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Alais

Bewertungen

Insgesamt 188 Bewertungen
Bewertung vom 18.12.2022
Malen macht glücklich
Runyan, Terry

Malen macht glücklich


ausgezeichnet

Ein Mutmacher-Malbuch mit vielen inspirierenden Malprojekten (und jeder Menge Katzen)

Dieses Buch ist ein kleiner Schatz: ein Malkurs im Buchformat oder eigentlich eher ein freundliches Mutmacher-Buch, das zum Mitmalen einlädt. Und es ist so herrlich farbenfroh, voller Lebensfreude und prallgefüllt mit Katzen, dass ich mich gleich beim ersten Blättern in dieses Buch verliebte und es immer wieder gerne in die Hand nehme.
Neben wertvollen Tipps zur Technik und Ausstattung laden verschiedene Malprojekte zu einer kreativen Reise ein, die einen hervorragenden Rahmen bietet, aber der eigenen Fantasie dabei noch viel Raum zur Entfaltung lässt. Die Autorin erklärt überzeugend, warum sie ein tägliches Üben für wichtig hält, und legt ihre Gedanken und Theorien zum Malen, zur Kreativität im Allgemeinen, zu dem oft wenig hilfreichen inneren Kritiker und zur Perfektion dar. Ihre Meinung zu Letzterer fand ich besonders bemerkenswert:

"Die Vollkommenheit der Unvollkommenheit können wir [...] in der Explosion unserer Kreativität erfahren." (S. 36)

Und tatsächlich wirken viele der Malereien, die sich fröhlich und wild über die Seiten verteilen und dabei mehr Platz beanspruchen als der Text, auf den ersten Blick nicht perfekt und zugleich doch auch wunderhübsch, einzigartig oder einfach nur lustig - das macht natürlich Mut, den inneren Kritiker zum Schweigen zu bringen und sich selbst einfach mal malend auszutoben. Mit den von der Autorin gegebenen Tipps können auch, davon bin ich überzeugt, alle Menschen kreativ etwas Schönes erschaffen.
Mein Fazit: ein Buch, das auf freundschaftliche Weise lehrt, vor allem aber große Freude bereitet und Mut schenkt! Bunte Farben und Katzen sollte man allerdings schon mögen.

Bewertung vom 27.11.2022
Die Bürde der Freiheit
Bergsma, Elke

Die Bürde der Freiheit


sehr gut

Selten hat mich ein historischer Roman so gefesselt wie dieser. Man verfolgt die unterschiedlichen Wege, die die Kinder einer Bauernfamilie in einer Welt einschlagen, die noch unter dem Schock des (wie man heute weiß "Ersten") Weltkriegs steht. Konflikte zwischen älteren mächtigen Männern, die bar jeder Fähigkeit zur Selbstkritik zerstörerische Entscheidungen über andere treffen, und den jüngeren Generationen, die die fatalen Konsequenzen dieser Entscheidungen mitansehen oder selbst tragen müssen; Menschenmassen, die unter dem Deckmantel der "Meinungsfreiheit" das Leben anderer Menschen bedrohen - all dies erinnert nur allzu sehr an unsere Zeit und vielleicht sind es diese Parallelen, die für mich diese Lektüre so spannend machten.
Elke Bergsma gelingt es exzellent, die verschiedenen Charaktere ihren Leserinnen und Lesern nahezubringen, ich fieberte mit, verliebte mich, empfand Abscheu oder Bewunderung, fühlte mit. Manchmal waren mir einzelne Figuren ein wenig zu einseitig dargestellt, ihr Charakter allzu gut oder allzu schlecht. Im Großen und Ganzen aber wird ein differenziertes Bild einer Zeit voller Veränderungen präsentiert. Ich wünschte, ich hätte dieses Buch schon in meiner Schulzeit entdeckt, dann hätte ich mich im Unterricht mehr für diese folgenreiche Phase der deutschen Geschichte interessiert. Und trotz unseres heutigen Wissens, wie diese so hoffnungsvoll begonnene Weimarer Republik endete, ist es kein deprimierender Roman, sondern erinnert daran, dass es auch in finsteren Zeiten stets zarte Pflänzchen der Hoffnung gibt.

