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Murksy

Bewertungen

Insgesamt 173 Bewertungen
Bewertung vom 25.04.2023
Mutterhirn. Was mit uns passiert, wenn wir Eltern werden
Conaboy, Chelsea

Mutterhirn. Was mit uns passiert, wenn wir Eltern werden


ausgezeichnet

Das hervorragend recherchierte Fachbuch zum Thema "Veränderung des Gehirnes während und nach der Schwangerschaft" räumt endlich mit dem Mythos des "Mutterinstinktes" auf, diesem Irrglauben, dass Kinderkriegen der ureigenste Zweck jeder Frau ist und jede Frau in gleichem Maße für das Kinderkriegen und -erziehen geeignet ist. Sowohl Kirche als auch eine männerdominierte Wissenschaft haben ein jahrhunderte altes Denkgerüst geschaffen, um die Frauen an ihren Platz als Mutter und Hausfrau zu binden. Nicht jede Frau empfindet eine Geburt als den Glücksmoment schlechthin. All die Qualen und Unannehmlichkeiten, die Verunsicherung, die plötzliche Änderung des gesamten Lebens werden oft vernachlässigt oder klein geredet. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen aber, dass das Muttersein mit einer extremen physiologischen Veränderung im Hirn einher geht, absolut vergleichbar mit der Umstrukturierung während der Pubertät. Diese, nebenbei bemerkt, viel länger dauert, als angenommen. Erst mit ca. 25 Jahren ist die psychische und physiologische Entwicklung abgeschlossen. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass junge Mütter durch die Schwangerschaft/Geburt einen Umbauprozess einläuten, bevor der Schritt zum Erwachsensein abgeschlossen ist.
Das Buch "Mutterhirn" berichtet ebenso von der Geschichte des Mythos "Instinkt" und der wissenschaftlichen Entdeckung der Umgestaltung des Hirnes, Einfluss der Hormone und der Erkenntnis, dass man Muttersein lernen muss. Interessant ist, dass sich aber auch das Hirn der Väter anpasst, um die neue Rolle zu finden. Oftmals ist das Sachbuch vielleicht für den einen oder anderen Leser mit Fachwissen überfrachtet. Davon sollte sich aber niemand abschrecken lassen. Für werdende Eltern, aber auch für alle anderen, die mit dem Thema Schwangerschaft konfrontiert werden, ist das Buch ein wichtiger Baustein, um zu verstehen, warum man keine Schwangerschaften vergleichen kann, warum nicht jede Frau ihre Erfüllung im Kind findet und vor allem, warum wir unsere Sichtweise ändern sollten. Für mich als Vater war das Buch sehr aufschlussreich. Zu begreifen, warum ein Kind nicht nur die Abläufe und das Leben verändern, sondern sogar bis in die Gehirnzellen Umbrüche stattfinden, hat mich zutiefst beeindruckt.

Bewertung vom 21.04.2023
Die Guten und die Toten
Koplin, Kim

Die Guten und die Toten


weniger gut

Die Gangsterballade aus Berlin wird hoch gelobt, leider kann ich dem Urteil nicht zustimmen. Die Geschichte um Waffenschieber, korrupte Politiker, ein wenig Drogenhandel und viel Multikulti will von allem ein bisschen sein, übernimmt sich damit aber grandios. Klischeehaft und aus vielen bekannten Versatzstücken zusammengewürfelt bietet das Berlin-Krimi-Drama ein überladenes, oberflächliches Bild. Vielleicht ist das (neben dem markttechnischen) der Grund für den falschen Namen des Autors oder der Autorin, man traut dem eigenen Werk nicht. Die Hauptdarsteller erinnern an die einsamen Wölfe aus so mancher US-Serie oder Kinofigur: verschlossen, zynisch oder enttäuscht, im Zweikampf unschlagbar mit Reflexen einer zupackenden Kobra und natürlich Waffenkenner, die jedes Modell sofort erkennen. Puh...anstrengend und ausgelutscht, um sich dem Sprachgebrauch des Buches zu nähern. Voller Anglizismen und angesagter Gossensprache ("random" , "lost") mag das Buch vielleicht der Strassenrealität Berlins entsprechen, schön liest sich das nicht. Auch die kurzen, abgehackten Sätze sind kein Genuss. Für nicht des Englischen Mächtige ist auch der erste Teil des Buches kein Vergnügen, unterhalten sich doch manche Personen fast ohne Übersetzung in einem mittelmäßig glaubhaften Englisch (in 20 Jahren Auslandstätigkeit habe ich noch niemanden "seemingly" sagen hören, "obviously" ist passender). Geschichten in Krimis müssen nicht immer glaubhaft sein, aber dann zumindest ansprechend erzählt sein. Nur der Versuch Figuren wie Saylor und Lula zu kopieren, reicht nicht. Die unlogischen Aspekte des Buches tun ihr Übriges: eine suspendierte Beamte wird trotzdem von ihrem Chef über den Ermittlungsstand informiert, wie wurde der Code eines Safes geknackt, usw.
Das Buch liest sich schnell, hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck, der künstliche Name des Autors/Autorin wird nicht auf der Bestenliste landen. Für LeserInnen der schnelllebigen Bubblegumkultur wird das Buch aber "steil gehen", um mit der Sprache des Buches zu sprechen. Was mich zum Ende bringt, das an Abstrusität kaum zu überbieten ist (wie schaffen es die Bösewichte, immer rechtzeitig zum Ort des Geschehens zu finden..und warum stellen sie sich dann so schrecklich dumm an?).

