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Milagro
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Leserin

Bewertungen

Insgesamt 44 Bewertungen
Bewertung vom 28.08.2022
Auf See
Enzensberger, Theresia

Auf See


gut

Hier war es tatsächlich einmal das Cover, das mich neugierig gemacht hat, das sieht für mich wie ein Cover aus den 70iger Jahren aus. Auch der Klappentext klang vielversprechend und gibt schon einige Details der Geschichte preis. Zunächst hatten mir die Abschnitte gefallen, in denen das Mädchen, die auf der abgeschirmten Station lebt, gut gefallen. Das ungewöhnliche Leben dort wird gut dargestellt. Später dann war ich sehr beeindruckt von den Abschnitten, in denen Helenas Geschichte erzählt wird. Alle Abschnitte , auch die eingefügten Archivberichte, lesen sich dabei flüssig und die unterschiedlichen Eindrücke werden gut dargestellt. Erst im letzten Drittel etwa flachte die Geschichte für meinen Geschmack her ab, da passiert eine Menge, es gibt viel zu verfolgen, gleichwohl fehlte mir zum Teil die Dichte der ersten Abschnitte. Die Nebenfiguren, die viel Potenzial haben, blieben mir zu blass. Das Ende war mir nicht rund , eher ein wenig so, als müsste noch der ein oder andere Protagonist abgearbeitet werden. Tatsächlich musste ich jetzt gerade stark nachdenken, wie das Ende denn nun war, und das, obwohl ich das Buch erst vor einigen Stunden beendet hatte. Schade.

Bewertung vom 16.08.2022
Lügen über meine Mutter
Dröscher, Daniela

Lügen über meine Mutter


sehr gut

Was habe ich da gerade gelesen? Eine Geschichte (einen Bericht?) über eine für mich unfassbare Beziehung. Ich musste mich anfangs mehrfach versichern, dass aus den 80iger Jahren und nicht aus den 50iger Jahren berichtet wird. Aus den Augen des Kindes wird eine Geschichte der Kindheit erzählt. Die Beziehung der Eltern war für mich von Anfang an nicht nachvollziehbar, viel zu oft dachte ich erbost mit entsprechenden Scgimpfworten im Kopf über den Vater nach. Die Mutter, liebevoll, etwas erschöpft, bemüht, lässt sich von ihrem Ehepartner vollständig unterdrücken. Er wirft ihr ihr Gewicht vor, er gibt ihr die Schuld an seiner Mittelmäßigkeit. Er macht sie klein wo er nur kann und sie lässt das geschehen. Gab es das tatsächlich noch in den 80igern? Vermutlich. Vermutlich gibt es das auch heute noch. Nachvollziehbar ist es mir trotzdem nicht, warum nur setzt sich eine kluge Frau einen solchen Diktat aus, unterwirft sich einer Tortur. Der Vater, der beruflich nicht so viel erreicht hat wie er es sich erhofft hat, quält durch sein Verhalten nicht nur die Ehefrau, sondern auch die Leserin. Er ist schon fast bösartig.Die Frau versucht immer wieder seinen Ansprüchen zu genügen, lässt sich allerlei Frechheiten gefallen. Warum sie sich das antut, habe ich nicht verstanden. Die Erklärungsversuche , die die Autorin , während sie über ihre eigene Kindheit berichtet, zwischen die einzelnen Abschnitte setzt, wirken dabei nicht immer überzeugend. Ich mochte die Mutter, sie ist herzensgut, trotzdem blieb sie mir merkwürdigerweise stets fremd, distanziert. Die Lektüre war unerwartet belastend für mich, ich hätte die Mutter häufig schütteln und den Vater schlagen mögen...Beides ist an sich nicht meine Art....
Insgesamt betrachtet bot sich mir eine ungewöhnliche Beziehungsgeschichte, die ich jedoch nicht kleinreden möchte. Nur weil mir die Handlungen der Akteure nicht gefallen haben, ist die Geschichte ja nicht schlecht. Sie ist das Gegenteil: ein gut geschriebener Roman über eine wirklich grässliche Beziehung.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.08.2022
Freundin bleibst du immer
Obaro, Tomi