Bewertung vom 25.11.2022
Die Prophezeiung vom Silbernen Menschenkind
Czepf, Anastasia

Die Prophezeiung vom Silbernen Menschenkind


ausgezeichnet

Norma möchte dem kleinen Straßenkätzchen Rosina ein Zuhause geben – und lernt dabei Xaver kennen, einen offenkundig charmanten, hilfsbereiten und attraktiven Tierfreund. Während ihre beiden Katzen Wilhelmine und Valerio die kleine, traumatisierte Rosina freundlich begrüßen, sind sie jedoch mit dem Auftreten von Xaver in Normas Leben ganz und gar nicht einverstanden …
Was wie der Beginn einer berührenden Liebesgeschichte mit niedlichen Katzen als Sahnehäubchen klingt, ist sicher auch genau das, nur noch sehr viel mehr! Neben der von Menschen wahrgenommenen Wirklichkeit existiert in diesem Roman noch eine den Menschen unbekannte Seite der Welt und gerade die Katzen sind hier keineswegs nur niedliche Statisten, sondern verfügen über übersinnliche Fähigkeiten ... Und nicht nur sie - auch andere Tiere, beispielsweise eine Fliege, spielen eine wichtige Rolle.
Dadurch, dass die Schilderung der Katzen mit einem eindeutig tiefen Verständnis für das Wesen von Katzen erfolgt, wirken sie trotz ihrer besonderen Fähigkeiten sehr realitätsnah und die fantastischen Elemente der Erzählung gar nicht so unglaubwürdig. Welcher Katzenfan hat sich schließlich angesichts des mysteriösen Charakters von Katzen nicht schon einmal gefragt, was wohl alles in ihren klugen kleinen Köpfen vor sich gehen mag? Und was sie so treiben, wenn man gerade mal nicht hinsieht, und warum sie stets so sehr viel mehr zu wissen scheinen, als sie eigentlich wissen können ...
Im Zentrum dieser warmherzigen Erzählung steht eindeutig die Liebe, doch das Buch ist kein reiner Wohlfühlroman. Es nähert sich auch schwierigen und belastenden Themen, allerdings auf sehr behutsame Weise und mit einer Triggerwarnung, die Menschen, die etwas Schlimmes erlebt haben, ermöglicht, vorher zu prüfen, ob es ein Thema anspricht, mit dem sie gerade nicht umgehen können. Dieser rücksichtsvolle Umgang mit den Leserinnen und Lesern gefiel mir ausgesprochen gut.
Sehr gelungen und nicht nur durch die Motive, sondern auch durch die liebevolle Umsetzung passend zur Geschichte fand ich auch die Gestaltung - von einer kleinen gezeichneten Katze, die manchmal am unteren Seitenrand auftaucht, bis hin zu größeren ausdrucksstarken Zeichnungen auf dem Cover und im Inneren des Buches.
Ein zauberhaftes Buch, das mir große Freude bereitet hat!

Bewertung vom 14.11.2022
The Dark
Haughton, Emma

The Dark


ausgezeichnet

Hochspannender Thriller mit einem genial gewählten Setting:
So ungewöhnlich wie das Cover, das einen tollen haptischen Effekt bietet, ist auch das Setting dieses Thrillers: eine Forschungsstation in der Antarktis, in der die britische Ärztin Kate North ihren Dienst antritt. Für Kate, der ich mich gleich sehr nahe fühlte, ist diese Umgebung ganz offensichtlich genauso spannend neu wie für mich als Leserin. In diesem Thriller wird sehr anschaulich beschrieben, wie das Leben und die Gefühlswelt der Mitarbeitenden in dieser eiseskalten, unwirtlichen Umgebung im Winter aussieht – fast ständig in einem Gebäude, das rund um die Uhr von tiefster Finsternis umgeben ist … Vielleicht hat mich das auch deshalb so fasziniert, weil es meine im Vergleich dazu kleineren Sorgen bezüglich Dunkelheit und Kälte des vor uns liegenden Energiesparwinters deutlich relativiert, vor allem aber ist dies der perfekte Ort für gruselig-spannende Geschichten ...
Das Team der Forschungsstation stammt aus verschiedenen Ländern und umfasst eine Reihe ziemlich unterschiedlicher, starker Persönlichkeiten - und schnell stellt sich heraus, dass nicht nur Kate etwas zu verbergen hat ... Leider entfremdete ich mich gerade ihr über viele Seiten hinweg aufgrund ihrer haarsträubenden Naivität und ihres manchmal sehr nervigen und nicht nachvollziehbaren Verhaltens anderen gegenüber - was sich dann jedoch, als sie ihre Stärke fand und sogar über sich hinauswuchs, zum Glück wieder änderte.
Neben dem sich schnell und immer stärker herauskristallisierenden Gefühl eines Bedrohungsszenarios, in dem scheinbar jeder zum Opfer werden, aber auch jeder der Täter sein kann, erzählt der Thriller auch von großen Gefühlen, von Neuanfängen, von Teamgeist in Notsituationen und von einer trotz all der Lebensfeindlichkeit faszinierenden Region - dies alles verfasst in einem sehr ansprechenden Schreibstil.
Atemberaubend spannend und sehr lesenswert!

