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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
galaxaura
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 74 Bewertungen
Bewertung vom 25.08.2024
Lupus
Rode, Tibor

Lupus


sehr gut

Brandaktuell und voller Überraschungen

„Lupus“, nach „Der Wald“ der neue (Wissenschafts-)Thriller von Tibor Rode, erschienen 2024 bei Droemer, ist ein packender Thriller, der sich nicht scheut, aktuelle Debatten anzufassen und mit multiplen Plottwists glänzt. Der Untertitel „Alles Böse kehrt zurück“, der vom Wolf auf dem Cover fast gefressen wird, verweist auf eine finstere Zeit in der Deutschen Geschichte, die wohl leider nie ganz ausgerottet wird. Anders als eine Tierart, die... Doch zurück an den Anfang.

Die Tierärztin Jenny Rausch fährt alarmiert in den Wald, wo der Wagen ihres Vaters Jo aufgefunden wurde – drumherum jede Menge Blut, im Wagen eingesperrt der Jagdhund Bruno und von Jo: Keine Spur. Schnell schaltet sich der Staatsanwalt Frederik Bach ein, denn hier scheint es um mehr zu gehen als nur um einen Jagdunfall. Schließlich steht der Wagen in der Nähe eines von KI gesteuerten Schutzzaunes der Firma Fenceattack, der als Pilotprojekt getestet wird, um die wieder angesiedelten Wölfe im Zaum zu halten. Und schon sind wir nicht nur mittendrin im Human-wildlife-conflict, sondern in einer Gemengelage, die noch einige Tote fordern wird, und vor allem: Immer wieder mit unglaublich viel Überraschungen und jeder Menge brisanter Themen aufwartet.

Tibor Rode führt uns souverän durch ein Dickicht an Verwicklungen, gegen das das Unterholz im Wald sich harmlos ausnimmt. Dabei integriert er sowohl aktuelle Debatten wie die Sicherheitsfrage bei der Wiederansiedlung des Wolfes, als auch spannende historische Themen, die eher unbekannt sind, wie die Existenz von Neonazizellen in der DDR und Forschungen an Kampfmitteln elegant in die Handlung und schafft es, ein großes Figurenpersonal wirklich übersichtlich zu managen. Und sogar ein bisschen Romance gönnt Rode uns – sowie eine Familiengeschichte, die es wirklich in sich hat.

Die kurzen Kapitel halten die Spannung durchweg gut hoch, viele Flashbacks und Zeitungsartikel als Stilmittel schaffen den Bogenschlag von Gestern nach Heute. Und so möchte mensch das Buch eigentlich gar nicht aus der Hand legen. Natürlich kommt auch der titelgebende Wolf in mehrfacher und auch hier mehrfach überraschender Form vor. Insgesamt hätte für mich das Tempo noch etwas höher sein können, zwischendurch tritt die Handlung ein bisschen auf der Stelle. Und es gibt dann doch eine größere medizinische Ungereimtheit, die der Story zwar weiterhilft, mir aber zu unglaubwürdig war. Dennoch liegt hier ein starker Thriller vor, den ich unbedingt zum Lesen empfehlen möchte. Und der deutlich besser und plausibler konstruiert ist als so einige andere aktuell erschienene Thriller, die sich auch dem Wolfsthema widmen – mit dem wir uns auch wirklich befassen werden müssen. Bodes Thriller leistet hier tatsächlich auch auf der Informationsebene einen spannenden Diskussionsbeitrag. Vor allem aber: Liest er sich einfach richtig gut.

