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MelB
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Eppelheim

Bewertungen

Insgesamt 39 Bewertungen
Bewertung vom 24.04.2024
Emmas Herzdilemma
Gerstenberger, Stefanie

Emmas Herzdilemma


sehr gut

Emmas Herzdilemma - eine romantische Geschichte mit 2 möglichen Verläufen - das hat mich neugierig gemacht.
Das Konzept, eine Geschichte mit verschiedenen Verläufen zu erzählen, kannte ich u.a. aus den Drei ???. Hier habe ich mal ein Buch mit einer meiner Töchter gelesen, bei dem teilweise am Ende eines Abschnitts/Kapitels selbst entschieden werden konnte, wohin man jetzt blättert und wie sich die Geschichte dann weiter entwickeln würde. Diese Umsetzung fanden wir damals beide etwas anstrengend, deswegen war ich bei Emmas Herzdilemma anfangs auch erstmal skeptisch.

Aber - ich wurde sehr positiv überrascht! Der Lesefluss wird nicht durch permanentes Hin und Her Blättern gestört, nein, die beiden Varianten (Emma bleibt in Köln oder Emma fliegt nach Rom) werden parallel erzählt. Stilistisch sehr nett gemacht - es wird über eine Graphik zu Beginn der jeweiligen Passage sofort gezeigt, wo wir jetzt sind (Kolosseum in Rom oder Kölner Dom), zudem ist der Schrifttyp jeweils ein bisschen anders gewählt.

Lange gefiel mir persönlich die Rom-Variante besser, das ist die "erste" vorgestellte Variante und gerade zu Beginn des gesplitteten Wegs legt die Autorin hier schon einen Schwerpunkt drauf und es gibt mehr Text in Rom als in Köln. Gegen Ende ändert sich das und nach Beendigung des Buches bin ich klar für die Köln Variante.

Emma, noch 15 Jahre alt, kurz vor ihrem 16. Geburtstag, hat Stress mit ihren Eltern. Sie passt nicht richtig auf den Hund ihres Opas auf, dieser wird angefahren, und zur Strafe soll sie mit ihrer Tante Dette nach Rom fahren und in deren Pension aushelfen. Bei der Rom-Variante fliegt sie mit, lernt den süßen Leo kennen und ihre Tante und Cousine und vor allem Rom lieb gewinnen, lernt italienisch und wird sehr selbständig. Bei der Köln-Variante bleibt sie in Köln, muss statt in der Pension ihrer Tante ihrem Opa in seiner Wohnung helfen und lernt diesen dabei richtig gut kennen, macht ihren Roller-Führerschein und wird ebenfalls sehr viel selbständiger.

Wie auch immer sie sich entscheidet - es gibt in beiden Varianten 2 wichtige Jungen (Oscar in Köln und Leo in Rom) und das Ende - ohne zu spoilern - in Bezug auf den Jungen ist bei beiden Varianten gleich... Die Autorin gibt damit der Leserin (ich denke, es werden sich hauptsächlich Mädchen von dem Buch angezogen fühlen) die Message mit, dass vor allem die Liebe durchaus vorher bestimmt sein kann - und das ist etwas, wonach sich viele Mädchen in dem Alter sehnen und auch mir gefällt das als Botschaft, weil es doch sehr romantisch ist.

Mir hat es wirklich sehr gefallen, wie die Autorin das Sommergefühl vor allem in Rom transportiert hat und wie sie Emmas Seelenleben gezeichnet hat. Ich habe selbst eine Tochter in Emmas Alter und habe ihr das Buch jetzt zum Lesen gegeben. Ich muss sagen, ich habe sie oft wieder erkannt... Mit der Jugendsprache ist es immer etwas schwierig - ich bin mir nicht sicher, ob Mädchen in dem Alter wirklich so oft sweet und cute sagen und schreiben. Das ist aber auch das einzige, was ich ein bisschen kritisch sehe an dem Roman.
Die Themen an sich und Emmas Handlungen kommen sehr gut rüber und auch die Art, wie sie manchmal impulsiv handelt, manchmal wiederum sehr reflektiert ist, ist wirklich sehr gut getroffen. Einige Themen (Scheidung, sexuelle Übergriffigkeit, Diebstahl, Alkoholmissbrauch, Lügen, Untreue, Tod) sind durchaus harte Kost, sie werden aber wirklich gut in die Geschichte(n) verwebt und bringen den Tiefgang, der mich als Mutter noch zusätzlich von der Lektüre überzeugt hat.

