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Island
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Nürnberg

Bewertungen

Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 26.03.2013
Die Welt ist eine Scheibe
Kuitkowski, Alexandra

Die Welt ist eine Scheibe


ausgezeichnet

Alexandra Kuitkowskis Roman „Die Welt ist eine Scheibe“, erschienen im Hoffmann und Campe Verlag, kommt auf den ersten Blick recht unscheinbar daher, mit knapp 150 Seiten Umfang und einem in Grün- und Blautönen gehaltenen Cover, dessen Bedeutung sich erst nach der Lektüre des Buches erschließt. Meine Neugier weckte dann aber schon der Titel „Die Welt ist eine Scheibe“ und die genauere Erklärung dazu, die sich auf der Rückseite des Schutzumschlags befindet: „Die Welt ist eine Scheibe. Beweis: Manche fallen runter, ein ständiges Stürzen und Aufschlagen. Die meisten merken es bloß nicht.“ Dies ließ mich ein ebenso interessantes wie ungewöhnliches Buch erwarten und ich wurde auch nicht enttäuscht.

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Im Mittelpunkt des Buches steht die 16-jährige Wiebke. Ihre Eltern haben seit Generationen einen Bauernhof in einem ehemals kleinen Dorf in der Nähe von Hamburg, das aber immer größer wird, da viele Städter auf dem Land leben wollen und so am Rande des Dorfes ein Neubaugebiet entsteht. So haben auch die Strassers den Weg aus der Großstadt in Wiebkes Dorf gefunden und beide Familien knüpften durch die Freundschaft von Wiebkes jüngster Schwester mit dem kleinen Sohn der Strassers bald Kontakte. Ausgangspunkt der Handlung ist aber ein Feuer, von Wiebke aus Wut gelegt. Aus Angst dafür verantwortlich gemacht zu werden, klettert sie auf einen Baum in der Nähe, beobachtet alle Menschen von oben und lässt dabei die Ereignisse der letzten Zeit Revue passieren, die eng mit dem Zuzug der Strassers verbunden sind. Dabei erhält man einen Blick in das Innerste von Wiebke, die eigentlich andere Pläne hat, als auf dem Dorf zu versauern und immer wieder kleinere Ausbruchsversuche startet, die aber nicht so recht gelingen wollen. Und vor allem blickt man auch hinter die Fassade der scheinbar heilen, traditionsbewussten und konservativen Dorfwelt, die sich Menschen wie die Strassers erträumt haben und die Wiebkes Familie gezwungen versucht, aufrecht zu erhalten, die aber alles andere als das ist.

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Meine Erwartungen an das Buch wurden auf jeden Fall erfüllt, wenn nicht sogar übertroffen. Ich bekam tiefe Einblicke in die Welt von Wiebke und konnte am Ende gut nachvollziehen, was sie dazu brachte, das Feuer zu legen. Meiner Meinung nach ist es der Autorin gut gelungen, den vielschichtigen Charakter von Wiebke, die zum Teil noch wie ein unvernünftiger Teenager handelt, sich teilweise aber auch recht reflektiert mit ihrem Leben auseinandersetzt, zu zeichnen. Im Roman finden sich sehr viele interessante Gedankengänge, die zum Nachdenken anregen und es stört dabei gar nicht, dass die Protagonistin erst 16 Jahre alt ist. Die Erzählerin im Buch wirkt auch älter, so, als ob sie die Ereignisse rückblickend betrachtet. Auch alle anderen Charaktere sind gut ausgearbeitet und können überzeugen. Dass man als Leser erst nach und nach mehr über die einzelnen Personen und Zusammenhänge erfährt, ist sehr geschickt gemacht und steigert die Spannung. Besonders gut gefällt mir die anschauliche Sprache mit den vielen treffenden sprachlichen Bildern. Es sind auch relativ viele Ellipsen vorhanden, was den Schreibstil zunächst etwas ungewohnt wirken lässt. Trotzdem blieb aber alles gut verständlich und der Lesefluss wird davon nicht gestört. Ich finde, dass die sprachliche Gestaltung gut zum Roman passt. Gerne empfehle ich das Buch weiter und hoffe, dass es noch viele Leser findet!

Bewertung vom 25.03.2013
Dublin Street - Gefährliche Sehnsucht / Edinburgh Love Stories Bd.1
Young, Samantha

Dublin Street - Gefährliche Sehnsucht / Edinburgh Love Stories Bd.1


sehr gut

Ich muss zugeben, das Cover von „Dublin Street“ hätte mich normalerweise total abgeschreckt, da mich das Foto irgendeinen billigen Groschenheft-Erotikroman oder bestenfalls ein weiteres Buch, das auf den „Shades Of Grey“-Hype aufspringen will, erwarten ließ, was mich beides wenig reizt. Nach der Leseprobe beschloss ich aber, diesem Buch dennoch eine Chance zu geben, da ich diese ganz interessant und angenehm geschrieben fand und die Protagonistin, die um die 20 ist, relativ sympathisch auf mich wirkte. In einem ähnlichen Alter wie ihre Hauptperson ist die Verfasserin von „Dublin Street“, die Schottin Samantha Young, die zuvor bereits eine Jugendbuchserie veröffentlicht hat.

