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Elisabeth

Bewertungen

Insgesamt 112 Bewertungen
Bewertung vom 15.05.2019
Lautlose Schreie / Mara Billinsky Bd.2
Born, Leo

Lautlose Schreie / Mara Billinsky Bd.2


ausgezeichnet

Zum zweiten Mal schon ermittelt Mara Billinsky von der Frankfurter Mordkommission in Leo Borns „Lautlose Schreie“. Dieser 464-seitige Thriller ist im März 2019 bei Bastei Lübbe erschienen.
Nahe Frankfurt macht die Polizei eine bestialische Entdeckung: sieben Kinderleichen. Doch noch bevor die Ermittlungen richtig in Gang kommen, werden Mara und ihr Partner, Jan Rosen, von diesem Fall abgezogen: Zum einen wegen ihrer unkonventionellen Ermittlungsmethoden, zum anderen ereignet sich fast zeitgleich ein anderer Mord in Frankfurt. Doch die „Krähe“ lässt sich nicht so leicht auf Abstellgleis schieben, und so kommt sie nicht nur Zusammenhängen zwischen diesen Fällen auf die Spur, sondern auch einer Organisation, die an Grausamkeit ihresgleichen sucht …
Mit Mara Billinsky hat Leo Born die wohl ungewöhnlichste Kommissarin erschaffen, die derzeit Deutschlands Thrillerliteratur zu bieten hat. Und genauso bedrückend wie das Schicksal der Kommissarin selbst, gestalten sich ihre Fälle.
Auch in diesem zweiten Band wird wieder ein Frankfurt jenseits des Glanzes einer Bankenmetropole gezeigt: Hinter seiner Fassade lauert das Grauen, das dieses Mal auch weit über die Grenzen der Stadt, ja sogar des Landes hinausreicht. Der Fall nimmt internationale Dimensionen an, ist hochaktuell und brisant. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten. Nur noch so viel: Durch ihre Hartnäckigkeit schafft es Mara, die Machenschaften eines internationalen Verbrechersyndikats wenigstens teilweise aufzudecken, was das Ende der Ermittlungen umso glaubhafter erscheinen lässt: Eine vollständige Aufdeckung wäre hier der Realitätsnähe nur abträglich gewesen. Insofern passt das halboffene Ende sehr gut zur Thematik des Buches. Dass auch hier wieder nur scheibchenweise Informationen über die Protagonistin selbst geliefert werden, animiert, zum Nachfolgeband zu greifen, denn ebenso spannend wie der Fall selbst gestaltet sich auch ihr Schicksal.
Von Anfang an mutet das Buch dem Leser ein hohes Maß an Härte zu, wobei der Autor auf allzu brutale Szenen verzichtet, resultiert die Brutalität doch eher aus der Thematik selbst, die die Lesenden neben einem Grauen auch reichlich Stoff zum Nachdenken bietet. Schon gleich zu Beginn wird das Nervenkostüm der Leserinnen und Leser reichlich strapaziert. Hat man sich nach dem Lesen des ersten Abschnitts gerade wieder beruhigt, wird man in eine grausame Realität katapultiert, die bis zum Ende, nicht zuletzt auch durch überraschende Wendungen und Begebenheiten, für einen hohen Spannungslevel sorgt.
Genauso düster wie der Fall selbst erscheint auf den ersten Blick auch die Kommissarin selbst, doch kommt immer wieder zum Ausdruck, dass sie im Grunde eine zutiefst verletzte Person ist. Obgleich es sich hier um den zweite Teil einer Thrillerreihe handelt, gelingt es Leo Born geschickt, Informationen zu den einzelnen Charakteren so einzuflechten, dass sowohl Leser/innen, die den ersten Teil schon kennen, als auch Quereinsteiger/innen auf ihre Kosten kommen. Die einzelnen Charaktere sind detailliert und vielschichtig gezeichnet, insbesondere Maras Vorgesetzter, Klimmt, macht in diesem Band einen frappierenden Wandel durch und hat bei mir am Ende an Sympathie gewonnen. Als sehr fruchtbar erweist sich hier auch wieder einmal die Zusammenarbeit des ansonsten so gegensätzlichen Ermittlerduos Mara Billinsky und Jan Rosen – ein Zeichen, dass man nicht immer und überall auf einer Wellenlänge schwimmen muss, um gut zusammenzuarbeiten. Lediglich die Einstellung des Ehepaars Hornauer konnte ich nicht so recht nachvollziehen, was aber vielleicht auch daran liegen mag, dass ich selbst keine eigenen Kinder habe. Wobei ein bisschen Distanz zum Geschehen wohl auch nicht schaden kann, um Ereignisse „objektiver“ zu betrachten.
Sprachlich ist dieser Roman ein weiteres Mal gut und flüssig zu lesen, rasch aufeinanderfolgende Szenen- und Perspektivwechsel sowie eine übersichtliche Kapitellänge sorgen für ein spannendes, rasantes und vielschichtiges Leseerlebni

