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Buecherundschokolade

Bewertungen

Insgesamt 121 Bewertungen
Bewertung vom 26.10.2023
Idefix und die Unbeugsamen - Weissnix weiß Rat
Uderzo, Albert;Goscinny, René

Idefix und die Unbeugsamen - Weissnix weiß Rat


ausgezeichnet

Die Fernsehserie um den pfiffigen Fox Terrier Idefix, der sein eigenes Spin-off aus dem Asterix-Kosmos bekommen hat, findet unsere ganze Familie sehr unterhaltsam. Daher war auch die Vorfreude auf diesen Comic groß. Schon auf dem Cover sieht man den Star mit seinen tierischen Freunden. Die Handlung ist schnell erzählt: Idefix und die Unbeugsamen müssen die Zerstörung Lutetias verhindern, dass ein römischer Feldherr abreisen will, um seiner verwöhnten Katze einen Palast zu errichten. Praktisch, dass der Uhu Weissnix das Rezept für den Zaubertrank kennt. Dumm nur, dass er zu Irrtümern neigt, der verwirrte Vogel. Es entspinnt sich eine lustige und spannende Geschichte, die liebevoll mit Bilder aus der TV-Serie/im Stil der Serie untermalt ist. Uns hat das Lesen und Anschauen viel Spaß gemacht. Für Fans und Freunde der Serie und Idefix ein sehr kurzweiliges Vergnügen und empfehlenswert

Bewertung vom 15.10.2023
Lichtspiel
Kehlmann, Daniel

Lichtspiel


ausgezeichnet

Daniel Kehlmanns neuer Roman Lichtspiel widmet sich dem berühmten österreichischen Regisseur G. W. Pabst. In der Weimarer Republik ist er neben Fritz Lang, Friedrich Wilhelm Murnau & Ernst Lubitsch der bedeutendste Regisseur.

Er macht Greta Garbo berühmt, verfilmt die Dreigroschenoper & gilt als der „rote“, da sozialkritische, Pabst. Nach der Machtergreifung der Nazis versucht Pabst sich in Hollywood, kehrt aber nach Misserfolgen nach Frankreich zurück & wird schließlich mit seiner Familie bei einem Heimatbesuch 1939 vom Kriegsbeginn überrascht. Aus Österreich gibt es kein Entkommen mehr & die Nazis locken Pabst mit der Möglichkeit Filme zu machen.

Lichtspiel erzählt eine Geschichte von korrumpierter Kunst & korrumpierten Künstlern. Der Roman ist - typisch Kehlmann - sprachlich bestechend & hoch spannend.

Es finden sich groteske Szenen, etwa als Pabsts Ehefrau Trude, die die Nazis ablehnt & an der Situation zu zerbrechen droht, einen Buchclub mit den Gattinnen von NS-Bonzen beitreten soll, um ihrem Mann Vorteile zu verschaffen. Das Damenkränzchen diskutiert aufs Trivialste & lobhudelnd ausschließlich die seichten Romane des linientreuen Autors Karrasch. Jeglicher Versuch einen anderen Autor vorzuschlagen, wird auf absurde Weise abgelehnt. Schließlich wird Trude in den Zirkel aufgenommen & eine andere Leserin ausgeschlossen, weil sie einmal zu oft Hermann Hesse ins Spiel gebracht hat.

Währenddessen wird Pabst (fiktiver) Sohn Jakob zum überzeugten Parteigänger und zieht voll Freude in den Krieg.

Gleichzeitig schreibt Kehlmann aber auch Szenen, die einen schaudern lassen: KZ-Häftlinge, die als Statisten für Massenszenen bei Filmen herhalten müssen (was etwa in Leni Riefenstahls Film Tiefland traurige Realität war) & deren ausgezehrten Körper in historische Kostüme genäht werden.

Lichtspiel ist ein empfehlenswerter, auf historischen Tatsachen beruhender Roman über G. W. Pabst & die NS-Filmindustrie, in dem Daniel Kehlmann geschickt die Wirklichkeit weiterspinnt & großes Kino abliefert.