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Im Mittelpunkt von „Dublin Street“ steht Jocelyn Butler, die nach ihrem Studienabschluss an einem Buch arbeitet. Sie ist in den USA aufgewachsen, lebt aber seit vier Jahren in Edinburgh, weil ihre verstorbene Mutter Schottin war. Jocelyn hat als Jugendliche ihre Eltern und ihre Schwester bei einem Verkehrsunfall verloren, sodass sie teilweise bei Pflegeeltern aufwuchs und auch keine näheren Verwandten mehr hat. Finanziell ist sie zwar durch ihr Erbe abgesichert, jobbt aber dennoch in einer Kneipe und scheut sich auch immer, das geerbte Geld anzugreifen. Zu Beginn der Geschichte muss sie sich gerade eine neues WG-Zimmer suchen und landet so bei Ellie in der Dublin Street, deren älterer Bruder Braden schnell Interesse an ihr zeigt. Die starke Anziehung beruht auf Gegenseitigkeit, Jocelyn hat den Tod ihrer Familie aber immer noch nicht verarbeitet und scheut sich davor Bindungen einzugehen, aus Angst am Ende wieder alleine dazustehen. Deshalb ist sie lediglich dazu bereit, eine Affäre mit ihm zu beginnen, aber keine feste Beziehung. Dieses Arrangement führt natürlich immer wieder zu Konflikten und Enttäuschungen.

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Ich denke, dass es besonders der Verlag darauf angelegt hat, das Buch in der gleichen Schiene zu bewerben, wie die „Shades Of Grey“-Bestseller. Darauf deuten die Gestaltung des Covers und der Klappentext hin. Dabei geht meiner Meinung nach der Rest der Geschichte, der durchaus etwas Tiefgang hat, unter. Natürlich gibt es in dem Buch durchaus heiße Sexszenen zwischen Jocelyn und Braden, aber insgesamt ist die Handlung wesentlich vielschichtiger. So versucht Jocelyn ernsthaft ihre Vergangenheit aufzuarbeiten, um wieder offen für andere Menschen zu werden, stößt dabei aber immer wieder an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und manche ihrer Entscheidungen sind schwer nachvollziehbar, vor dem Hintergrund ihrer Vorgeschichte aber sicher nicht unrealistisch. Auch die Entwicklung der Freundschaft zwischen ihr und ihrer neuen Mitbewohnerin Ellie spielt eine nicht unbedeutende Rolle. Die meisten der vorkommenden Charaktere wirken sympathisch, aber weisen auch negative Seiten auf, was sie menschlich macht. Zu kritisieren wäre vielleicht, dass alle der Oberschicht angehören und so Taxifahrten, Partys und teure Kleider ganz selbstverständlich sind, was die Identifikation mit ihnen etwas erschwert, aber so hat es die Autorin eben entschieden. Insgesamt ist das Buch flüssig geschrieben und lässt sich so recht schnell lesen. Ich würde es allen empfehlen, die einen erotischen Roman suchen, in dem das Sexuelle aber nicht vollkommen im Mittelpunkt steht, sondern auch normale zwischenmenschliche Beziehungen und die Vergangenheitsbewältigung eine große Rolle spielen.

2 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.03.2013
Ostfriesenmoor / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.7
Wolf, Klaus-Peter

Ostfriesenmoor / Ann Kathrin Klaasen ermittelt Bd.7


gut

„Ostfriesenmoor“ ist bereits der siebte Kriminalroman von Klaus-Peter Wolf, in dem Ann Kathrin Klaasen ermittelt. Der Autor hat neben dieser Ostfriesland-Krimireihe aber auch noch viele weitere Bücher und Drehbücher verfasst. Schon ein Blick auf das Cover macht deutlich, dass es sich hier um eine Fortsetzung einer Reihe handelt, wie es bei Kriminalromanen ja momentan häufig der Fall ist. Ansonsten ist das Titelbild passend zum Namen des Buches gewählt, die gelbe Schrift wirkt mir aber etwas zu fröhlich für das Thema, in dieser Hinsicht gefällt mir die Aufmachung der vorherigen Bände besser.

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Der Krimi beginnt mit dem Fund einer Moorleiche, die wie ein Tierkörper präpariert wurde. Es handelte sich dabei um ein Mädchen. Ann Kathrin Klaasen und ihre Kollegen stellen Ermittlungen an, wer zu so einer Tat in der Lage sein sollte. Bald schon müssen sie aber in einem weiteren Fall ermitteln, da in Norddeich das Baby einer Touristenfamilie entführt wurde. Es scheint so, als handle es sich dabei um zwei komplett verschiedene Fälle.