Klare Leseempfehlung für Teenager und deren Mütter :-)

Bewertung vom 19.04.2024
Spinne und Glühwürmchen: Romantische und zerreißende Dystopie
Stehr, Jana

Spinne und Glühwürmchen: Romantische und zerreißende Dystopie


sehr gut

Spinne und Glühwürmchen – Gefangen - der erste Teil einer dystopischen Tragödie

Das Buch ist wirklich mal was anderes. Zunächst die Optik – recht klein, sehr aufwändig gestaltet, besonders die Charakterkarten, die ich noch geliefert bekommen habe, sind wirklich sehr schön!
Dass die Autorin zudem Illustratorin und Grafikdesignerin ist, merkt man hier wirklich sehr und das macht das Buch an sich schon mal zu etwas sehr Besonderem.
Der Stil ist für mich auch sehr neu gewesen. Vieles wird durchgestrichen geschrieben, was immer einen Grund hat und sehr gut in die Geschichte aus Sicht der weiblichen Protagonistin Juriana passt.
Es ist beim Lesen erst wirklich sehr ungewohnt und ich habe etwas gebraucht, mich daran zu gewöhnen, aber dann wurde ich schnell Fan davon. 😊
Das Setting und die ganze Geschichte sind recht düster, typisch Dystopie, also nicht unbedingt ein Wohlfühlbuch erwarten. Hat man sich auf den Stil eingelassen, wird man schnell süchtig.
Es geht im wesentlichen um eine junge Frau, Juriana, die in einer Art Traumwelt (Nu-Era) gelebt hat und von dort in die „richtige“ Welt (Alt-Era) geholt wird. Hier trifft sie auf „die Spinne“, einen jungen, wunderschönen Wissenschaftler, der alles um sich herum kontrolliert und dessen Charme sie sich nicht entziehen kann. Leidenschaftlich, brutal, verwirrend sind nur 3 Adjektive, die mir sofort einfallen. Die Geschichte entwickelt eine Sogwirkung und mehr als einmal wurde ich von den Entwicklungen total überrascht.
Ich durfte das Buch in einer Leserunde mit der Autorin lesen, was wirklich hilfreich ist – und sie ist ein echt sehr sympathischer Mensch!!! – und so musste ich langsamer als gewohnt lesen und die Abschnitte erstmal sacken lassen und kommentieren.
Hätte ich das Buch nicht in einer Leserunde gelesen, ich wäre vermutlich atemlos durchgerauscht, so wirkt es bestimmt nochmal heftiger.
Vorsicht – es handelt sich um den ersten Band und es endet mit einem Cliffhanger!!!!
Mein Fazit – ein sehr besonderes Buch mit grandioser Optik und fesselnder Geschichte.

Bewertung vom 15.04.2024
Das andere Tal
Howard, Scott Alexander

Das andere Tal


ausgezeichnet

Das andere Tal, ein Debutroman eines studierten Philosophen, ist viel lesbarer, als ich befürchtet hatte. Das Thema ist auf jeden Fall philosophisch zu nennen - die Handlung findet statt in einem Dorf, eingebettet in identische Dörfer, getrennt durch Wasser und Berge. Bewegt man sich nach Osten oder Westen, bewegt man sich jeweils 20 Jahre in die Vergangenheit oder Zukunft, und das geht über mehrere Dörfer so. Die Grenzübertretungen sind zwar prinzipiell erlaubt, werden aber streng überwacht durch das sogenannte Conseil.

Odile, zu Beginn des Romans 16 Jahre alt, steht im Mittelpunkt des Romans und an ihrem Leben werden philosophische Fragen abgearbeitet - wie frei sind wir in unseren Entscheidungen, was passiert, wenn wir in unser Schicksal eingreifen, welche Auswirkungen haben unsere Entscheidungen und wenn wir könnten, würden wir diese ändern, um unser und das Leben anderer Menschen positiv zu verändern?

Der Schreibstil war wirklich sehr lesbar und obwohl recht ruhig und durchaus langsam erzählt, kam ich sehr gut in die Geschichte rein. Das Ende erwies sich für mich sogar als recht atemloser Pageturner, was ich am Anfang niemals erwartet hätte.