Bewertung vom 19.08.2024
Die Legenden der Albae - Dunkles Erbe
Heitz, Markus

Die Legenden der Albae - Dunkles Erbe


sehr gut

Eine komplexe Welt lebendig erzählt

„Die Legenden der Albae – Dunkles Erbe“, der 5. Band der Reihe von Markus Heitz hat mich mit seiner Komplexität herausgefordert, aber immer wieder auch in einen Spannungsbogen gezogen, bei dem ich das Buch nicht aus der Hand legen wollte.
Vorweg: Ich habe die vier Vorgängerbände nicht gelesen und tatsächlich hat das dem Leseerlebnis nicht viel geschadet, auch wenn es sicherlich sinnvoll ist, sich erst Band 1-4 zu Gemüte zu führen, um wiederkehrende Figuren und Hintergründe noch besser einordnen zu können. Der Autor schafft durchweg geschickt gute Anlässe, das Wesentliche zusammenzufassen, so dass ich nicht den Eindruck hatte, dass mir viel fehlt und der Story immer gut folgen konnte. Dabei hilfreich waren auch das Personenverzeichnis am Anfang des Buches (endlich mal in dieser Position zu finden!) und Kartenmaterial im Innencover für die räumliche Orientierung.
Dunkles Erbe ist in drei Bücher aufgeteilt, die jeweils einen eigenen Handlungsstrang und Ort verfolgen und dabei zwar miteinander verknüpft sind, jedoch nicht sehr stark. Das führt leider dazu, dass die Lesenden die Figuren des ersten Buches im weiteren Verlauf eigentlich komplett aus dem Auge verlieren, das fand ich sehr schade und ist für mich ein Manko dieses Bandes, auch wenn diese Handlungen dann sicher im sechsten Band weiter fortgeführt werden. Die Handlung selbst kann ich insgesamt gar nicht zusammenfassen, weil es wirklich fast Wechsel zwischen Welten innerhalb der Bücher sind
Das erste Buch formt einen gelungenen Auftakt, der wenig Atem zulässt, fühlte sich an wie eine durchweg wogende Schlacht, in der es kaum Besinnung gab. Das diesem Buch zugrundeliegende Thema der Kunst und der Notwendigkeit von Kunst mit Fantasy zu verknüpfen, finde ich superspannend und sehr gut gelungen, das habe ich so bisher auch noch nicht gelesen.
Das zweite Buch war für mich im Lesen am Schwierigsten, da hier sehr viele Wechsel von Personen und Orten stattfinden und mehrere Handlungsstränge gleichzeitig verfolgt werden. Da artete das Lesen dann doch kurz in Arbeit aus. Am Ende wurde fast alles auch wieder mit dem ersten Buch verbunden, das fand ich sehr gut. Aber da anzukommen, war für mich teils nicht so leicht, für ein Fantasybuch ungewöhnlich komplex. Den Kontrast zwischen Künstlern und Kriegern fand ich sehr interessant.
Das dritte Buch hat mir am besten gefallen, ich fand es auch am lesbarsten, wahrscheinlich, weil er sehr klar auf auf eine Hauptfigur fokussiert und ich deshalb der Handlung deutlich leichter folgen konnte als zuvor. Wir enden mit einem gewaltigen Cliffhanger und vielen losen Fäden, was aber der Reihe geschuldet ist. Dennoch ein vertretbarer Abschluss innerhalb der Reihe.
Insgesamt schreibt Heitz wirklich sehr gut und dicht, er kreiert klare Atmosphären, formt immer wieder gute kurze und lange Spannungsbögen, hat seine sehr komplexe Welt durchweg im Griff, führt die Lesenden gut, gestaltet starke und teils auch sehr liebenswerte Charaktere. Man merkt ihm durchweg im Schreiben die eigene Begeisterung für die kreierte Welt an. Ich hätte mir nur insgesamt für diesen Band noch ein bisschen mehr Verbindung der drei Bücher gewünscht und dass wir die Familie aus dem ersten Buch noch etwas mehr wiedersehen in Buch zwei und drei, deren Verbindung klarer ist.
Für Fans der Reihe denke ich, ist dieser Band ein Vergnügen, für Quereinsteiger auf jeden Fall auch sehr lesenswert, wenn mensch ein bisschen Geduld für den sehr komplexen zweiten Teil mitbringt.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.08.2024
Im Unterholz
Strömberg, Sara

Im Unterholz


sehr gut

Viele Geheimnisse verborgen im Mulch der Vergangenheit

„Im Unterholz“, das preisgekrönte Kriminalroman-Debut von Sara Strömberg, erschienen 2024 bei Blanvalet, ist ein packender Krimi, der vor allem durch seine dichte psychologische Konstruktion besticht. Ummantelt von einem atmosphärischen, klug designten Cover in Schwarz-weiß-gelb und versehen mit einem neon-gelben Farbschnitt (Woher kommt eigentlich dieser aktuelle schwarz-gelb-Trend im Krimigenre?), im Innencover mit einer Karte von Schweden ausgestattet, die den Nicht-Expert:innen räumliche Orientierung schenkt, tauchen die Lesenden auf etwas mehr als 400 Seiten immer mehr ab in das Unterholz eines Waldes aus Vergangenheit und Heute.
Ein dicker Pluspunkt direkt vorab: Die ermittelnde Person stellt eine Frau in den Wechseljahren dar und räumt so unromantisch, unverklärt und ehrlich mit dieser Zeit im Leben einer Person mit weiblichen Hormonen auf, dass mich allein das schon sehr für diesen Krimi eingenommen hat. Vera Bergström ist beruflich gescheitert, von ihrem Partner verlassen, von den Hormonen gepeinigt und auch sonst ganz allgemein am unteren Ende der Fahnenstange angekommen. Und auch wenn das vielleicht ein bisschen viel Scheiter heiter Story auf einmal ist, hat mich diese Figur, die sich letztlich auch purer Lebenslangeweile in den neuen Fall stürzt, perfekt abgeholt.
In der Kleinstadt Järpen wird eine Frau ermordet aufgefunden – und da die Polizei auf der Stelle tritt und es keine wirkliche lokale Presse gibt, macht sich Vera auf die Suche nach Informationen. Je weiter sie dabei Schicht für Schicht diesen Fall entblößt, desto mehr wird ihr journalistisches Fieber wieder angefixt, bis sie am Ende sehr viel riskiert, um diesen Fall aufzuklären, aber unter Umständen damit auch der Lethargie entkommt, die sie seit Jahren fesselt. Strömberg macht die Atmosphäre einer Kleinstadt geschickt sichtbar und geht immer mehr verschlungene Waldpfade mit ihrer Handlung entlang, so dass hinter jeder Kurve wieder eine neue scheinbare Lösung auf die Lesenden wartet. Über weite Strecken ist das vor allem psychologisch brillant geschrieben, dieser Roman hat eher Ruhe als Tempo, seine Suspense generiert sich nicht so sehr aus Action, sondern viel mehr aus den Abgründen, die das Leben in einer Einöde mit sich bringen kann. Ein kleines Manko sind die doch sehr vielen Zufälle, die Vera bei ihrer Wahrheitssuche weiterhelfen, so viele, dass hier die Grenze zur Plausibilität für mich doch klar überschritten wird. Und insgesamt wäre der Handlungsbogen meiner Meinung nach auch mit 50 Seiten weniger ausgekommen. Wundervoll geschrieben dagegen die vielen Beobachtungen über das Altern als schmerzlichen Prozess und die fast schon philosophischen Einschübe zur Frage, ob Schuld überhaupt abgebüßt werden kann. Gibt es Neuanfänge? Wann hat der fehlende Mensch genug gelitten?
Ein toller Kriminalroman für den nun kommenden Herbst und Winter.

