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Urte Köhler

Bewertungen

Insgesamt 73 Bewertungen
Bewertung vom 16.11.2020
Asterix - Der Goldene Hinkelstein
Uderzo, Albert;Goscinny, René

Asterix - Der Goldene Hinkelstein


gut

Das sind sie wieder - die Gallier und die Römer - vereint in einer liebevollen Schlägerei. Und mitten drin der Barde Troubadix, der sich für den begnadetsten Sänger unter gallischer Sonne hält.
Die Geschichte ist recht straff und kurz gefasst. Ihr fehlt die den folgenden Geschichten innenwohnende Handlung um den roten Faden herum. Das Leben im Dorf, die Piraten, die weiten Reisen, Wildschweine und alle Widrigkeiten auf ihrem Weg.
Hier gibt es nicht wirklich eine Reise, der Kern - der Gesangswettbewerb - erschöpft sich auf einer Doppelseite, die folgende Schlägerei auf einer weiteren.
Die Römer outen sich wieder mal als selten dämlich, allen voran der General, und das Ende der Geschichte erschöpft sich in einer kurzen Zusammenfassung einer friedenstiften Handlung.
Insgesamt eher ein Mini-Comic ohne die klassischen Comic-Elemente wie Einzelbilder und deren breite Palette, die Handlung zu unterfüttern. Hier sprechen keine Bilder. Das Ganze liest sich eher wie ein Theaterstück mit kurzen Regieanweisungen und auflockernden Bildern.
Aber die Helden sind so, wie wir sie aus den späteren Heften kennen und lieben. Das tröstet den älteren Leser etwas über das so andersartige Layout hinweg. Hauptsache Römer, Hinkelsteine und falschsingende Barden.

Bewertung vom 06.11.2020
Aller guten Dinge sind zwei (eBook, ePUB)
McFarlane, Mhairi

Aller guten Dinge sind zwei (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Fünf Sterne sind das Minimum, das für diesen Roman zu vergeben ist.
Emotional, ergreifend, mitreißend und spannend sind die meiner Meinung nach treffendsten Adjektive, diesen Roman zu beschreiben.
Die Autorin ist ganz offensichtlich emotional hochbegabt und verfügt über ein hohes Maß an Empathie, die die Geschichte von Laurie und Jamie auf der Gefühlsebene erlebbar macht und dem Leser das Gefühl vermittelt, in den Figuren sich selbst wieder zu erkennen.
Diese Empathie überträgt sie einfühlsam auf ihre Figuren, die sich immer der emotionalen Tiefe einer Situation bewusst sind und ihr Handeln entsprechend gestalten können. Sie sind sich sowohl der eigenen Gefühle als auch der ihres Gegenüber bewusst.
Wir alle haben wahrscheinlich schon eine Trennung hinter uns, seien es erste Liebe, ein Freund, der dann doch nicht zu einem passt oder sogar eine gescheiterte Ehe (was besonders bedauerlich ist) und deshalb kennen wir die gefühlsmäßige Achterbahn, auf die wir unweigerlich geschossen werden, wenn wir auf einmal allein dastehen. Die Unsicherheit, die Leere, die Suche nach Fehlern bei sich und dem anderen und immer wieder die Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit machen diese Monate schwer.
Dann plötzlich neue Gefühle, ein anderer Mensch, von dem man vielleicht ein völlig falsches Bild hat, offenbart einem eine neue Welt, neue Möglichkeiten und eine ganz andere Sicht auf sich selbst und die Welt. Mit einem Mal kann man seine alte Beziehung wie von außen betrachten, unter einem anderen Blickwinkel, der einem vielleicht aufzeigt, woran die alte Beziehung gescheitert ist.
Die Welt sieht anders aus, man fühlt sich anders, neuer möglicherweise und kann den weiteren Lebensweg offen angehen.