Die Beschreibungen der Personen und Orte sind manchmal recht fatalistisch und wirken düster, dennoch gibt es - ohne zu spoilern! - ein Ende, mit dem ich wirklich sehr gut leben konnte und das mich mit einem guten Gefühl zurück gelassen hat.

Ich habe den Roman in einer Leserunde gelesen und auch dadurch nochmal mehr darüber nachgedacht. Aber auch ohne die anderen Mitlesenden habe ich wirklich viel über den Roman nachgedacht und er wirkt mit Sicherheit noch lange bei mir nach.

Da es ein Debutroman ist, hoffe ich, der Autor bleibt dabei und schreibt noch mehr. Ich könnte ein Fan werden.

Das andere Tal - ein tiefgründiger, sehr lesbarer Roman, der in Erinnerung bleiben wird - klare Leseempfehlung und ein besonderes Buch!

Bewertung vom 10.04.2024
Die InvesTiere
Grobbel, Jan

Die InvesTiere


weniger gut

Als Mutter von 3 Kindern, die Älteste hat letztes Jahr Abi gemacht, ist mir absolut bewusst, dass gerade Themen wie Finanzen leider in der Schule wenig bis gar nicht auf dem Lehrplan stehen. Deswegen war ich sehr begeistert vom Thema des Buches.
Auch, dass der Autor seine 14-jährige Tochter beim Schreiben mit eingebunden hat gemäß Umschlagtext, fand ich sehr charmant.

Von der Umsetzung bin ich leider nicht so begeistert, wie ich gehofft hatte. Das Cover und das Design der Kapitelanfänge - die Tierillustrationen - waren mir und meinen Töchtern (die Jüngste ist erst 12!) deutlich zu infantil. Die Idee, den Titel InvesTiere mit Tieren zu verbinden, ist zwar ganz süß, aber für die Zielgruppe klar zu kindisch. Ein Vorteil, abgesehen vom Wortspiel des Titels, ist natürlich, dass die vorgestellten handelnden "Personen" (also die Tiere) keine Personengruppen diskriminieren. So ist Rosi, die Hauptperson, ein Kaninchen, der reiche Quentin ein Frosch und der etwas nerdige Erik ein Hamster. Okay. Damit waren meine Kinder raus und ich habe es einfach versucht komplett auszublenden beim Lesen (was manchmal erschwert wurde durch Formulierungen wie "der Wind wehte durch ihr Fell"...).
Ab dem Moment, in dem Lev, ein Fuchs, seine Seminare gibt, wurde es etwas spannender für mich - hier würde jetzt der Teaching Moment kommen, so hoffte ich. Und so war es auch, allerdings nicht ganz gut wie erhofft. Also, unsere Töchter haben alle Zinsrechnung in der Schule gehabt und zwar mehrmals. Dass 16-jährige Schüler keine Vorstellung von Zinsen haben und wie man sie berechnet, ist meiner Erfahrung nach wirklich unrealistisch.
Die Tipps, die vom Fuchs kommen, sind alles in allem okay, aber hier spricht natürlich die Begeisterung für Startups aus dem Autor. Der Roman ist ja auch beuntertitelt mit "Ein Startup Roman", von daher in Ordnung und erwartbar.