Bewertung vom 11.05.2019
Hannas Leichen
Buchenberger, Alex

Hannas Leichen


weniger gut

Zum ersten Mal ermittelt Hanna Schmiedinger von der Traunsteiner Mordkommission in Alex Buchenbergers Chiemsee-Krimi „Hannas Leichen“. Dieser 340 Seiten umfassende Kriminalroman erschien im April 2019 im Gmeiner Verlag.
Gemeinsam mit seiner Geliebten, der Frau seines Partners Florian Bauer, wird Lothar Brinkmann tot nahe Burghausen in seinem Pool gefunden. Dieses ruft Hanna und ihre Mitarbeiter auf den Plan. Doch die Ermittlungen gestalten sich komplizierter als anfangs erwartet.
Bei diesem Regionalkrimi handelt es sich eher um eine Krimödie als um einen Kriminalroman im klassischen Sinne, denn die Ermittlungsarbeiten spielen sich nur am Rande ab. Im Zentrum des Geschehens stehen eindeutig private und teils auch berufliche Querelen der Ermittelnden und anderer vom Mordfall Betroffener. Diese sind gerade anfangs durchaus auf intelligente Weise lustig zu lesen, von Spannung jedoch ist weit und breit wenig zu spüren. Da hilft es auch nichts, dass im Laufe der Polizeiarbeit das ein oder andere neue Mordmotiv zutage tritt. Der Kriminalfall wird am Ende zwar logisch aufgelöst - ich selber hatte während des Lesens auch schon denselben Verdacht, der sich am Ende als richtig entpuppte -, aber er wird halt nicht durch solide Polizeiarbeit gelöst, sondern die Auflösung ist für das Ermittlerteam ein reiner Glückstreffer. Während der Ermittlungen tappt Hanna durchweg im Dunklen und widmet sich anderen Problemen, vor allem ihrem privaten Kleinkrieg.
Der Humor hat mir anfangs sehr zugesagt, enthält er doch eine feine Ironie; doch leider gipfelt er schließlich in Dialogen wie „ ‚Kann man so lange vernünftig mit Ihnen reden?‘ … ‚Mit mir kann man das immer. Aber Sie scheinen das nicht zu wollen, Sie dumme Sau.‘“ Was daran im Zusammenhang mit einer Festnahme, erst recht wenn eine leitende Kommissarin solche Ausdrücke in den Mund nimmt, lustig sein soll, kann ich beim besten Willen nicht verstehen. Auch an anderen Stellen hat der „Humor“ eher etwas Menschenverachtendes denn etwas Lustiges an sich.
Die Charaktere sind zu Beginn liebevoll und detailliert gestaltet. Im Laufe des Romans jedoch verliert gerade Hanna, anfangs cool und erfrischend „anderes“ gezeichnet, sehr viel an Sympathiepunkten, indem sie ihre leitende Position missbraucht, um ihren Kolleg/innen an den Karren zu fahren oder private Streitigkeiten zu ihren Gunsten zu entscheiden und sogar Profit daraus zu schlagen. An manchen Stellen beim Lesen habe ich mich wirklich gefragt, was für ein Bild der Polizei hier transportiert werden soll.
Sprachlich ist der Roman flüssig und flott zu lesen. An den wenigen spannenden Stellen schafft Alex Buchenberger es gekonnt, durch Sprache und Satzbau die Spannung und das Tempo zu intensivieren, doch leider bleibt es bei diesen Ansätzen. Dass er hier mehr leisten kann, hat er in anderen Büchern schon bewiesen – und gerade darum war ich beim Lesen auch umso enttäuschter.
Ein wenig fehlte es mir auch an Lokalkolorit. Das Gefühl, mich am Chiemsee zu befinden, kam bei der Lektüre nie auf, der Handlungsort ist einfach austauschbar.
Ich habe mich beim Lesen der ersten Romanhälfte wirklich köstlich amüsiert, aber je weiter ich voranschritt, desto mehr häuften sich die oben von mir genannten Kritikpunkte. Mit dem fehlenden Spannungsbogen hätte ich mich noch abgefunden, aber in der Summe überwiegen am Ende dann doch die negativen Aspekte, sodass ein eher bitterer Nachgeschmack überwiegt. Ich gebe dem Krimi alles in allem nur zwei von fünf Lesesternen, werde bei einem zweiten Band aber Hanna Schmiedinger wegen der guten Ansätze und des Könnens des Autors durchaus noch einmal eine Chance geben.