Bewertung vom 30.10.2022
Unsterblich sind nur die anderen
Buchholz, Simone

Unsterblich sind nur die anderen


ausgezeichnet

Geheimnisvoll, künstlerisch und faszinierend:
Dieser Roman sprengt die Genreschubladen und nimmt seine Leserinnen und Leser mit auf eine faszinierende Schiffsreise, an der absolut nichts normal zu sein scheint. Die Autorin wagt viel und verknüpft ihre Reise- und Liebesgeschichte mit mythischen, fantastischen Elementen. Ein magisches Buddelschiff, ein Hotel, das scheinbar nur bei Bedarf existiert und dann wieder im Nichts verschwindet, eine mehr als merkwürdige Besatzung … Gleich auf den ersten Seiten zeigt sich, dass die Geschichte von der Suche zweier Frauen nach drei Männern, die auf eben jenem Schiff, auf dem nun auch die Frauen reisen, verschwunden sind, in eine ziemlich ungewohnte und spannende Richtung führen wird …
Dazu kommt die an einigen Stellen spielerisch-experimentelle oder auch geradezu künstlerisch-anspruchsvolle Form – Kapitel, die zum Ende hin entgleiten, in Satzfetzen münden und schließlich ganz verschwinden, Zeitsprünge und Poesieeinlagen … Und gleichzeitig bewegt sich der Roman sprachlich manchmal im Bereich der Umgangssprache, ganz nah dran am Menschen. Immer gefiel mir das nicht, aber es berührte und bewegte mich, wozu sicherlich auch der Sound der Musik meiner Kindheit, der 80/90er, beitrug, der die Geschichte begleitet. Die Schilderung der Atmosphäre auf dem Schiff, das Rätselhafte und diese Musik trugen dazu bei, dass ich mich beim Lesen ganz entspannt fühlte und gleichzeitig fasziniert, wie in einem Traum – der allerdings auch ein paar sanfte Horrorelemente zu bieten hat.
Ein außergewöhnliches Leseerlebnis!

Bewertung vom 23.10.2022
This Charming Man / The Stranger Times Bd.2
McDonnell, C. K.

This Charming Man / The Stranger Times Bd.2


ausgezeichnet

Wunderbar schräg, very british und erfrischend anders!
Ganz schön uncharmante Vampire treiben in dieser Fortsetzung von „The Stranger Times“ ihr Unwesen – und das, obwohl es sie gar nicht gibt ...
Ich lese Bücher aus Reihen gerne wild durcheinander, aber in diesem Fall rate ich ausnahmsweise dazu, vorher den (ebenfalls wunderbaren) ersten Band zu lesen, um sich mit dem etwas seltsamen Team dieser etwas seltsamen Zeitung vertraut zu machen. Und dann kann man sich einfach nur noch freuen! Denn der Autor bietet wieder pures Lesevergnügen mit Schwarzhumor vom Feinsten und herrlicher Situationskomik.
Seine Erzählung staffiert McDonnell mit einer Reihe teils skurriler, teils völlig unmöglicher, teils abstoßender und zugleich liebenswerter Gestalten aus. Wer Vampire als unwiderstehliche Charmeure liebt, wird allerdings enttäuscht sein, denn hier kommen sie etwas schlecht weg … Dafür leuchten die sympathischeren Seiten des ansonsten als völlig unerträglich dargestellten Zeitungschefs Banecroft wieder herzerwärmend hell auf. Überhaupt habe ich diesen zweiten Band als sehr emotional empfunden – geschrieben mit ganz viel Herz und einer bewundernswerten Fülle verrückter Einfälle.
Edel und wunderbar gruselig präsentiert sich „This charming man“ auch von außen: mit schwarzem Buchschnitt, einem Cover in Schwarz und Lila, auf dem es wieder einige winzige schräge Details wie eine fallende Toilette zu entdecken gibt, und einem praktischen, schwarzen Lesebändchen.
Eine gelungene Fortsetzung – das Warten auf den dritten Band wird schwer, sehr schwer …