Bewertung vom 16.08.2024
Vom Zauber geküsst / Silvercliff Hall Bd.1
Ley, Aniela

Vom Zauber geküsst / Silvercliff Hall Bd.1


ausgezeichnet

Spritzige Dialoge, schöne Ideen, aber zu wenig Handlung

„Silvercliff Hall – vom Zauber geküsst“, der Start einer neuen (Jugend-) Light-Academia-Romantasy-Reihe von Aniela Ley, erschienen 2024 bei dtv, kommt mit einem eher dezenten Cover, das aber mit einem schönen Perlmuttglanz und Textilhaptik doch überzeugen kann – ein passender Farbschnitt im Stil des Innencovers wäre hier definitiv noch eine schöne Ergänzung. Beiliegend in der limitierten Auflage ist eine Charaktercard, die ich allerdings eher nichtssagend fand – man kann sie jedoch gut als Lesebändchen-Ersatz nutzen.
Die Story ist schnell umrissen: Nathan Hamsworth, Student der Astrophysik in Oxford, ist gerade auf dem Weg zur Bibliothek als plötzlich ein merkwürdiger Riss in der Atmosphäre erscheint und aus diesem heraus Emilia Albertine Vandercould auf ihn fällt und ab dann im wahrsten Sinne des Wortes an ihm kleben bleibt, da sich dummerweise ihre zwei Auren verbinden. Emilia lebt in einer anderen Welt und folgt dem Vandercould-Ruf, der sie mit der Silvercliff Hall Academy verbindet und anzeigt: Hier stimmt etwas nicht. Wobei wir schnell erfahren, dass auch in der Parallelwelt Zuhause etwas nicht stimmt – was genau, werden wir, wie so vieles in diesem ersten Band, nicht herausfinden.
Ley schreibt schnelle und spritzig-witzige Dialoge, davon sehr viele für sehr wenig Handlung, so dass der Roman immer wieder lange auf der Stelle tritt. Ihr Grundidee für die Reihe ist gut, ihre Figuren sind weitestgehend interessant gestaltet, aber der Plot ist viel zu überschaubar für 368 Seiten, selbst für ein Jugendbuch, und läuft sich deshalb immer wieder tot. Die Atmosphäre einer Akademie in Oxford ist ganz gut gegriffen, nicht zufällig kommen Harry Potter Assoziationen auf, wie überhaupt auch viele Namen und Anlagen auf Referenzebenen zurückgreifen, das ist ganz geschickt gemacht und erzeugt Schmunzler bei den Wissenden. Problematisch ist ihr Zeit- und Emotionsmanagement, hier gibt es immer wieder etwas sehr rasante Entwicklungen und Äußerungen, dafür, dass die gesamte Handlung des Romans gerade einmal 24 Stunden umfasst. Und auch das Rollenbild ist nicht nur antiquiert, sondern wirklich fragwürdig, es hat schon eine widerliche Komponente, wenn sich in Nathan bei der Annäherung an Emilia, die von Sekunde eins an im Raum steht, schon sehr als der Erfahrene feiert, während sie das unbedarfte Lämmchen geben muss (und dabei sonst oft so tough im Raum steht, doppelt schade also). Sowieso ist die dauerhafte Beschwörung der hohen Anziehung zwischen den beiden Hauptcharakteren etwas over the top und auf Dauer leider: langweilig.
Die vorhandenen Plottwists sind in der Anbahnung sehr durchsichtig, für vollkommen unerfahrene Leser:innen von Fantasy, Academia und Romance mag das noch Spannung erzeugen. Streckenweise liest sich das Buch fluffig und angenehm, immer dann, wenn die Handlung kurz anzieht, aber dann verliert sich dieser Schwung leider auch schnell. Apropos Schwung: Immer wieder kommt es auch zu nicht plausiblen Handlungen, die nicht mit dem vorher Geschriebenen zusammenpassen wollen – vielleicht hatte hier die Veröffentlichung auch zu viel Schwung und etwas mehr Lektorat wäre gut gewesen.
Das Buch endet mit einem Cliffhanger und einer nicht in sich abgeschlossenen Handlung – das mag Geschmackssache sein, für mich ist es Kaufbaiting. Hier hätte ich mir etwas mehr Abschluss gewünscht.
Als Fazit bleibt: Als Jugendroman für junge Erstleser:innen des Genres könnte dieses Buch einen guten Einstieg formen und streckenweise war ich gut amüsiert. Richtige Spannung kam allerdings zu keinem Zeitpunkt auf und der avisierte 2. Teil ruft nicht wirklich nach mir. Aufgrund der doch häufig sehr pointierten Dialoge reihe ich mich dennoch bei 3 Sternen ein. Vielleicht packt der Nachfolgeband ja etwas dichter und inhaltsreicher zu.

