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Benutzername: 
Lunamonique
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 413 Bewertungen
Bewertung vom 28.07.2021
Bevor ich dich sah
Houghton, Emily

Bevor ich dich sah


sehr gut

„Bevor ich dich sah“ ist das Debüt von Autorin Emily Houghton. Ein Schicksalsschlag verändert das Leben von Alice. Der Weg in ein neues Leben ist weit.

Die 31jährige Alice Gunnersley kommt mit schweren Verbrennungen ins St.-Francis-Hospital. Bald landet sie auf der Moira-Gladstone-Rehastation. Ihr Krankenhausbettnachbar ist ausgerechnet der 28jährige Alfie Mack. Er lässt nicht locker, um Alice nach einer langen Zeit des sturen Schweigens endlich zum Reden zu bringen.

Alice hadert mit ihrem Schicksal und schottet sich von allen ab. Sie verhindert sogar, dass ihr Notfallkontakt und beste Freundin Sarah von den schlimmen Ereignissen erfährt. Das Krankenhauspersonal stößt bei Alice auf eine Mauer, und es scheint niemanden zu geben, der diese einreißen kann. Der größte Teil der Geschichte spielt auf der Moira-Gladstone-Station und wird in zwei Perspektiven aus Sicht von Alice und Alfie erzählt. Der Fokus liegt auf Dialogen, gegensätzlichen Charakteren und Emotionen. Alfie ist der Sonnenschein auf der Rehastation und sorgt für Unterhaltung. Dabei hat er selbst mit einem Schicksalsschlag zu kämpfen, der sein Leben verändert. Die langsame Annäherung zwischen Alice und Alfie berührt. Auf Wunsch von Alice darf niemand sie sehen. Immer ist sie von Vorhängen umgeben. Nur das Personal und der Arzt dürfen zu ihr. Während sie weiterhin schweigt, nimmt das Leben um sie herum seinen Lauf. Das Geplänkel und die gegenseitigen Neckereien der Zimmergenossen haben Unterhaltungswert. Die resolute und großherzige Krankenschwester Angles versucht alles, um die Genesung ihrer Patienten zu fördern. Ihre Schützlinge gehen durch sämtliche Emotionen wie Verzweiflung, Wut, Scham, Trauer, Schuld und kämpfen um Würde und Selbstwertgefühl. Jeder hat seine eigene Geschichte. Längst hat Alfie Freunde gewonnen und ist der Liebling der Station. Nicht alles mag sich nah an der Realität bewegen. Gibt es wirklich so große Krankenhauszimmer mit männlichen und weiblichen Patienten? Vorhänge sorgen für Privatsphäre. Auch drücken die Krankenschwestern oft ein Auge zu. Es geht um gegenseitige Verständnis, Aufmunterung, Freundschaft und Liebe. Manche Zimmergenossen kommen ab der Hälfte des Buches zu kurz. Wie geht es außerhalb des Krankenhauses weiter? Die Spannung steigt. Unnötige Verzögerungen inklusive nicht genutzter Kontaktmöglichkeiten stellen die Geduld auf die Probe. Das Ende kommt abrupt. Ein paar Seiten mehr wären schön gewesen.

Die kreative Gestaltung und Farbwahl setzt Hauptfigur und Titel perfekt in Szene. Das Cover hat viel Anziehungskraft und passt gut zur Geschichte. „Bevor ich dich sah“ macht Mut, sich trotz eines schweren Schicksalsschlags zurück in ein neues Leben voller Glück und Lebensfreude zu kämpfen. Jeder braucht Menschen, die ihn lieben und für einen da sind. Ein warmherziges und empfehlenswertes Buch.

Bewertung vom 22.07.2021
Eskalation
Benrath, Nora

Eskalation


gut

„Eskalation“ ist das Debüt von Nora Benrath. Hinter dem Pseudonym verbirgt sich eine deutsche Journalistin und Redakteurin, die u.a. für den „Stern“ gearbeitet hat.

Warum hat es der Fremde auf sie abgesehen, und was hat er vor? Dina Martin wird von einem Unbekannten auf der Autobahn verfolgt. Er setzt sie auf perfide Weise psychisch unter Druck. Gibt es ein Entkommen?