Mir persönlich gefällt es nicht sooo gut, dass so viel über Gründungen gesprochen wird und am Ende des Romans auch als Lösung wirklich ALLER Probleme die Gründung einer Firma durch 3 16-jährige Schüler steht, die alle trotz Schule die Zeit dafür finden, sich noch um die Firma zu kümmern und sogar 2 Pitches zu machen, einen komplett ungeplant.
Mir fehlt hier (als Mutter) doch etwas mehr Betonung darauf, wie wichtig zunächst mal eine Ausbildung (Schule/Uni/Praktika) ist. Das wird zwar ab und an auch mal erwähnt, u.a. von Rosis arbeitslosem ungelernten Vater, geht aber dann im weiteren Verlauf komplett unter. Auch ihr Vater macht nicht etwa, wie ich hoffte, nochmal eine theoretische Weiterbildung, sondern kann sein im Job erworbenes praktisches Können nun doch einsetzen. Das ist für mich eine nicht so gute Message und die möchte ich meinen Kindern ungern vermitteln. Zudem wird nur ansatzweise auf Risiken eingegangen, die bei Unternehmensgründungen entstehen (der Fuchs hat mehrere Startups gegründet und "viel Geld verloren, aber mehr Geld verdient" - so ist es in der Realität nicht immer!).
Auch fragwürdig die sehr realistische Schilderung, wie die Jugendlichen nächtelang durcharbeiten, um ihre Präsentation und ihr Produkt fertigzustellen - ich habe mal in einem Startup gearbeitet und weiß, wie krass die Arbeitszeiten gedehnt wurden. Aber hier sträubt sich beim Lesen absolut alles bei mir - Arbeitsschutzgesetze? Jugendschutz???? Es wird vermittelt, dass es okay ist, sich vollkommen fertig zu machen und sogar nötig, um Erfolg zu haben. Eine mehr als fragwürdige Botschaft an Jugendliche!
Der Text ist recht lang und durch fehlende Visualisierungen oder Stilwechsel (warum werden keine Graphiken gezeigt oder Textnachrichten, so etwas lockert immer sehr auf und meine Kinder lesen das lieber so) geht der Stil des Buches für mich auch etwas an der Zielgruppe vorbei.
Ich kann das Buch nur sehr eingeschränkt weiter empfehlen.
Meine Töchter haben mir klar gesagt, dass es sie nicht interessiert und sie kein "Schule der Magischen Tiere"-artiges Buch lesen wollen, dass sich mit Finanzen beschäftigt. Meine mittlere Tochter interessiert sich eigentlich seit einem Praktikum in einer Bank sehr für Finanzthemen, aber auch sie hat abgewunken, weil es ihr zu infantil wirkte. Schade!

Bewertung vom 08.04.2024
Alles gut
Rabess, Cecilia

Alles gut


gut

Ich bin absolut froh, diesen alles andere als einfachen Roman in einer Leserunde gelesen zu haben, denn so konnte ich auch nach Beendigung der Lektüre noch weiter darüber schreiben und ihn "verarbeiten".

„EIN MESSERSCHARF BEOBACHTETER UND GEISTREICHER ROMAN IM GEWAND EINER BERÜHRENDEN LIEBESGESCHICHTE – ODER EBEN ANDERSHERUM“ NICK HORNBY -

dieses Zitat hat mich geteasert und nach der Leseprobe hatte ich eine klare Erwartung an die Geschichte und dachte, mir wäre klar, wie ich sie fühlen werde. Josh, weiß, privilegiert, sympathisiert mit den Republikanern, Jess, schwarz, eher aus bescheidenen Verhältnissen stammend, Demokratin - treffen aufeinander und werden sich verlieben. Eingebettet in die Zeit zwischen dem Wahlsieg Barack Obamas und Donald Trumps Vereidigung zum Präsidenten (hoffen wir alle, es bleibt seine einzige Vereidigung!) - ist eigentlich klar, wie ich hier selbst stehe.
Doch der Verlauf der Geschichte hat mich dann sehr überrascht. Jess wird mir (leider) immer unsympathischer - sie ist aggressiv, reizbar, leicht toxisch und ungerecht. Josh dagegen ist liebevoll, aufmerksam, beruhigend, wo sie aufbraust und kämpft um Jess und ihre Beziehung.
Ich bin mir auch nach der Leserunde nicht sicher, ob die Autorin das bewusst so dargestellt hat, dass Jess streckenweise so unreif und schwierig ist und auch die verschiedenen Situationen, in denen sie sehr eskaliert, bewusst gewählt hat - denn noch nie habe ich eine weibliche Protagonistin, die sogar die Hauptrolle in der Lovestory spielt, am Ende eines Buches so wenig gemocht wie Jess.
Wollte sie, dass die Lesenden überrascht sind, dass sie nicht "auf Seite" der "armen schwarzen Frau" stehen werden, trotz ihrer Schwierigkeiten? Mir ging es so und ich frage mich, ob hier ein bisschen mit den Themen Rassismus und Feminismus gespielt wird, uns also ein Spiegel vorgehalten wird. Bin ich weniger rassistisch, wenn ich Figuren ablehnen kann, OBWOHL sie eigentlich benachteiligt sind und schon aus dem Grund meine Empathie verdient haben? Das wäre eine für mich schöne Message. So oder so, ich habe viel über mich und meine Vorstellungen nachgedacht beim Lesen.

Was den Roman selbst angeht - hier fallen mir wirklich viele Unterschiede zu Nick Hornbys Romanen auf. (Ob ein Vergleich fair ist, sei dahingestellt, immerhin ist Nick Hornby wirklich ein alter Hase und seine Romane absolut wunderbar!) Auch seine Protagonisten erleben keine klassischen Hollywood Lovestories und auch hier ist selten am Ende "Alles gut", aber seine Personen bleiben vielschichtig, entwickeln sich und gehen aufeinander zu. Hier fehlt mir ein solcher versöhnender Abschluss leider.