Bewertung vom 15.08.2024
Pi mal Daumen
Bronsky, Alina

Pi mal Daumen


sehr gut

Eine Reise in die 4. Dimension?

„Pi mal Daumen“, der neue Roman von Alina Bronsky, ist ein Buch über Vorurteile, Freundschaft, Toleranz, das Verfolgen der eigenen Träume und zu sich Finden, egal wann im Leben, und tatsächlich auch über die Schönheit der Mathematik, ohne ein Wissenschaftsroman zu sein, das über weiter Strecken souverän in der 5-Sterne-Zone surft und nur ganz am Ende diese leider dann doch noch verlässt.
Der Roman kommt in einem leider sehr altbackenen Cover, was mich beinahe dran vorbeischauen hätte lassen, wäre der Titel nicht so pfiffig (ein Wort, des Covers würdig).
Erzählt wird, aus der Perspektive von Oscar, die einzigartige Begegnung von eben Oscar und Moni beim Mathematikstudium. Oscar, 16 Jahre alt, mit Inselbegabung, Autismus, Synästhesie und noch anderen Besonderheiten aufgewachsen, Animefan, Liebhaber von Tofu mit Erbsen, Struktur und absoluter Ehrlichkeit begegnet an seinem von ihm von Kindheit an geplanten Beginn des Mathematikstudiums Moni, 53, trägt Knallfarben und Leoprints, hat die Sonne im Herzen und den kessen Spruch auf der Zunge, immer eine riesige Tasche mit allem möglichen und noch riesigeren Brotdosen dabei, drei Nebenjobs, drei zu betreuende Enkel und alles, nur keine Struktur. Und: Sehr viel Liebe und Toleranz für Oscar und seine Eigenarten – ganz am Ende werden wir auch erfahren, warum.
Zwischen diesen beiden so ungleichen Menschen entspinnt sich eine zauberhafte Annäherung und Schicksalsgemeinschaft, während sie beide auf ganz unterschiedliche Art und Weise darum kämpfen, ihren Lebenstraum wahrwerden zu lassen. Die Figuren sind alle skurril und dennoch so glaubwürdig, das ganze Setting des Mathematikstudiums wird so perfekt beschrieben, man atmet die Hörsaalluft förmlich beim Lesen. Immer wieder schreibt Bronsky Sätze, die man sich direkt ausdrucken und irgendwo an die Wand pinnen möchte, z.B. „Wir studieren eine Gnade, sondern Mathematik.“ Moni und Oscar sind zwei Hauptcharaktere, die mensch einfach lieben muss, wie sie da beharrlich und absonderlich durchs Leben schreiten und wir immer tiefer in dieses Leben, seine Verstrickungen und jede Menge Emotionen eintauchen. Und über all dem schwebt die Mathematik, die die meisten von uns wahrscheinlich mit Schmerzen und schlimmen Schulerinnerungen verbinden, die hier aber auch ihre leuchtende Seite schreibt. Bronsky lässt Oscar die wohl schönste Liebeserklärung an die Mathematik formulieren, die ich jemals gelesen habe. Würde es gelingen, diesen Blick auf die Mathematik in der Schule zu vermitteln, das wäre ein Gamechanger.
Über weite Strecken des Buches war ich komplett gebannt und konnte gar nicht aufhören zu lesen und mit Moni und Oscar zu leben, zu lieben, zu lachen, zu kämpfen und manchmal auch zu verlieren. Am Ende des Buches allerdings wurde ich enttäuscht, da sehr viele lose Fäden in der Luft hängen bleiben und sich die Geschichte in die Phantastik rettet. Und auch wenn es die 4. Dimension, die immer wieder im Buch vorkommt, gibt, ist das Buch zuvor durchweg so real und dreidimensional, dass das spontane Ausgrätschen hier für mich keinen Sinn ergibt und mich leider etwas leer und sehr unbefriedigt zurückgelassen hat, da mehrere zentrale Fragen so komplett offenbleiben – und für mich entsteht hier kein offenes Ende im guten Sinne. Daher kann ich leider keine fünf Sterne geben, auch wenn das Buch diese über viele Seiten hin wirklich verdient hätte.
Dennoch eine unbedingte Leseempfehlung! Lasst euch diese herzigen Menschen und ihre zauberhafte Begegnung voller Komik und Liebe nicht entgehen!