Die Idee zum Thriller ist originell und befasst sich mit einem stets aktuellen Thema. Wir gehen zu sorglos mit unseren Daten um. Wie der Killer sich seine Opfer sucht ist ungewöhnlich. Der direkte Einstieg in die Geschichte ist gelungen. Innerhalb kürzester Zeit wird eine Grundspannung aufgebaut, die über lange Strecken anhält und durch geschickte Wendungen gesteigert wird. Nicht jedes Verhalten ist nachvollziehbar. Der Täter ist zu übermächtig. Dem gegenüber steht die oft unverständliche, zu ausgeprägte Hilflosigkeit der Opfer. Leichtsinn und Fehler häufen sich. Warum hat der Täter in vielen Fällen so leichtes Spiel? Das Verwirrspiel mit Verdächtigen gelingt nicht überzeugend. Zu wenig wird hinsichtlich Motiv und Motivation in die Irre geführt. Die Charaktere wirken abgedroschen, haben zu wenig Facetten und Persönlichkeit. Sie passen in Schubladen und sind austauschbar. Auch die Ermittler wirken wenig pfiffig. So manche vorschnelle Theorie erscheint viel zu weit hergeholt und hält zu lange an. Im Fokus steht der irre Mörder und sein Buhlen um Anerkennung. Der Erzählstil weist trotz anfänglicher, packender Szenen im Laufe der Geschichte immer mehr Schwächen auf. Die sich häufenden Grausamkeiten wirken überflüssig. Ein gutes Stilmittel sind die Perspektivwechsel. Aber auch hier wird nicht alles an Potential herausgeholt. Das Wettrennen mit der Zeit hätte für viel mehr Hochspannung sorgen können. Ein Schicksal wird zu schnell aufgeklärt. Mit ein paar geschickten Winkelzügen hätte der Leser über lange Strecken im Ungewissen gehalten werden können. Das letzte Buchdrittel ist das schwächste des Thrillers. Auflösung und Erklärungen überzeugen nicht. Besonders zum Schluss hapert es auffällig an Sprache und Erzählstil.

Das Cover setzt auf den Titel und eine nächtliche Schlüsselszene. Der Titel ist Programm. Von einer Sekunde auf die andere ändert sich alles, und es wird bezüglich Bedrohung eine Schippe drauf gelegt. „Eskalation“ hat eine sehr gute Ausgangsidee und ein paar fesselnde Szenen parat. Der ungewöhnliche Plan des Täters sorgt für Kopfkino. Insgesamt ein durchwachsener Eindruck. Spannungsmomente konkurrieren mit Schwächen und Enttäuschungen.

Bewertung vom 14.07.2021
Mein Sternzeichen ist der Regenbogen
Schami, Rafik

Mein Sternzeichen ist der Regenbogen


sehr gut

„Mein Sternzeichen ist der Regenbogen“ von Autor Rafik Schami versammelt mehr als zwei Dutzend Geschichten zu sechs emotionalen Themen.

„Themen wie Geburt, Lachen, Sehnsucht, Tiere, Reisen oder Geheimnisse durchziehen den größten Teil der Weltliteratur, und immer geht es dabei auch um die Liebe.“ Rafik Schami nimmt uns mit auf seine Erzählreise, durchstreift Kontinente und lässt uns teilhaben an wahren, tragischen und schicksalhaften Begebenheiten.

„Dass die Geschichten, bei aller Tragik, oft zum Lachen animieren, hängt damit zusammen, dass ich das Lachen für den besten Schmuggler von Gedanken halte.“ Gleich die erste Geschichte ist die titelgebende Geschichte und verströmt Humor. Die Suche nach den wahren Geburtsdaten erweist sich als schwierig. Kreativ und liebenswert ist die Antwort zum Schluss. Immer haben die Geschichten eine Wendung oder ein Augenzwinkern. Seitenhiebe, Sticheleien, Abrechnungen, Gehässigkeit, Rache, so manches Erlebnis entwickelt sich zum Alptraum. Nicht selten wartet die ein oder andere Überraschung, und die Fäden werden aus der Hand gerissen. In „Oskar, der kleine Prophet“ bringt Phantasie zum Staunen und ändert die Welt. Nicht nur „Ein Schmuggler namens Lachen“ hat charmante Weisheiten parat: „Lachen hilft mit seiner Leichtigkeit aus vielen Krisen heraus. Nicht selten verwandelt es eine vermeintliche Sackgasse in eine Kreuzung, die mehrere Möglichkeiten bietet.“ „Wie Herr Moritz die Welt bereiste“ befasst sich auf abenteuerliche und eindringliche Weise mit dem Thema Einsamkeit. Oft fällt es schwer, das ein oder andere traurige Ende zu akzeptieren. Der Wunsch nach Glück und Happy End wird übermächtig. „Die fliegenden Händler der Insel“ berührt mit einem täglichen Überlebenskampf und verändert die Perspektive. Rafik Schami erzählt immer wieder von eigenen Erlebnissen wie in „Die Augensprache der Hunde“. Manchmal fliegen ihm die Geschichten einfach zu. „Ein Klassentreffen“ oder „Die unglaubliche Nacht des Syrers Elias Schahin“ geht unter die Haut. Alle Geschichten faszinieren auf ihre eigene Art und Weise. Nicht selten nehmen aktuelle Themen Einzug, und die Aufmerksamkeit wird auf Schicksale gelenkt. Die Intensität der Geschichten ist unterschiedlich stark ausgeprägt. Ein Buch mit großer Feinfühligkeit und einem eigenwilligen, sympathischen Erzähler.