Bewertung vom 05.05.2019
Als Grace verschwand
Croft, Kathryn

Als Grace verschwand


gut

18 Jahre liegt es nun schon zurück, dass Simone Porters sechs Monate alte Tochter Helena entführt wurde. Nun meldet sich Grace und gibt an, ebendieses Mädchen zu sein. Doch bevor Simone dieser Behauptung nachgehen kann, verschwindet auch Grace. Und eine Suche beginnt, die nicht nur Simone in Gefahr bringt …
Um es vorweg zu sagen: Dieser Roman beinhaltet alles, was ein guter Thriller braucht: einen vielversprechenden Plot, undurchsichtige Charaktere, unerwartete Wendungen und ein überraschendes Ende. Aber leider bleibt er in seiner Ausführung seltsam farblos.
Gleich zu Beginn, beim ersten Treffen mit ihrer vermeintlich verschwundenen Tochter, Helena, reagiert Simone eher emotionslos. Was man anfangs noch darauf zurückführen kann, dass die vom Schicksal gebeutelte Mutter sich distanziert, um nicht erneut von ihren Hoffnungen enttäuscht zu werden, zieht sich durch den gesamten Roman: Es werden zwar Gefühle beschrieben, aber so richtig glaubhaft kommen sie nicht rüber. Auch die Tatsache, dass das Geschehen in der ersten Person und im Präsens geschildert wird, was eigentlich eine Identifikation mit der Protagonistin unterstützen sollte, kann hier keine Abhilfe schaffen. Während des gesamten Lesens gelang es mir nicht, wirklich in die Geschichte einzutauchen.
Plätschert die Handlung in der ersten Hälfte des Buches eher so vor sich hin, ohne dass ein wirklicher Spannungsbogen aufgebaut wird, gestaltet sie sich in der zweiten spannender, indem andere Vermisstenfällt und einige Verdächtige präsentiert werden. Aber auch hier gelingt es der Autorin trotz guter Ansätze nicht, den Funken überspringen zu lassen, denn Leserinnen und Leser bleiben einfach auf Distanz zum Geschehen und zu den Personen, was nicht zuletzt wohl auch auf die eher unspektakuläre sprachliche Gestaltung zurückzuführen ist.
Das Ende birgt dann doch einige Überraschungen in sich, und der Fall – oder sollte man lieber von „den Fällen“ sprechen? – wird logisch nachvollziehbar und wenig vorhersehbar aufgelöst. Doch auch hier, finde ich, wird den Emotionen und dem Spannungsbogen wiederum zu wenig Platz eingeräumt. Das Ende eröffnet dann einen Ausblick auf eine friedliche(re) Zukunft.
Geschickt indes – und modern – sind die beiden Erzählstränge, in denen das Geschehen geschildert wird: Auf der einen Ebene verfolgen wir Leser/innen Simones Suche nach ihrer Tochter und Grace, unterbrochen wird diese immer wieder durch die Bekenntnisse eines der am Verbrechen Beteiligten. Und hier fragt man sich wirklich unentwegt, wessen Gedanken wohl wiedergegeben werden.
Die Zahl der Charaktere ist überschaubar, auch ist man als Leser bei der Entwicklung derselben vor Überraschungen nicht gefeit: Mehrmals entpuppen sich die Figuren nicht als diejenigen, die zu sein sie vorgeben.
Alles in allem handelt es sich bei „Als Grace verschwand“ um einen Thriller, der gute Ansätze in sich birgt, dessen Potenzial aber leider nicht ausgeschöpft werden konnte: Ein Buch, das die Leser/innen eher auf Distanz hält, in seiner Ausführung recht blass erscheint und mich dem entsprechend nicht in seinen Bann ziehen konnte. Die zweieinhalb von fünf Lesesternen, die ich dem Buch gebe, resultieren vor allem aus dem wirklich guten Plot und den Überraschungsmomenten – die Ausführung indes, wie schon mehrmals angegeben, enttäuscht eher.

Bewertung vom 28.04.2019
Ostseemorde / Pia Korittki
Almstädt, Eva

Ostseemorde / Pia Korittki


gut

In dem Band „Ostseemorde“ von Eva Almstädt ermittelt Pia Korittki gleich in zwei Fällen. Dieser bei Bastei Lübbe im Februar 2018 erschienene 272 Seiten umfassende Sammelband enthält die beiden kurzen Krimis „Eisige Wahrheit“ und „Dunkler Abgrund“, die zuvor als E-Books erschienen waren.
In „Eisige Wahrheit“ entdeckt Pia, die gerade mit Freund und Kind an der Ostsee Urlaub macht, beim Schlittenfahren den Leichnam eines jungen Mannes. Von da an ist es mit dem Urlaub natürlich vorbei, denn Pia wird um Mithilfe bei den Ermittlungen gebeten.
In „Dunkler Abgrund“ stößt Pia bei der Hochzeit ihrer Schwester im Mecklenburgischen unverhofft auf den Vermisstenfall eines Mannes, der sie tief in die Vergangenheit der DDR zurückführt.
Beide Krimis lassen sich unabhängig von der Pia Korittki-Reihe lesen, was allerdings, nicht zuletzt wohl auch der Kürze der Krimis geschuldet, gerade die Protagonistin erheblich „blasser“ erscheinen lässt, als es in den anderen Romanen der Reihe der Fall ist.
Trotz ihrer Kürze sind die Krimis logisch aufgebaut, enthalten einen mehr oder weniger durchgängigen Spannungsbogen und führen zu einer nachvollziehbaren Auflösung der Fälle.
Der erste Fall sorgt zudem durch unverhoffte Wendungen und ein wenig voraussehbares Ende für Spannung. Etwas unglaubwürdig erscheint mir allerdings, dass Pia von ihrem Kieler Kollegen inoffiziell um Unterstützung gebeten wird.
Der zweite Fall, der zurück in die DDR führt, enthält eindeutig mehr Potenzial, als Eva Almstädt hier ausschöpft: Zum einen geht es um Geheimnisse, die ein geschleiftes Dorf in sich birgt, zum anderen um die Folgen einer misslungenen Republikflucht. Zwar werden beide Fälle am Ende miteinander verwoben, jedoch fehlt es mir gerade bei der Schilderung des Vergangen einfach an Dramatik. Abgehakt – fertig … das Motto der früher Beteiligten, was sich allerdings im Nachhinein als unwahr herausstellt. Auch der Spannungsbogen innerhalb der aktuellen Ereignisse wird immer wieder durch „familiäre Querelen“ unterbrochen, was bei der Kürze der Erzählung dann doch eher stört als für Neugier zu sorgen. Außerdem kommt Pia in diesem Fall m.E. eher unsympathisch weg, da sie – entgegen ihrer sonstigen Art – von ihren Mitmenschen eine Zuverlässigkeit fordert, die sie selbst nicht erfüllt; ich jedenfalls war von ihrer Art hier enttäuscht.
Sprachlich sind beide Kurzkrimis schnörkellos und leicht zu lesen, sodass man sie, wie man bei der Kürze auch meinen sollte, wirklich in einem Rutsch durchlesen kann.
Alles in allem bietet dieses Buch zwei kurze, solide konstruierte und durchaus unterhaltsame Krimis, die allerdings mit den anderen Romanen Eva Almstädts nicht mithalten können, da es einfach an Nervenkitzel und Tiefgang fehlt. Als leichte Urlaubslektüre und Ergänzung zu den übrigen Teilen der Ostseereihe kann ich dieses Bändchen jedoch durchaus empfehlen.