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Dieser Krimi war mein erstes Buch von Klaus-Peter Wolf. Große Schwierigkeiten, in die Handlung hineinzufinden, obwohl es sich um den siebten Band einer Reihe handelt, hatte ich nicht. Nur die vielen Namen, die ich neu kennenlernte verwirrten mich anfangs etwas, aber das war nach einigen Seiten kein Problem mehr. Allerdings hatte ich nicht das Gefühl, mit Ann Kathrin Klaasen so richtig warm zu werden, hier fehlt mir vielleicht dann doch etwas ihre Vorgeschichte. Gut gefallen haben mir die Perspektivwechsel, die teilweise auch Einblicke in die Sichtweise des Täters boten und die beiden Handlungsstränge um die Moorleiche und die Entführung. Beides sorgte für Spannung und es kam immer wieder zu überraschenden Wendungen. Die weiteren Personen neben Ann Kathrin Klaasen waren mir häufig zu extrem gestaltete Charaktere, als dass es noch natürlich wirken würde. So wird ihr Kollege Rupert zugleich als Aufreißer, von sich eingenommen und ziemlich dümmlich dargestellt, wobei es mir doch sehr übertrieben erscheint, wenn er kein einziges Fremdwort richtig verwenden kann, wo er es doch geschafft hat, Kommissar zu werden. Auch die Vorgehensweise mancher Figuren erscheint mir nicht immer voll realistisch. Beispielsweise würde es mich wundern, wenn es eine Handy-App gäbe, die es Privatpersonen ermöglicht, den Halter eines Fahrzeugs zu ermitteln. Ein weiterer Kritikpunkt meinerseits ist, dass mich das Ende nicht ganz zufriedenstellen konnte, weil ich mir doch noch mehr Informationen zum Tatmotiv und über die Situation aller anderen Beteiligten erhofft hätte. Und schließlich möchte ich noch etwas anmerken, was mir bisher noch bei keinem anderen Buch so aufgefallen ist. Ich hatte an einigen Stellen im Buch das Gefühl, dass hier „Schleichwerbung“ untergebracht werden sollte, indem Bücher, Musiker oder auch Hotels genannt werden, ohne dass das eigentlich erforderlich gewesen wäre. Insgesamt betrachtet kann der Kriminalroman aber durch Spannung und ein unerwartetes Ende und viel Zwischenmenschliches punkten. Auch Lokalkolorit ist auf jeden Fall vorhanden. Außerdem kann er auch von Menschen gelesen werden, die eher zart besaitet sind, da zu grauenvolle Details nicht ausführlich beschrieben werden.

Bewertung vom 19.03.2013
Wer hat Angst vorm zweiten Mann?
Thoma, Lilian

Wer hat Angst vorm zweiten Mann?


gut

Der Titel „Wer hat Angst vorm zweiten Mann“ von Lilian Thomas erstem Roman lässt bereits vermuten, worum es in dem Buch geht. Die in Berlin lebende Verfasserin, die bisher in der Film- und Fernsehbranche als Lektorin und Autorin gearbeitet hat, erzählt die Geschichte einer frisch getrennten Mutter von drei Kindern, die auf der Suche nach einem neuen Partner ist. Frau Thoma hat selbst Erfahrungen damit, wie es ist, sich als dreifache Mutter auf eine neue Liebe einzulassen, gibt aber an, dass es wenig Gemeinsamkeiten zwischen ihr und der Hauptperson Phyllis gibt, was die Art der Partnersuche angeht.

Die studierte Architektin Phyllis ist 36 und hat einen Sohn, der gerade in die Schule kommt und dreijährige Zwillingsmädchen, als sie sich von ihrem Mann, einem sehr karrierebewussten Anwalt, trennt und die gemeinsame Wohnung im Berliner Nobelstadtteil Zehlendorf gegen eine kleinere im noch nicht ganz so hippen und daher noch bezahlbaren Teil vom Prenzlauer Berg eintauscht. Natürlich ist es als alleinerziehende Mutter noch schwerer, den Wiedereinstieg in den Beruf zu finden, zumal es auf dem Arbeitsmarkt für Architekten nicht gerade rosig aussieht. Dieses Problem versucht sie mit einer Weiterbildung zu lösen, die natürlich erfordert, dass ihr Tagesablauf sehr gut durchorganisiert sein muss, um alles unter einen Hut zu bringen. Zudem steht die Suche nach einem neuen Mann ganz oben auf ihrer Liste und so kommt es zu verschiedenen Bekanntschaften. Zum Beispiel durch Online-Partnerbörsen, die Vermittlung von Freunden oder bei der Weiterbildung. Dabei wird manches Klischee bedient und alles läuft natürlich alles andere als konfliktfrei ab, da es eben nicht so einfach ist, mal einfach so spontan den passenden Mann für eine gemeinsame Zukunft zu finden und schon gar nicht als dreifache Mutter.