Bewertung vom 17.04.2023
Die Tage in der Buchhandlung Morisaki
Yagisawa, Satoshi

Die Tage in der Buchhandlung Morisaki


ausgezeichnet

Das Debut des Satoshi Yagisawa entführt uns nach Tokio in das Viertel Jinbocho. Dieser real existierende Stadtteil beherbergt fast 200 Buchhandlungen, einzigartig auf der Welt, ein Traum für Leseratten. Ausgerechnet eine von der Liebe enttäuschte junge Frau, die so gar nichts mit Büchern am Hut hat, findet dort bei ihrem Onkel, einem Antiquar, Unterschlupf. Zunächst eher entsetzt von den Bücherstapeln, findet sie zur Literatur und wieder zurück ins Leben.
Dieser locker-leicht geschriebene Roman verführt zum Lesen. Man riecht förmlich die Bücher, will sofort in den Antiquariaten verschwinden und auf Entdeckungsreise gehen. Der Roman führt uns vor, wie man mit Hilfe der Bücher vom und für das Leben lernt, zeigt aber auch auf wärmende Weise, dass das wirkliche Leben sich nicht hinter den Buchdeckeln versteckt und man auf sein Herz hören soll. Ein Wohlfühlbuch der sanften Töne, das von Büchern, der Kraft der Liebe und der Hoffnung handelt, die man nie aufgeben darf. Und all den Lesern, die aus unerfindlichen Gründen asiatischer Literatur abgeneigt gegenüberstehen, sei gesagt, man könnte problemlos den Ort und die Namen tauschen, das Buch würde seinen Charme nicht verlieren, ein wahrhaft universelles Werk, das glücklich macht.

Bewertung vom 27.03.2023
Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel / Die Mordclub-Serie Bd.3
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel / Die Mordclub-Serie Bd.3


gut

Die berühmte Ermittlerin war wohl so etwas wie das Vorbild aller cosy-crime-Bücher der heutigen Zeit. Wobei es keinen cosy-crime gibt, schon gar nicht bei Mord. In diesem Buch, dem dritten Band einer Reihe, ermitteln vier rüstige Rentner bei ungeklärten Verbrechen. Durch die unterschiedlichen Hintergründe erscheinen die Vier wie eine gut zusammengesetzte Rollenspielpartie. Dieses Mal ist das Verschwinden einer Journalistin, Geldwäsche und das eine oder andere Vergehen die Grundlage für den Krimi aus England.
Vorneweg, warum ich dem Buch keine volle Punktzahl geben kann, es ist der dritte Teil! Und das so offensichtlich, dass man sich die ersten 100 Seiten durchkämpfen muss, weil einfach die Hintergründe fehlen. Wer sind die alten Leute? Wie haben sie sich getroffen? Ohne all dies Wissen findet man nur schwer Bezug zu den Personen. Dass eine Einzelperson oder Gruppe Zivilisten der Polizei überlegen ist und komplizierteste Fälle löst, ist der obskure Reiz dieser Bücher. Wird allerdings ein 8jähriger mit eingespannt, geht mir das etwas zu weit abseits jeglicher Glaubwürdigkeit. Der viel gepriesene britische Humor, weshalb ich das Buch auch lesen wollte, ist vorhanden, aber auch nicht in der erwarteten Intensität. Was bleibt, ist ein gut erzählter Krimi, natürlich mit den überraschenden Auflösungen, der unterhält, aber auch seine Schwächen hat.

