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Evoli

Bewertungen

Insgesamt 61 Bewertungen
Bewertung vom 11.03.2023
Willodeen - Das Mädchen und der Wald der verschwundenen Tiere
Applegate, Katherine

Willodeen - Das Mädchen und der Wald der verschwundenen Tiere


ausgezeichnet

Inhaltlich wie optisch einfach schön

Das Waisenmädchen Willodeen hat durch ein Feuer fast alles verloren, was ihm lieb und teuer war. Noch dazu findet sich die junge Heldin nur schwer in der Gesellschaft anderer Kinder zurecht, ist im Dorf eine Außenseiterin. Besonders ihr Interesse für die stinkenden und hässlichen Kreischer, eine einheimische Tierart, kann niemand nachvollziehen und alle sorgen sich nur um die niedlichen Summbärchen, welche seit Menschengedenken Touristen in die kleine Gemeinde locken. Doch in den letzten Jahren machen sich die geflügelten kleinen Kreaturen zunehmend rar. Durch ihren wissenschaftlichen Geist und die Liebe zur Natur kommt Willodeen der Ursache dieser Entwicklung auf die Spur.

Willodeen erzählt eine zu Herzen gehende Geschichte aus einer Welt, die unserer eigenen aus früheren Zeiten ähnelt, aber durch einige fremdartige Geschöpfe eine fantastische Komponente ins Spiel bringt. Besonders den Kreischern und den Summbärchen kommt dabei eine tragende Rolle zu. Neben der Natur steht außerdem auch das Thema Freundschaft im Mittelpunkt, denn die Titelheldin findet doch noch wichtige Mitstreiter, die sie so akzeptieren, wie sie ist.
Die mutige Ich-Erzählerin wurde mir schnell sympathisch, genau wie ihre tierischen und menschlichen Vertrauten.

Trotz manch trauriger Stelle verströmt die Handlung auch immer ein gewisses Gefühl der Hoffnung. Die Story hat etwas Märchenhaftes an sich, wozu neben dem angenehmen Schreibstil besonders auch die wunderschönen schwarz-weißen Illustrationen sowie das hübsche Cover beitragen. Inhaltlich wie optisch und haptisch ein wunderbares Kinderbuch, auch für alle, die im Kindsein schon etwas mehr Erfahrung haben ;-)

Bewertung vom 08.03.2023
Der Paria / Der stählerne Bund Bd.1
Ryan, Anthony

Der Paria / Der stählerne Bund Bd.1


sehr gut

Autobiografie eines Halunken

Alwyn gehört von Kindesbeinen an zu einer Bande von Gesetzlosen, hat sich aufgrund seiner Beobachtungsgabe, Cleverness und vermeintlicher Gewissenlosigkeit schon in jungen Jahren einen gewissen Stand innerhalb der verbrecherischen Gemeinschaft erarbeitet. Doch als die Räuberbande durch Verrat zerschlagen wird, nimmt Alwyns Leben eine unerwartete neue Wendung. Der ehemalige Analphabet wird unter abenteuerlichen Umständen zum Schreiber, schildert im Buch (immer wieder mit einem Hauch Zynismus) seine gefahrvolle Lebensgeschichte in Zeiten eines dramatischen Bürger- und Glaubenskrieges.

Als Ich-Erzähler gibt Alwyn gelegentlich geheimnisvolle Ausblicke auf spätere Entwicklungen, welche die Spannung aufrecht erhalten. Die Handlung ist überwiegend eine Art historischer Roman aus einer kriegerischen, mittelalterlich anmutenden Welt. Es herrscht eine raue Atmosphäre mit Kämpfen, Intrigen und generell recht blutig-brutalem und wenig zimperlichem Umgang der Charaktere untereinander. Die übersinnlichen Anteile halten sich dort hingegen die meiste Zeit über sehr in Grenzen.