Der Roman schildert den Alltag einer frisch getrennten Mutter, die ihrem Mann zuliebe erst einmal auf ihre eigene Karriere verzichtet hat und es nun irgendwie schaffen muss, in ihrem Beruf doch wieder Fuß zu fassen, recht realistisch. Mir gefällt auch, dass das Buch in Berlin spielt und verschiedene Klischees, wie die der Latte-Macchiato-Mütter im Prenzlauer Berg und der verwöhnten Hausfrauen in Zehlendorf mit ihren jeweiligen Eigenheiten aufgegriffen und gegenübergestellt werden. Das wiederzugeben ist der Autorin recht gut gelungen. Was mir weniger gut gefallen hat, ist, dass Phyllis so dringend einen neuen Mann finden will und dabei vor allem auch der Sex eine wichtige Rolle spielt. Das erscheint mir etwas übertrieben, da sie so kurz nach der Trennung eigentlich auch noch genug andere Probleme hat. Im Buch gibt es einige recht lustige Anekdoten, für mich hätten aber ruhig noch mehr humorvolle Szenen enthalten sein können, während ich auf die vielen Stellen, in denen Phyllis auf Erlebnisse irgendwelcher mehr oder weniger entfernten Bekannten verweist, gerne verzichten hätte können, da diese auf mich so gekünstelt wirken, als ob das unbedingt noch im Buch erwähnt werden sollte, obwohl Phyllis es nicht selbst erlebt hat. Diese Art etwas wiederzugeben, empfinde ich einfach als unnatürlich und störend beim Lesen. Ansonsten ist der Schreibstil von Lilian Thoma flüssig und gut nachvollziehbar und das Buch ließ sich recht schnell lesen. Was ich nicht ganz nachvollziehen kann, ist die Preisgestaltung. Ich hätte es angemessener gefunden, bei der Aufmachung noch kleinere Abstriche zu machen und es als normales Taschenbuch für knapp 10,- Euro herauszubringen.

Bewertung vom 16.03.2013
Tatsächlich Liebe in Notting Hill
McNamara, Ali

Tatsächlich Liebe in Notting Hill


gut

„Tatsächlich Liebe in Notting Hill“ ist der erste Roman der britischen Autorin Ali McNamara, die zuvor Geschichten im Internet veröffentlichte und so entdeckt wurde. Der Titel ist sehr passend gewählt, da Liebesfilme eine wichtige Rolle im Buch spielen und sich so auch der Name des Buches aus den zwei Filmtiteln „Tatsächlich Liebe“ und „Notting Hill“ zusammensetzt. Wem diese beiden Blockbuster und ihre Hauptdarsteller etwas sagen, der ist mit der Lektüre dieses Buches sicher gut bedient. Es handelt sich hier um einen klassischen Frauenroman oder eben „Chick Lit“, wie man solche Titel in Großbritannien gerne nennt. Dementsprechend ist auch das Cover gestaltet.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Scarlett, die von ihrer Mutter nach einer Filmfigur benannt wurde, bevor diese sie und ihren Vater verließ, als Scarlett noch ein Baby war. Mittlerweile ist das Mädchen allerdings erwachsen, betreibt mit ihrem Vater einen Verleih für Popcornmaschinen in einer englischen Kleinstadt und liebt Liebesfilme über alles. Passenderweise ist sie mit David, dessen Familie eine Kinokette besitzt, verlobt. Dieser teilt ihre Vorliebe allerdings nicht und verhält sich auch ansonsten oft nicht, wie die Traummänner in ihren Lieblingsfilmen. Daher ergreift Scarlett die Chance auf eine Auszeit, als sie das Angebot bekommt, einen Monat lang ein Haus im Londoner Nobelstadtteil Notting Hill zu hüten. Dort will sie sich darüber klar werden, was sie vom Leben erwartet, aber zugleich auch allen Zweiflern zeigen, dass es durchaus möglich ist, auch im echten Leben Dinge zu erleben, wie sie in Filmen vorkommen. Außerdem beschließt sie, endlich nach ihrer Mutter zu suchen. In Notting Hill stehen ihr dabei einige neue Bekannte und natürlich auch ein recht interessanter Mann zur Seite.