Bewertung vom 11.08.2024
Taumeln
Scherzant, Sina

Taumeln


ausgezeichnet

Das Knistern von Leben im Unterholz

„Taumeln“, der zweite Roman von Sina Scherzant, erschienen 2024 bei park x ullstein, ist ein Buch, das mir noch lange durch Kopf und Herz gehen wird. Ein schlichter Schutzumschlag zeigt Blätter in Pink bis Petrol auf schwarzem Grund, darunter versteckt sich ein wunderschönes Hardcover in einem leicht glitzernden Farbverlauf derselben Farben. Ein bisschen so sind auch die Menschen in diesem Buch, eine karge Fassade, aber darunter ist so ein sanft glänzendes Leuchten, dass mich beim Lesen tief berührt hat.

Der Einstieg in den Roman ist einer der besten, die ich seit langem gelesen habe, voller Härte und Poesie, eine allgemeine Betrachtung über den Schmerz, bevor wir uns im Buch den Leidenden widmen. Oder den Kämpfenden. Es kommt auf die Perspektive an.

Immer wieder treffen sie sich im Wald, die Suchenden, das sind Luisa, Inge, Frank, Hartmut, Amaka, Emma, Enrico und Christina, die seitdem Hannah, die Schwester von Luisa eines Tages verschwunden ist, jeden Samstag den Wald durchforsten, auf der Suche nach Hannah – oder vielleicht doch eher nach sich selbst und einem Weg aus der Einsamkeit und all den Dingen, die sich unter der Oberfläche aufstauen. Was so profan und durchsichtig klingt in der Oberflächenkonstruktion ist ein Roman, der an emotionaler Dichte und literarischer Qualität kaum zu überbieten ist. Hannah, die Perfekte, Wunderschöne, deren Name nicht umsonst natürlich auch noch ein Palindrom ist, verschwindet scheinbar grundlos und zurück bleiben Wut, Schuld und beendete Leben, die voller Schmerz auf einen Neubeginn warten, sich aber nicht aus der Sackgasse, dem Wendehammer, trauen. Die Trauerarbeit, das Loslassen hat viele Gesichter, für die Scherzant einfach großartige Bilder und Formulierungen findet. Die Suche im Wald wird immer mehr auch zu einer klugen Gesellschaftsstudie, die die Mechanismen von Abwehr und Kampf um Geltung und Sichtbarkeit immer mehr aus dem Mulch herausschält. Scherzant macht nicht halt vor Rassismus und Privilegien, vor Misogynie, Incels (wo sind die Bären in diesem Wald?) und roher Gewalt, vor stereotypen Rollenbildern und Heimlichkeit, vor Optimierungsdruck und Hass. Aber zum Glück steht dem Gegenüber im Wald auch Solidarität und eine Art, ja, Fungus, ein unterirdisches Gewebe, dass hier acht Menschen zusammenhält und ganz langsam und leise miteinander wachsen lässt, der Wald ist unverwüstlich und diese Notgemeinschaft auch. Vielleicht weiß am Ende niemand mehr, warum sich immer wieder im Wald zusammengefunden wird und die Suche sich immer mehr wie ein Ausflug anfühlt, vielleicht wird nie mehr Physisches gefunden werden als Plastikdeckel, während immer mehr klar wird, dass es eigentlich längst vorbei ist, und vielleicht ist es müßig, immer wieder die Blätter umzuwälzen, wenn die Oberfläche der Menschen immer mehr Risse bekommt. Aber jeder Schritt durch den Wald beschreibt aus Scherzants genialer Feder auch die Unfähigkeit, selbst weiterzuleben angesichts eines Verlustes, die inneren und äußeren Verletzungen, den Wunsch nach einer Erklärung oder Rechtfertigung und bringt die Menschen im Roman ganz vorsichtig an etwas, das vielleicht ein Anfang ist.
„Ein schwarzes Loch ist nicht Leere. Es existieren Schwarze Löcher mit der milliardenfachen Masse der Sonne.“
Noch nie wurde ein schwarzes Loch für mich so spürbar gemacht, wie durch dieses Buch. Lesen. Bitte lesen. Und dann zum Sternenhimmel aufschauen. Sonst habt ihr wirklich was verpasst.

Bewertung vom 07.08.2024
It's lonely at the centre of the earth
Thorogood, Zoe

It's lonely at the centre of the earth


ausgezeichnet

Bist du okay?