Freundin bleibst du immer


sehr gut

Mir fiel das Cover im Buchladen auf, ich habe das Buch gleich in die Hand genommen und der Klappentext versprach eine interessante Geschichte. Ich bin nicht enttäuscht worden. Diese Geschichte über die Freundschaft dreier Frauen ist vielschichtig. Durch die unterschiedlich gesetzten Blickwinkel bleibt die Geschichte stets spannend, ich war immer am Fortgang interessiert. Die Männer treten nur als Nebenfiguren auf, es sind die Frauen, die im Vordergrund stehen. Ihre Leben verlaufen sehr unterschiedlich, alle drei stecken dabei voller Kraft. Die Autorin erzählt dabei auch viel von dem Leben in Nigeria, wo die Frauen sich während ihrer Ausbildung kennengelernt haben. Diese Schilderungen haben mir besonders gut gefallen, ich hatte stets den Eindruck, dabei zu. Die Geschichte ist flüssig geschrieben, überrascht haben mich einige Details zwischenmenschlicher Beziehungen, nun ja, die taten der Geschichte aber keinen Abbruch. Das war eine rundherum unterhaltsame Lektüre.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.07.2022
Eine Feder auf dem Atem Gottes
Nunez, Sigrid

Eine Feder auf dem Atem Gottes


ausgezeichnet

Ein wenig sprachlos und atemlos war ich nach der Lektüre. War das nun tatsächlich die Lebensgeschichte der Autorin? War das fiktiv? Beides kombiniert? Letztlich aber ist es mir dann doch nicht mehr so wichtig, denn diese Geschichte ist faszinierend. Die Beziehungen zwischen den aus völlig unterschiedlichen Kulturkreisen stammenden Familienmitgliedern ist geprägt von einer gewissen Stille: Weder wird zwischen den Eheleuten besonders viel über die eigene Geschichte gesprochen, noch wird eine Annäherung an die Kultur des anderen gesucht. Jeder lebt fremd in der neuen, amerikanischen Kultur. Die Tochter ist dabei das Bindeglied, gleichzeitig ebenso fremd für die Eltern. Manchmal kam es mir so vor als beobachteten die Eltern ihr Kind, ein bisschen von außen. Die gemeinsame Sprache wird vom Vater nicht gut gesprochen, ich fand es bedauerlich, dass der Tochter keine Sprache der Eltern mitgegeben worden ist, was hätte das für eine Vielfalt sein können! So blieb letztlich jeder für sich. Die unterschiedlichen Kapitel stellen jeweils ein Familienmitglied ins Zentrum, sehr spannend fand ich dabei den Vater, dessen chinesische und panamaische Herkunft nicht besonders glücklich erschien, da hätte ich gern mehr erfahren, aber das ging seiner Tochter wohl auch so. Die Geschichte der deutschen Mutter ist deutlicher, sie erschien mir als Person sehr schwierig. Ihr Hadern hinsichtlich einer Rückkehr in ein Land, das sie selbst nicht mehr richtig kennt, ist nachvollziehbar. Ihre Wünsche bleiben auf der Strecke, die Realität hält sie fest in einer Ehe und in einem Land, in dem sie doch nie ankommt. Der Versuch der Tochter, im Ballett Erfüllung zu finden, scheitert. Der Abschnitt über die Liebesgeschichte zwischen der Tochter und dem Einwanderer war ebenso ungewöhnlich wie die vorherigen Kapitel, wenn auch auf gewisse Weise zärtlicher. Auch hier beginnt die Geschichte mit der Sprachlosigkeit, denn der Liebhaber ist Sprachschüler der Tochter. Wieder prallen fremde Welten aufeinander, erneut sehr schön beschrieben und realistisch. Insgesamt sehr lesenswert, eine ungewöhnliche Geschichte.