Die wenigen Momente, in denen ich eine Verbindung zwischen den beiden "Liebenden" gespürt habe, reichten nicht aus, um wirklich an sie glauben zu können und einige Stellen in der Geschichte haben mich wirklich richtig wütend gemacht. Immerhin, das muss ich der Autorin auf jeden Fall sehr positiv anrechnen, besonders, da es ihr Debüt ist, sie hat es geschafft, dass mich das Buch und seine Protagonisten nicht kalt gelassen hat. Das wirklich nicht.

ABER - ich bin leider am Ende weiterhin ein bisschen ratlos. Alles Gut - im Deutschen ist das ein Ausspruch, der entweder ausdrückt, dass Dinge relativ egal sind, oder sogar leicht passiv-aggressiv wirken kann, je nach Betonung und Kontext.
Mir persönlich gefällt es nicht, wenn ich als Leserin so starke Aggressionen entwickle, damit geht es mir dann nach Ende der Lektüre einfach nicht gut. Jess ist für mich nicht mal passiv, sondern im Gegenteil sehr aktiv-aggressiv, was mich mehr als irritiert hat. Zudem macht sie keine richtige Entwicklung durch und - was mich als recht feministisch eingestellte Frau und Mutter von 3 Töchtern - wirklich beunruhigt - sie hat keine richtige Karrierevorstellung, sie lässt sich finanziell von ihrem Partner aushalten (im Jahr 2024 will ich solche Paarungen nicht mehr gerne lesen! Ehrlich nicht!), sie ist mehr als leichtsinnig mit ihrem eigenen Geld, eckt oft an und ist als Partnerin in meinen Augen ein Totalausfall.

Aber - für ein Debüt mit Sicherheit ein bemerkenswertes Werk, denn es hat mich wirklich nicht kalt gelassen, sondern wirkt noch nach.

Bewertung vom 06.04.2024
Die verkaufte Sängerin / Cristina Bd.1
Lorentz, Iny

Die verkaufte Sängerin / Cristina Bd.1


sehr gut

Die verkaufte Sängerin, gemäß Einband der erste Band einer Trilogie (Band 2 und 3 sind noch nicht erschienen), ist ein gut geschriebener historischer Schmöker-Roman.
Die sehr sympathische und gerade mal 14 Jahre alte noch kindliche Gauklerin Cristina hat eine unfassbar schöne Stimme. Sie zieht mit ihrem Onkel und seiner Familie durch das Land. Durch Zufall und Glück wird ein Höfling des Herzogs von Sachsen-Meiningen auf die junge Sängerin aufmerksam, "kauft" sie der missgünstigen Tante und dem hilflosen Onkel ab und nimmt sie an den Herzogshof. Hier und auf dem Weg dorthin kümmert sich die Gesangslehrerin Elisabeth um Cristina. Zunächst ist sie auf einer eher professionellen Ebene an ihrem Schützling interessiert - Cristina besitzt das absolute Gehör, lernt minutenschnell Lieder auswendig und trägt diese so wundervoll vor, dass Elisabeth mehr als erstaunt ist. Zudem spielt sie mehrere Instrumente und lernt sehr schnell, weitere zu spielen, sowie Lesen und Schreiben und Noten zu lesen und zu schreiben.
Nach einigen Intrigen gibt es ein wirklich herzerwärmendes Happy End für die Protagonisten, die mir in den etwas über 450 Seiten wirklich ans Herz gewachsen sind.
Cristina ist begabt, lustig, ein bisschen trotzig manchmal, aber ehrlich und intelligent und vor allem sehr mutig. Elisabeth - meine Favoritin in dem Roman - ist professionell, aber auch sehr warmherzig und am Ende empfindet die kinderlose Frau tatsächlich eine Art Mutterliebe für Cristina.
Die "Bösen" in der Geschichte sind wie ich es von Iny Lorentz kenne drastisch gezeichnet und leicht zu hassen, das sind zunächst die sehr korpulente, faule, aggressive und ungerechte Alfonsina, Cristinas angeheiratete Tante, und später der fiese Balduin von Vollendorf, seine Cousine Auguste von Fabisch und die etwas einfachere Kordelia Compelius.
Vor allem der letzte Teil des Buches, ab dem 8. Teil, ist wirklich sehr spannend und erinnerte mich auf sehr gute Weise an mein erstes (und bisher liebstes) Buch des Autorenduos Iny Lorentz - die Wanderhure.
Ort und Zeit des Romans sind Thüringen im Jahr 1796 und so taucht sogar Johann Wolfgang von Goethe auf, der ein Gedicht schreibt, das Cristina bei einem Hofkonzert für die Gesellschaft vortragen wird. Sehr charmante Idee!!!!
Auf Band 2 und 3 bin ich gespannt, es wurden einige Stränge noch offen gelassen und der Roman endet mit einer fast erwachsenen Cristina, die nun vor einer Art Tournee steht - ich freue mich schon auf die neuen Ideen und zu erfahren, wie es mit Cristina weiter gehen wird.