Das Cover fällt gleich dreifach ins Auge, mit kunstvoller Gestaltung, Autorenname und kreativem Titel. Sehr gut gewählt sind die Farben, die die Erwartung auf ein intensives und interessantes Leseerlebnis schüren. „Mein Sternzeichen ist der Regenbogen“ spricht alle an, die gute Geschichten lieben. Schicksalhaft, erschütternd, dramatisch, eine Achterbahn der Gefühle ist garantiert. So manche Erzählung bleibt im Gedächtnis.

Bewertung vom 08.07.2021
Erben wollen sie alle
Hennig, Tessa

Erben wollen sie alle


gut

„Erben wollen sie alle“ ist das neueste Werk von Autorin, Drehbuchschreiberin und Journalistin Tessa Hennig. Mit ihrem Debütroman „Mutti steigt aus“ eroberte sie ihre Fangemeinde.

Bianca freut sich auf ihren 75zigsten Geburtstag, den sie frisch verliebt mit Wolfi feiern möchte. Die beiden planen eine Weltreise. Dafür möchte Bianca ihre Finca auf Mallorca verkaufen. Als ihre Kinder davon Wind bekommen, sind sie empört. Hat sich ein Heiratsschwindler Bianca geschnappt?

Im Alter will Bianca noch einmal durchstarten und die Welt entdecken. „Ab jetzt wird nur noch gelebt und nicht gesammelt.“ Sie ist eine sympathische Hauptfigur. Ihre Kinder haben sie bisher selten bis gar nicht auf Mallorca besucht. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Die Beziehung zu Enkelin Luisa ist dagegen herzlich. Die beiden sind auf einer Wellenlänge. Die Geschichte wird aus den verschiedenen Perspektiven der Familienmitglieder erzählt. Es geht um Missverständnisse, fehlende Kommunikation, Enttäuschungen, Wünsche, Hoffnungen und Liebe. Kommt wieder alles ins Lot? Mallorca als Handlungsort verströmt Atmosphäre. Es ist leicht, sich in die Insel und ihren urigen Charme zu verlieben. Welches Geheimnis verbirgt Bianca? Was ist damals geschehen? Das ist der rote Faden der Geschichte. Die Familienproblematiken stehen lange im Fokus und sind wenig unterhaltsam. Zwar entwickeln Bianca und Wolfi einen Plan, aber insgesamt kommt der Humor zu kurz. Gut integriert in die Geschichte ist das Thema „Alzheimer“. Wie mit dem Vergessen umgehen, und welche kreativen Ideen helfen? Luisa entdeckt neue Talente und geht ihren eigenen Weg. „Immer dem Herzen folgen. Geht nicht anders, wenn man glücklich sein will.“ Dieses Motto verlieren einige Akteure aus den Augen. Den Charakteren fehlt es an Tiefe und Persönlichkeit. Eine Auflösung zum Schluss kommt seltsam rüber. Fehlende Feinfühligkeit und Verständnis passen zu keinem, aber besonders nicht zur Hauptfigur. Das sensible Thema wird überraschend unmodern abgehandelt. Ein bisschen zu schnell geht es im Laufe der Geschichte bei dem einen oder anderen mit dem Sinneswandel zu. Das wirkt nicht sehr realistisch. Nicht jeder Winkelzug ist gelungen. Die temporeicheren Szenen zum Ende dagegen überzeugen.