Bewertung vom 22.04.2019
Das Spätzle-Syndikat / Schwaben-Krimi Bd.2
Hafermeyer, Franz

Das Spätzle-Syndikat / Schwaben-Krimi Bd.2


sehr gut

Zum zweiten Mal ermittelt das ungleiche Duo Elsa Dorn und Sven Schäfer in Franz Hafermeyers „Das Spätzle-Syndikat“. Dieser Schwaben- und Augsburgkrimi ist im Januar 2017 bei Bastei Lübbe erschienen und umfasst 400 Seiten.
Elsa und Sven bilden ein ungleiches Duo: sie Kriminalkommissarin und bedacht darauf, sich an die Ermittlungsregeln zu halten, er ein Ex-Polizist und Privatdetektiv, der gerne einmal mit dem Kopf durch die Wand will und auf unkonventionelle Methoden zurückgreift.
Elsa ermittelt in ihrem aktuellen Fall: Der „Wäschemann“ versetzt die Augsburger Damenwelt in Unruhe und bemächtigt sich ihrer schönsten Dessous. Als dann auch noch ein Spitzen-BH als Mordwaffe dient, mischt sich Sven Schäfer ein. Gemeinsam machen sich die beiden auf die Suche nach dem Mörder und stoßen dabei auf Ungeheuerliches …
Obwohl es sich bei diesem Krimi um den zweiten Band einer Reihe handelt und ich den ersten Band nicht kannte, fiel es mir leicht, mich in den Roman hineinzufinden. Franz Hafermeyer gelingt es gekonnt, alle benötigten Informationen in den aktuellen Fall einzuflechten, sodass man als Leser/in von Anfang an das Gefühl hat, die Beteiligten gut zu kennen.
Anfangs hat es ein wenig gebraucht, bis ich von dem Geschehen gefesselt war, die Mordermittlungen an sich sind dann aber von so vielen unvorhersehbaren Wendungen begleitet, dass die Lektüre sich zu einem rasanten Lesevergnügen entwickelt, in dem man vor Überraschungen nicht gefeit ist. Am Ende wird der Fall logisch nachvollziehbar aufgeklärt und das fulminante Finale sorgt noch einmal für Nervenkitzel.
Nicht so viel anfangen konnte ich indes mit dem Ausflug in die Augsburger Swingerwelt, auch der Humor an diesen Stellen hat mir persönlich nicht so gut gefallen, weshalb ich mich stellenweise schon durch den Roman „quälen“ musste.
Wettgemacht wurde dieses jedoch durch die wirklich liebevolle Gestaltung der beiden Protagonist/innen: Gerade Sven Schäfer ist mir durch seine unkonventionelle, teils chaotische Art und seine immer etwas unangebrachten und teils „naiven“ Bemerkungen richtig ans Herz gewachsen. Aber auch Elsa ist aufgrund ihrer privaten und beruflichen Probleme eine Frau, die auf überspitzte Art und Weise dann doch wieder irgendwie „alltäglich“ erscheint und zur Identifikation einlädt; eine Frau, in der sich wohl jede Leserin auch ein Stückchen wiederfinden dürfte.
Wie es sich für einen Regionalkrimi gehört, erhalten Leserinnen und Leser beim Lesen gleichsam eine kostenlose Stadtführung durch die Fuggerstadt; sprachlich hätte mir allerdings noch ein bisschen mehr Lokalkolorit gut gefallen.
Das Cover zeigt einen Spitzen-BH, der auf einem Hirschgeweih über einem Teller Spätzle hängt, und mutet schon humoristisch an, passt also sehr gut zum Buch. Gegen Ende des Romans wird auch der Romantitel klar, wird Spätzle hier doch durchaus doppeldeutig interpretiert.
Insgesamt handelt es sich beim „Spätzle-Syndikat“ um einen humorvollen Krimi, der mich selbst nicht 100%-ig überzeugen konnte, den ich aber Freund/innen „komischer“ Krimis durchaus weiterempfehlen kann, ist Humor doch letztlich immer sehr vom persönlichen Geschmack abhängig. Von mir gibt es dreieinhalb von fünf Punkten.