Bewertung vom 06.03.2023
Dalee
Gastmann, Dennis

Dalee


ausgezeichnet

In seinem ersten Roman lässt der renommierte Sachbuchautor Dennis Gastmann den Inder Bellini von seinem Elefanten Dalee, seinem Vater dem Mahut und den Erlebnissen auf den Andamanen berichten. Obwohl die Figuren und die Geschichte mit Masse rein fiktiv sind, ist der Hintergrund durchaus real. Auf den Andamanen wurden Elefanten zur Ernte von Tropenholz eingesetzt. Die Elefanten, gute Schwimmer, die allerdings die Gischt des Meeres nicht mögen, lernten, im Meer zu schwimmen und überbrückten sogar große Entfernungen zwischen den Inseln. Das Buch beschreibt das Leben der Mahuts, der Elefantenhüter, und ihre komplexe Beziehung mit den Dickhäutern. Man merkt dem Autor an, dass er aus dem Sachbuchbereich kommt. Hervorragend recherchiert erfährt der Leser interessante Dinge über Elefanten, Indien und das Leben der gläubigen Menschen. Gepaart mit einer traumhaft schönen Erzählweise, entführt uns Gastmann in eine fremde, exotische Welt. Die Vermenschlichung der sanften Riesen wird nur in dem Maße betrieben, die uns Zweibeinern nun mal eigen ist. Aber wäre ein Zusammenleben und Arbeiten mit einem Tier über mehrere Jahrzehnte auch denkbar, ohne dass man dem Tier menschliche Züge gibt? Selbst wenn man nicht allzu viel Vorwissen über die Elefanten und ihre Hüter hat, macht das Buch sofort neugierig. Ich habe mich mehrmals auf Recherche in anderen Quellen gemacht, wollte mehr erfahren und so manch unglaubliches Detail überprüfen. Ich bin fasziniert von diesem Buch und werde mich jetzt mit den anderen Büchern des Autors beschäftigen. Bisher kannte ich diese nicht, bin aber jetzt schon ein neuer Fan dieses begnadeten Erzählers und Wissenvermittlers. Wer neugierig in die ferne Welt blickt, offen für exotische Kulturen und neues Wissen ist, macht mit diesem lehrreichen, einfühlsamen und intelligenten Buch nichts falsch.

Bewertung vom 06.03.2023
Fünf Winter
Kestrel, James

Fünf Winter


ausgezeichnet

Honolulu im zweiten Weltkrieg, noch entfernt von Kampfhandlungen, aber gerüstet für den Sturm. McGrady ist Polizist, von seinem Chef nicht gemocht, da er nicht von hier stammt. Auch seine allzu korrekte Arbeitsweise gefällt nicht jedem. Als eine Leiche gefunden wird, soll der Ermittler sich der Sache annehmen. Doch kaum am Tatort, gibt es plötzlich drei Tote und der erzürnte Chef muss mit ansehen, wie sich das Militär einschaltet. McGrady wird beauftragt, den Mörder zu finden und fliegt nach Hongkong. Dort stellt er fest, dass er einen äußerst raffinierten Gegenspieler hat. Und der Angriff auf Pearl Harbor verändert plötzlich alles.
Aus dieser Geschichte entsteht ein Buch, das vielschichtig und komplex die Wirren des Krieges, einen Mordfall und eine tragische Liebesgeschichte miteinander verknüpft. Dieses scheinbar gewagte Unterfangen gelingt James Kestrel auf geradezu magische Weise. Die hervorragende Recherchearbeit führt zu einem stimmigen Bild der damaligen Zeit, zeigt das scheinbar unbezwingbare Amerika und die asiatische Mentalität im Gegensatz und bietet mit McGrady einen lakonischen, loyalen Ermittler, der an so manchen alten Schwarzweißfilm erinnert. Politische Verknüpfungen werden nicht bis ins Kleinste dargestellt, was das Buch auch für reine Krimileser zu einem Vergnügen werden lässt. Trotzdem geht das Buch tief genug, um viele Feinheiten der Charaktere und ihrer Beweggründe glaubhaft zu beschreiben. Der Spannungsbogen wird über das ganze Buch gehalten, man fiebert und trauert mit, hofft mit den Protagonisten und vermutet bald hinter jeder Aktion ein verräterisches Täuschungsmanöver.
Ich habe das Buch verschlungen und auf der Liste meiner Lieblingsautoren ist ein neuer Name aufgetaucht.