Trotz seiner negativen Eigenschaften wächst der Protagonist dem Leser ein Stück weit ans Herz. Man möchte gern erfahren, wie sein ereignisreiches Leben weitergeht und was seine genaue Rolle im großen Ganzen ist. Ein paar interessante Nebenfiguren machen ebenfalls auf sich aufmerksam.
Ich habe diesen ersten Band gern gelesen und möchte mir dann auch die Fortsetzung zu Gemüte führen, mit meinen Favoriten im entsprechenden Unterbereich der Fantasy (etwa Bücher von Joe Abercrombie) kann Der Paria allerdings nicht ganz mithalten. Dazu ist mir Alwyn z.B. dann doch nicht sympathisch genug und die Geschichte zieht sich meiner Meinung nach streckenweise etwas zu sehr in die Länge.
Rein bezogen auf die Formulierungen, Beschreibungen von Schauplätzen und den generellen Sprachstil habe ich aber nichts zu bemängeln.

Bewertung vom 01.03.2023
Anpfiff! / Die Zauberkicker Bd.1
Schreuder, Benjamin

Anpfiff! / Die Zauberkicker Bd.1


sehr gut

Ansprechende Fußball-Geschichte mit magischem Touch

Ben spielt gern Fußball, kommt in seinem Verein aber kaum zum Zug, weil ihm der fiese Sohn des Trainers die Schau stiehlt. Umso überraschender ist für ihn die Einladung zur Probezeit im Fußball-Internat Tannwald. Eine große Chance, doch auch dort muss sich der Nachswuchskicker mit ein paar schwierigen Mitspielern auseinandersetzen. Hilfe bekommt er von einem nicht ganz alltäglichen Bewohner des Internats...

Die Fußball- und Internatsgeschichte behandelt typische Themen, etwa die Rivalität zwischen den Jungs. Wie der Reihentitel bereits andeutet, gibt es aber auch eine übersinnliche Komponente. Diese kommt allerdings erst im späteren Verlauf dieses ersten Bandes richtig zur Geltung, auch wenn ein entscheidendes Element schon prominent auf dem Cover platziert wurde. Fest steht, dass sich in Tannwald einige interessante Charaktere tummeln.
Die Handlung ist für junge Leser ansprechend und spannend erzählt. Ben ist ein sympathischer Protagonist, dessen Wünsche und Nöte man gut nachempfinden kann. Die Atmosphäre im Internat bietet außerdem ein paar interessante Geheimnisse.
Ergänzt wird die Story durch hübsche Schwarz-Weiß-Zeichnungen im Comic-Stil.

Etwas schade finde ich aber die Tatsache, dass das Buch doch ziemlich abrupt endet. Viele Buchserien dieser Art bieten abgeschlossenere Geschichten in ihren einzelnen Bänden.
Am Ende gibt es dann noch eine Leseprobe zur Fortsetzung.
Inhaltlich und sprachlich ist das Buch insgesamt für gute Leser aus der empfohlenen Altersgruppe ab 8 Jahren geeignet, lediglich der teils englisch sprechende Trainer kann für solch junge Kinder schwierig zu verstehen sein.

Bewertung vom 23.02.2023
Equilon
Raich, Sarah

Equilon


ausgezeichnet

Interessantes, düsteres Zukunftsszenario mit realen Hintergründen

In der nicht allzu fernen Zukunft haben Naturkatastrophen infolge des Klimawandels weite Teile der Erde unbewohnbar oder unfruchtbar gemacht. Der gebeutelte Planet kann die Weltbevölkerung nicht mehr ernähren. Große Konzerne haben die Macht übernommen und Algorithmen entscheiden darüber, wer in den verbleibenden reichen Gebieten leben und von den knappen Ressourcen profitieren darf.
Die junge Jenna hat ihr ganzes Leben in der kaputten Stadt, die wir heute noch Berlin nennen, dafür geschuftet, den Aufstieg zu schaffen. Durch ihren Ehrgeiz und ihren Erfindungsreichtum wird sie schließlich dazu auserkoren, die Zukunft der Menschheit mitzugestalten. Doch hinter der glänzenden Fassade im hochtechnisierten New Valley tun sich bald Abgründe auf – der schöne Schein trügt.
Dorian, der zweite Ich-Erzähler des Buches, gilt in diesem System bereits als gescheitert, konnte bisher nichts Relevantes beitragen. Die Begegnung mit dem Mädchen Maggie und dessen geheimnisvoller Ziehmutter bringt ihn in Lebensgefahr, könnte seinem Leben aber letztendlich einen Sinn geben...