Bewertung vom 30.06.2022
Amelia
Burns, Anna

Amelia


sehr gut

Ich hatte bereits Milchmann von der Autorin gelesen und war etwas verstört nach der Lektüre. Nordirland ist ein besonders interessantes Thema und ich setze mich schon sehr mit den Unruhen und der politischen Situation dort auseinander. Insofern war ich sofort dabei, als Amelia vorgestellt worden ist. Auch hier steht der Nordirlandkonflikt im Mittelpunkt. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge von der Kindheit der Protagonistin im Jahr 1969 als die Unruhen begannen bis zur erwachsenen Frau im Jahr 1994. Ich bin schon davon ausgegangen, dass es eine traurige Geschichte wird, das Cover trägt schon seinen Anteil daran. Hier taten sich dann allerdings bereits nach wenigen Seiten Abgründe auf. Abgründe, so tief, dass einem beim Lesen schwindelig wird. Die Gewalt innerhalb dieser Gesellschaft ist so furchtbar, so detailliert beschrieben und aus Sicht der zunächst noch jungen Amelia als schlichtweg gegeben hingenommen, dass ich diese Geschichte gar nicht ohne Unterbrechung lesen konnte. Mir stockte der Atem. Auf jede Gewalttat folgte die nächste. Wie soll man das als Kind ertragen, fragt man sich. Die Lieblosigkeit, die aus den Seiten schreit, diese permanente psychische und physische Eskalation, unfassbar. Ich habe lage an der Geschichte gelesen. Amelias Leben ist dabei durchweg interessant, ich verfolgte gespannt, ob und wenn ja ,wie sie sich befreien könnte. Allerdings hatte ich zum Ende des Buches hin Probleme, dem Geschehen zu folgen, war das nun tatsächlich passiert, war das alles in ihrem Kopf, die Vermieterin beispielsweise. Hier gab es dann ein wenig zu aufgetragene Momente, die ich nicht gebraucht hätte und übe die ich dann tatsächlich auch nur "weggelesen" habe. Es ging mir insgesamt mit dem Buch wie mit dem "Milchmann": ich bin ein wenig erschöpft wegen der Gewalt, etwas erleichtert, dass ich es jetzt durchgelesen habe und ich werde es noch einmal lesen, um mit der Geschichte abschließen zu können.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.05.2022
Das Leben eines Anderen
Hirano, Keiichir_

Das Leben eines Anderen


sehr gut

Mir gefällt es, in für mich völlig fremde Welten einzutauchen beim Lesen. Ich mag daher gern japanische Autoren, so wie hier.
Eine Mandantin wendet sich an ihren früheren Scheidungsanwalt, da ihr zweiter Ehemann offensichtlich eine falsche Identität angenommen hat. Der Fall als solcher ist schon interessant, noch interessanter ist allerdings alles, was so nebenbei erzählt wird. Vom Familienleben, vom Gerichtssystem, der Verwaltung und von Beerdigungen. Der Roman braucht seine Zeit, ich habe recht lange gebraucht, um zu Ende zu lesen. Die Geschichte fließt sachte, sie bietet viel Stoff zum Nachdenken. Nicht ganz einfach für mich war es, die Beteiligten auseinander zu halten. Die Namen der Protagonisten blieben mir wirklich fremd, ich musste schon mal zurückblättern. Ein mehrfaches Tauschen von Identitäten forderte mich dann doch heraus. Trotzdem hat mir diese ruhige Geschichte gefallen, vielleicht gerade, weil sie so ungewöhnlich erzählt wird.

Bewertung vom 08.05.2022
Der große Fehler
Lee, Jonathan

Der große Fehler


sehr gut

Die Geschichte eines New Yorker Stadtplaners, der 1903 am helllichten Tag auf der Park Avenue ermordet wurde, das hörte sich schon gleich in der Beschreibung mal interessant an. Im Vordergrund des Romans steht dabei allerdings dann weniger der Kriminalfall an sich, was mich schon überraschte. Der Schwerpunkt der Geschichte liegt auf dem Leben dieses Stadtplaners und das ist voller Brüche, Neuanfänge und Geheimnisse. Der Autor versteht es zu erzählen. Die Geschichte war für mich so spannend zu lesen, dass es mir schwerfiel, das Buch aus der Hand zu legen. Trotz verschiedener Zeitebenen findet man stets den Anschluss, es liest sich flüssig und entfaltet einen gewissen Zauber. Man beobachtet still, wie ein Junge aus der Provinz in die riesige Stadt gelangt, sein Leben geprägt von Armut und Verlust, das trifft einen ins Herz.Der Titel spielt mit dem Geschehen, was ist der große Fehler, wer machte letztlich den großen Fehler und macht nicht jeder in seinem Leben einen mehr oder weniger großen Fehler? Über den Titel habe ich im Nachhinein noch länger nachgedacht, er passt schon gut und lässt jedem einzelnen Leser Interpretationsmöglichkeiten.

Es ist eine faszinierende Geschichte, die Aufmerksamkeit braucht, man kann das nicht einfach so nebenbei lesen. Wenn man der Geschichte aber Raum gibt, knüpft man ein wundervolles Band und denkt noch oft an dieses Leben zurück. Sehr zu empfehlen und garantiert kein Fehler!