Bewertung vom 20.02.2023
Der Weg ins Feuer
Kent, Kathleen

Der Weg ins Feuer


ausgezeichnet

Der zweite Teil der Reihe um die texanische Drogenfahnderin mit polnischen Wurzeln beginnt da, wo der erste Band endete. Nach den körperlichen und psychischen Schäden, die Betty Rhyzyk davongetragen hat, wird sie auf Sparflamme eingesetzt. Innendienst ist allerdings nicht das, was sich die harte Ermittlerin unter Polizeiarbeit vorstellt. Auch ihre Frau leidet unter den Launen der Polizistin. Als ein Killer Jagd auf Drogendealer macht und zudem Gerüchte um korrupte Polizisten die Runde machen, kann Betty nicht ruhig in ihrem Büro sitzen bleiben. Sie ermittelt privat und stößt in ein Wespennest.
Man muss den ersten Teil nicht zwingend gelesen haben, wiederholt die Autorin doch die wichtigsten Teile im neuen Buch. Trotzdem bietet sich erst ein wirklich stimmiger Gesamteindruck, wenn man beide Bücher kennt. Kent schreibt kompromisslos, gibt der Drogenfahnderin eine raue Schale, die es ihr ermöglicht, als lesbische Frau in der männerdominierten Drogen- und Polizistenwelt in Dallas zu bestehen. Sehr glaubwürdig wird die innere Zerrissenheit der Frau dargestellt, als sie zum einen einer persönlichen Bedrohung gegenübersteht und außerdem nicht mehr weiß, wem sie trauen kann. Das Buch ist ein harter Thriller, der sich in einem Rutsch liest. Man kann einfach nicht davon lassen. Spannend, authentisch und süchtig machend. Genau so muss ein Cop- und Drogenthriller sein.

Bewertung vom 14.12.2022
Die Stunde der Hyänen
Groschupf, Johannes

Die Stunde der Hyänen


weniger gut

Eine Brandserie erschüttert Berlin, immer wieder brennen Autos. Als auch noch ein Mensch fast stirbt, kocht der Volkszorn über und Bürgerwehren machen mobil. Die Polizei ist Brände gewohnt, versucht die üblichen Ermittlungsmethoden. Eine junge Polizistin will auf eigene Faust den Täter finden, von dem sie ein genaues Bild im Kopf hat. Dabei trifft sie neben einer Journalistin auch auf eine sektenähnliche Glaubensgemeinschaft. Verschiedene Kulturen und Welten treffen aufeinander.

Was nach einer sehr spannnenden Ausgangsituation aussieht entwickelt sich weder zu einem Thriller, bis auf einen kleinen Teil im letzten Drittel des Buches, noch zu einer glaubhaften Sozialstudie. Das Buch wirkt lustlos geschrieben, die Figuren sind in keiner Weise glaubhaft, was es dem Leser fast unmöglich macht, irgendwelche Sympathien zu entwickeln. Ich kenne die anderen Bücher des Autors nicht, weiß allerdings, dass er mit Preisen überhäuft wurde. Nach Lektüre dieses unausgegorenen und bar jeder Spannung daherkommenden Mischmasch, fällt es mir allerdings schwer, dies zu verstehen. Die Dialoge wirken aufgesetzt, in Verbindung mit den jeweiligen Situationen sogar noch unrealistischer. Die zwanghafte Vielschichtigkeit der Handlung führt dazu, dass die verschiedenen Themen nur oberflächlich behandelt werden. Die Auflösung der Geschichte, sowie die Aktionen der Polizei wirken hilflos und fadenscheinig. Obwohl das Buch mit 260 Seiten eher kurz ist, las es sich für mich sehr langatmig. Die einzelnen Handlungsstränge waren vorhersehbar und in manigfacher Ausführung schon in vielen Büchern zu lesen. Leider keine Leseempfehlung meinerseits.

