Nacht des Blutadlers


ausgezeichnet

Was für ein Pageturner!! Nachdem ich nach einigen Seiten mitten im Geschehen war, konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen. Die fast 500 Seiten hatte ich in 2 1/2 Tagen gelesen. Was heißt gelesen, verschlungen! Spannung pur, Gänsehaut und Rätselraten inklusive. Tituliert ist es mit Kriminalroman, aber so einige Szenen stehen einem wahren Thriller in nichts nach, man darf hier auch keine schwachen Nerven haben und muss einiges auch als Leser aushalten können.

Der Vorgängerband hatte am Ende einen ziemlich fiesen Cliffhanger, daher bin ich schon sehr erwartungsvoll in diesen dritten Band der Reihe um den Schweizer Kriminalkommissar Andreas Auer gestartet (der Band ist aber auch unabhängig von Teil 1 und 2 zu lesen). Die Handlung spielt diesmal in Schweden, genauer auf Gotland, denn Andreas Auer begibt sich auf Spurensuche nach seiner Herkunft. Seitdem er erfahren hat, dass er im Alter von fünf Jahren adoptiert wurde, er aber von seinen Eltern keinerlei Auskünfte erhält, lässt ihn seine Vergangenheit nicht mehr los. Sein Spurinstinkt läuft auf Hochtouren, nachdem er herausfindet, dass es noch mehr Geheimnisse gibt, als er anfangs annimmt.

Autor Marc Voltenauer streut immer wieder Rückblenden in die späten 70er Jahre ein. Dreizehn Personen schließen sich zu einem okkulten und geheimen Wikingerclan zusammen. Sie kennen ihre Identität auch untereinander nicht vollständig. Was anfangs für einige nur als ein reizvolles Abenteuer beginnt, artet immer mehr und mehr aus und endet für einige in einem grausamen Tod.

Abwechslungsreiche Erzählstränge, ein fesselnder Erzählstil, geheimnisvolle Geschehnisse und immer wieder nicht erwartete Ereignisse ergeben diesen total spannenden Krimi. Anfangs muss man die vielen Personen erst einmal "kennenlernen", aber das ergibt sich im Laufe der Handlung bald von selbst (oder man macht sich anfangs ein paar Notizen).Der zweite Strang um die Großeltern-Generation hätte es für meine Bedürfnisse nicht so ausgeprägt bedurft, denn dies hat mich zu sehr zusätzlich verwirrt (vielleicht war das auch Absicht).

Dieser Roman ist jedenfalls wahrlich nichts für schwache Nerven! So einige Szenen sind wirklich heftig! Die Spannung bleibt konstant hoch und man fiebert auch als Leser mit. Irgendwann konnte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen und musste einfach bis zum Ende lesen, was definitiv für den tollen Erzählstil und den großen Spannungsbogen spricht.

Bewertung vom 21.02.2024
Zusammen sind wir Zuhause
Cox, Amanda

Zusammen sind wir Zuhause


ausgezeichnet

Eine berührende Geschichte, die Menschen, deren Herzen aus verschiedenen Gründen gebrochen wurde , zusammenführt und ihnen wieder Lebensmut und Freude schenkt.

Der wohnsitzlose 30jährige Harvey findet im Herbst 1994 im Wald ein neugeborenes Mädchen. Er nennt sie Ivy. Harvey, der seit seinem 5. Lebensjahr nur Ablehnung und keine Geborgenheit erfahren hat, will dieses Baby unbedingt selbst retten, hält sie geheim und findet anfangs sogar einen Weg, um für sie zu sorgen. Unterstützung findet er bald darauf bei der älteren Dame Pearl und Pfarrer Thomas und dessen Ehefrau Miriam. Die drei sind selbst gefangen in Trauer, Verzweiflung oder Hoffnungslosigkeit. Doch Harveys Plan wird immer schwieriger umzusetzen.

2018: Im zweiten Erzählstrang verhindert Ivys Verlobter, dass sie noch rechtzeitig an das Sterbebett ihrer Großmutter gelangt. Nun endlich findet sie die Kraft die Beziehung, in der sie seelisch misshandelt wurde, zu beenden. Sie will sich endlich auf die Suche nach ihren Wurzeln machen und kehrt in das Haus ihrer Großmutter zurück. Unterstützung erhält sie von ihrem Jugendfreund Reese.