Bewertung vom 02.10.2022
Feuerpanorama
Gerassimow, Sergej

Feuerpanorama


ausgezeichnet

Wie Menschen in Charkiw die russische Invasion erleben - ungeschminkt und berührend erzählt:
Wer lesen möchte, wie Zivilisten in der Ukraine die von Putin initiierten schrecklichen Ereignisse dieses Jahres erlebt haben bzw. weiterhin erleben müssen, dem empfehle ich, zu diesem Kriegstagebuch zu greifen.
Der Autor Gerassimow schildert darin den Alltag und die Erlebnisse seiner Familie in Charkiw in der Kriegszeit. Schnell, unter dem Eindruck der ständigen Bedrohung des eigenen Lebens und des Lebens seiner Lieben und dadurch natürlich auch mit starken Gefühlen geschrieben, ist dieses Buch auch schnell zu lesen. Das tut der Eindrücklichkeit der Schilderung keinen Abbruch, sorgt eher dafür, dass dieses Buch mir ungeschminkt und unverstellt erscheint. So ist dies zwar eine sehr persönliche und zwangsläufig subjektive Schilderung, aber es kommen durchaus auch kritische Punkte zur Sprache wie der Umgang mit Plünderern, den ich zwar verständlich, aber absolut nicht akzeptabel finde. Der Autor schreibt im Übrigen sehr überzeugend gegen Putins „Alle-Ukrainer-sind-Nazis“-Märchen an, und geht auch auf den heiklen Punkt Asow-Regiment ein.
Was mir aber besonders gefiel, ist die menschliche Güte, die aus seinen Zeilen spricht, der geschilderte Zusammenhalt vieler Menschen angesichts der Gefahr. Und vor allem: dass auch die Haustiere nicht vergessen werden. Gerassimow schreibt auf seine berührende Weise über die Freundschaften zwischen Menschen und Tieren und wie auch die Tiere unter dem Krieg leiden.
Sehr lesenswert!

Bewertung vom 18.09.2022
Omi, ich bin jetzt vegan!
Vochezer, Angelique

Omi, ich bin jetzt vegan!


sehr gut

Viele leckere Rezepte aus der Kindheit in einer tierleidfreien Variante, von herzhaft bis süß

Wie viele andere vegane Kochbücher auf diesem Markt wirkt dieses frisch, bunt und sympathisch - zeichnet sich von den anderen jedoch durch eine ganz persönliche Note aus: der liebevollen Beziehung zwischen nicht-veganer Großmutter, die ihre Lieben gerne bekocht, und der Enkelin, die einen neuen, veganen Weg einschlägt, um ihre Migräne zu bekämpfen. Zusammen entwickelten sie vegane Varianten vertrauter Familiengerichte, wobei die Großmutter Kochwissen aus ihrer Jugend einfließen ließ, als Gerichte aus Tieren noch viel zu teuer waren, um bei jeder Mahlzeit auf den Tisch zu kommen.
Die Darstellung der Rezepte und Zutatenlisten ist sehr gelungen und übersichtlich - jeweils mit einem motivierenden, weil appetitanregenden Foto des jeweiligen Gerichts auf der gegenüberliegenden Seite. In den allermeisten Fällen wird auch sorgfältig erklärt und das Kochbuch bietet neben komplizierteren Gerichten erfreulicherweise eine Reihe von Rezepten, die sich auch von unerfahreneren Köchen und Köchinnen (also sogar von mir) leicht nachkochen lassen. Nur an ganz wenigen Stellen hätte ich mir noch idiotensicherere Informationen gewünscht, beispielsweise ob bei dem Gefüllte-Tomaten-Rezept auf S. 78 der Reis vorher gekocht werden sollte. Gewünscht hätte ich mir auch noch ein Zutatenverzeichnis mit Verweis auf die einzelnen Rezepte, so etwas finde ich immer sehr praktisch, wenn man Reste verwerten will und auf der Suche nach einer passenden Rezeptidee ist.
Dafür gefiel mir der einleitende Teil sehr - er ist berührend (persönliche Geschichte), informativ (zum Thema Nährstoffe) und äußerst hilfreich (mit Anleitungen, wie man beispielsweise Löwenzahnhonig oder veganen Parmesan selbst herstellen kann).
Ein wunderbares Kochbuch mit vielen leckeren herzhaften und süßen Rezepten!