McFarlanes Protagonistin wird in ein solches emotionales Chaos gestürzt. Auf ihrem Weg dadurch ist der Leser ständig an ihrer Seite, manchmal in ihr drin und manchmal möchte er auch mit ihr tauschen. Der Weg zu einem neuen Ich muss nicht nur schmerzhaft sein und Freunde oder ein neuer, inniger Geliebter helfen einem durch diese Zeit.
Allerdings ist es sicher leichter für seelisch gefestigte Persönlichkeiten, wie Laurie eine ist. Labile Personen können an solchen Situationen scheitern. Aber für ein Happy End ist eine emotional belastbare Person nötig, die den Kopf oben behält, nicht zerbricht und stets ihr ganz persönliches Ziel vor Augen hat.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.11.2020
Das Schattenschiff / Aleja und die Piratinnen Bd.1
Kuzniar, Maria

Das Schattenschiff / Aleja und die Piratinnen Bd.1


gut

Bei der Lektüre von Kinder- und Jugendbüchern als Erwachsene muss man sich immer vor Augen halten, dass man nicht zur Zielgruppe gehört. Das macht es erforderlich, weil einem die Geschichten langweilig und vorhersehbar vorkommen können, dass man mit Abstand liest.
So bin ich auch in diesem Falle vorgegangen und muss sagen, dass die Geschichte trotz aller Vorsicht langweilig war. Auch bei den "Action-Szenen" kam kein Gefühl von Mitreißen oder Eintauchen in die Aufregung auf.
Ein Gedanke hat mich jedoch immer begleitet: Für Mädchen bietet diese Geschichte die Möglichkeit, sich hinein zu träumen und sich zu wünschen, an Alejas Stelle zu sein. Die Heldin für ihren Mut und ihre Ideen zu bewundern und genauso sein zu wollen. Als Kind gleichberechtigt unter Erwachsenen einen anerkannten Stellenwert zu haben.

Der Leser hat es mit einer Piratinnen-Geschichte zu tun. Das kann einem bei der Lektüre unmöglich verborgen bleiben, denn die Unmenge an klassischen Klischees, die bedient werden, ist erdrückend. Magische Schatzkarten, Inseln mit Schatztruhen vollgestopft mit Edelsteinen, Riesenkraken, verschollene Tagebücher und uralte Karten auf Pergament. Da ist jede Menge Raum für Heldentum, Mut, Angst, gefrorenem Blut in Adern und Abgeklärtheit, im entscheidenden Moment, die richtige Lösung zu finden.
Freundschaft und Unterstützung, Hilfe und Anerkennung sind weitere Elemente, die eine große Rolle spielen. Und immer wieder Kuchen, der als Zeichen der Freundschaft geteilt oder als Geschenk gemacht wird.
Was den Piratenklischees zuwiderläuft ist die Schilderung der Ernährung. Die wurde kindgerecht angepasst (Brot, Käse, Obst!) zum Abendessen. Kein Piratenschiff der Welt hatte zur Hochzeit der Piraterie (dort angesiedelt spielt diese Geschichte) soviel Zucker an Bord, dass jeden Tag über Wochen Kuchen gebacken werden konnte. Wenn sie denn überhaupt Zucker hatten… Und Obst war generell Mangelware. Käse eher schimmelig und Brot voller Maden - das war die Realität. Aber sicher keine Dose im Vorratsschrank mit Kuchen!

Insgesamt eine für Mädchen geeignete Heldinnen-Geschichte, die die Realität vollkommen außen vor lässt und sie in einer Traumwelt willkommen heißt. Eine Weile abtauchen, Abenteuer erleben, 'erwachsen' und eine echte Heldin sein, dass macht diese Geschichte möglich und lesenswert für Kinder.
Wenn diese Kinder dann auch noch von Indiana Jones gehört haben, kommt eine zweite Abenteuerwelt dazu. Und das ist sicher ein Anreiz, das Buch zu lesen.

Bewertung vom 29.09.2020
Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne / Ikonen ihrer Zeit Bd.2 (eBook, ePUB)
Weinberg, Juliana