„It’s lonely at the centre of the earth“, eine Autobio-Graphic-Novel über das Leben mit Depressionen von Zoe Thorogood ist eine Entdeckung, ein unglaublich mutiges und ehrliches Werk aus der Hand einer jungen Künstlerin, die uns hoffentlich noch ganz viele Werke schenken wird.
Ich kannte Zoe Thorogood bisher als Künstlerin gar nicht, muss mir jetzt unbedingt mehr von ihr anschauen. Ihre Zeichnungen sind so vieldimensional und berührend, die fragile und fragmentarische Storyline lässt die Lesenden sehr gut in ihren Kopf schauen, die Graphic Novel ist so ehrlich und direkt, ich kann das nur feiern. Wie Thorogood ihrer Depression eine Gestalt gibt und in vielen Panels sichtbar wird, dass es eine fast zärtliche Beziehung zu ihr gibt, die Gesichtslosigkeit der Menschen um sie herum, die ihre Unfähigkeit, Beziehungen einzugehen, so perfekt einfängt, das Chaos, das durch alle Bilder wandert, die meist gedeckten Farben, ihre Fähigkeit, ganz viele Formen und Stile künstlerisch zu integrieren, und in der Mitte dann auf einmal ein neues Buch, ein neuer Ansatz, weil sich das alte Buch einfach nicht schreiben lassen will: Einfach grandios. Die Facetten der Depression werden sehr gut eingefangen, auch die Sprachlosigkeit, die damit einhergeht, beim gleichzeitigen Wunsch nach Kommunikation und Nähe.
Dieser Wunsch führt im zweiten Ansatz dann zu einer deutlich klareren Storyline, und dennoch scheint das Fragmentarische fast noch zuzunnehmen: Die innere Auflösung und Überforderung von Zoe ist absolut greifbar und es hat mich sehr berührt, wie sie sich immer mehr zu verlieren scheint. Ganz stark eine Doppelseite, auf der sie sich selbst am Tisch gegenüber sitzt und in ganz vielen Spiegelungen erscheint. Und wie sie ihrem jungen Ich begegnet, das sie im Leben hält und zum Schreiben und Zeichnen antreibt. Dann auf einmal bei einer Fotografie zu landen, hat mich zerrissen.
Und auch wenn Zoe vielleicht nicht weiß, wie sie das Buch beenden soll, so ist doch gerade dieses Nicht-Ende wahrscheinlich genau das einzig Mögliche. Ihr Kampf wird ja auch nicht enden. Aber sie bleibt in Bewegung. Es ist einsam im Mittelpunkt der Erde. Aber Zoe versucht, dort nicht mehr zu leben. Das ist es, was zählt.
Eine mutige Graphic Novel. Es braucht ein bisschen Mut auch von den Lesenden, mit dem assoziativen Flow zu gehen und sich durch die Panels treiben zu lassen. Vielleicht hätte ich mir auch noch ein bisschen mehr Input zum Kampf zwischen Depression und Kunst gewünscht. Aber wir teilen das, was wir teilen können. Künstlerisch durchgehend stark gezeichnet und mit einer klaren Stimme gesprochen.
Am Buchbeginn zeigt uns Zoe Thorogood, wer sie ist und zeigt uns auch ihre Angst, mit diesem Buch an die Öffentlichkeit zu gehen, weil dann alle für immer über sie Bescheid wissen werden. Es ist ein Scheiß, dass psychische Krankheiten noch immer so stigmatisiert sind. Die Einsamkeit, die im Mittelpunkt der Erde herrscht, macht Zoe Thorogood mit ihrer Graphic Novel sehr berührend erlebbar. Es wird Zeit, mehr Leitern und Seile nach unten zu bringen.
Ich bin Fan. Ich wünsche dieser beeindruckenden Graphic Novel ganz viele Leser:innen. Und werde noch häufiger die wichtige Frage stellen. Bist du okay?

Bewertung vom 29.07.2024
Die Toten von Veere. Ein Zeeland-Krimi
Vermeer, Maarten

Die Toten von Veere. Ein Zeeland-Krimi


ausgezeichnet

Bitte schneller als schnell die Fortsetzung!