Bewertung vom 08.10.2023
60 Kilo Kinnhaken
Helgason, Hallgrímur

60 Kilo Kinnhaken


ausgezeichnet

Okay, ganz so viel wiegt dieser fast 700 Seiten dicke Schmöker dann doch nicht, aber das Wortspiel musste sein. Hallgrímur Helgason ist nicht umsonst einer der unterhaltsamsten isländischen Gegenwartsautoren, die irren Titel seiner Bücher weisen meist schon die Richtung: Es wird humorvoll. Das beweist er auch im zweiten Teil der historischen Romane um den Bauern Gestur, der die wechselvolle Geschichte Islands am Scheidepunkt zur Moderne um 1900 hautnah erlebt. Wir waren selbst schon in diesem wunderschönen Land und haben uns bei der Lektüre von 60 Kilo Kinnhaken kugelig gelacht. Der Autor hat einen ganz eigenen Stil und auch die vielen isländischen Namen und Orte mögen für manche Leser gewöhnungsbedürftig sein, aber wer sich auf das Buch einlässt, wird mit vielen Stunden Spaß belohnt. Daher eine glasklare Leseempfehlung von uns!

Bewertung vom 30.09.2023
Als wir an Wunder glaubten
Bürster, Helga

Als wir an Wunder glaubten


ausgezeichnet

Helga Bürster entwirft in ihrem Roman Als wir an Wunder glaubten das Panorama eines ostfriesischen Moordorfes kurz nach dem Ende des 2. Weltkrieges.

Das Dorfleben in Unnermoor ist geprägt von Hunger, dem Fehlen der im Krieg gebliebenen Dorfbewohner und auch der vertuschten Erinnerung an das nahegelegene Außenlager eines KZ, in dem Dorfbewohner zu Tätern wurden.

Weltuntergangspropheten haben an diesem Ort in dieser hoffnungslosen Zeit ebenso wie Wunderheiler und Wanderprediger Hochkonjunktur. Der Aberglauben blüht.

Als Annis Mann 1949 den Weg zu ihr und dem behinderten Sohn Willi zurückfindet, ist er ein anderer, der Krieg hat ihm die Beine und zeitweise auch die Erinnerung genommen. Seine Gefühle gelten weniger seiner Frau, als vielmehr Edith, der hübschen Frau seines neben ihm im Schützengraben gestorbenen Freundes.

Für Edith braut sich derweil Unheil zusammen, als viele Dorfbewohner beginnen, die Witwe und ihre Tochter Betty für alles Schlechte im Dorf verantwortlich zu machen und sie als Hexen zu brandmarken. Denn der Glaube an Moorgeister und Hexerei sitzt tief…

Währenddessen zieht auch in Unnermoor der „Fortschritt“ in Form von Maschinen wie dem „Mammut“ ein, die das Moor trockenlegen und das Dorf radikal zu verändern beginnen.

Helga Bürster hat ein stimmungsvolles und authentisches Buch über eine Dorfgemeinschaft zwischen Orientierungslosigkeit und der Hoffnung auf einen Neuanfang, zwischen Aberglauben und Fortschrittsgläubigkeit geschrieben.

Bewertung vom 24.09.2023
Mord auf der Insel Gokumon / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.2
Yokomizo, Seishi

Mord auf der Insel Gokumon / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Was Agatha Christie für die englischsprachige Krimiwelt bedeutet, ist Seishi Yokomizo für die japanischsprachige. Er ist so eine Art Übervater des japanischen Kriminalromans. So cozy wie bei Agatha geht es zwar nicht zu, aber auch Yokomizos Hauptfigur, der Privatermittler Kosuke Kindaichi, hat so einige Marotten.

Zu Beginn der Handlung des gerade erscheinen Krimis Mord auf der Insel Gokumon hat er gerade seinen Militäreinsatz im 2. Weltkrieg hinter sich gebracht - man schreibt 1946 - und er sieht optisch wie ein ziemlicher Vagabund aus. Als letzten Dienst an einem sterbenden Kameraden soll er auf dessen Heimatinsel die Familie über den Tod informieren. Und was der Privatdetektiv erst mal für sich behält, er will die Halbschwestern des Freundes vor einem grausamen Tod bewahren, den sein Freund befürchtete. Doch kurz nach der Ankunft geschieht ein bizarrer Mord und Kindaichi ist der Hauptverdächtige…

Dem Autor ist auch mit seinem zweiten, 1948 in Japan erschienen Krimi um den listenreichen Ermittler Kosuke Kindaichi ein spannender Roman in einem sehr reizvollen Setting. Auf der (fiktiven) rauen Insel Gokumon (Höllentor), einem vormals ausgemachten Piratennest, auf der eine reiche Familie das Sagen hat und die weiteren Honoratioren der Priester, der Bürgermeister und der Doktor sind, ist vieles anders als man erwartet und das Böse schlummert im Alltäglichen. Ich fand gerade auch die Auflösung des Falls - ähnlich wie bei Die rätselhaften Honjin-Morde - überraschend und gut umgesetzt.