Amanda Cox hat einen wunderbaren Erzählstil, man fühlt mit und kann sich die Figuren so sehr gut vorstellen. Vor allem was ihre seelischen Nöte angeht. Hier hat mir gerade der historische Teil besonders gut gefallen, allen voran Pearl, die resolute Dame, die trotz, oder vielleicht auch gerade wegen, ihrer eigenen Verluste, nicht die Sorgen und Nöte ihrer Mitmenschen übersieht und helfend ihre Hände ausstreckt und mit Wort und Tat hilft. Ihr Glaube und ihr großes Herz sind ihr dabei eine große Hilfe. Aber auch Harvey ist eine starke Figur, ein gebrochener und einsamer Mann, der es durch die Liebe und dem Beschützerinstinkt für ein Baby schafft sich langsam zu öffnen. Beim Lesen werden viele Gefühle geweckt, denn trotz aller Schwere, dem ganzen Ballast, der die Figuren gerade am Anfang niederdrückt, sind es doch die hoffnungsvollen Entwicklungen, die Freude verströmen, bei denen ich aber auch mit gebangt und mit gehofft habe.

Auch wenn das Ende vorhersehbar ist, ist es doch der Weg dahin, den die Autorin abwechslungsreich, fesselnd und vor allem emotional beschrieben hat. Auch im neueren Teil, in dem Ivy sich aus der ungesunden Beziehung lösen muss und lernen muss sich wieder auf sich selbst zu verlassen, wurde perfekt beschrieben. Für mich eine herzerwärmender Roman, den ich sehr gerne gelesen habe.

Bewertung vom 19.02.2024
Der Ketzer von Konstanz
Wolf, Corinna

Der Ketzer von Konstanz


sehr gut

Während im 15. Jahrhundert der Ablasshandel blüht, es gleichzeitig drei Päpste gibt und es im Gefüge von Bischöfen und Kardinälen meistens nur um Macht und Einfluss geht, predigt in Prag Jan Hus seine Ansichten von Glaube, Vergebung und ewiges Leben, was seinen Kirchenbann zur Folge hat. Er reist 1514 zum Konzil nach Konstanz, um die Mächtigen der geistlichen und weltlichen Welt von einer Reform der Kirche zu überzeugen.

Der Roman behandelt die letzten 1 ½ Jahre des Lebens von Jan Hus. Es ist kein rein geschichtlicher Abriss, es werden auch fiktive Figuren mit hinein geflochten, um dem ganzen Tiefe und vor allem Lebendigkeit zu geben. So gibt es einen Freundeskreis um Jan Hus, der rein fiktional ist. Diese dienen der Autorin aber auch dazu, um die Gedanken und Gefühle von Jan Hus ausdrücken zu können, die sie seiner Figur zugeschrieben hat. Da es hier auch um viele geschichtliche Begebenheiten und Hintergründe geht, die alle wichtig zu erzählen waren, weil sie schließlich zum Tod von Jan Hus geführt haben, war es auch wichtig, dass auch für die Hauptfigur eine "private Bühne" geschaffen wurde und so Emotionen gezeigt werden konnten. Bislang kannte ich fast nur den Namen des Reformators Jan Hus, aber seine Geschichte nicht im Einzelnen. Durch dieses Buch habe ich jetzt jedenfalls sehr viel mehr Wissen erlangen können. Die hier agierenden Personen wurden im Personenregister am Anfang aufgeführt (auch gekennzeichnet, ob real oder fiktiv).. Dennoch hätte ich mir ein Nachwort gewünscht, bei dem noch mehr aufgeklärt wird, was vielleicht noch alles rein aus der Feder der Autorin stammt bzw. was alles geschichtlich belegt ist.

Zudem hat die Autorin durch Visionen, Engel und dunklen Mächten diesen Roman auch mit mystischen Elementen ausgestattet. Dies muss man mögen. Mich hat es auf alle Fälle nicht gestört, vielmehr hat dies ansonsten auch öfters mal dem vielen politischen Machtgerangel hinter der Bühne Auflockerung verschafft.

Der Roman war auf alle Fälle interessant zu lesen, hatte teilweise für mich aber auch ein paar Längen.

Auf Seite 144 gab es leider eine Szene, die vielen, auch mir, gerade, weil es ein christlicher Roman ist, aufgestoßen ist. Die vielleicht einfach von der Autorin lapidar beschriebene Szene, in der Jan Hus die Aussage in den Mund gelegt wird, "auch Jesus hat das einmal getan" (gelogen), hinterlässt einen schlechten Beigeschmack bei mir.

Hervorheben möchte ich allerdings auch, dass die reformatorischen Ansichten Hus sehr gut und verständlich dargestellt werden und man einen großen Einblick in die dunkelste Zeit der Kirchengeschichte erhält. Gerade hier scheint die Autorin sich auch eng an die historischen Begebenheiten gehalten zu haben. Mehrmals habe ich, einfach weil mein Interesse durch den Roman geweckt wurde, auch nach noch mehr Informationen über Jan Hus im Netz gesucht.