Bewertung vom 27.11.2022
Blutmond / Harry Hole Bd.13
Nesbø, Jo

Blutmond / Harry Hole Bd.13


ausgezeichnet

Harry Hole lebt in Amerika, am Boden zerstört, dem Alkohol verfallen, wartend auf das Ende. Zufällig rettet er eine ältere Frau vor ein paar Geldeintreibern. Damit gerät Harry unversehens in eine Mordermittlung, die ihn zurück in die Vergangenheit und sein Heimatland bringt.
Dem Leser aller Bände der Reihe fällt es natürlich leichter, alle Zusammenhänge und Rückblicke zu verstehen. Zum Beispiel die Frage, warum Harry Hole so tief gesunken ist. Aber auch Neuleser werden ausreichend genug mit dem Buch zurechtkommen, immer wieder werden kleine Erklärungen eingestreut, um die Personen und die Handlungen zu ergänzen. Der Thriller reiht sich ein in die Serie nordischer Krimis, die teilweise sehr brutale Verbrechen als Grundlage ihrer Erzählung beinhalten. Trotzdem hebt sich Nesbo durch seinen Schreibstil und die klug aufgebaute Spannung hervor. Das Buch fesselt wieder bis zur letzten Seite, die Personen sind überwiegend glaubhaft dargestellt. Der gebrochene, teilweise zynische Charakter des Hole zeigt seine sentimentalen, einsamen Seiten. Der Gegenspieler ist eine ähnliche zerbrochene Gestalt und liefert den idealen Gegenpart zum Ermittler. Das daraus resultierende Katz- und Mausspiel ist eine würdige Fortsetzung der Serie. Ein sehr guter, intensiver Thriller für Fans und solche, die es werden wollen.

Bewertung vom 15.10.2022
Das Gesetz der Natur
Winter, Solomonica de

Das Gesetz der Natur


weniger gut

Gaia (im griechischen die Muttergottheit) ist die letzte Mutantin. Vor langer Zeit wurde die Zivilisation auf der Erde von einer Katastrophe überrollt, nur wenige Menschen haben überlebt und sind in verschiedenen Gemeinschaften organisiert. Alle Mutanten (Opfer von Radioaktivität?) wurden gejagt und getötet. Nur Gaia hat durch den Schutz zweier Männer überlebt. Im Wald wurde sie erzogen und trainiert. Doch eines Tages wird sie aufgegriffen, entkommt dem Tod nur deshalb, weil sie lesen kann. Dieses Privileg wird nur ganz wenigen Menschen gewährt. Gaia bekommt von einem der Herrscher den Auftrag, die letzten Bücher zu finden. Sie macht sich auf eine lange und blutige Reise.
Dystopien faszinieren viele Menschen, weil sie das Ende der Zivilisation und aller Regeln heraufbeschwören. Vor allem, wer mit den gängigen Systemen unzufrieden ist und den die schlechten Nachrichten heutzutage umtreiben, ist dieser Art der Zukunftsvision zugänglich. Das vorliegende Buch lockt mit dem Titel "Das Gesetz der Natur" und der Suche nach den letzten Büchern. Man könnte denken, es geht hier um das Besinnen auf ein ursprüngliches Leben, die Offenbarungen der Literatur und das menschliche Wesen, das zur Güte neigt. Was davon übrig bleibt, ist ein schlichter Fantasieroman, der bei so ziemlich allen gängigen Filmen, Büchern und Serien mit Endzeitszenario abkupfert. Gaia zieht von einem blutigen Kampf zum nächsten, leidet scheinbar unter der Last zu töten, kann aber nicht von ihren geliebten Waffen und ihrer Mutantenfähigkeit ablassen. Der Blick auf die Literatur entfällt fast vollständig, sind Bücher doch verboten. So bleibt dem Leser nichts anderes als ein Roadtrip durch ein neues Mittelalter. Es fehlt dem Buch an Empathie, mit den Personen kann man sich schwer identifizieren, der Schreibstil bleibt abgehackt und wechselt immer wieder ins Metaphysische ohne Tiefe zu entwickeln. Neben den Ungereimtheiten (woher kommt die Mutantenfähigkeit? warum sind Bücher verboten, gerade das Wissen über Medizin, Technik und Landwirtschaft wäre doch essentiell?) fragt man sich hunderte von Seiten, wohin diese Reise führen soll. Natürlich ahnt der geübte Leser das Ende und es fällt dann auch genauso banal aus, wie befürchtet.
Ein Roman für Fantasiefans. Wer gute dystopische Literatur oder intelligente Bücher über das Wesen der Natur und den Sinn des Daseins, die Bedeutung der Literatur sucht, wird hier trotz des verlockenden Klappentextes nicht fündig.