Bewertung vom 21.04.2019
Nordfinsternis
Oertel, Ricarda

Nordfinsternis


sehr gut

Ricarda Oertels Küstenkrimi „Nordfinsternis“ ist im April 2019 bei Emons erschienen und umfasst 256 Seiten.
Miriam führt ein auf den ersten Blick perfektes Leben: Sie hat einen guten Job, ein Häuschen und dazu einen sie liebenden Ehemann. Doch mit der Geburt ihrer Tochter, Pia, beginnen Albträume und Panikattacke ihr Leben zu bestimmen. Als dann auch noch ihre Tante, Edith, stirbt, steht für sie fest: In ihrer Vergangenheit schlummern dunkle Geheimnisse, denen sie sich stellen muss. Also begibt sie sich auf die Suche …
Auch wenn das Buch vom Verlag als „Küstenkrimi“ deklariert ist, handelt es sich bei diesem eher um einen psychologischen Spannungsroman, was seiner Qualität allerdings keinen Abbruch tut.
Der Roman beginnt mit einer düsteren Reise in die Vergangenheit, die bei Leserinnen und Lesern gleich eine Menge Fragen und finstere Vorahnungen aufwirft: Was mag sich in diesem dunklen Kellerloch abgespielt haben? Wessen Erinnerungen begegnet man hier? Mit einem Sprung in die Gegenwart lernt man die Protagonistin und ihre Familie kennen, mit dem Tod der Tante schließlich wird offenbar, dass in den Tiefen dieser Familie bedrückende Geheimnisse lauern. Hier setzt dann auch der Spannungsbogen ein, der bis zum Schluss nicht abreißen will und die Lesenden immer wieder zum Grübeln bringt. Das Geschehen endet schließlich in einem dramatischen Finale, in dem die Familiengeschichte lückenlos aufgeklärt wird.
Der Roman ist fast durchweg im Präsens geschrieben, was die Leser/innen hautnah am Geschehen teilhaben lässt und somit ein ansprechendes Mittel der Dramaturgie darstellt. Die am Ende der meisten Kapitel sich befindenden kursiv gedruckten Passagen sind ebenfalls als Spannungselement zu nennen, fragt man sich doch immer wieder, wer hinter den dort geschilderten Gedanken steckt und welches Geheimnis es zu verbergen gilt. Gerade diese Elemente sind es, die beim Lesen immer wieder dazu zwingen, schon vorgefertigte Meinungen zu hinterfragen und „am Ball zu bleiben“, weil man dem Geheimnis einfach auf die Spur kommen möchte.
Ricarda Oertel zeichnet ihre Charaktere plastisch und vielschichtig. Beständig schwanken die Sympathien beim Lesen hin und her; letztlich stellen die Leser/innen fest: Man muss den Menschen in seiner Ganzheit, mit seiner Geschichte, betrachten, statt sich vom ersten Eindruck blenden zu lassen.
Sprache und Stil der Autorin sind bildhaft, eingängig und flüssig, an einigen Stellen fast schon poetisch zu lesen; durch die Figur von Christa Blotenberg, der Nachbarin, die in einem gut verständlichen norddeutschen Dialekt spricht, kommen auch regionale Aspekte zum Tragen, die ich im Roman ansonsten allerdings vermisst habe, sind sie mir persönlich bei Regionalkrimis doch wichtig.
Ein den Roman durchziehendes Thema ist Tod und Sterben: Insbesondere durch Bezüge zu Astrid Lindgrens Märchen „Sonnenau“ und das Schicksal von Miriams Vater werden Lesende immer wieder dazu angeregt, sich damit auseinanderzusetzen.
Alles in allem präsentiert Ricarda Oertel mit „Nordfinsternis“ einen wirklich fesselnden psychologischen Spannungsroman, der Leserinnen und Leser in seinen Bann zieht, und den ich allen Freund/innen spannungsgeladener Literatur bedenkenlos empfehlen kann. Nur einen Kriminalroman im klassischen Sinne und viel Küstenflair sollte man eben nicht erwarten.

Bewertung vom 17.04.2019
Der Pakt - Bis dass der Tod euch scheidet
Richmond, Michelle