Equilon entwirft eine spannende und interessante Zukunftsvision. Heutige Entwicklungen, etwa im Bereich der Überwachung, der Vernetzung oder der künstlichen Intelligenz sowie die Bedrohung durch den Klimawandel, werden dabei einfach noch etwas weiter gedacht. Die Abgründe der dystopischen Welt werden dadurch glaubwürdig und umso bedrohlicher. Hier geht es nicht um fremde Planeten und die ferne Zukunft, sondern um ein Szenario, von dem wir in vielen Bereichen gar nicht so weit entfernt sind.

Die beiden jungen Protagonisten werden dem Leser, jeder auf seine eigene Art, schnell sympathisch und man ist gespannt darauf, zu erfahren, was sie zueinanderführen wird.
Nach dramatischen Entwicklungen kommt das Buch zu einem gelungenen Abschluss, der aber durchaus auch noch Raum für eine eventuelle Fortsetzung lassen würde. Die Handlung konnte mich insgesamt überzeugen. Manche Dinge passieren allerdings schon etwas zu schnell bzw. werden ein paar Themen nur angerissen oder zu sehr nebenbei abgehandelt.
Der Schreibstil ist mitreißend, etwas gewöhnungsbedürftig sind für manchen Leser vielleicht lediglich die vielen englischen Begriffe – aber die findet man ja schon heute in den verschiedensten Zusammenhängen.

Bewertung vom 21.02.2023
Tatort Schrottplatz / Inspektor Salamander Bd.1
Grolik, Markus

Tatort Schrottplatz / Inspektor Salamander Bd.1


ausgezeichnet

Unfreiwillige Krötenwanderung auf dem Schrottplatz

Eines heißen Sommertages schwitzen Inspektor Salamander und sein Assistent Spider-Manni vor sich hin (wobei wohl weder Eidechsen noch Spinnen schwitzen... aber ihr wisst, was ich meine), als sie einen wichtigen Auftrag erhalten: Der Opernstar Luigi Crötelli vermisst seine ärmere Verwandtschaft, denn die hiesigen Amphibien sind samt Teich verschwunden. Bei ihren Ermittlungen treffen die Detektive auf zwielichtige Gestalten, aber auch einige neue Verbündete.

Der Autor hat für seine Geschichte eine recht interessante und nicht alltägliche Form gewählt. Das Buch ist quasi eine Mischung aus Comic und „normalem“ Kinderroman. Auf den hübschen, großformatigen (meist ganz- oder auch mal doppelseitigen) Bildern gibt es sowohl Comic-typische Sprechblasen als auch Kästchen mit längeren Texten. In letzteren finden sich die meisten Informationen, mit dem Inspektor als Ich-Erzähler, die Sprechblasen und vor allem auch die witzigen Illustrationen bilden aber eine tolle Ergänzung.

Allerlei schräge Figuren erwachen dadurch zum Leben, die Bilder wurden mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Witzig finde ich so z.B. die Kaulquappen und halbwüchsigen Kröten sowie generell die Gesichtsausdrücke der diversen tierischen Helden. Darüber hinaus wirkt das Hardcover-Buch mit seinem lustigen Cover und dem guten Papier schon äußerlich ansprechend und hochwertig.

Die Story bietet einen sympathischen Humor, einige spannende Entwicklungen und einen gelungenen Abschluss (weitere Fälle werden aber angedeutet). Die Altersempfehlung ab 7 Jahren finde ich allerdings etwas niedrig angesetzt – so junge Leser könnten eventuell mit den Themen und vor allem der besonderen Erzählweise überfordert sein. Ich würde es eher für Drittklässler empfehlen.