Daher eine klare Empfehlung für Krimifans (und solche die Haikus schätzen ;)

Bewertung vom 22.09.2023
Die weite Wildnis
Groff, Lauren

Die weite Wildnis


ausgezeichnet

Lauren Groff vermag es wie keine andere Autorin in vermeintlich historischen Romanen die Rolle und auch die nach wie vor prekäre Stellung von Frauen weltweit zu sezieren. Schon ihr vorheriger Roman Matrix über die Nonne Marie de France, die ein mittelalterliches, feministisches Utopia schafft, das ständig von Zerstörung bedroht ist, zeigte dies eindrucksvoll.

In ihrem neuen Roman Die weite Wildnis folgen wir Lamentatio Venal (welch demütigender Name), die im England des frühen 17. Jahrhunderts als vermeintliches „Hurenkind“ in einem brutalen Waisenhaus aufwächst und schließlich als Kindermagd in reichem Hause landet. Die Lady nennt sie nach ihrem kürzlich verstorbenen Haustier, einem Zwergaffen, und ungefähr so viel ist ihr Leben als Leibeigene auch wert.

Als ihre Herrschaften beschließen an der Kolonisierung Virginias teilzunehmen, muss sie mit ihnen den Atlantik überqueren und findet sich bald in elenden Verhältnissen wieder, als die Siedlung an Hunger und Seuchen zu Grunde zu gehen droht. Als sie ein scheußliches Unrecht beobachtet, begeht sie eine folgenschwere Tat und flieht in die Wildnis der Wälder Nordamerikas.

Die folgende Selbstbefreiung und Selbstermächtigung dieses Mädchens macht diesen Roman für mich zu einem der stärksten Bücher diesen Jahres. Auf ihre unnachahmliche Weise schafft es Groff mit ihrer distanzierten Sprache (nur indirekte Rede, keine direkten Dialoge) eindrucksvoll das Leid einer Frau in einer Welt zu schildern, die von sexualisierter Gewalt, Ausbeutung, Verelendung und Rassismus geprägt ist. Damit schreibt sie einen Roman, wie er gegenwärtiger nicht sein könnte.

Und auch eine anderer Aspekt in diesem Buch erwischt einen eiskalt: Die große Gefahr geht hier von Menschen aus, nicht von einer (zugegebenermaßen) unwirtlichen, winterlichen Landschaft voller Bären und Wölfe.

Ein überzeugender Roman, der nicht nur wegen seiner Unerbittlichkeit und der sprachlichen Qualität lange nachhallt und in dem Freiheit am Ende vielleicht Freisein (Unabhängigkeit) von anderen Menschen bedeutet.

Bewertung vom 20.09.2023
Die Superkartoffel - Das Mini-Zeitportal
Laperla, Artur

Die Superkartoffel - Das Mini-Zeitportal


sehr gut

Eine Kartoffel als Superheld? Kann das funktionieren? Na, klar! Band 1 hat den neuen Superhelden mit Stärke eingeführt. Auch das Titel Ulf ist wieder sehr gelungen Bilderbuchheld Supermax stark, smart und gutaussehend. Seine Nemesis Dr. Megafies, ein optischer Wiedergänger Nosferatus, macht er spielend fertig. Bis dieser ihn austrickst und in eine Kartoffel verwandelt. Aber auch die hat es in sich… Auch im zweiten Band der Reihe ist es ihm noch nicht gelungen sich zurückzuverwandeln, allerdings keimt Hoffnung auf, als sich ihm die Möglichkeit in die Vergangenheit zu reisen bietet. Nun wittert er die Chance auf Rettung. Artur Laperla gelingt erneut eine ganz andere Comichelden-Geschichte als bei Marvel und Co., die mir viel Spaß macht und Lust auf weitere Folgen macht. Wieder sehr lustig geschriebene Texte zusammen mit originellen Zeichnungen machen dieses Buch zu einem Vergnügen. Eine klare Leseempfehlung für Comic-Fans jenseits des Mainstreams