Das Cover verströmt Humor und macht neugierig auf die Geschichte. Ein Hinweis auf den Handlungsort hätte noch mehr Aufmerksamkeit erregt. „Erben wollen sie alle“ ist nicht so unterhaltsam wie erwartet. Die Sehnsucht nach Mallorca, Sonne, Strand, Meer und eine eigene Finca wird geweckt. Eine kurzweilige Urlaubslektüre. So manches Missverständnis regt vielleicht zum Nachdenken an und bereitet den Weg für mehr gegenseitiges Verständnis.

Bewertung vom 04.07.2021
Überhitzt
Traidl-Hoffmann, Claudia;Trippel, Katja

Überhitzt


sehr gut

„Überhitzt – Die Folgen des Klimawandels für unsere Gesundheit“ von Prof. Dr. med. Claudia Traidl-Hoffmann und Katja Trippel beleuchtet das Thema „Klimawandel“ von einer zu wenig beachteten Seite und hat Lösungsansätze und Ratschläge parat.

„Klimaschutz ist Hitzeschutz. Direkter geht's nicht, das nennt man Ursachenbekämpfung. Wir sollten daher alles tun, damit das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens eingehalten wird. Je höher die globale Temperatur im Vergleich zu vorindustriellen Werten steigt, umso häufiger werden wir unter Hitzewellen leiden und ihre gesundheitliche Folgen spüren. Und unsere Kinder und Enkel noch viel mehr. Der anthropogene Klimawandel ist der Treiber hitzebedingter Beschwerden, Erkrankungen und Todesfälle. Hier müssen wir ansetzen.“

Mit „Die fünf Kerninfos zum Klimawandel in nur 20 Worten“ gelingt ein eindringlicher Einstieg und eine persönliche Ansprache an den Leser. Statt eines Vorworts gibt es ein Treffen im virtuellen Raum mit Dr. Eckart von Hirschhausen. Acht Kapitel mit einer Fülle an Themen und Vielfalt folgen. Von „Überhitzt, Kollaps und kein Plan“ über „Klima, Kopf und Seele“ bis „Zum Schluss: Persönlicher wird’s nicht“ und „Klimasprechstunde kompakt“ geht die Reise durch Wissen, Forschung, Studien und Warnungen, den Klimawandel nicht ernst zu nehmen. Der Erzählstil ist zeitweise nüchtern, zeigt die Dramatik auf und appelliert an Mut und Einsatzwillen. „Daher gehen wir auch auf die Frage ein, wie wir uns an diesen Wandel anpassen können - als Einzelne und als Gesellschaft. Da wird's im Buch dann psychologisch: Warum sind wir so verdammt gut darin, die Gefahren der Klimaerwärmung zu verdrängen, statt endlich zu handeln?“ Der Klimawandel stellt uns vor neue Herausforderungen. Wer hat schon etwas von der Jagdzecke Hyalomma, vom Krim-Kongo-Fieber oder Puumala-Virus gehört? Warum werden vielerorts keine strengen Maßnahmen gegen das extrem allergene, invasive Traubenkraut getroffen? Warum gibt es in den meisten Krankenhäusern noch keine Klimazimmer für hitzeempfindliche Patienten? Nur ein Bruchteil der Probleme, mit denen wir uns jetzt und in Zukunft befassen müssen. Auch die Städteentwicklung muss dem Klimawandel angepasst werden, um Frischluftschneisen und kühlende Orte zu schaffen. Sommersmog, hitzebedingte Herzinfarkte, extreme Wetterumschwünge als Auslöser für Herzanfälle, giftige Luftverschmutzung, die Gefahren für die Gesundheit steigen. Umso wichtiger ist es, rechtzeitig Vorbereitungen zu treffen und sich um Lösungen zu kümmern. Über sechzig Experten und Expertinnen im In- und Ausland haben den Autorinnen ihre Zeit geschenkt. Der Umfang der beeindruckenden Recherchen wird am Ende des Buch unter „Dank“ nochmal richtig deutlich.

Das Cover setzt auf den prägnanten und provozierenden Titel und ein paar zum Inhalt passende Symbole. Der rote Hintergrund lässt die weiße Schrift auffällig hervortreten. „Überhitzt – Die Folgen des Klimawandels für die Gesundheit“ punktet mit guten und ausführlichen Erklärungen, veranschaulicht Ursachen, Symptome, Behandlungswege und zeigt Wege auf, wie wir gesund bleiben. Nicht immer eine leichtverdauliche Lektüre, aber ein wichtiges Aufklärungsbuch.