Die Idee zur Geschichte finde ich grundsätzlich nicht schlecht. Natürlich darf man keine anspruchsvolle Literatur erwarten, aber für Liebhaber von „Chick Lit“ klingt es nach einem perfekten Buch. Der Schreibstil ist auch auf jeden Fall flüssig und gut lesbar, sodass man den Roman gut im Zug oder im Schwimmbad lesen kann. Die Charaktere sind teilweise sehr liebenswert und sympathisch oder eben auch mal beabsichtigt weniger sympathisch, wie das bei Scarletts Verlobten der Fall ist. Gut fand ich auch die Schauplätze, also hauptsächlich Notting Hill, aber auch ein bisschen Paris. Die Geschichte mit der Mutter sorgt zudem für etwas Tiefgang neben der Liebesgeschichte. Auch die Idee, zu beweisen, dass man auch im echten Leben Erlebnisse haben kann, die an Filmszenen erinnern, gefällt mir. Allerdings übertreibt es die Autorin meiner Meinung nach damit etwas, sodass es teilweise erzwungen wirkt. Es wird zwar immer auch erwähnt, auf welchen Film sich der Vergleich bezieht, aber ohne ein gewisses „Fachwissen“, was diese Art Filme angeht, versteht man Parallelen zu bestimmten Filmfiguren oder Schauspielern oft doch nicht so recht. Auch der Witz fehlt mir im gesamten Buch etwas. Andere „Chick Lit“-Bücher, die ich bisher gelesen habe (z. B. von Paige Toon), wiesen mehr Humor auf. Einige Stellen im Buch sind mir auch zu unrealistisch geraten. So läuft Scarlett zum Beispiel nach und nach gleich mehreren Hollywoodstars über den Weg oder es kommt zu einer Hochzeit, bei der selbst der Pfarrer im Star Wars Outfit erscheint. Was mich ebenfalls gestört hat, ist, dass die Protagonistin teilweise ein nicht ganz zeitgemäßes Frauenbild verkörpert, indem sie sich ihrem Verlobten doch sehr unterordnet. Ein letzter Kritikpunkt wären noch gewisse Längen, die es stellenweise doch gibt. Das Buch hat etwas mehr als 400 Seiten, ich denke, etwas weniger hätten es aber auch getan, da manche Szenen und auch das Ende meiner Meinung nach etwas zu ausführlich gestaltet werden, ohne dass das unbedingt Not tut. Positiv möchte ich nun noch das „Bonusmaterial“ hervorheben. Am Ende finden sich noch ein Film-Quiz, eine kurze Vorstellung von Scarletts fünf Lieblingsfilmen und einige Reisetipps für Notting Hill.

Bewertung vom 16.03.2013
Bauchentscheidung
Hay, Lucy

Bauchentscheidung


sehr gut

„Bauchentscheidung“ von Lucy Hay wird vom Rowohlt Verlag als Jugendbuch deklariert und eignet sich meiner Meinung nach einerseits für Jugendliche ab etwa zwölf Jahren, je nach Entwicklungsstand, aber auch für interessierte Erwachsene, da es sich um ein recht ungewöhnliches Buch handelt. Die noch relativ junge Autorin stammt aus England, was auch der Handlungsort der Geschichte ist, und arbeitet normalerweise als Werbetexterin, Drehbuchautorin und Journalistin.

Im Mittelpunkt des Buches steht Lizzie, eine 17-Jährige kurz vor ihrem Schulabschluss und mit großen Plänen für die Zukunft. Sie will studieren und so herauskommen aus ihrem recht trostlosen Heimatort und den eher bescheidenen Verhältnissen, in denen sie mit ihrer Mutter und ihren fünf jüngeren Schwestern lebt. Doch es kommt anders, zu Beginn der Geschichte findet sich Lizzie in einer schäbigen öffentlichen Toilette wieder und ein Teststäbchen sagt ihr, dass sie schwanger ist. Schwanger von ihrem Freund Mike, der aber alles andere als erwachsen und bereit für ein Kind ist, und mit dem sie zusammen zu sein scheint, weil es sich eben so ergeben hat, und nicht, weil sie meint, er sei ihre große Liebe.
So oder ähnlich fangen sicher einige Jugendbücher an, aber nun geht es ungewöhnlich weiter. Es folgen fünf verschiedene Episoden, in denen Lizzie jeweils von anderen Personen aus ihrem Umfeld Unterstützung erhält und eine sechste, in der Lizzie nur auf ihr eigenes Gefühl hören will. Jeder Teil kommt zu einem anderen Schluss, wie es mit Lizzie, Mike und dem Baby weiter geht oder eben aus bestimmten Gründen auch nicht weitergeht. So kommen neben dem Austragen des Kindes unterstützt durch ihre Familie, auch die Möglichkeiten der Abtreibung, einer Fehlgeburt oder einer Adoption zur Sprache. Eine Bewertung der jeweiligen Entscheidung erfolgt aber nicht, diese bleibt dem Leser überlassen.