Bewertung vom 19.02.2024
Mein Gott, warum?
Bauder, Heiko

Mein Gott, warum?


ausgezeichnet

Wenn ein Albtraum Realität wird.
1992: Heiko Bauder ist Wehrpflichtiger und 21 Jahre alt, als sein Leben sich von heute auf morgen komplett veränderte. Eine Kette von unglücklichen Ereignissen, ein Schuss, am Ende ein toter 20jähriger Kamerad und Heiko Bauder, der den entscheidenden Schuss ausgelöst hat. Schuld und Verzweiflung stürzen ihn ein tiefes emotionales Loch. Auch auf seinem weiterem Lebensweg passiert ihm noch einiges Schweres. Wieviel kann man ertragen? Es geht um Schuld und Vergebung, aber auch Dankbarkeit.

Offen, ehrlich und mitreißend berichtet der Autor, wie er es geschafft hat, diese einschneidenden Ereignisse zu verarbeiten, sich selbst zu vergeben und einen Sinn im Leben zu finden. Es ist für ihn kein leichter Weg gewesen, auch kein gradliniger. Rückschläge gehörten immer dazu. Ein Kampf zurück ins Leben, aber auch ein Weg zum Glauben.
Trotz aller Schwere ist dies ein hoffnungsvolles und mutmachendes Buch, das jedem Leser wertvolle Impulse und Denkanstöße gibt.
Warum sollte man nicht nach dem "warum" fragen, sondern nach dem "wozu", was bedeutet Glück oder Unglück, wie gehe ich damit um? Gibt es Zufälle oder hat da jemand anderes seine Hand im Spiel? Wo kann ich Trost, Hoffnung und Vergebung finden und wie die Lasten, die jedem auferlegt werden, leichter schultern? Heiko Bauder schafft es auch anderen Hoffnung zu schenken.

Dies ist ein ganz persönlicher Lebensbericht, Heiko Bauder erzählt über Ereignisse, Gedanken und Gefühle, die er erlebt und durchlebt hat. Von Anfang an fesselnd und berührend, ein Bericht, der sich zudem intensiv mit dem christlichen Glauben auseinandersetzt und somit anderen, die nach dem "Warum" fragen, Lichtblicke durch sein Leben vermitteln kann und dadurch hoffentlich auch den Glauben bei vielen Lesern stärken wird. Ein starkes und wertvolles Buch!

Bewertung vom 25.01.2024
Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
Ford, Olivia

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn


ausgezeichnet

Was habe ich diese Geschichte geliebt! Bin durch die Seiten geflogen, habe mitgefühlt und mitgezittert, habe alles bildlich vor Augen gehabt und ja, auch ziemlich Appetit bekommen.

Jennifer Quinn, 77 Jahre alt, backt für ihr Leben gern, auch ihre Eltern, Großeltern, Tanten etc. waren begeisterte Hobbybäcker und alle alten Familienrezepte hat Jennifer in einem eigenem Rezeptbuch gesammelt. Doch soll nun im Alter das Leben nicht mehr aufregend sein? Alle Ziele erreicht sein? Sie wagt es, zwar heimlich, sie bewirbt sich bei der großen TV Show "Backen auf der Insel". Sie glaubt eigentlich nicht daran, nach der Bewerbung noch einmal etwas vom Sender zu hören, daher verschweigt sie es vor ihrem Ehemann Bernie. Ihr zweites Geheimnis . Das erste ist sogar noch viel größer, sie bewahrt es schon so lange in ihrem Herzen, es wird für sie aber immer schwieriger es allein zu ertragen, aber es könnte ihre Ehe kurz vor der Diamanten Hochzeit sprengen.

Olivia Ford hat einen wunderbaren Schreibstil, man kann sich Jennifer, aber auch Bernie so leibhaftig vorstellen, man glaubt kaum, dass dieses Buch ihr Debütroman ist. Auch die immer wieder kurzen Zeitsprünge in die Vergangenheit, die eingeflochten werden, um Jennifers Geheimnis dem Leser näher zu bringen, sind gekonnt gesetzt, verknüpft werden sie zudem noch mit Backkreationen, die im Backduell eine Rolle spielen und jedesmal hören diese Rücksprunge an spannenden Stellen auf. Gerade ab der Mitte des Buches (immerhin 400 Seiten) konnte ich es gar nicht mehr weglegen und habe bis tief in die Nacht gelesen. Dies ist mal wieder eine Geschichte gewesen, bei der es mir auch schwer fiel die Protagonisten am Ende gehen zu lassen. Es geht nicht nur um Wünsche und Ziele im Alter, sondern auch um Vertrauen, aber vor allem auch Verständnis und das (liebevolle) Miteinander in einer Ehe. Am Ende erfährt man, dass die Autorin von der berührenden Liebesgeschichte ihrer Großeltern inspiriert wurde, das gibt einem gleich noch mehr das beruhigende Gefühl, dass hier beileibe nicht alles nur fiktiv ist.