Bewertung vom 15.02.2023
Das Sanatorium / Ein Fall für Elin Warner Bd.1
Pearse, Sarah

Das Sanatorium / Ein Fall für Elin Warner Bd.1


ausgezeichnet

Solide, aber nicht so spannend wie erhofft

Die englische Polizistin Elin Warner sucht ein abgelegenes Hotel in den Schweizer Bergen, einst eine Klinik für Tuberkulose-Patienten, auf, wohin sie ihr Bruder Isaac anlässlich seiner Verlobung eingeladen hat.
Doch der Besuch steht unter keinem guten Stern – Elin ist durch den traumatisierenden Verlauf eines vergangenen Falles angeschlagen und derzeit vom Dienst freigestellt, zudem belastet sie ein dunkles Kapitel in der Familiengeschichte mit offenen Fragen, die sie nun endlich lösen möchte. Zu allem Übel verschwindet Isaacs Freundin, rund um das Hotel scheint sich ein Mörder herumzutreiben und Personal sowie Gäste werden durch die Wetterbedingungen von der Zivilisation abgeschnitten.
Elin ist weitgehend auf sich allein gestellt und muss sich den dunklen Stellen ihrer eigenen Vergangenheit und auch der finsteren Geschichte des Hotels stellen.

Das Buch begrüßt den Leser mit einem angemessen unheimlichen Cover und einem hübschen seitlichen Farbschnitt (Gebirge).
Die erwartete gruselige Stimmung kommt letztendlich aber nicht immer auf – viele Passagen drehen sich eher um Elins seelische Nöte oder recht gemächliche Teile der Ermittlungsarbeiten. Die Geschichte konnte mich so nicht durchgehend fesseln. Darüber hinaus wirkt manches auf mich ein wenig konstruiert. In seinen besten Momenten zeigt sich das Buch aber durchaus spannend und ich wollte auch die Auflösung erfahren.
Am Ende deutet ein Epilog bereits auf die dazugehörige Fortsetzung hin, wobei der Fall des Sanatoriums/Hotels aber abgeschlossen ist.
Der Schreibstil ist recht angenehm, ohne besondere Highlights. In der deutschen Übersetzung sind mir ein paar Flüchtigkeitsfehler aufgefallen. So duzt Elin zwischendurch einfach eine Person, die sie sonst eigentlich siezt.

Bewertung vom 21.12.2022
Achtung, Pups-Pillen-Verschwörung / Die Monsterschule Bd. 1
Loeffelbein, Christian

Achtung, Pups-Pillen-Verschwörung / Die Monsterschule Bd. 1


sehr gut

Fantasievolle und lustige Monster-Versammlung

In Abwesenheit seiner Eltern soll Lukas bei seinem Patenonkel unterkommen, der eine abgelegene Schule für schwer erziehbare Kinder leitet. So zumindest die Tarnung – denn kurz nach der Ankunft stellt sich heraus, dass in diesem Internat Schüler ganz anderer Art unterrichtet werden. Die verschiedensten Monster wollen friedlich mit den Menschen zusammenleben und müssen dafür einiges lernen. Werwölfe, Vampire, aber auch allerlei ungewöhnlichere Kreaturen, drücken hier die Schulbank und sorgen für abgefahrene Situationen. Besonders, als plötzlich eine wahre Epidemie von Blähungen ausbricht...

Einige der witzigen Kreaturen lernt man bereits auf den Innenseiten des Einbands kennen und es zeigt sich direkt eine Stärke des Buches – es ist humorvoll und ziemlich schräg. Die enthaltenen Monster werden fantasievoll beschrieben und haben allerlei interessante Charaktereigenschaften. Vom begeisterten Milchtrinker, über ein vielarmiges Geschöpf mit Butler-Ambitionen bis zum wortgewandten Adligen.
Noch dazu gibt es die bunte Truppe auf zahlreichen farbigen Illustrationen im Comic-Stil zu bewundern.