Mir hat das Buch insgesamt gefallen, weil es der Autorin gut gelungen ist, die Gefühle und Beweggründe von Lizzie zu schildern. Man kann sich als Leser in ihre Situation versetzen, auch wenn man nicht alle ihre Entscheidungen verstehen kann. Aber das passt ja auch zu ihrer Person, da es sich um ein 17-jähriges Mädchen und nicht um eine Erwachsene handelt. Auch alle anderen Beteiligten sind sehr authentisch gestaltet. Lizzies Eltern werden dadurch, wie sie mit ihrer Tochter umgehen, trotz ihrer Eigenheiten immer mehr zu Sympathieträgern. Bei Mike, dem Vater des Ungeborenen dagegen, wird in vielen Situationen klar deutlich, dass er nicht der richtige Mann für Lizzie ist. Der Schreibstil der Autorin ist sehr jung und lebendig, aber auch anschaulich und passt gut zu diesem Buch. Das Aufzeigen der verschiedenen Varianten ist eine sehr gute Möglichkeit, den Leser zum Nachdenken anzuregen, wie er in dieser Situation handeln würde. Gegen Ende des Buches, hatte ich dann aber doch manchmal den Eindruck, dass sich manches wiederholt und nicht zu sehr vom Vorangegangenen unterscheidet. Andererseits hatte ich den Eindruck, dass die Entscheidungen im Laufe des Buches reflektierter und reifer werden. Nicht ganz glücklich war ich damit, dass die Episode zu Beginn, die auf eine Abtreibung hinausläuft, doch den Eindruck vermittelt, dass dies alles recht unkompliziert und komplikationslos verläuft. Aber das liegt wohl auch an den britischen Gesetzen, die in der Hinsicht lascher ausfallen, als bei uns. Vielleicht sollte man darüber dann auch mit den Jugendlichen sprechen, die das Buch lesen, falls es sich um die eigenen Kinder oder die Lektüre in einer Schulklasse handelt. Den deutschen Titel „Bauchentscheidung“ finde ich nicht ganz glücklich gewählt, er passt zwar gut zum Cover, aber suggeriert eben, dass hier eine Entscheidung aus dem Bauch heraus getroffen wird, was dem Buch nicht gerecht wird, da die Protagonistin es sich insgesamt nicht leicht macht, eine so tiefgreifende Entscheidung zu treffen.

Bewertung vom 16.03.2013
Harte Jungs
Joop, Florentine

Harte Jungs


sehr gut

„Harte Jungs“ ist das Romandebüt von Florentine Joop. Der Name lässt es bereits vermuten, es handelt sich bei der Autorin um eine Tochter des Designers Wolfgang Joop. Sie wurde 1973 in Hamburg geboren, wo sie auch ihre Jugend und die Studienzeit verbrachte und wo ihr Buch hauptsächlich spielt. Mittlerweile lebt sie allerdings in Berlin und illustrierte bereits mehrere Kinderbücher.

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Der Roman entführt den Leser in die 90er Jahre, die Zeit, in der Florentine Joop um die 20 war und langsam erwachsen wurde. Und so steckt auch ein Teil der Autorin in Puppe, der „Ich-Erzählerin“ des Romans. Puppe ist zu Beginn der Geschichte 21, studiert „irgendwas mit Design“ an der Fachhochschule in Hamburg, trägt immer ihre geliebten Biker-Boots, liebt Totenkopf-Schmuck, raucht und liebt Rock und Grunge. In einem Club lernt sie ihre erste große Liebe Jan kennen, er ist gerade Zivi, hat aber auch mit „seinen Jungs“ eine Band und so ist Puppe bald hauptsächlich nur noch mit lauter jungen Männern unterwegs. In Clubs, Kneipen, auf Partys, Dorffesten und natürlich auch auf Konzerten der Band. Oft ist dies mit reichlich Alkohol- und auch Cannabiskonsum, aber auch viel Spaß und witzigen Begebenheiten verbunden. Sie selbst ist einfach lieber unter Jungs, wie auch das auf der Rückseite des Umschlags abgedruckte Zitat passend wiedergibt: „Meine Theorie ist, dass ich Jungs nicht lieber mag als Mädchen. Ich mag mich lieber mit Jungs“. Die Handlung im Buch erstreckt sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren, der auch von unschönen Dingen, wie dem Tod der Idole River Phoenix und Kurt Cobain und von einem Exfreund von Puppe geprägt ist, die sie nachdenklich machen. Zudem spielen natürlich auch die Entwicklung der Beziehung zwischen Jan und Puppe und die Frage, wie es mit den beiden irgendwann weitergehen soll, eine Rolle im Buch.

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Insgesamt gibt der Roman das Lebensgefühl dieser Zeit und vor allem auch das dieser Zeitspanne des endgültigen Erwachsenwerdens mit Anfang 20 sehr authentisch wieder. Auch ich kann mich an ähnliche Erlebnisse und Gedankengänge erinnern. Irgendwie hätte ich mir aber noch etwas mehr gewünscht. Die Kurzinfo klang für mich spektakulärer, was das „Rock n‘ Roll“-Leben von „Puppe“ angeht. Das unterschied sich dann am Ende aber doch gar nicht so sehr von meinem eigenen (abgesehen von Autofahrten unter Drogeneinfluss). Etwas gestört hat mich auch der Sprachstil des Buches, der wohl dem Bemühen um möglichst viel Authentizität geschuldet ist. Es finden sich sehr viele umgangssprachliche Formulierungen, Ellipsen, aber auch Schachtelsätze und Wortneuschöpfungen, die es mir gerade am Anfang etwas schwer machten, ins Buch hineinzufinden. Gut fand ich auf jeden Fall, dass es auch einen passenden Soundtrack gibt und die Autorin jedem Kapitel einen passenden Song zugeordnet hat. So kann man gleich noch etwas besser in diese Zeit eintauchen. Auch die Covergestaltung finde ich sehr passend und ansprechend. Man kann sich gut vorstellen, dass die nackten Beine in Biker-Boots zu Puppe gehören und auch die farbliche Gestaltung würde im Laden mein Interesse wecken. Es handelt sich auf jeden Fall um ein interessantes Buch, das eigene Erinnerungen weckt.