Ich kann den Roman jedem empfehlen, der wie ich gerne historische Romane liest aus dieser Zeit.

Bewertung vom 18.03.2024
Yellowface
Kuang, R. F.

Yellowface


ausgezeichnet

Oh - mein - Gott! Ich LIEBE Yellowface!!! Beim Lesen musste ich mich wirklich bremsen, am liebsten wäre ich einfach so durchgerutscht, aber das wäre mega schade gewesen.
Nachdem ich überall drauf gestoßen wurde, war ich neugierig und habe es bestellt und angefangen zu lesen und war direkt unfassbar begeistert.
Die Geschichte ist richtig gut erzählt, aber meiner Meinung nach nicht wirklich das Wichtigste (ich habe für den Showdown fast am Ende die beteiligte Person erraten). Viel wichtiger ist, was Rebecca F. Kuang mit dem Lesenden macht. Mehrmals habe ich meine Meinung total geändert und wirklich sehr viel darüber nachgedacht, wie ich mir eine Meinung bilde, was die sozialen Medien mit uns machen, was Einsamkeit bedeuten kann, wie wichtig die Wahrnehmung anderer ist und "Ruhm" oder Aufmerksamkeit. Die Einblicke in die Welt der Autoren und Verlage waren richtig spannend und auch sehr neu für mich und fast alle Protagonisten haben mich traurig gemacht.

Junes Geschichte ist krass. Als Zeugin dabei zu sein, wie eine "Freundin"/Konkurrentin erstickt, ihr neuestes Werk zu stehlen und zu überarbeiten und diesen als die eigenen auszugeben und groß rauszukommen, die Reaktionen im Internet - das alles hat mich sehr in den Bann gezogen und bis zum Schluss gefesselt.
Das Spiel mit Vorurteilen, der gnadenlose Fokus auf die Verlogenheit der Branche und der vermeintlichen Welt, die sich im Internet abspielt, das wirkt noch immer nach bei mir.
Ich bin sicher, ich werde das Buch noch mehrmals lesen und es ist schon jetzt mein Highlight 2024!

Und zu guter Letzt - Kompliment an den Verlag für den wunderschönen Farbschnitt!

Bewertung vom 13.03.2024
Die sieben Türen
Draschoff, Adrian

Die sieben Türen


ausgezeichnet

"Die Sieben Türen" ist ein wunderschön gestaltetes Buch - Farbe und Design des Covers sind fast mystisch und die Buchstaben des Covers leicht erhoben, was mir immer sehr gut gefällt.
Der Textauszug hat mir schon bei der Leseprobe sehr gut gefallen, das Buch hat dann meine Erwartungen übertroffen.
Es geht um ein Leuchten/Licht, das von einer kleinen Raupe namens Yara (wunderschöner Name!) zu 7 Türen geführt wird.
Hinter den Türen befinden sich die großen Gegenteile des Universums. Wie Angst und Mut, Liebe und Hass, Trauer und Glück, Licht und Dunkelheit, Jetzt und Unendlichkeit, Universum und Nichts und Leben und Tod dargestellt und teilweise erklärt werden, hat mich tief berührt.
Viele Sätze treffen mitten ins Herz beim Lesen und ich musste die eine oder andere Träne vergießen.
Zusammen mit der Raupe und dem Leuchten wird der Lesende durch eine wirklich wunderschöne und berührende Beschreibung dieser Gegenteile geführt, die mich oft nachdenklich gemacht hat. Schaffe ich es selbst, den Hass nicht meine Wege zu leiten und lasse ich genug Liebe zu? Wie ist das mit dem Glück? Bin ich aktiv genug, danach zu suchen oder es zu schaffen? Besonders fasziniert war ich von Jetzt und Unendlichkeit - natürlich weiß ich theoretisch, dass man nur in der Gegenwart leben kann, aber im wahren Leben plant man doch ständig, was jetzt als nächstes kommt oder verharrt wehmütig in Erinnerungen an Vergangenes - beides ist aber nicht in unserer Hand und beides können wir nicht aktiv gestalten.