Bewertung vom 20.09.2023
Wieso? Weshalb? Warum? Meine Schulfreunde
Kienle, Dela

Wieso? Weshalb? Warum? Meine Schulfreunde


ausgezeichnet

Dieses Freundebuch aus dem Ravensburger Verlag, genauer aus der Reihe Wieso? Weshalb? Warum? ist etwas ganz Besonderes. Im typischen Stil der Reihe wird auch viel Wissenswertes vermittelt, ohne dass der Spaß zu kurz kommt. So gibt es für jeden Freund und jede Freundin eine tolle Doppelseite in Themenlook, z.B. Weltraum, Dinosaurier, Wilde Tiere und vieles Mehr. Dementsprechend kann jeder sein Lieblingsthema wählen und die Seite dann um persönliche Informationen ergänzen. Neben Name und Geburtstag kann man etwas Augen- und Haarfarbe mit dem
Buntstift eintragen. Weitere Fragen zielen auf Lieblingsfächer, Tiere, Essen oder Hobbys. Sehr gelungen fand ich auch die Möglichkeit durch Ankreuzen Präferenzen zu äußern zu Charakter und in der Kategorie „Was mag ich lieber“. Insgesamt ein sehr gelungenes Freundebuch, das ausgefüllt eine tolle Erinnerung sein wird.

Bewertung vom 16.09.2023
Eigentum
Haas, Wolf

Eigentum


ausgezeichnet

Wolf Haas ist berühmt geworden als Autor der launig-sarkastisch-österreichischen Krimis um den Ermittler Brenner.

Der Roman „Eigentum“ gehört nicht in dieses Genre, sondern ist vielmehr ein Buch des Autors über seine Mutter. Als diese 2015 92-jährig im Sterben liegt, will Haas sich vorher noch alle Geschichten von der Seele schreiben, die sie ihm immer wieder erzählt hat.

Geschichten, die er nicht mehr hören kann. Wie die Inflation das Leben der Mutter von ihrer Geburt im Rekordinflationsjahr über den 2. Weltkrieg bis in Nachkriegsösterreich bestimmt hat. Sie, die immer ein eigenes Haus ihr Eigen nennen wollte, musste feststellen, dass sie nicht schnell genug sparen konnte:

Immer wenn sie vermeintlich genug zusammen hatte, verdoppelten sich die Hauspreise. Da ist es für sie ein finaler Trost, dass sie sich zwei Quadratmeter in bester Lage inklusive Aufzug gesichert hat - die sie allerdings erst post mortem beziehen wird - genau, das vorausbezahlte Grab ist gemeint.

Gekonnt erzählt Haas auf seine typische flapsig-humorvolle Art und Weise vom harten Leben einer Frau, die „nicht mit den Menschen konnte“, der man aber irgendwie doch nahekommt als Leser. Man weiß von Anfang an, dass man auf ihren Tod zuliest. Alt ist sie geworden, einfach war sie nie, hatte es aber auch nie einfach. Erzählte eigentlich meist die gleichen Geschichten, wie viele Menschen das Gerne tun. Berührt hat mich das Buch sehr. Es gilt: Das Leben schleicht zwar aus, aber es bleibt etwas zu erzählen.

Mal eine andere Seite von Wolf Haas, die man hier entdecken kann. Sonst würde man etwas verpassen.

Bewertung vom 06.09.2023
Die Lügnerin
Karig, Friedemann

Die Lügnerin


ausgezeichnet

Eine Frau, die sich Clara Konrad nennt, aber tatsächlich anders heißt, sitzt in einem noblen Sanatorium und erzählt der Psychiaterin ihr Leben. Das Besondere: Sie ist eine begnadete Lügnerin, kann den Menschen immer das Richtige sagen, egal ob bei ihrem Job als Telefonastrologin oder im Alltag. Und sie behauptet, dass all ihre Lügen wahr werden… Es entfaltet sich ein Spiel aus Licht und Schatten, bei dem man sich fragt, was ist wahr, was Lüge?

Friedemann Karig ist ein fulminanter Roman gelungen. Voller Wendungen und sprachlich einnehmend verarbeitet er die zentralen Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens und schenkt den Leserinnen und Lesern eine fantastische Hauptfigur, die einen in ihren Bann zu ziehen weiß. Ein humorvolles, geistreiches und originelles Buch, das nicht nur Denis Scheck sondern auch mich sehr begeistert hat.