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Benutzername: 
meldsebjon
Wohnort: 
Hattingen

Bewertungen

Insgesamt 151 Bewertungen
Bewertung vom 01.01.2024
Lichtungen
Wolff, Iris

Lichtungen


ausgezeichnet

Wie das Leben
Vieles an diesem Buch ist ungewöhnlich: Die Geschichte wird praktisch "rückwärts" erzählt, beginnt mit Kapitel 9 heute und geht immer weiter zurück in die Vergangenheit, bis der heute dreißigjährige Lev 11 Jahre alt ist und seine Freundschaft mit Kato beginnt. Genauso leben wir, immer im heute und verstehen die Vergangenheit erst aus der heutigen Sicht richtig. Die einzelnen Kapitel aus der Vergangenheit werden durch interessante Einblicke in die Geschichte Rumäniens bereichert, die hierzulande in ihrer Gänze eher unbekannt sind.
Ungewöhnlich ist auch die Art der Betrachtung: Die Autorin beschreibt weniger Vorgänge und Empfindungen, vielmehr werden äußere Wahrnehmungen aus der Sicht Levs geschildet, so wie wir alle eigentlich leben. Das ist ein wenig anstrengend für den Leser, weil er praktisch die Gefühle nachempfinden muss, sie werden ihm nicht fertig serviert. Genau das macht das Buch so lesenswert!
Ganz besonders muss man die Sprache hervorheben, die sich ebenfalls deutlich von normaler Prosa abhebt: Poetisch, einfühlsam, lautmalend. Die Autorin geht mit Sprache um, wie Kato mit Farben.
Fazit: Ein äußerst empfehlenswertes Buch für Leser, die gerne gefordert werden. Eines, das man mindestens zweimal lesen muss, um es in seiner ganzen Breite verstehen zu können.

Bewertung vom 28.10.2023
Hope's End
Sager, Riley

Hope's End


ausgezeichnet

Rätsel über Rätsel
Kit wird verdächtigt, beim Tod einer Patientin etwas nachgeholfen zu haben, hat daher Schwierigkeiten, eine neue Stelle als Pflegerin zu bekommen. Aus finanziellen Gründen ist sie daher gezwungen, die Stelle als Betreuerin Lenora Hopes anzunehmen. Sie tut das mit sehr gemischten Gefühlen, wird Lenora doch verdächtigt, vor fast 50 Jahren Ihre Eltern und ihre Schwester getötet zu haben. Die Atmosphäre in "Hope's End", dem Familiensitz, ist düster und undurchschaubar, seltsame Geräusche lassen an die Anwesenheit von Gespenstern glauben. Trotz Kommunikationsschwierigkeiten und einer unterschwelligen Angst entwickelt Kit eine Beziehung zu Lenora. Natürlich ist sie neugierig und natürlich denkt sie über die Morde aus dem Jahr 1929 nach. Dabei stößt sie auf einige Ungereimtheiten. Auch andere Bewohner des Hauses sind neugierig, haben eigene Geheimnisse. Einiges kommt ans Licht, aber jedes scheinbar gelöste Rätsel wirft gleich wieder mehrere neue Fragen auf.
Riley Sager ist es hier gelungen, einen unglaublich dichten Thriller zu schreiben. Die Spannung ist so intensiv und clever aufgebaut, dass es fast unmöglich ist, das Buch aus der Hand zu legen. Das Ende ist eine absolute Überraschung, auf die ich als Leser nicht gekommen bin. Ein wenig fühlte ich mich auf die falsche Fährte gelockt, musste aber bei erneuten Durchblättern feststellen, dass Sager jederzeit ehrlich war, alle Konstrukte vollkommen logisch waren, ich aber einiges falsch interpretiert hatte. Ein phantastischer Autor, der mit den Gedanken des Lesers spielt. Einfach nur toll, eines der wenigen Bücher, bei denen ich gerne mehr als fünf Sterne vergeben würde!