Audrey Hepburn und der Glanz der Sterne / Ikonen ihrer Zeit Bd.2 (eBook, ePUB)


gut

In dieser sehr stringent chronologisch durchgeschriebenen Biografie lernt der Leser die Person Audrey Hepburn auf eine nicht tiefgehende Art und Weise kennen.
Beginnend mit einem Kindheitstrauma und der Zerschlagung ihres erhofften Lebensziels findet Audrey mehr zufällig zum Film.
Die Beschreibung ihrer steilen Karriere hangelt sich an ihren Kassenschlagern entlang, die in den 50er und 60er Jahren Schlag auf Schlag gedreht wurden. Dabei wird anhand eines Films konkreter das Leben am Film-Set beschrieben.
Um diese Filme herum wird ihr Privatleben erzählt, ihre erste Ehe und die Suche nach Stabilität in einer Familie. Das allerdings fällt ziemlich dürr aus, weil es nicht gelingt, die Gefühle, Zwänge und Nöte der Hepburn in ergreifender, mitfühlender Weise zu schildern. Sie werden zwar ausführlich angesprochen und es wird deutlich, dass sie viel Raum in ihrem Leben einnehmen, doch die wahre Gefühlslage bleibt für den Leser oberflächlich und ohne echte Qualen.
Auch als sie ihre Karriere beendet, um Halt und Ruhe in einer intakten Familie zu finden, wird dieser Wunsch nicht als Herzenswunsch formuliert, sondern als eine Absicht, einen Plan, Zufriedenheit zu finden.
Ihre emotionalen Empfindungen ihren beiden Ehemännern gegenüber äußern sich als verbale Bekenntnisse ohne wirkliches Gefühl dahinter. Auch wird das Drängen insbesondere ihres ersten Ehemannes immer weiter Filme zu drehen, nicht als schwerer, innerer Konflikt mit ihrem Wunsch nach dem Dasein von Hausfrau und Mutter dargestellt, sondern sie gibt dem Drängen zu schnell nach, um dann kurz darauf mit der Entscheidung voll zufrieden zu sein. Das wirkt unecht und emotional dürr.

Es ist interessant zu lesen, was sich in Audrey Hepburns Leben zugetragen hat, wie ihr Alltagsleben dem Film-Set unterworfen wurde und welche Wendungen es in ihrem Leben gegeben hat. Doch die emotionale Seite ihres Daseins wird häufig und wortreich angesprochen, bleibt in der Lösung aber oberflächlich und unecht. Einzig die Phasen der Depressionen in Audreys Leben lassen den Leser ehrlich mitleiden und mitfühlen, offenbaren aber auch die Unfähigkeit der damaligen Zeit, mit solchen Leiden umzugehen.

Die Biografie ist lesenswert, wenn man an Fakten interessiert ist und akzeptiert, das die emotionale Seite der Persönlichkeit dürftig dargestellt wird.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.08.2020
Wie man 13 wird und zum Superhelden mutiert / Wie man 13 wird... Bd.4
Johnson, Pete

Wie man 13 wird und zum Superhelden mutiert / Wie man 13 wird... Bd.4


gut

Also, das mit den Superhelden ist ja so eine Sache. Das ist schnell mal gesagt, aber was ist, wenn es mit den Kräften nicht so klappen will? Es dauert ziemlich viele Seiten, bis das Superhelden-Thema aufkommt und so ist der Leser lange im Ungewissen. Am Ende fragt er sich sogar, ob nicht ein anderer Titel besser gepasst hätte.
Der Leser trifft auf eine Geschichte, in der die Protagonisten ihn an ihren Überlegungen und Meinungen teilhaben lassen. Es wird umfangreich das Verhalten Dritter reflektiert und analysiert. Und das häufig auf eine Art und Weise, die für 13-Jährige sehr erwachsen und reif rüberkommt. Einige Verhaltensweisen scheinen mir - z. B. Unabhängigkeit von der Meinung anderer - extrem für die Altersklasse. Mit dreizehn sind die meisten Jugendlichen stark abhängig davon, was Gleichaltrige über sie denken.
Nachts das Haus zu verlassen und durch die Stadt zu schleichen, ist ein Verhalten, dass für die Geschichte funktionieren muss, in der Realität häufig an Eltern scheitert, die das mitkriegen. Überhaupt sind die Erwachsenen in dieser Geschichte erstaunlich naiv und wenig an den Aktivitäten ihrer Sprösslinge interessiert. Auch die "Bösen" sind nicht wirklich böse, sondern ziemlich oberflächlich gezeichnet.
Mir ist bewusst, dass abenteuerliche Kindergeschichten nur funktionieren, wenn Eltern naiv, Böse nicht wirklich böse und Helden reifer sind als sonst. Es gibt Geschichten, in denen diese Punkte der Story nicht schaden, sondern in den Hintergrund treten, auch erwachsene Leser in eine wohl dosierte Spannung hineingezogen werden und das Buch für alle Altersgruppen ein Pageturner ist.
Doch in dieser Geschichte ist das leider nicht der Fall. Das Augenmerk liegt auf der Betrachtung und Analyse der Situation durch den Helden/Heldin. Und das tut der Spannung nicht gut. Mehr szenische Action würde den Leser enger an die Handlung binden und ihn nicht betrachtend daneben stehen lassen. Dann würden auch die naiven Eltern und die dümmlichen "Bösen" weniger auffallen.