Die Handlung ist kindgerecht erzählt, eignet sich meiner Meinung nach besonders für Leser/Zuhörer im Grundschulalter. Einige lustige Eskapaden und die Pupsereien der Gestalten sorgen auch bei Älteren für ein Schmunzeln, die Story ist aber nicht unbedingt komplex.
Die titelgebende Verschwörung wird am Ende aufgedeckt, es bleiben aber noch Fragen offen – dieses Buch ist nämlich der Beginn einer ganzen Serie.

Bewertung vom 13.12.2022
Anatomy
Schwartz, Dana

Anatomy


ausgezeichnet

Sympathische Heldin, spannendes historisches Szenario

Anatomy versetzt uns ungefähr 200 Jahre in die Vergangenheit, ins ebenso schöne wie schmutzige Edinburgh. Protagonistin Hazel ist seit ihrer Kindheit vom Inneren des Körpers und medizinischen Zusammenhängen fasziniert. Ihr größter Traum ist es, als Chirurgin tätig zu werden – keine Karriereoption, die im Leben einer jungen Frau aus gutem Hause vorgesehen ist. Eines Tages nutzt Hazel die Abwesenheit ihrer Familie, um auf eigene Faust anatomische Kenntnisse zu erwerben. Unterstützung erhält sie dabei von Jack, der als so genannter Auferstehungsmann frisch Beerdigte ausbuddelt und zu Forschungszwecken verkauft.

Die Atmosphäre des historischen Szenarios wird hier dicht und spannend aufgebaut. Nicht nur Jack muss auf den Friedhöfen und in den finsteren Gassen der Stadt um seine Sicherheit fürchten. Das Leben und die gesundheitlichen Bedingungen sind für viele der vorgestellten Figuren alles andere als rosig, im krassen Gegensatz dazu stehen Hazels Standesgenossen, die dekadente Bälle feiern und sich nur um die besten Eheverbindungen sorgen.

Die junge Medizinerin ist eine sympathische Hauptfigur mit schlauem Kopf und starkem Magen, die in ihrem Wissensdurst auch vor manch ekliger und gefährlicher Situation nicht zurückschreckt.
Durch mysteriöse Vorkommnisse unter der armen Bevölkerung kommt ein gewisser Krimi-Einschlag ins Geschehen, die Auflösung besitzt dann noch eine übernatürliche Note.
Im Vordergrund steht aber deutlich Hazels Werdegang, den ich gern verfolgt habe.

Bewertung vom 29.11.2022
Die Bücher, der Junge und die Nacht
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht


sehr gut

Vielschichtiger Roman für Bibliophile und Geschichtsfans

Das neuste Werk von Bestseller-Autor Kai Meyer spielt sich auf drei Zeitebenen ab:
Im lichterloh brennenden Leipziger Bücherviertel des Bombenhagels 1943 wird ein zehnjähriger Junge in letzter Sekunde aus einem Versteck gerettet, in dem er aus unbekannten Gründen von klein auf gefangen gehalten wurde. Zusammen mit seinem Befreier, einem geheimnisvollen Bücherdieb, reist er durchs kriegsgebeutelte Deutschland.
Anfang der 70er Jahre ist Robert Steinfeld, so der Name des längst erwachsenen Jungen, als Händler von Bücher-Raritäten aktiv und wird durch seine Berufskollegin Marie, mit der ihn (nicht nur) eine freundschaftliche Rivalität verbindet, auf die Sammlung des verstorbenen Verleger-Patriarchen Pallandt aufmerksam. Genau dieser Mann hatte einst einen Rechtsstreit mit Roberts Vater und war allem Anschein nach für die Gefangenschaft verantwortlich.
1933 begleiten wir außerdem besagten Vater, Jakob Steinfeld, einen renommierten Buchbindermeister und Buchhändler. Eines Tages kommt ausgerechnet Palllandts jüngste Tochter auf ihn zu, um ein Manuskript binden zu lassen. Der Beginn gefahrvoller Verwicklungen...