Bewertung vom 17.08.2023
Wie ein Stern in mondloser Nacht
Sand, Marie

Wie ein Stern in mondloser Nacht


ausgezeichnet

Helfen braucht Mut
Selbst mit einem kränkelnden Bruder bei ihrer Mutter in Armut aufgewachsen, hat Henni immer noch eine Menge Empathie übrig für Frauen, denen es schlechter geht als ihr. So sieht sie eine Gruppe Obdachlose mit einem Säugling und hilft gegen den Widerstand der Mutter. Obwohl sie in die Schule gehen möchte, um ihr Abitur zu machen, vertritt sie ihre Mutter bei der reichen Familie von Rothenburg beim Putzen. Dort lernt sie den Sohn des Hauses, Ed, kennen, der ihr eine andere Sicht auf andere Möglichkeiten eröffnet. Gemeinsam wollen sie Medizin studieren und anders helfen als Eds Vater, der häufig Abtreibungen vornimmt. So wird Henni erstmals mit der Problematik der ungewollten Kinder und deren Schicksalen konfrontiert. Sie sieht die Not, die häufig hinter der Entscheidung gegen das Kind steht. Als es mit dem Studium und der Liebe nicht klappt, möchte sie Hebamme werden und setzt diesen Wunsch mit viel Kraft und Durchsetzungsvermögen durch. Auch im Beruf selbst hat sie eigene Vorstellungen, möchte weg von der Entbindung mit immer mehr Geräten und immer weniger Menschlichkeit. Ohne Rücksicht auf eigene Sicherheit geht sie gerade ihren Weg, obwohl ihr viele Steine in den Weg gelegt werden. Aus der Sicht der Journalistin Liv, die in den beginnenden 2000er Jahren recherchiert, hat sie in den Fünfzigern als erste eine Art Babyklappe benutzt und damit vielen Kindern das Leben gerettet. Inwieweit die Schicksale von Henni, Liv und Ed verknüpft sind, soll hier unerwähnt bleiben. Ein spannendes Thema mit einer starken Frau, die ihrer Zeit voraus war. Gut zu lesen mit interessanten, aber unaufdringlichen Hintergrundinformationen.

Bewertung vom 08.08.2023
Salz und Schokolade / Halloren-Saga Bd.2
Martin, Amelia

Salz und Schokolade / Halloren-Saga Bd.2


ausgezeichnet

Falsche Entscheidungen - spannende EntwicklungenSalz und Schokolade sind zwar Gegensätze, passen aber recht gut zusammen, wenn man an manche kulinarischen Genüsse denkt. Julius, mit Leib und Seele bei der Sache, wenn es um die Entwicklung neuer Pralinenkreationen geht, ist eigentlich gar nicht glücklich mit den Aufgaben, die er bei der Mitarbeit bei der Leitung einer Schokoladenfabrik hat. Genauso wenig hängt sein Herz an der Verlobten, die seine Eltern immer schon für ihn im Auge hatten, ist sie doch die Tochter des Mitinhabers der Fabrik. Äußerlich scheint alles zu passen, dennoch hängt beider Herz jeweils an einer anderen Person. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts ging familiäre Verpflichtung aber immer der Liebe voraus. Folglich tut Julius, was von ihm verlangt wird. Da er für diese Zeit recht sozial eingestellt ist, setzt er gegen den Willen des Vorstandes Neuerungen durch, die den Arbeitern helfen und gewinnt auf diese Art ein gewisses Maß an Zufriedenheit. Diese Entscheidung scheint genauso falsch zu sein wie die Entscheidung, zu heiraten. Vieles passiert im Umfeld, Entscheidungen werden in Frage gestellt, aber es scheint keinen Ausweg zu geben.
Eigentlich keine ungewöhnliche Geschichte, aber gut geschrieben, angenehm zu lesen und mit Blick auf die vielen Randfiguren, die klar und sehr individuell gezeichnet sind, ein sehr empfehlenswertes Buch in einem historischen Kontext.

Bewertung vom 30.07.2023
Die letzte Nacht / Georgia Bd.11
Slaughter, Karin

Die letzte Nacht / Georgia Bd.11


ausgezeichnet

Entdeckung einer Serie
Ganz weit in die Vergangenheit der beiden Hauptpersonen Sara Linton und Will Trent geht dieser phantastische Thriller zurück. Dass beide eine Vergangenheit haben, die sie gerne verdrängen würden, ist bekannt, auch wenn man nur einige Bücher der Reihe kennt. Dieses Mal müssen sich beider dieser Vergangenheit stellen, wenn ein aktueller Fall aufgeklärt werden soll. Parallelen zu einem alten Fall machen das notwendig. wieder einmal kämpfen die beiden zusammen mit Faith auch gegen andere Polizisten, die manches gerne unter der Decke halten würden. Selbst wenn die betroffenen Kollegen schon seit Jahren tot sind, dürfen sie nicht angegriffen werden. Natürlich schaffen die drei es, in ein Wespennest zu stechen und natürlich bringen sie sich selbst dabei in Gefahr. Der Leser hat schon zu Beginn einen Verdacht, wird behutsam von der Autorin in eine bestimmte Richtung gelenkt uns ist am Ende dann doch etwas überrascht.
Ein wirklich toller Thriller, der allerdings volle Konzentration erfordert, um die ausgelegten Brotkrumen verfolgen zu können. Ganz intensiv wird sich mit der Rolle der Opfer beschäftigt, deren Sicht häufig zu kurz kommt.