Bewertung vom 16.07.2020
Willkommen im Flanagans / Das Hotel unserer Träume Bd.1 (eBook, ePUB)
Hellberg, Åsa

Willkommen im Flanagans / Das Hotel unserer Träume Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

Asa Hellberg zu lesen ist immer wieder ein Vergnügen. Ihre Charaktere sind lebensnah und echt, nicht gefangen in Klischees oder veralteten Wertvorstellungen. Sie stehen mit beiden Beinen im Leben und wachsen mit und an ihren Aufgaben.
Das Erzähltempo ist zunächst gemächlich und teilweise lahm, nimmt nach Zweidritteln aber gewaltig an Fahrt auf und entwickelt sich zum Pageturner, der den Leser davon abhält, auf die Uhr zu sehen.
Der interessierte Leser sollte jedoch nicht von dem Cover auf den Inhalt schließen. Die fade Blondine auf dem Titel kann unmöglich die tatkräftige und entschlossene Linda in der Geschichte sein. Diese sieht gut aus und alle Blicke richten sich auf sie, wenn sie auftaucht. Das Blondchen vom Titelbild würde von dem fiesen Laurence zermalmt werden.

Wir habe es hier mit einer Hotelgeschichte zu tun, in der sich allerlei Skandale, Probleme und Widrigkeiten ergeben. Gesellschaftliche Kritik findet nur am Rande Gehör, wie Frauen in Führungspositionen, Rassismus und Fremdgehen quer durch die Betten. Ebenso die Dekadenz des britischen Hochadels klingt nur leise an. Genauso leise wie das Leben von Bediensteten der unteren Schichten.

Die verschiedenen Handlungsstränge werden alle mehr oder weniger geschickt aufgelöst, das Böse bekommt, was es verdient und die Liebe bleibt nicht auf der Strecke.
Insgesamt wünschte ich mir manchmal etwas mehr emotionale Nähe zu den Charakteren, die gelegentlich ziemlich unnahbar herüberkommen. Das liegt sicher auch daran, dass einige Szenen besser in realer Handlung erzählt worden wären, statt das Ergebnis daraus dem Leser in einem kurzen Dialog mit einer anderen Person mitzuteilen. Das erhöht zwar kurzfristig die Spannung, doch nimmt es viel Dramatik aus der Geschichte heraus. Das ist schade.

Insgesamt eine lohnenswerte Lektüre, die gegen Ende einen Wohlfühlfaktor aufweisen kann und das ist doch immer wieder ein Genuss.

Bewertung vom 22.06.2020
City of Girls (eBook, ePUB)
Gilbert, Elizabeth

City of Girls (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Schon die literarische Umsetzung des Stoffes, nämlich den gesamten Roman als einen Brief an die Tochter eines ihr nahestehenden Verstorbenen zu schreiben, ist selten. So entsteht für die Heldin der Geschichte die Möglichkeit, das Geschehen aus der eigenen Sicht aber mit einem gewaltigen Abstand zu betrachten. Das ermöglicht psychologische Erkenntnisse auf das eigene Verhalten und die Analyse der eigenen Person.
In ihren jungen Jahren steht die Heldin Vivian gewissermaßen neben sich und schildert ihre Erlebnisse als eigene Beobachtungen. Sie ist meistens nicht mittendrin im Geschehen. Damit nimmt sie genau die gleiche Perspektive wie der Leser ein, dem es damit möglich wird mit der Heldin zu verschmelzen.
Später im Buch verschiebt sich die Perspektive vom Neben-sich-Stehen hin zur Persönlichkeitsanalyse und dem Verstehen des eigenen Handelns. Vivian lernt ihr Handeln zu verstehen, in dem sie durch ihre Lebenserfahrung reifer geworden ist. Sie findet ihren Platz im Leben, ihre Aufgabe, ihre Freunde und den Menschen, der ihr alles bedeuten wird. Die Gespräche mit diesem Menschen werden am Ende des Buches das zentrale Thema und die Leitspur für Vivian, ihr Leben und sich selbst zu ergründen.