Bewertung vom 28.06.2021
Der Tintenfischer / Ein Fall für Commissario Morello Bd.2
Schorlau, Wolfgang;Caiolo, Claudio

Der Tintenfischer / Ein Fall für Commissario Morello Bd.2


ausgezeichnet

„Der Tintenfischer- Commissario Morello ermittelt in Venedig“ ist nach „Der freie Hund“ Band 2 der Krimireihe vom Autorenduo Wolfgang Schorlau und Claudio Caiolo.

In Venedig herrscht eine strenge Ausgangssperre. Die Corona-Kriminalität hat zugenommen. Commissario Antonio Morello ist besonders dreisten Betrügern auf der Spur. Nicht der einzige Fall, der ihn und sein Team beschäftigt. Morello und Anna Klotze machen eine schicksalhafte Beobachtung und recherchieren auf eigene Faust.

Die Figuren-Vorstellung am Anfang des Buches stimmt auf Charaktere und Geschichte ein. Auch wenn es möglich ist, mit Band 2 zu starten, ist es ratsam und empfehlenswert mit Band 1 zu beginnen, um Commissario Antonio Morello und sein Team kennenzulernen. Drei Tage vorm Ende der Ausgangssperre ist Venedig wie leergefegt. Die beklemmende Atmosphäre wird greifbar. Einige brandaktuelle Themen werden mit der Geschichte verwoben. Erzählstil und Sprache lassen Bilder im Kopf entstehen und sorgen für Intensität. Bei einem Kontrollgang durch die Stadt werden Antonio und Anna in einen neuen Fall verwickelt, der ihnen alles abverlangt. Rückblicke geben Aufschluss über zwei ergreifende Schicksale. Die eingestreuten Einblicke in die Vergangenheit steigern die Spannung. Der Questore will Morello am liebsten suspendieren und lauert auf den kleinsten Fehler. Antonio und Anna lassen sich von ihren Ermittlungen nicht abbringen und begeben sich auf lebensgefährliches Terrain. Historisches und Geschichtliches fließt mit ein. Die Liebe zu Sizilien und Venedig wirkt ansteckend. Auch der Genuss kommt nicht zu kurz. Am Ende des Buches sind die Rezepte zu Morellos Leibgerichten aus der Geschichte zu finden. Es geht um Liebe, Macht- und Geldgier, Korruption, Ausbeutung und Umweltzerstörung. Die Schlinge zieht sich enger um Morello. Tempo und Spannung nehmen zu. Dank resoluter Damen und Ex-Taschendieb Claudio kommt auch der Humor nicht zu kurz. Mit einem Himmelfahrtskommando steigen die Risiken nochmals. Morello muss sich entscheiden. Seine Gegner ziehen im Hintergrund die Fäden. Plot, kniffelige Fälle und die Handlungsorte Venedig und Sizilien überzeugen. Das Ende hat Überraschungen parat.

Das Cover hat Seriencharakter. Der kreative Titel zieht die Blicke aufs Buch. Band 1 „Der freie Hund“ hat hohe Erwartungen geschürt. „Der Tintenfischer – Commissario Morello ermittelt in Venedig“ ist eine gelungene Fortsetzung. Ein ungelöstes Rätsel beschäftigt weiterhin. In Antonio Morellos Familiengeschichte schlummert noch das ein oder andere Geheimnis. Eine sehr empfehlenswerte Krimireihe mit facettenreichen, unterhaltsamen Charakteren und schlagfertigen Persönlichkeiten.

Bewertung vom 25.06.2021
Dark Blue Rising Bd.1
Terry, Teri

Dark Blue Rising Bd.1


sehr gut

„Dark Blue Rising“ von Autorin Teri Terry bildet den Auftakt zur Fantasy-Trilogie. Von ihr stammt auch die „Gelöscht“-Trilogie.

„Sag niemand unsere Namen. Niemand.“ Tabby fällt es schwer, sich an Cates Regeln zu halten. „Komm fremden Leuten nicht zu nah. Sie sind gefährlich.“ Als sie Jago kennenlernt, hofft Tabby, einen Freund gefunden zu haben.