Bewertung vom 15.07.2023
Perlenbach
Caspari, Anna-Maria

Perlenbach


ausgezeichnet

Drei Freunde - drei Schicksale
Ende des neunzehnten Jahrhunderts ist man bitterarm in der Eifel. Wilhelm wächst in Wollseifen auf einem kleinen Bauernhof auf und bekommt durch seine Freundschaft mit Jakob, dem Sohn eines Tuchfabrikanten aus Monschau, die Chance, eine andere Welt kennenzulernen. Die dritte im Bunde ist Luise, eine Arzttochter, die davon träumt, selbst Ärztin zu werden. Diese drei verleben im Winter, wenn Wilhelm auf dem Hof nicht benötigt ist, eine schöne Kindheit, haben alle ihre Träume. So leicht lassen sich aber die damaligen Grenzen, seien es die der Herkunft, des Geschlechts oder auch der Sexualität, nicht überwinden. Auf unterschiedliche Weise gehen alle ihren Wünschen und Neigungen nach, erreichen ihr Ziel, scheitern, oder sehen auf einmal zufriedenstellende Alternativen.
Recht gemächlich, teilweise schon ein wenig langweilig, beginnt dieser Roman, eigentlich ganz passend zu der ruhigen Lebensweise in der Eifel. Dann nimmt das Geschehen aber Fahrt auf und man kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Sehr glaubwürdig wird das damalige Leben dargestellt. Mir hat diese Lektüre wieder einmal vor Augen geführt, wie positiv sich in relativ kurzer Zeit unsere Gesellschaft entwickelt hat. Gerne mehr davon!

Bewertung vom 25.06.2023
Der Laden der unerfüllten Träume
Cox, Amanda

Der Laden der unerfüllten Träume


ausgezeichnet

Drei Frauen - drei Geschichten
Gute 60 Jahre umspannt dieser Roman, beginnend 1965, mitten im Vietnamkrieg. Glory Ann war verliebt in ihren Jimmy, heiratete dann aber, nicht ganz freiwillig, Clarence, der die "Old Depot Grocery" betrieb. Diese wird übrigens sehr schön dargestellt auf dem Cover. Dort wachsen ihre beiden Töchter und auch ihre Enkeltochter auf. Alle lieben diesen Laden, der soviel mehr ist als ein einfacher Lebensmittelladen, eher eine Institution im Dorf, wo man sich trifft, sich austauscht und bei Notlagen auch einfach Hilfe bekommen kann. Allerdings gibt es Geheimnisse in dieser Familie und der Versuch, diese zu verbergen, führt zu Unstimmigkeiten und zu Missverständnissen. Am Ende liegen diese offen auf dem Tisch, man spricht darüber, bedauert letztlich, dass vieles viel besser gewesen wäre, wenn man schon früher einfach miteinander gesprochen hätte. Erst nach diesen Gesprächen ist man offen für die Zukunft, die gemeinsam am besten bewältigt werden kann.
Ein schön geschriebener Roman, der sich sehr gut lesen lässt, mit einigen tieferen Wahrheiten, aber ohne erhobenen Zeigefinger. Richtig schöne Sommerlektüre!

Bewertung vom 20.06.2023
Refugium / Stormland Bd.1 (2 MP3-CDs)
Lindqvist, John Ajvide