Die Facetten der unterschiedlichen Menschen, die Vivians Lebensweg kreuzen und mehr oder weniger stark beeinflussen sind vielfältig. Alle wundervoll gezeichnet und so lebensnah, dass ihre einzelnen Schicksale die Ergänzung zu Vivians Leben darstellen und damit das Gesamtbild abrunden, dass der Leser am Ende der Lektüre vom Leben der Vivian Morris erhält.
Als fiele jedes Puzzleteil an seinen Platz, hat der Leser auf der letzten Seite das Gefühl, eine eigenwillige, etwas sperrige aber auch durch das Leben geläuterte Frau kennengelernt zu haben.
Eine Frau, die es lohnt kennenzulernen und sei es nur, um ihre Fähigkeit, das Leben zu meistern zu bewundern.

Manch Leser wird nicht immer einverstanden sein mit gewissen Zügellosigkeiten und dem endlosen Partyleben im New York von 1940. Der Ziel- und Ehrgeizlosigkeit, der Haltlosigkeit und der bodenlosen Naivität der Heldin.
Doch sind diese Monate der Auslöser für einen skandalösen Fehler, der sie mit Macht in eine Realität katapultiert, die sie lernt anzunehmen um ihr neues Leben darauf aufzubauen und am Ende als gestandene Erwachsene ihr Alter zu genießen.

Bewertung vom 11.06.2020
Unter den Linden 6 (eBook, ePUB)
Kaiser, Ann-Sophie

Unter den Linden 6 (eBook, ePUB)


weniger gut

Drei bildungshungrige, junge Frauen suchen im Berlin der Zwanziger Jahre ihren Weg. Obwohl alle drei sich zunächst fremd sind, freunden sie sich an, weil sie alle das erklärte Ziel haben, als Frau in den Genuss von Bildung zu kommen.
Die sehr verschiedenen Frauen bringen unterschiedliche gesellschaftliche und bildungstechnische Voraussetzungen mit.
Lise hat einen Uni-Abschluss in Physik und will in Berlin an der Uni weiterstudieren.
Hedwig ist verheiratet, erschleicht sich aber ein Semester an der Uni.
Anni arbeitet als Dienstmädchen, ist aber lernbegierig und extrem neugierig.
Alle drei geraten in den Sog des bildungspolitischen Wandels Berlins um 1910. Ganz unterschiedlich sind ihre Erlebnisse und ihr Umgang mit den Herren der Schöpfung, die sich zunächst vehement gegen Frauenbildung wehren.
Aber alle lassen sich nicht unterkriegen.
Der Schreibstil des Romans ist sehr erzählerisch, zuweilen langatmig und es dauert viele Seiten, bis die Handlung gravierend weitergebracht wird. Dann wird die Erzählung straffer, kommt aber über eine gewisse Langeweile nicht heraus, die sich aus den vielen Nebensächlichkeiten die Charaktere betreffend ergeben.
Die Frauen an sich haben unterschiedlich viel Biss und Temperament. Sie stecken die bisweilen diskriminierenden Bemerkungen und gesetzlichen Regelungen zwar weg, man hat als Leser jedoch nicht den Eindruck, das es ihnen besonders nahe geht. Das Kämpferische fehlt an so vielen Stellen. Vielfach ist wohlwollendes Handeln seitens freundlicher Männer vorteilhafter als aufsässiges Verhalten der Protagonistinnen.
Insgesamt hat mir das Buch mäßig gefallen. Da es aber mit interessanten Details und Wissensergänzungen zum Thema Radioaktivität aufwartet und historische Personen auftreten, kann der geneigte Leser etwas lernen.
Wer nach einem eher epischen Lesevergnügen sucht, das nebenbei gesellschaftspolitische Themen streift, ist mit diesem Roman gut bedacht.
Wer allerdings den Fokus auf Frauenrechte und den Kampf um Frauenbildung legt, wird von den drei Heldinnen enttäuscht werden.