Bewertung vom 16.03.2013
Auf die Ohren!
Till, Jochen

Auf die Ohren!


ausgezeichnet

„Auf die Ohren“ von Jochen Till ist ein Jugendbuch, das sich an etwa 14- bis 17-jährige Jugendliche richtet, aber auch durchaus für Erwachsene lesbar ist, die sich ein bisschen in ihre eigene Jugendzeit zurückversetzen lassen. Es handelt sich hierbei eigentlich um eine Fortsetzung zum 2004 erschienenen und für den Jugendliteraturpreis nominierten „Ohrensausen“. Dies ist aber kein Nachteil für Leser, die den ersten Band nicht kennen, da man den Einstieg in das Buch auf jeden Fall auch ohne den Vorgänger zu kennen, ganz leicht findet. Und alle, die „Ohrensausen“ schon gelesen haben, haben aber eben den zusätzlichen Vorteil, in „Auf die Ohren“ alte, aber mittlerweile etwas gereiftere Bekannte wiederzutreffen.

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Im Mittelpunkt von „Auf die Ohren“ steht der Schlagzeuger Danny. Er steht kurz vor dem Abi und hat mit einigen Kumpels eine Punkband namens „Auf die Ohren“. Zudem singt auch seine Freundin Clarissa in dieser Band und seine kleine Schwester ist mit seinem besten Freund Christopher, dem Bassisten der Band zusammen. Somit erzählt das Buch Episoden aus der Schule und Dannys Familie, von Bandproben und der Beziehung zwischen Danny und Clarissa. Am Ende der ereignisreichen Wochen soll die Abiparty mit einem Auftritt der Band vor einem großem Publikum, inklusive einem Musikjournalisten stehen.

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Mir hat das Buch gut gefallen. Der Schreibstil ist, bis auf einige musikalische Fachbegriffe vielleicht, auch für Haupt- und Realschüler verständlich, anschaulich und gut lesbar. Jochen Till schreibt authentisch, versucht aber nicht, so gezwungen bestimmte jugendsprachliche Formulierungen zu verwenden, dass es anbiedernd wirken könnte. Die Hauptperson Danny wirkt im Umgang mit Freunden und Familie sympathisch und sein Charakter erscheint mir sehr realistisch. Besonders gut finde ich die Darstellung der Beziehung zwischen Danny und Clarissa, da die beiden sehr liebevoll und schon relativ erwachsen miteinander umgehen. Aber auch ernsthaftere Themen wie Eifersucht oder Rechtsradikalismus spielen in diesem Jugendroman eine Rolle. Für humorvolle, aber nicht ganz realistische Einlagen sorgt immer wieder der Schulleiter, wodurch die Handlung unterbrochen und teilweise ernsthafte Situationen aufgelockert werden. Auch die Bandthematik und die immer wieder eingefügten Songtexte von „Auf die Ohren“ sprachen mich an und weckten Erinnerungen. Man kann sich so richtig gut in den Proberaum hineinversetzen. Zu hoffen wäre, dass dadurch vielleicht auch einige der jugendlichen Leser Lust darauf bekommen, selbst eine Band zu gründen. Lust kann dieses Buch auf jeden Fall darauf machen.

Bewertung vom 16.03.2013
Die Sehnsucht der Krähentochter
Becker, Oliver

Die Sehnsucht der Krähentochter


ausgezeichnet

Der historische Roman „Die Sehnsucht der Krähentochter“ ist der zweite Band der „Krähentochter“-Trilogie von Oliver Becker, der selbst im Schwarzwald aufwuchs, wo das Buch unter anderem spielt. Dass es sich hier um den zweiten Teil handelt, ist meiner Meinung nach kein Problem. Auch ich habe den Vorgängerband noch nicht gelesen und mir gelang der Einstieg in die Handlung problemlos.

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Hauptperson ist Bernina, die „Krähentochter“. Ihre Mutter wird die „Krähenfrau“ genannt, weil sie über besondere Heilkräfte verfügen soll. Bernina ist mit Anselmo, der zuvor als Gaukler durch die Orte zog, verheiratet und sie leben zusammen auf dem Petersthal-Hof in Teichdorf im Schwarzwald. Doch bereits zu Beginn des Buches merkt man, dass es sich nicht um eine friedliche Dorfidylle handelt. Der Roman spielt um das Jahr 1640 herum, zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Im Dorf gewinnen spanische Söldnertruppen immer mehr an Macht, die die Dorfbewohner eigentlich vor dem näherkommenden französischen Heer schützen sollten, nun aber die Menschen unterdrücken und quälen. Zudem kommt es immer wieder zu Hexenverbrennungen und auch Bernina gerät mehr und mehr in Gefahr, besonders als auch noch ihre Mutter verbrannt wird und ihr Ehemann unter recht mysteriösen Umständen verschwindet. Ihr stehen sehr abenteuerliche Zeiten und große Herausforderungen bevor, über die ich hier nun aber noch nicht mehr verraten will.