Der Pakt - Bis dass der Tod euch scheidet


sehr gut

Michelle Richmonds Thriller „Der Pakt – Bis dass der Tod euch scheidet“ wurde im Februar 2019 vom Diana-Verlag herausgebracht und umfasst 560 Seiten.
Alice und Jake, ein beruflich durchaus erfolgreiches Paar, er Therapeut, sie Anwältin, wollen heiraten. Ihr Wunsch: Die Ehe soll halten – wenn möglich ein Leben lang. Da erhalten sie an ihrem Hochzeitstag die Möglichkeit, dem „Pakt“ beizutreten – einer exklusiven Gruppe, die ebendieses verspricht. Während sie anfangs noch begeistert sind, versprechen Grundregeln wie gemeinsames Reisen, kleine Aufmerksamkeiten und das immerwährende Füreinanderdasein doch wirklich ewiges Glück, begegnen sie bald den Schattenseiten dieses Abkommens, denn Regelüberschreitungen werden ausnahmslos verfolgt.
In einem Gespräch über ihr Buch gibt Michelle Richmond an, unter anderem von Werken wie Orwells „1984“, Kafkas „Der Prozess“ und Texten über Sekten inspiriert worden zu sein. Wenngleich Vergleiche gerade mit den ersten beiden Werken natürlich hoch gegriffen sind, sind Parallelen nicht zu leugnen: Eine lückenlose Überwachung, obskure Gerichtsprozesse, bei denen niemand so wirklich weiß, worum es eigentlich geht, wessen er oder sie angeklagt ist, und die radikalen Ansichten einer Gemeinschaft, die totale Loyalität und Verschwiegenheit fordert, sorgen auch in diesem Roman für eine durchgängig düstere und beklemmende Grundspannung.
Recht geschickt spielt die Autorin mit Grundängsten der Menschen: Isolation und Bloßstellung lassen die Strafen, die Vergehen gegen den Pakt zur Folge haben, in der Tat „drakonisch“ erscheinen. Allerdings hätte ich mir gerade bei Jakes Gefangenschaft, die in einigen Bereichen Praktiken totalitärer Systeme gleicht, mehr Tiefgang und Subtilität gewünscht. Auch das Ende des Romans kann den guten Ansätzen leider nicht gerecht werden, erscheint es mir doch sehr pathetisch.
Die Zahl an Charakteren ist überschaubar, jedoch bleiben alle, bis auf Jake, aus dessen Sicht das Geschehen durchweg in der Ich-Form geschildert ist, wenig greifbar. Dieses gilt vor allem für die Protagonistin Alice.
Sprachlich ist der Roman flott und leicht zu lesen, die zumeist kurzen Kapitel, die oftmals mit einem Cliffhanger enden, sowie überraschende Wendungen gerade gegen Ende tragen zu einem kurzweiligen Lesevergnügen bei.
Der Roman bietet, nicht zuletzt auch durch Jakes Berichte über seine Sitzungen mit Patienten, zahlreiche Anlässe darüber nachzudenken, was man tun kann und muss, um eine durch und durch harmonische Ehe zu führen, wobei auch Blicke über den Tellerrand hinaus auf das Leben im Allgemeinen geworfen wird. Der Grundtenor: Es gibt einfach keinen leichten Weg – eine Sichtweise, die absolut realistisch ist. Die Schlussszene an sich erinnerte mich an das alttestamentliche Gebot „Auge um Auge, Zahn um Zahn“; auch hier also reichlich Stoff zum Nachdenken.
Das düstere Cover mit dem laufenden Paar passt gut zum Inhalt des Buches, geht es doch auch hier um eine Flucht in mehrfacher Hinsicht, am offensichtlichsten um die vor einer allem Anschein nach allgegenwärtigen Macht.
Obgleich dieser Thriller sehr guter Ansätze beinhaltet, wiegt die oben von mir genannte Kritik für mich doch so schwer, dass ich diesem Buch „nur“ 3,5 von fünf Sternen gebe. Nichtsdestotrotz ist dieses ein Thriller, der lesenswert ist und Freund/innen subtiler Spannung einiges zu bieten hat. Von mir gibt es unterm Strich eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.04.2019
SCHWEIGEPFLICHT / Stockholm-Reihe Bd.1
Lapidus, Jens

SCHWEIGEPFLICHT / Stockholm-Reihe Bd.1


gut

Weil ich an etwas glaube.
Jens Lapidus‘ hoch gelobter 637-seitiger Thriller „Schweigepflicht“ ist im April 2019 bei btb erschienen.
Sie: Emelie, frisch gebackene Anwältin in einer der renommiertesten Wirtschaftskanzleien des Landes.
Er: Teddy, Ex-Knacki auf dem Weg der Läuterung und freier Mitarbeiter in ebendieser Kanzlei
Als auf einer Schäreninsel ein grausam zugerichteter Leichnam gefunden und daraufhin der bewusstlose Benjamin Emanuelsson des Mordes verdächtigt wird, engagiert dieser Emilie als seine Verteidigerin. Gemeinsam mit Teddy begibt sie sich daraufhin auf die Suche nach dem wahren Hintergrund – und stößt dabei auf einen Fall, der schon viele Jahre zurückliegt.
Der Beginn des Buches ist etwas verwirrend, werden doch viele verschiedene Charaktere und scheinbar unzusammenhängende Handlungsstränge rasch nacheinander eingeführt, was andererseits aber auch neugierig darauf macht, diese zu durchdringen. Und tatsächlich werden im Laufe des Lesens Zusammenhänge immer ersichtlicher. Das Auffinden der Leiche gleich zu Beginn weckt ebenfalls Interesse und baut einen Spannungsbogen auf, der allerdings etwas später ziemlich rasch einbricht. Über weite Strecken des Thrillers dümpelt die Handlung eher so vor sich hin, und Rückblenden in das Leben der Protagonistin berühren die Thematik des Romans eher am Rande. Erst gegen Ende nimmt die Handlung wieder an Tempo zu und endet schließlich in einem überraschenden Finale. Der Epilog mit seinem Cliffhanger lässt eine mögliche Fortsetzung offen.
Das Geschehen wird aus unterschiedlichen Perspektiven und auf unterschiedlichen Zeitebenen geschildert, wobei vor allem Aktennotizen den Zusammenhang zum mehrere Jahre zurückliegende Fall herstellen.
Stil und Sprache des Autors sind flott zu lesen und durchaus vielfältig sowie der jeweiligen Perspektive angepasst, was an sich ein Pluspunkt wäre; allerdings mochte ich Wörter wie „voll krass“ und „naiß“ am Ende kaum mehr lesen. Was auf der einen Seite ein gutes sprachliches Mittel darstellt, um ein Milieu zu verdeutlichen, kann auf die Dauer recht ermüdend wirken. Insofern verstehe ich nicht so recht, was an diesem Roman „sprachlich genial“ sein soll, vor allem da sprachlich Ausgefeiltes oder Besonderes gänzlich fehlt.
Die Charaktere sind vielschichtig und entwicklungsfähig gezeichnet, was man insbesondere Teddys und Nikolas Darstellung entnehmen kann. Dennoch wurde ich mit keinem der Charaktere wirklich „warm“, bleiben sie doch trotz allem eher distanziert. Vor allem Emelie fiel mir mit ihrer teilweise doch sehr unprofessionellen Herangehensweise immer wieder auf die Nerven.
Der Thriller spielt vor allem im Umfeld der schwedischen Jugoslawen-Mafia, die Grundstimmung ist entsprechend eher deprimierend, ohne dass jedoch eine ansonsten in diesem Bereich anzutreffende Brutalität zum Tragen käme, was mir persönlich positiv aufgefallen ist. Anhand von Teddys Neffen Nikola werden zudem Probleme aufgezeichnet, die Jugendliche haben, wenn sie ihren Platz in der Gesellschaft suchen.
Punkten konnte der Thriller bei mir auf jeden Fall mit der integrierten Kritik am Justizwesen, wenn Emelie am Ende sagt: „Ich will zu einem System beitragen, das alle unterstützt, (…) sich um die Menschen bemüht, die schwach und isoliert sind.“
Lapidus präsentiert mit „Schweigepflicht“ einen Thriller, der eine durchaus lesenswerte Botschaft übermitteln will, der meiner Meinung nach jedoch aufgrund von Längen und einer teilweise doch sehr eintönigen und zu milieuhaften Sprache einiges an Spannung und Wirkung einbüßt: ein Buch, das man lesen kann – aber nicht muss.