Historischer Roman mit Krimi-Elementen

Die Zeitebenen sind geschickt miteinander verwoben und halten neben den nach und nach enthüllten Geheimnissen und Verwicklungen vor allem auch viele atmosphärische Details der jeweiligen Schauplätze und Zeiten bereit. So erlebt man 1933 den Beginn der Nazi-Herrschaft samt Erstarken der SA, verfolgt zehn Jahre später Zerstörung und Gräueltaten des Krieges und erkundet zusammen mit Robert (dort als Ich-Erzähler) und Marie die Siebziger in München und der DDR.
Darüber hinaus kann der Roman auch sprachlich überzeugen, lässt die Szenen vor dem inneren Auge des Lesers lebendig werden und liest sich einfach „schön“. Ein Beispielzitat: „Er saß inmitten einer Grotte aus Büchern, einem jener Ameisenbauten, in die sich de Wohnungen von Bibliophilen verwandeln, wenn die Bücher an die Stelle des Lebens treten und das Wissen um die Welt da draußen verbleicht wie die Erinnerung an eine weit zurückliegende Lektüre.“

Gute Geschichte mit kleinen Durchhängern

Ich habe das Buch gern gelesen und war gespannt auf die Auflösung, hatte allerdings zwischendurch immer mal das Gefühl, dass sich die Geschichte gerade etwas zieht – vielleicht hätte manche Passage ein wenig kürzer gefasst werden können, um die Spannung noch besser aufrecht zu erhalten. Der Wechsel der Zeitebenen/Protagonisten ist ja auch nicht jedermanns Sache, wobei ich diese Erzählweise gern mag.
Alles in allem wurde ich aber gut unterhalten und kann diesen Roman besonders Lesern mit einem Faible für die erwähnten Epochen sowie die Buchkultur empfehlen.

Bewertung vom 15.11.2022
Wendy & Peter. Verloren im Nimmerwald
Thomas, Aiden

Wendy & Peter. Verloren im Nimmerwald


sehr gut

Moderne Version eines Klassikers

Vor fünf Jahren verschwanden Wendy Darling und ihre beiden jüngeren Brüder im Wald und nur das Mädchen kehrte zurück – allerdings ein halbes Jahr später und ohne Erinnerungen daran, was in der Zwischenzeit passiert ist. Ihre Familie ist am Verlust fast zerbrochen, Wendy plagen immer noch Schuldgefühle. Darüber hinaus zeichnet die mittlerweile achtzehnjährige Schulabgängerin in letzter Zeit unbewusst immer wieder einen geheimnisvollen Jungen – der eines Tages plötzlich vor ihrem Auto liegt.
Woher kennt er Wendy? Kann es wirklich Peter Pan aus den Geschichten sein, die ihre Mutter früher erzählte? Warum wirkt er so vertraut? Was hat er mit dem Verschwinden weiterer Kinder in der Gegenwart zu tun? Und was ist damals mit John und Michael passiert?
All diese Fragen muss Wendy klären, gerät dabei in Gefahr und muss sich den verlorenen Erinnerungen stellen.

Mit der angehenden Krankenschwester Wendy und dem rätselhaften Peter stehen zwei sympathische Figuren im Mittelpunkt. Gerade den charmanten Jungen mit seiner kindlichen Freude und Unbeschwertheit hätte man gern zum Freund. Durch einen finsteren Gegenspieler kommt jedoch auch Spannung und Dramatik ins Geschehen.
Die Geschichte orientiert sich in vielen Bereichen am alten Original, angefangen bei den Namen, über magische Besonderheiten (etwa Feenstaub oder Peters übliche Alterslosigkeit) bis zur Wegbeschreibung nach Nimmerland. Alles wird aber in ein modernes Szenario übertragen, spielt sich hauptsächlich in unserer Welt ab (Nimmerland taucht lediglich in Flashbacks und Geschichten auf) und wird durch eigene Ideen ergänzt. Besonders die Auflösung am Ende gibt der Story einen interessanten neuen Touch.

Ich habe die Geschichte gern gelesen, aber irgendwie fehlt mir noch das gewisse Etwas für die volle Punktzahl. Im Mittelteil gestaltet sich die Handlung etwas schleppend, darüber hinaus wurde das Potenzial mancher Nebencharaktere, darunter Wendys beste Freundin, nicht voll ausgeschöpft.