„Die Toten von Veere“, ein Zeeland-Krimi aus der Feder von Maarten Vermeer, erschienen 2024 bei HarperCollins, ist ein Kriminalroman, der es auf unfassbar vielen Ebenen in sich hat und den mensch nicht eine Sekunde aus der Hand legen kann. Eingebettet in ein sehr atmosphärisches düsteres Cover mit geprägter Schrift, das große Beklemmung ausstrahlt, schließt sich beim Lesen ein Ring ums Herz, der so schnell nicht mehr zu sprengen ist.
Es geht los, wie mensch es von Krimis kennt, wobei eigentlich sogar das schon nicht, denn das Eskalationslevel ist direkt maximal: Hoofdinspecteur Liv de Vries trifft bei der übereilten Klärung eines Selbstmordattentatfalls eine unglückliche Entscheidung und wird danach von ihrem Vorgesetzten aus der Schusslinie genommen und zur Aufklärung eines scheinbar harmlosen Vermisstenfalls in die Provinz nach Veere geschickt. Mit ihr zusammen ihre neue Kollegin Noemi Bogaard. Doch was sich dann in Veere entspinnt, ist alles andere als ein harmloser Fall, denn hier führt jede Spur zu einer weiteren Entdeckung, die immer tiefer in die Vergangenheit führen – und ihre Opfer fordern.
Vermeer schreibt unglaublich dicht und packend, sein Plot ist absolut unvorhersehbar und die Abgründe, denen er sich genussvoll widmet, sind Untiefen, gegen die das Meer nur ein flacher Priel ist. Der Handlungsstrang ist so genial, dass ich ihn am liebsten hier wiedergeben würde, um ihn würdigen zu können, aber natürlich soll rein gar nichts verraten werden!
Was verraten werden kann und muss ist aber, dass „Die Toten von Veere“ auch deshalb für alle Preise der Welt nominiert werden sollte, weil Vermeer sich auf beeindruckende Art darin einem Thema widmet, dass die Welt gerade beschäftigt: Der Rechtsruck, der durch fast alle Staaten geht. Wie er dabei einen Bogen von der Vergangenheit bis heute und morgen schlägt und Mechanismen hellsichtig aufdeckt, und das inmitten einer Krimihandlung und ohne aufzutragen mit seiner aktiven politischen Haltung, immer eingebettet in eine Krimihandlung, die sich notwendig damit verbindet und doch so deutlich in dem, was er an Zeitanalyse vermitteln will, das ist ein ganz großer Coup. Selten habe ich einen so politischen Krimi gelesen, der dabei vollkommen unaufgeregt unpolitisch ist auf der Oberfläche. Ein kleines Manko ist, dass Vermeer bei der Behandlung des Charakters von Noemi Bogaard selbst in die Rassismusfalle tritt, indem er diesem Charakter leider nur sehr wenig Fleisch und Backstory gibt im Verhältnis zu den anderen Hauptcharakteren und diese Figur sehr funktional behandelt – etwas, was er unserer Gesellschaft zu Recht vorwirft. Dafür muss es einen halben Stern Abzug geben, aber dennoch kann hier nur empfohlen werden, diesen Zeeland-Krimi (eine viel zu harmlose Kategorie!) unbedingt zu lesen. Ideal an einem Wochenende, an dem mensch nicht viel vorhat. Denn ein Weglegen: Ist kaum möglich.
Und der Cliffhanger am Ende (Böse! Böse böse böse!!!) macht große Hoffnung auf eine Fortsetzung. Bitte schnell. Ich weiß nicht, wie ich das aushalten soll.

Bewertung vom 27.07.2024
Der Bezoar
Vocelka, Michaela;Vocelka, Karl

Der Bezoar


gut

Ein spannender historischer Krimi mit viel Prag

„Der Bezoar“, ein historischer Krimi aus der Feder des Autorenduos Michaela und Karl Vocelka, beide Historiker:innen, erschienen 2024 im Überreuter Verlag, ist ein historischer Kriminalroman, der über weite Strecken viele Lesefreude beschert und vor allem auch die schöne Stadt Prag am Ende des 16. Jahrhunderts sehr lebendig werden lässt.
Das Cover zeigt die Karlsbrücke in Prag, wer schon einmal da war, wird sie sofort erkennen und zuordnen, dunkel in der Farbgebung, es wird keine Urlaubsreise werden, auch wenn die vielen Pragbeschreibungen mir manchmal schon Reiseführervibes gaben. Im Innencover gibt einem ein Gemäldeabdruck einen guten Eindruck von der historischen Zeit am Hof von Kaiser Rudolf II.
Die Handlung rankt sich um einen verschwundenen Bezoar, eine geheimnisvolle Schrift, die Alchemie, die Ausläufer der Glaubenskriege und des Augsburger Religionsfriedens sowie natürlich: Mord und Liebe.
Ein spannender Prolog führt die Lesenden noch geheimnisvoll auf die Suche nach einem Objekt, für das gemordet wird, der Handlungsort ist Konstantinopel im Jahr 1580, das später im Roman noch wichtig werden wird. Ein Unwetter zieht heran (das ist ja fast schon die Comic Correspondence der Shakespearezeit). Der Mörder wird um seine Beute geprellt. Ein guter Auftakt, der die Basis der Lesereise stellt.
Von hier aus reiten wir ein paar Jahre später nach Prag, wo Matthias Gaiswinkler zusammen mit seinem Kollegen und Freund Christoph Praunfalk, beide Salinenbeamte aus Aussee, geschäftlich am Hof von Rudolf II unterwegs sind – doch leider sehr wenig zu ihren Geschäften kommen, denn eh sie sich versehen, finden sie die Leiche eines unbekannten Mannes. Von da aus führt ihr Weg immer weiter weg vom Salz und immer tiefer in die Prager Gesellschaft mit all ihren Intriganten und Ränkeschmieden und der großen Verheißung der Alchemie, die über allem schwebt, auf der Suche nach einem Mörder und einem Motiv.

Das Autor:innenduo Vocelka schreibt flüssig und kenntnisreich, man merkt die Historiker:innen und Wissenschaftler:innen, dennoch finden sie über weite Strecken zu einem bemerkenswert guten Schreibfluss und entwickeln eine packende Handlung mit sehr viel Prager Lokalkolorit. Dabei werden weitestgehend gute Anlässe für die Einbettung von Erläuterungen zur Historie und zur Wissenschaft der Alchemie gefunden, die manchmal kurz ein bisschen zu weit von der Handlung wegführen und sehr ausführlich geraten, aber immer wieder zu ihr zurückfinden. Und während die Verdächtigen sich häufen und der unfreiwillige Ermittler Gaiswinkler sich zunehmend die Haare rauft, kommt auch die Romantik nicht zu kurz. Auf diese hätte ich tatsächlich auch gut verzichten können, sie war nicht unbedingt mein Favoritenpart der Handlung, da teilweise doch etwas hölzern beschrieben und eigentlich für die Handlung gar nicht notwendig. Schade ist auch, dass die Figur Praunfalk zum reinen Stichwortgeber verkommt. Und gegen Ende merkt die lesende Person doch sehr deutlich die Konstruktion und blieb unzufrieden zurück, da die Auflösung ein bisschen im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Hut gezaubert wurde, ohne dass es vorher Hinweise gab.