Der erste Satz zieht in die Geschichte und macht deutlich, dass Tabby anders ist. Ihre Liebe und Sehnsucht zum Meer ist greifbar. Das Rätselhafte und Cates Warnungen sorgen für Spannung. Tabby überschreitet eine Grenze. Kann sie Jago vertrauen? Tabby und Cate sind interessante und geheimnisvolle Charaktere. Ihre innige Beziehung zueinander bestimmt die Geschichte. Ein kleiner Fehler, und Tabbys Welt zerbricht. Wer hat es auf die Beiden abgesehen und warum? Für lange Zeit bleiben die Hintergründe im Dunkeln. Überraschende Wendungen lassen alles im neuen Licht erscheinen. „Glaub nicht alles, was man dir sagt.“ Das Undurchsichtige fesselt. Wer spielt ein falsches Spiel? Eine dramatische Entwicklung lässt sich nicht vorausahnen. Der Plot ist gut durchdacht. Ein bisschen zu lange werden der fehlende Rückhalt für Tabby und das Geheimnis in die Länge gezogen. Erste Puzzlestücke schüren die Spekulationen, führen aber noch nicht zur Auflösung. Tabbys Leidenschaften „Schwimmen und das Meer“ stehen im Vordergrund. Ihr Umfeld gibt Rätsel auf. Die Sehnsucht nach Freiheit wird übermächtig. Gibt es ein Entkommen? Und wenn ja, wohin? Im letzten Buchdrittel nimmt die Dramatik zu. Die Ereignisse überschlagen sich. Wieder einmal ist Tabby auf sich allein gestellt. Vieles bleibt zum Schluss offen. Die Vorschau auf Band 2 am Ende des Buches verrät etwas über die wichtigen Akteure in der Fortsetzung.

Die Cover-Illustration fasziniert mit der Hauptfigur und kreativen Details. Mit Szene, Titel und der Meeresatmosphäre erregt das Cover viel Aufmerksamkeit. „Dark Blue Rising“ befasst sich auf ungewöhnliche Weise mit dem aktuellen Thema „Klimawandel“. Eine packende Geschichte, die zeitweise etwas zu wenig Tempo hat und das Rätselhafte zu lange ausspielt. Nicht nur für Jugendliche ab 14 Jahren sondern auch für Erwachsene empfehlenswert.

Bewertung vom 20.06.2021
Happy Road
Kringe, Sarah

Happy Road


gut

„Happy Road – Dem Weg ist das Ziel egal“ ist das Debüt von Autorin, Journalistin und Kommunikations-Beraterin Sarah Kringe. Die Weltenbummlerin erzählt von ihrem Vanlife-Abenteuer mit Freund Mathias.

„Während er, das Lenkrad mit weiß leuchtenden Knöcheln umklammernd, zur Windschutzscheibe hinaus stiert, denke ich daran zurück, wie das alles angefangen hat. Warum ich jetzt schlecht gelaunt mit einem ebenso schlecht gelaunten Österreicher einen rumänischen Feldweg hinunter fege und wieso ich mich trotzdem pudelwohl fühle und um nichts in der Welt tauschen würde.“

Mit einem VW-Bus durch Osteuropa, den Balkan bis zum Nordkap, das ist der Plan von Sarah und Mathias. Die beiden kennen sich erst wenige Wochen, und schon geht es mit dem umgebauten Bus auf große Reise. Der Roadtrip mit Skilehrer weckt Abenteuerlust. Sarah und Mathias haben sich für das langsame Reisen entschieden. Ihre Route verläuft gegen den Strom mit der Hoffnung auf weniger Tourismus an den einzelnen Stationen. Herausforderungen und Widrigkeiten stellen die Beziehung auf die Probe. „Im Sommer die osteuropäischen Länder des Balkans sowie Rumänien zu bereisen bedeute eine sanfte Heranführung ans Vanlife.“ Interessant sind die Begegnungen z.B. mit dem angeblichen Nationalparkranger in Bosnien an der Grenze zu Montenegro. Ein ungewöhnlicher Fund am Straßenrand geht ans Herz. Leider stehen die besonderen Anekdoten und Reiseziele nicht im Vordergrund sondern das Vanlife-Leben, Alltäglichkeiten, Befindlichkeiten und die Autorin selbst. So wird einiges an Abenteuer-Potential und Unterhaltungswert verschenkt. Ein Perspektivwechsel zwischen Sarah und Mathias hätte für eine andere Grundstimmung und mehr Atmosphäre sorgen können. Die Fotos gewähren Einblicke ins Vanlife-Leben, aber auch hier fehlt es an besonderen Anekdoten-Bildern wie vom ungewöhnlichen Straßenfund, Rentier in der Rinderherde und Co. Die Schrift ist sehr blass. Das Lesen ist dadurch besonders am Anfang in der Eingewöhnungsphase eher anstrengend. Auf der Karte zu Beginn des Buches lässt sich die Reiseroute nachverfolgen. Mathias' oberösterreichischer Dialekt hat Unterhaltungswert. Die Dialoge machen ihn sympathisch. Mit Vorurteilen wird aufgeräumt. Die beiden Abenteuer erfahren unterwegs viel Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft. Wer ist der nächtliche Besucher? Die ein oder andere Überraschung hat auch diese Reise parat.