Refugium / Stormland Bd.1 (2 MP3-CDs)


ausgezeichnet

Massenmord mit weltweiten Ursachen
Auf einer Schäreninsel wird in kleinem Kreis Midsommer gefeiert. Plötzlich tauchen zwei Männer auf und mähen die Anwesenden mit Schnellfeuerwaffen geradezu nieder. Die halbwüchsige Tochter des Gastgebers entkommt.
Die Schriftstellerin Julia Malmros mit Polizeivergangenheit hat im Zuge von Recherchen den ungewöhnlichen Hacker Kim Ribbing kennengelernt und mit ihm eine Art Affäre begonnen. Beide halten sich auf der Nachbarinsel auf, Julia kennt den Gastgeber aus Kindertagen. Irgendwie scheint es natürlich, dass beide eigene Ermittlungen aufnehmen. Diese sowie die Ermittlungen der Polizei geraten in Kreise der Hochfinanz mit weltweiten Verknüpfungen. Einmischungen von höchsten politischen Stellen folgen. Immer spannender werden die Aktionen, immer verzwickter die Informationen und immer mehr erfährt man von der Vergangenheit der Protagonisten.
So muss ein Thriller sein und so passt auch John Ajvide Lindqvist mit seinem "Refugium" in die Reihe der erstklassigen schwedischen Autoren!

Bewertung vom 28.05.2023
Sommersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.1
Engman, Pascal;Selåker, Johannes

Sommersonnenwende / Wolf und Berg ermitteln Bd.1


ausgezeichnet

Viele Baustellen
Am Anfang braucht man schon etwas Durchhaltevermögen, so viele So verschiedene Informationen prasseln auf den Leser ein. Der rote Faden ist nicht sofort erkennbar. Aber Durchhalten lohnt sich, nach einer (nicht zu langen Zeit) geht es rasant weiter. Die beider Hauptfiguren, der Polizist Tomas und die Journalistin Vera haben es gerade nicht ganz leicht. Tomas ist nicht sicher. ob er an seiner Ehe festhalten soll, dann weiß er nicht, ob seine beiden Brüder noch aus der Neonazi-Szene herausgeholt werden können, der er selbst einmal angehört hat. Vera dagegen ist sicher, dass sie sich von ihrem Freund trennen muss, weiß aber nicht, was mit dessen Sohn und den aufgehäuften Schulden geschehen soll.
Beide stoßen aus verschiedenen Richtungen auf Frauenmorde mit Gemeinsamkeiten. Da die Geschichte 1994 spielt, ist es verständlich, dass die verschiedenen schwedischen Polizeidienststellen noch nicht vernetzt waren, es also des Zufalls bedurfte, um ein Muster zu zu erkennen. Immer unter dem privaten Druck stehend und einander auch misstrauend, geraten die beiden doch immer wieder auf die gleiche Spur.
Ein wahnsinnig spannender Thriller, den man hintereinander weg lesen muss, weil aufhören ab einem bestimmten Punkt keine Option mehr ist. Eine Fortsetzung muss kommen - hoffentlich lässt sie nicht allzu lange auf sich warten!

Bewertung vom 07.05.2023
Das Licht im Rücken
Lüpkes, Sandra

Das Licht im Rücken


ausgezeichnet

Authentisch
Wenn man beginnt, dieses Buch zu lesen, fällt gleich die Sprache auf. Aus heutiger Sicht ein wenig hölzern und umständlich, aber genauso, wie damals, vor etwa hundert Jahren, geschrieben wurde. Tatsächlich habe ich alte Bücher aus der damaligen Zeit im Bücherschrank meiner Großeltern gefunden und gelesen. erst einmal braucht es etwas Zeit, sich darauf einzulassen, aber dann nimmt es einen gefangen. Immerhin musste ich mich hier nicht wieder in die alte deutsche Druckschrift einlesen. Durch diesen Stil gewinnt das Buch ganz viel Authentizität und dadurch fällt es leichter, sich in die damalige Zeit hineinzuversetzen.
Inhaltlich geht es um die Familie Leitz und deren Umfeld. Anders als heute braucht es eine Zeit, eine Neuerung wie in diesem Fall die "Leica" auf den Markt zu werfen. Jahrelang hat es gedauert, bis man bereit war, so große Investitionen in ein neues Produkt zu investieren, musste doch immer das Risiko bedacht werden und die Folgen, die eine falsche Entscheidung für alle Mitarbeiter haben würde. Parallel dazu erfährt man einiges über die Zeit und die politische Entwicklung in einer vergleichsweise kleinen Stadt. Lange Zeit sind Freundschaften wichtiger als das "braune" Gedankengut, aber irgendwann kippt auch dort die Stimmung. Nicht alle lassen sich überzeugen, manche geben aus Angst nach.
Wieder mal ein toller Roman, der diese entscheidende Zeit der deutschen Geschichte aus der Sicht der Menschen beleuchtet. Aus meiner Sicht sehr zu empfehlen!