Überwogen hat hier aber dennoch ganz klar das Lesevergnügen eines meist sehr lebendig geschriebenen Historienkrimis mit vielen Details. Ich hoffe, es bleibt nicht nur bei diesem Roman und der nächste bekommt noch etwas mehr Raum für die Ausarbeitung aller angelegten Stränge. Also eine solide Leistung für einen Erstling in diesem Genre, die 3,5 Sterne absolut verdient. Unbedingt noch zu erwähnen ist das wirklich außerordentlich gelungene Nachwort, welches das Geschriebene historisch einordnet und Fiktion von Fakten trennt.

Bewertung vom 25.07.2024
Die Maske der Spiegel / Rabe und Rose Bd.1
Carrick, M. A.

Die Maske der Spiegel / Rabe und Rose Bd.1


gut

Eine spannende Grundidee, die sich in zu viel Fragezeichen verwandelt

„Die Maske der Spiegel“ von M. A. Carrick, der Auftakt einer Romanreihe, die aus sechs Bänden bestehen wird, erschienen 2024 im Panini Verlag, schafft eine komplexe phantastische Welt voller spannender Figuren und Themen, die aber leider mit fortschreitender Handlung immer verwirrender wird und mich am Ende deshalb einfach verloren hat. M. A. Carrick ist ein Pseudonym für die beiden Autor:innen Marie Brennan und Alyc Helms, die hier gemeinschaftlich schreiben und, das muss mensch ganz klar sagen: Stilistisch sehr gut, souverän, detailreich, alles liest sich flüssig, das Geschriebene hat einen guten Zug und wirkt homogen: Es ist nie spürbar, dass hier mit mehreren Personen geschrieben wird.
„Die Maske der Spiegel“ kommt mit einem sehr passenden Cover in tollen Farben, insbesondere das Glanzdetail auf dem Buchrücken gefällt mir gut, und auch das Innencover ist wirklich sehr schön gestaltet. Die dort eingesetzte Karte gibt einen guten Überblick über die beschriebene Welt, so etwas mag ich sehr gern, allerdings ist die Schrift teilweise schon sehr klein. Das Papier hat eine gute Qualität, so ist alles bereitet für eine schönes Leseerlebnis.
Nach einem extrem dichten Prolog, der uns direkt ins Geschehen und in die Vorgeschichte zur Haupthandlung wirft, hatten die ersten Kapitel eine gute Spannung und die Figuren, die allesamt sehr interessant und lebendig sind, wurden in sinnvollem Abstand eingeführt.
Die Betrügerin Ren schleicht sich gekonnt und mit Hilfe ihrer Blutsschwester in das Adelshaus der Traementis ein. Dabei stößt sie auf viele Hindernisse und muss so einige Umwege in Kauf nehmen, um ihr Ziel zu erreichen. Je näher sie ihrem Ziel kommt, desto mehr verstrickt sie sich emotional, und über allem kreist der Rabe, eine mystische Figur, die ein bisschen an Zorro erinnert und allen Rätsel aufgibt: Wer versteckt sich hinter dieser Maske? Zeitgleich verschwinden immer mehr Kinder in der Stadt. Was hat es damit auf sich? Ein spannendes Setup voller Magie, das mich am Anfang sehr in den Bann gezogen hat.
Doch in der weiteren Entwicklung kommen immer mehr Handlungsstränge und Figuren hinzu, garniert mit einem Begriffswirrwarr, der nie erläutert wird (ich habe dann dank Google online ein Glossar gefunden – warum nur wird in dem Buch nicht darauf hingewiesen? Es wäre so hilfreich gewesen!). Immer wieder werden wesentliche Handlungsstränge ganz aus dem Auge verloren. So wurde das Buch leider immer anstrengender zu lesen, bis ich am Ende eigentlich nur noch Fragezeichen im Kopf hatte. Ich glaube, hier wurde ganz schlicht überkomplex angelegt, so dass die vielen einzelnen Teile des Ganzen einfach nicht mehr genug vorkommen können. Hier wäre weniger mehr gewesen oder eine langsamere Stafflung – und deutlich mehr Erläuterung wäre vonnöten.
Die Hauptfigur Ren ist dabei sehr sympathisch, aber auch das hat mich irgendwann nicht mehr gerettet. Rabe und Rose nennen die Autor:innen die Romanreihe – dafür kam der Rabe leider viel zu wenig vor. Schade, ich sehe hier viel Potenzial in einem Plot, aber das hilft nichts, wenn mensch dem Plot irgendwann selbst mit Notizen nicht mehr folgen kann.
Was bleibt ist eine sehr spannende Grundidee, der am Ende nur noch Fragezeichen folgen.