Mit Coverszene und Titel kommt Ironie auf. Das Foto wirkt nicht sehr farbintensiv, stimmt aber auf einen ungewöhnlichen Roadtrip ein. „Happy Road – Dem Weg ist das Ziel egal“ nimmt mit auf ein pures, ungeschöntes Vanlife-Abenteuer mit samt aller Emotionen, Freude und Kummer. So manch lehrreiche Herausforderung wartet. Ein paar Highlights hat das Buch parat, aber die Möglichkeiten werden nicht ausgeschöpft. Für z.B. angehende Vanlife-Abenteurer ein interessanter Einblick.

Bewertung vom 09.06.2021
Tod auf Madeira / Comissário Torres Bd.1
Bento, Tomás

Tod auf Madeira / Comissário Torres Bd.1


gut

„Tod auf Madeira“ bildet den Auftakt zur Comissário-Torres-Krimireihe von Autor Tomás Bento. In einer Reisegruppe herrscht alles Andere als Harmonie und ausgelassene Stimmung.

Ausgerechnet an einem idyllischen und beliebtem Ausflugsziel auf Madeira stirbt ein Wanderer. Comissário Mauricio Torres ermittelt. Nicht nur die Mitglieder der Reisegruppe sind verdächtig. Wer steckt hinter der heimtückischen Tat?

Krimiautorin Laura Flemming ist das erste Mal Teil der Reisegruppe und möchte unbedingt herausfinden, wer der Mörder ist. Der Verdacht liegt nahe, dass sie aus beruflichen Gründen eigenmächtig recherchiert. Comissário Mauricio Torres begegnet Laura mit Skepsis, aber es ist nicht so leicht, den hartnäckigen Quälgeist vom Fall fern zu halten. Nicht nur den Hauptfiguren fehlt es an Konturen. Es werden Klischees bedient. Laura wirkt aufgrund ihrer anfänglichen Gewaltfantasien und schriftstellerischem Denken nicht sonderlich sympathisch. Mauricio als trauernder Witwer ist noch nicht bereit für einen Neuanfang. Das Knistern zwischen den Beiden kommt sehr langsam in Gang und spielt nur eine untergeordnete Rolle. Originell ist die Mordidee mit regionalem Bezug. Immer mehr Verdächtige kommen als Täter in Frage, und die Motive häufen sich. Zwar beschäftigen Rätselraten und Verwirrspiel, aber der wahre Täter lässt sich am Ende zu schnell ausmachen. Der Plot hätte raffinierter, temporeicher und spannender gestrickt werden können. Die Charaktere tragen die Geschichte nicht ausreichend. Gut gewählt sind die Handlungsorte, die Madeira-Flair vermitteln. Neid, Eifersucht, Gier, immer mehr Abgründe treten zu tage. Schafft es Mauricio tatsächlich während seiner Recherchen und Befragungen so schnell Skizzen und Zeichnungen in seinem Notizbuch anzufertigen? Diese Eigenart hat etwas, auch wenn sie im ersten Moment nicht sehr effektiv wirkt. Zum Schluss sind ein paar Winkelzüge zu viel im Spiel und nicht jedes Verhalten erscheint plausibel.

Titel und Handlungsort Madeira wecken die Neugierde auf die neue Krimireihe. Urlaubsstimmung kommt mit der Blumeninselszene auf. „Tod auf Madeira“ punktet mit einem kniffeligen Fall in besonderer Atmosphäre. Der Auftakt eignet sich als kurzweilige Urlaubslektüre. Bei Intensität, Spannung und Co ist noch Luft nach oben.