Bewertung vom 18.03.2022
Die Diplomatin
Fricke, Lucy

Die Diplomatin


ausgezeichnet

Der Klappentext hatte es mir angetan, ich kannte bisher kein Buch der Autorin, die ersten Zeilen waren gelesen und ich wusste, diese Geschichte ist genau richtig für mich. Fred ist deutsche Diplomatin, stammt aus so genannten 'kleinen Verhältnissen', macht ihren Job und weiß genau, was gemeint ist, wenn etwas unausgesprochen bleibt. Schon auf den ersten Seiten war ich fasziniert von ihr, sie steht mitten im Leben, abgeklärt, ernüchtert, realistisch. Ihr Privatleben existiert im Grunde nicht, sie hat ihrer Mutter gegenüber ein schlechtes Gewissen, sie hofft auf ruhige Tage in Montevideo. Die Arbeit dort wird alles andere als ruhig, wir folgen ihr in eine politisch angespannte Situation, als sie danach ihre neue Stelle in Istanbul antritt. Ihr Auftreten ist weiterhin überzeugend, sie ist lange kein Neuling mehr in ihrem Beruf und kommt gleichwohl an ihre Grenzen. Diplomatie ist nicht immer einfach, sie ist oftmals schwierig, sie strengt an und stößt sogar ab. Die Geschichte ist wunderbar erzählt, ich mochte gar nicht unterbrechen, hatte stets das Gefühl, mitten im Geschehen zu sein. Es ist ein umwerfender Roman mit einer großartigen Protagonistin. Mein Favorit bisher in diesem Jahr, den ich nur empfehlen kann.

Bewertung vom 09.03.2022
Der letzte Sommer in der Stadt
Calligarich, Gianfranco

Der letzte Sommer in der Stadt


sehr gut

Sofort hatte mich der Klappentext angesprochen, genau für mich, dachte ich und wurde nicht enttäuscht. Ein junger Mann geht von Mailand nach Rom, um dort in Journalisten - und Künstlerkreisen sein Glück zu suchen. Die Hitze liegt schwer über der Stadt und der Leser spürt das erschöpfende Leben nach. Man sitzt mit dem Protagonisten im Cafe, auf der Piazza del Popolo oder fährt mit ihm ans Meer, um Luft zu holen. Das Leben ist nicht so unbeschwert, der Eindruck des leichten Sommers täuscht. Der Lebensunterhalt will erarbeitet werden, fast ein wenig frech weiß der Protagonist sich bei Bekannten durchzufuttern. Über allem schwebt besagte Melancholie, über den nächtlichen Feiern, den Restaurantbesuchen mit Freunden, den Aufbrüchen und Treffen mit der ungewöhnlichen jungen Frau. Etwas verhuscht ist sie, auf die er trifft, irgendetwas zwischen reizend, überfordert und kess.
Insgesamt ein wenig ungestüm, unbekümmert lebt der Ich-Erzähler weiter vor sich hin, er wird erwachsener im Verlauf der Geschichte und auch diese Entwicklung ist von der allgegenwärtigen Melancholie umfangen. Das ist schön zu lesen, es berührt und hinterlässt einen wunderbaren Blick auf eine vergangene Zeit. Das Cover passt übrigens hervorragend zur Geschichte.

Bewertung vom 08.03.2022
Das Fundbüro der verlorenen Träume
Paris, Helen Frances

Das Fundbüro der verlorenen Träume


gut

Das Cover und der Titel hatten mich gelockt, ich hatte nach dem ersten Leseeindruck auf eine flotte, leichte Lektüre gehofft. Die Geschichte ist flüssig geschrieben, in kurze Abschnitte aufgeteilt, wirklich gut und zügig lesbar, auch findet man stets wieder den Anschluss. Was mir Schwierigkeiten bereitet hat, waren die Protagonisten. Dot, die ihr Leben in den ungemütlichen Regalen eines Fundbüros fristet, zu belastet mit den Verlusten , die sie verkraften musste. Ihre leicht oberflächlich gezeichnete Schwester, erfolgreich, aktiv, strahlend, das genaue Gegenteil von der jüngeren Schwester. Dots Mutter, kläglich am Ende des Lebens angekommen. Die Nebenfiguren bleiben blasser, wirkten wie Stereotypen auf mich. Die Geschichte ist problemgeladen, Krankheit, Tod, Verluste, Depressionen, unterdrückte Gefühle und Gewalt, das war mir ein bisschen viel. Nette Charaktere bleiben am Rande, obgleich sie Potenzial haben, wie Mr Appleby und seine Familie oder die Frau, die Rom erkundete. Diese Geschichte hat mich nicht überzeugt, schade.