Bewertung vom 11.04.2019
Lazarus / Kommissar Linna Bd.7
Kepler, Lars

Lazarus / Kommissar Linna Bd.7


ausgezeichnet

Mit „Lazarus“ legen Alexandra Coelho Ahndoril und Alexander Ahndoril unter dem Pseudonym Lars Kepler ihren siebten Band rund um Joona Linna und sein Team vor. Dieser Kriminalroman ist im Februar 2019 bei Lübbe erschienen und umfasst 637 Seiten.
Eine Mordserie erschüttert Europa. Während die meisten Ermittler im Dunkeln tappen, steht für Joona Linna bald fest: Diese Morde tragen eindeutig die Handschrift des gefährlichsten Serienmörders, der Schweden je heimgesucht hat, nämlich die Jurek Walters, der vor Jahren bei einem Polizeieinsatz den Tod fand. Und noch einer Sache ist Linna sich sicher: Das eigentliche Ziel dieser Mordserie sind er und seine Familie. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt.
Auch wenn es sich hier um den siebten Band einer Serie handelt und ich schon lange keine Kepler-Romane mehr gelesen habe, fiel es mir sehr leicht, in das Geschehen einzutauchen, denn das Autorenpaar flechtet gekonnt alle wichtigen Informationen aus der Vorgeschichte in diesen Kriminalfall ein. Man kann diesen Band also auch bedenkenlos unabhängig von den Vorgängerbänden lesen.
Vorsichtig indes sollten etwas zartbesaitetere Menschen sein, denn der Roman strotzt nur so vor Brutalität. Macht einem dieses allerdings nicht so viel aus, darf man sich auf fast 640 Seiten voller Spannung und Tempo freuen.
Der Titel des Romans, Lazarus, ist Programm: Fragt man sich am Anfang noch, ob es sich bei dem Mörder wirklich um den toten Jurek Walter handeln könnte, beginnt man nach und nach zu ahnen, dass hier doch der vermeintlich Tote seine Finger im Spiel hat.
Gleich zu Beginn wird man mit einem grausigen Leichenfund konfrontiert, und das Blutvergießen will und will im Folgenden kein Ende nehmen. Der Spannungsbogen reißt kein einziges Mal ab, und Fehler sowie Missverständnisse bei den Ermittlungsarbeiten zerren an den Nerven der Leser/innen. An einigen Stellen kann man sich über die Naivität der Beteiligten nur wundern und möchte laut aufschreien: „Tu es nicht!“ oder „Tu das und das!“ Während dieses bei anderen Romanen oft dem Lesefluss zuwiderläuft, ist es ihm hier dienlich – zumindest ich empfand es beim Lesen so -, kommt man beim Lesen doch kaum zu Atem und fliegt förmlich durch die Seiten. Gegen Ende geben sich dramatische Szenen noch einmal gegenseitig die Klinke in die Hand, und der Roman endet schließlich mit einem Cliffhanger, der auf Nachfolgebände hoffen lässt.
Immer wieder negativ aufgestoßen allerdings ist mir die Realitätsferne. Jurek Walter scheint über übermenschliche Kräfte zu verfügen, er dringt überall ein, lässt sich durch nichts und niemanden aufhalten und manipuliert alles und jeden – am Ende empfand ich es dann doch als eher „too much“. Auch die eine oder andere logische Unzulänglichkeit tritt zutage, was ich als schade wahrnahm.
Sprachlich und stilistisch ist der Krimi flott und flüssig zu lesen. Kurze Kapitel verleihen dem Lesen zusätzlich Tempo und Perspektivwechsel bieten Abwechslung, sodass sich das Buch als ein echter Pageturner entpuppt.
Die Charaktere sind detailliert gezeichnet, die Grundstimmung ist, wie man es von Skandinaviern gewohnt ist, sehr düster, und alles ist plastisch beschrieben, weshalb man beim Lesen vieles bildlich vor Augen hat und dem Geschehen gut folgen kann.
Insgesamt präsentiert sich hier ein Kriminalroman, bei dem man es mit der Realität nicht allzu ernstnehmen sollte, der sich aber von der ersten bis zur letzten Seite mühelos, spannend und temporeich lesen lässt: für Leser/innen, die auch ein bisschen mehr an Brutalität vertragen, ein unbedingtes Muss. Aufgrund der recht vielen unrealistischen Szenen gebe ich dem Roman dann aber doch „nur“ 4,5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 10.04.2019
Ostseeangst / Pia Korittki Bd.14
Almstädt, Eva