Bewertung vom 02.06.2021
Mission Erde - Die Welt ist es wert, um sie zu kämpfen
Lehmann, Robert Marc

Mission Erde - Die Welt ist es wert, um sie zu kämpfen


ausgezeichnet

„Mission Erde – Die Welt ist es wert, um sie zu kämpfen“ von Autor, Meeresbiologe, Forschungstaucher, Fotograf, Kameramann und Filmemacher Robert Marc Lehmann gewährt Einblicke in seine Abenteuer und unbändige Leidenschaft für den Tier-, Natur-, und Umweltschutz.

„Jedes Tier, jeder Mensch hat seine Geschichte. Diese Geschichten haben sich auf sehr bestimmte und eindrucksvolle Art mit meinem Leben verknüpft, auf Dutzenden von Reisen, Touren, wissenschaftlichen Expeditionen in über 100 Ländern auf allen Kontinenten – ein paar davon möchte ich in diesem Buch erzählen. Meine prägendsten vielleicht.“

Der Prolog katapultiert den Leser in ein Abenteuer des Operatives-Team. Die Rettungsaktion im philippinischen Urwald ist nur ein Vorgeschmack auf brenzlige und lebensgefährliche Expeditionen zur Rettung vom Aussterben bedrohter Arten. „Ich tue mir das an, weil ich immer noch Hoffnung habe. Hoffnung, dass wir unseren Planten, unsere Natur, unsere unfassbar reichhaltige, verschiedenartige und atemberaubende Welt über und unter Wasser immer noch retten können – weil wir es müssen. Deshalb zur Hölle tue ich mir das an.“ Der eindringliche, direkte Erzählstil mit persönlicher Ansprache zieht in die Geschichten. Begegnungen mit Tier und Mensch berühren. Der Kampf erscheint aussichtslos, und doch gibt es die Momente, die alles überstrahlen. Wenn es gelingt, wenigstens ein Tier zu retten. Eines, das für viele steht und Mut macht, den Weg weiter zu gehen. Menschen wie Robert Marc Lehmann und seinem heroischen Einsatz haben wir es zu verdanken, dass Missstände offengelegt werden und nicht mehr weggeschaut werden kann. Er dokumentiert, filmt und fotografiert, lässt uns teilhaben an dem, was tatsächlich in der Welt geschieht. Nicht nur in fernen Ländern sondern direkt vor unserer Haustür. Warum ist Shark-Finning in Europa immer noch erlaubt? Wie fühlen sich Orcas in Gefangenschaft? Wie alt wird ein Grönlandhai? Welches Lebensalter kann ein Mondfisch in Freiheit erreichen? Und welches in Gefangenschaft? Es sind die Recherchen, Forschungen und Erkenntnisse, die berühren, mitfiebern lassen, beeindrucken und Tränen in die Augen treiben. Wozu der Mensch im schlimmsten Sinne fähig ist, wird immer wieder deutlich. Spannend sind nicht nur die Expeditionen in Indien, Indonesien, Neuseeland und Co sondern auch der Werdegang des Meeresbiologen vom Kinderanimateur zum Umwelt- und Naturschützer. Jede Lebensstation ein Puzzlestück auf einem Weg zum preisgekrönten Fotografen und Filmemacher. Zahlreiche Farbfotos zeigen Robert Marc Lehmann und seine Freunde in Aktion, halten Gänsehautmomente wie Tierrettungen fest oder sind Mahnmale des Grauens wie die Fischmarktbilder. Zum Schluss gibt es „40 Tipps, um die Welt zu retten – Möglichkeiten sich (aktiv) einzubringen“.

Das Cover weckte die Neugierde mit einem aufrüttelnden Titel und beeindruckendem Kämpfer für die Mission Erde. Es spricht Menschen von jung bis alt an, sich für den Tier-, Natur- und Umweltschutz einzusetzen und Teil eines Teams zur Rettung der Erde zu werden. „Mission Erde – Die Welt ist es wert, um sie zu kämpfen“ übertrifft alle Erwartungen. Es ist spannend, lehrreich, sehr informativ und schürt die Hoffnung auf weitere Expeditions-Bücher des Umweltschützers. Sehr empfehlenswert! Mit dem Kauf des Buches wird ein Quadratmeter bestehender Urwald gerettet.

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