Bewertung vom 12.09.2022
Kerl aus Koks
Brandner, Michael

Kerl aus Koks


ausgezeichnet

Eine schön zu lesende Hommage an das Leben und die Liebe zu den Menschen:
Paul, dessen fiktive Lebensgeschichte Michael Brandner in diesem Roman erzählt, ist so ganz anders als ich - viel mutiger, anderen Menschen gegenüber weitaus aufgeschlossener und vertrauensvoller - und dennoch fühlte ich mich ihm gleich von Anfang an unglaublich nahe. Ein bisschen hatte ich das Gefühl, Brandner würde von dem freundlicheren Ich erzählen, das in den meisten von uns schlummert, aber leider häufig im Laufe des Lebens zunehmend aufgrund von Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit und Zynismus in dauerhaften Tiefschlaf verfällt. Dabei ist Paul zwar für mich sehr inspirierend, aber zum Glück auch nicht die ärgerliche personifizierte Perfektion.
Für die Schilderung von Pauls Abenteuern schöpft Brandner sicherlich auch aus dem Erfahrungsschatz seines eigenen Lebens als Schauspieler, bietet Einblicke in die Schauspielerwelt und lässt zwei Regionen, die auch Brandners Leben prägen - Bayern und NRW - lebendig werden. Besonders beeindruckten mich aber die begeisterten Schilderungen verschiedener kulinarischer Geschmackserlebnisse im ersten Teil. So etwas interessiert mich normalerweise nicht, hier aber wurde so voller Enthusiasmus und alle Sinne ansprechend geschildert, dass ich mich mit Paul als kleinem Jungen mitfreuen konnte und das sogar bei kulinarischen Genüssen, die für mich „im echten Leben“ als Tierfreundin allenfalls Anlass zum Gruseln bieten.
Der Autor präsentiert eine rundum authentisch wirkende Erzählung, die ohne nervenzerfetzende Spannung auskommt, sondern stattdessen angenehm unterhält und mit einem wunderbaren Schreibstil brilliert - eine positiv gestimmte Lektüre, die mir große Freude bereitete.

Bewertung vom 25.08.2022
Denk ich an Kiew
Litteken, Erin

Denk ich an Kiew


ausgezeichnet

Ein mitreißender, sehr emotionaler Roman:
In zwei Handlungssträngen (der eine beginnt 2004 in den USA, der andere 1929 in der Ukraine) erzählt die Autorin eine packende Familiengeschichte, in der es um die ganz großen Themen im Leben wie Liebe und Verlust, Gewalt, Trauer, Neuanfang, Elternschaft, Resilienz und Hoffnung, vor allem aber um ein besonders düsteres Kapitel in der Geschichte Europas geht: den Holodomor, eine Massenhungersnot, die mit voller und in schlimmster Absicht von Stalin in der Ukraine ausgelöst wurde ...
Dieses Buch mit seinen zwei sehr unterschiedlichen und doch miteinander verflochtenen Handlungssträngen hat mich von der ersten Zeile an mitgerissen und es immer wieder geschafft, mich mitten ins Herz zu treffen.
Dabei war es vor allem der Handlungsstrang in der Vergangenheit, der mich tief berührte und einen (wenn auch bitteren) Erkenntnisgewinn bot. Von der Darstellung einer ersten Liebe bis zur Mutterschaft gelingen der Autorin immer wieder packende Schilderungen, die sehr authentisch und lebensnah wirken. Ich muss leider zugeben, dass ich zuvor nichts über den Holodomor (eine absichtlich ausgelöste Massenhungersnot) wusste, so traf mich das volle Ausmaß des Grauens der weiteren Entwicklung der Ereignisse vollkommen unvorbereitet. Und da die Autorin nicht nur Schriftstellerin ist, sondern auch Historikerin, ist wohl davon auszugehen, dass sie den historischen Hintergrund gut recherchiert hat ... Dabei wirft sie keinen kühlen, geschichtswissenschaftlichen Blick auf die Geschichte, sondern verarbeitet die Thematik in einer sehr emotionalen und oft sehr persönlich wirkenden Erzählung – auch wenn es sich um eine fiktive Erzählung und keineswegs um ihre Familiengeschichte handelt, hat sich die Autorin doch unter anderem von den Erzählungen und Erlebnissen ihrer aus der Ukraine stammenden Großmutter inspirieren lassen.
Der drastischen, einprägsamen Schilderung des Holodomors stellt die Autorin den helleren Handlungsstrang der "Gegenwart" (2004) entgegen, der unter anderem eine fürchterlich kitschige, sich munter Klischees bedienende Liebesgeschichte enthält, auf die ich gut hätte verzichten können, die mich aber auch nicht weiter störte. Auch die Themen Traumatisierung und Neuanfang finden hier wieder ihren Platz, besonders spannend aber war für mich die Zusammenführung beider Handlungsstränge ...
Ein Buch, das mich tief berührt und vieles gelehrt hat.