Bewertung vom 28.04.2020
Kann Gelato Sünde sein? (eBook, ePUB)
Hennig, Tessa

Kann Gelato Sünde sein? (eBook, ePUB)


weniger gut

Auf den ersten Blick würde diese Frage doch jeder mit NEIN beantworten. Doch in dem Roman gibt es dazu verschiedene Auffassungen. Ob ehrlich oder nicht, das darf der geneigte Leser herausfinden.
Ich war nach der Lektüre des Klappentextes sehr von der Idee angetan, alten Leuten das Sterben zu verbieten, ihnen Kuchen zu verbieten und dafür Sport zu verordnen. Neugierig auf die Umsetzung des Themas geworden, habe ich die Lektüre des leicht-lockeren Romans begonnen.
Nun sollte man Büchern die Gelegenheit geben, zu offenbaren, was in ihnen steckt. Darauf habe ich hier lange gewartet, denn das so witzig angelegte Thema wabert an der Oberfläche und entwickelt nicht wirklich lustigen Tiefgang. Es dient im Grunde nur der Verschleierung von persönlichen Problemen einer Figur.
Die Protagonisten und alle anderen Figuren bleiben bis auf die Mutter der Heldin farblos und langweilig. Sie haben zwar einen Haufen Probleme zu bewältigen, die aber nicht tief gehen und keinen Einfluss auf das weitere Leben der Figuren haben.
Die Sprache ist flüssig lesbar, lässt aber witzige Formulierungen vermissen, die der Plot eigentlich hergegeben hätte. Eine gute Portion Sarkasmus hätte der Geschichte nicht geschadet und hätte mit Sicherheit viele Lacher provoziert.
Einen Spannungsbogen habe ich ebenfalls vermisst, wobei es immerhin gelungen ist, so etwas Ähnliches wie ein dramatisches Ende zu schaffen. Das verpufft allerdings und verliert sich am Ende. Insofern hört die Story auch nur auf, ohne ein wirkliches Ende zu haben.
Derjenige Leser, der anspruchslos-oberflächliche Unterhaltung ohne Tiefgang sucht, ist hier an der richtigen Adresse.
Ich bin etwas enttäuscht, dass dieser wundervolle Plot so schwach ausgearbeitet worden ist.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.03.2020
Rendezvous in zehn Jahren
Pinnow, Judith

Rendezvous in zehn Jahren


ausgezeichnet

Hätte ich fünf Daumen an jeder Hand, würde ich sie alle hochstrecken, um diesem Roman zu versichern, er ist wundervoll.
Einfühlsam, aber auch ein wenig schnodderig in manchen Ausdrücken der Helden schildert die Autorin eine faszinierende Idee wie sich zwei Fremde nicht mehr aus dem Kopf kriegen, sich aber erst in zehn Jahren wieder treffen wollen.
Das dauert beiden zu lange. Eine Suche beginnt.
Dieses Suchen und es begleitende Lebensumstände werden dem Leser als gelebter Alltag nahe gebracht. In einer leichten Sprache, die den Leser in das Geschehen hineinzieht und ihn mit fiebern lässt, wird das Buch zu einem Pageturner, den man in zwei Tagen durchgelesen hat.
Bewundernswert ist das Verhalten der Helden, die sich ihren Weg zueinander nicht verbauen lassen und letztlich sich Gott sei Dank nicht gezwungen sehen, auch durch schwerwiegende Veränderungen, von ihrer Liebe abzuweichen.
Dieser Roman ist eine Hommage an die Liebe und was sie alles möglich macht. Keine fragwürdigen Zweifel - so nach dem Motto: ich bin einmal enttäuscht worden und muss mein Leben lang allein bleiben, weil eine zweite Enttäuschung nicht auszuhalten wäre - quälen die Helden, sie sehen die Liebe und ihr eigenes Wohlbefinden in der Nähe des anderen. Es werden keine Probleme geschaffen, um Dramatik zu erzeugen, sondern es werden Lösungen gesucht und gefunden.
Wenn jemand auf der Suche nach einem Roman ist, der ohne Umwege und nervtötendes Hinhalten, die Liebe als Ziel vor Augen hat, der sollte unbedingt zu diesem Buch greifen.