Besonders schön ist auf jeden Fall auch die graphische Darstellung des Textes. Sowohl mit der Textposition, als auch der Größe wird gespielt, der Text passt sich unfassbar gut den Bildern an (oder umgekehrt), die alle an sich schon wunderschön sind. Direkt nach dem Lesen des Buches habe ich es nochmal durchgeblättert, um den Graphiken die verdiente Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

Als Mutter und Tante werde ich das Buch auch mit meinen Kindern und Nichten und Neffen teilen - hier dachte ich vor allem bei Trauer und Glück an sie, das habe ich auf die Art und Weise noch nirgendwo gelesen und es gefällt mir wirklich gut, wie schön es beschrieben wird. Sehr tröstlich! Darüber hinaus wird auch eine Art Daseinsberechtigung aller Menschen durch den Text beschrieben und auf eine besondere Art und Weise der Sinn unserer aller Leben.

Ein Buch, das ich sicher noch öfter durchblättern und lesen werde und das sich auch auf jeden Fall sehr gut zum Verschenken eignet.

Ich kann es klar empfehlen!

Bewertung vom 12.03.2024
Zeit der Schuldigen
Thiele, Markus

Zeit der Schuldigen


ausgezeichnet

Zeit der Schuldigen basiert auf einem wahren Verbrechen. Der Roman dreht sich im Wesentlichen um Recht und Gerechtigkeit. Ne bis in idem - nicht zweimal in derselben Sache - in Deutschland kann ein Mensch, der wegen eines Verbrechens frei gesprochen wurde, nicht erneut dafür belangt werden.
Der Mörder der jungen Nina (ihre Figur basiert auf Frederike von Möhlmann, die im Alter von 17 Jahren einem Sexualverbrechen zum Opfer gefallen ist) wird aufgrund von Verfahrensfehlern frei gesprochen. Viele Jahre später kann er anhand der zum Tatzeitpunkt noch nicht möglichen DNA Analyse eindeutig überführt werden, aber da er freigesprochen wurde, ist dieser Weg verschlossen.
Eine Polizistin mit persönlichen Motiven will ihn zu einem Geständnis bringen.
Die Geschichte spielt in verschiedenen Zeitzonen und der Autor balanciert das virtuous aus. Er beschreibt sowohl die 80er Jahres des letzten Jahrhunderts so authentisch, dass ich streckenweise Ohrwürmer hatte und über Sprache und Kleidung der Protagonisten schmunzeln musste. Eine weitere Stärke sind die wirklich sehr gut verfassten Gerichtsszenen und die klare, aber dennoch bildhafte Sprache. Und die Kapitelüberschriften sind klug und machen neugierig.
Der Roman hatte eine wirklich starke Sogwirkung beim Lesen auf mich - und nur, weil ich das Glück hatte, ihn in einer Leserunde mit Autorenbegleitung zu lesen, habe ich ihn nicht an einem Tag gelesen.
Ich bin absolut begeistert von der Art und Weise, wie aus einer wahren Geschichte ein dichter Roman mit authentischen Figuren entstanden ist und vor allem, wie der Autor den Lesenden dazu bringt, selbst mitzufühlen und sich zu fragen, wie gerecht ist das Recht? Wie würde ich handeln und fühlen?
Die Vielschichtigkeit der Geschichte hat mich begeistert - ich war die ganze Zeit mitten drin und es ist ein absoluter Page-Turner. Ich musste lachen und weinen und habe fassungslos den Kopf geschüttelt und - das ist immer das Beste - die Geschichte hat mich auch nach dem Lesen (bis heute!) nicht los gelassen und ist mir wirklich unter die Haut gegangen.

Ich kann "Zeit der Schuldigen" uneingeschränkt empfehlen - nicht nur True Crime Fans - und es ist bereits jetzt eins meiner absoluten Favoriten in diesem Jahr.