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Mir hat das Buch gut gefallen. Bernina, die Protagonistin, ist eine starke, selbstbewusste und für die damalige Zeit wohl recht ungewöhnliche junge Frau, die sich aber auch oft sehr mitfühlend verhält und Gefühle zeigt, was sie mir sehr sympathisch macht und was dazu führte, dass ich beim Lesen richten mit ihr gelitten habe. Auch die weiteren Hauptpersonen fand ich gut und vielschichtig gezeichnet. Der Schreibstil ist flüssig und anschaulich zugleich, so kann man als Leser recht gut in die beschriebene Zeit eintauchen und sich in die Situationen hineinversetzen. Man erfährt auch viel über die Lebensumstände damals und die vielen Grausamkeiten, die der Dreißigjährige Krieg für die einfachen Menschen mit sich brachte. Es gibt unterschiedliche Nebenhandlungen, die für Spannung sorgen und es kommt auch immer wieder zu überraschenden Wendungen. So fiel es mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen und ich habe es fast an einem Tag zu Ende gelesen. Ich freue mich schon auf den dritten Band der Reihe „Die Entscheidung der Krähentocher“, der noch in diesem Monat erscheint.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.03.2013
Subway Sound
Bongard, Katrin

Subway Sound


sehr gut

Bei „Subway Sound“ handelt es sich um einen Jugendroman der Berliner Autorin Katrin Bongard, deren Debütroman „Radio Gaga“ mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde. „Subway Sound“ erschien bei „PINK“, einem recht neuen Imprint des Oetinger Verlages, speziell für coole, selbstbewusste und vielseitig interessierte Mädchen zwischen 11 und 14. Die Bücher dieser Reihe fallen schon allein durch ihre knallige und moderne Covergestaltung auf. Hinsichtlich des Alters der Zielgruppe muss ich aber sagen, dass dieser Jugendroman sicher auch für etwas ältere Teenager oder auch Erwachsene, die sich für das Thema interessieren, geeignet ist.

***

Das Buch spielt in Berlin. Dafür gibt es gleich einmal einen Pluspunkt von mir und sicher auch vielen Jugendlichen, die es lesen, da die Stadt einfach ein spannender Ort für Geschichten ist. Im Mittelpunkt der Handlung steht die 14-jährige Livia, die nach der Trennung ihrer Eltern mit ihrem Vater, einem Journalisten, der häufig unterwegs ist, von Hamburg nach Berlin zieht. Ihre Mutter ist Modedesignerin und lebt mit ihrem neuen Freund in Spanien. Livia stammt also aus einem recht wohlhabenden Elternhaus, in dem das Geld nie knapp war, sie hat auch viele tolle Kleidungsstücke und wohnt in Berlin in einer schicken Altbauwohnung. Dennoch wirkt die Protagonistin sehr sympathisch, sie ist nicht arrogant und hält sich für etwas Besseres, sondern läuft mit offenen Augen durch ihre neue Umgebung und lernt so auch den etwa gleichaltrigen Straßenjungen Tim kennen. Sie begegnet ihm, trotz aller Unterschiede, die zwischen den beiden bestehen und auch entgegen aller Vorurteile, die ihre neuen Mitschülerinnen haben, sehr offen und möchte ihn näher kennen lernen. Schließlich nutzt sie sogar die Gelegenheit, für eine kurze Zeit komplett in seine Welt einzutauchen und zu erleben, wie es ist, sich in dieser Großstadt ohne Geld und ohne Dach über dem Kopf durchschlagen zu müssen.

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Ich fand das Buch sehr interessant, weil man Berlin darin einmal aus einer anderen Perspektive kennenlernt und weil es eine sehr wichtige Thematik anspricht und so bewusst macht, wie ein Leben als Straßenkind aussieht, mit all seinen Konsequenzen. Durch die Figur des Straßenjungen Tim sieht man, dass sich hinter diesen Jugendlichen, die oft als „Penner“ beschimpft werden, häufig ganz normale, nette Menschen verbergen, die eigentlich Unterstützung benötigen. Die verschiedenen Personen sind sehr realistisch dargestellt und einige Charaktere sind wirklich liebenswert. Es kommt aber auch zu keiner bewusst geschönten Darstellung. Der Schreibstil von Katrin Bongard ist leicht verständlich und so anschaulich, dass man sich gut in verschiedene Situationen hineinversetzen kann. Ein Kritikpunkt von mir ist nur, dass ich gerne noch etwas mehr über Tim und seine Vorgeschichte erfahren hätte, um besser verstehen zu können, warum er sich für ein Leben auf der Straße entschieden hat. Ich möchte das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen, da es sich hierbei um einen Jugendroman mit Tiefgang handelt, der den Leser über den eigenen Tellerrand hinausblicken lässt und ihn gleichzeitig fesselt und gut unterhält.