Ostseeangst / Pia Korittki Bd.14


sehr gut

Bereits in ihrem 14. Fall ermitteln die Lübecker Kommissarin Pia Korittki und ihr Team in „Ostseeangst“. Dieser Regionalkrimi ist im März 2019 bei Bastei Lübbe erschienen und umfasst 416 Seiten.
Bei einer Kajaktour findet eine Gruppe Jugendlicher in der Asche ihres Lagerfeuers eine menschliche Hand. Während die Mordkommission mit ihrer Arbeit beginnt, verschwindet in der darauffolgenden Nacht Becca, die Betreuerin dieser Gruppe, spurlos. Nach und nach tauchen im Laufe der Ermittlungen immer wieder Leichenteile auf. Als sich dann auch noch das LKA einmischt, weil in der Nähe des Fundorts eine Cannabisplantage entdeckt wird, wird der Fall immer vertrackter, und ein Streit um die Zuständigkeiten droht die Untersuchungen zu behindern. Pia stellt sich nur eine Frage: Welche Zusammenhänge bestehen zwischen diesen Fällen?
Der Roman beginnt sehr spannend mit einem vermeintlichen Kajakunfall und dem Auffinden der Leichenteile. Während der Ermittlungsarbeiten kommen immer neue Handlungsstränge und Hinweise hinzu, was den Spannungsbogen aufrechterhält und Leserinnen und Leser kaum zur Ruhe kommen lässt. Unvorhergesehene Wendungen und das scheibchenweise Hinzufügen von Informationen tragen ihr Übriges dazu bei, die Lesenden in die Ermittlungen einzubeziehen und zum Miträtseln zu animieren, sodass beim Lesen die Seiten einfach so dahinfliegen. Am Ende wird der Fall größtenteils zufriedenstellend und, trotz einiger Überraschungen, logisch aufgeklärt. Lediglich der Umstand, dass der am Anfang erwähnte Unfall und die dahinterliegenden gruppendynamischen Prozesse während des Lesens unter den Tisch fallen, hat mich ein wenig enttäuscht. Für den Kriminalfall an sich spielt dieses allerdings keine Rolle, sodass man hier durchaus geteilter Meinung sein kann.
Auch wenn es sich hier um den 14. Teil einer Krimiserie handelt, fiel es mir als Quereinsteigerin sehr leicht, mich in das Geschehen einzufinden. Sehr geschickt versteht es Eva Almstädt, alle benötigten Informationen aus den vorangegangenen Fällen und dem Privatleben der Protagonisten einzuflechten, weshalb ich von Anfang an das Gefühl hatte, Pia und ihre Team schon lange zu kennen. Positiv sei noch das ausgewogene Verhältnis zwischen Privatem und Beruflichem erwähnt.
Die Charaktere sind plastisch und realitätsnah, größtenteils auch sympathisch gezeichnet. Ihre Mehrschichtigkeit lässt sie menschlich erscheinen und sorgt immer wieder für Überraschungen, was insbesondere der Aufklärung des Falles zugutekommt.
Eva Almstädts Sprache und Stil sind flott, flüssig und sehr kurzweilig zu lesen - und mehr erwarte ich von einem Krimi auch nicht unbedingt. Kurze Kapitel lassen einen beim Lesen rasch voranschreiten und sorgen für ein rasantes Leseerlebnis.
Das Cover zeigt ein altes Haus, wohl die Jugendherberge, vor dem Hintergrund der See. Der dunkle, wolkenbehangene Himmel verleiht der Szenerie ein bedrohliches Ambiente, passt also sehr gut zu Genre und Inhalt des Buches.
Alles in allem durfte ich hier einen wirklich solide konstruierten, spannenden und flüssig zu lesenden Kriminalroman lesen, der mir auch als Neueinsteigerin in die Reihe keinerlei Probleme bereitete, und ganz sicher werden bei mir noch weitere Pia Korittki-Romane folgen. Ein Buch, das ich allen Freund/innen deutscher Regionalkrimis von ganzem Herzen empfehlen kann, beschert es Leserinnen und Lesern doch einige reizvolle Lesestunden, ohne zu überfordern – genau die richtige Freizeitlektüre also.

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