Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
gagamaus
Wohnort: 
München

Bewertungen

Insgesamt 510 Bewertungen
Bewertung vom 26.03.2018
Der Glanz der Dunkelheit / Die Chroniken der Verbliebenen Bd.4
Pearson, Mary E.

Der Glanz der Dunkelheit / Die Chroniken der Verbliebenen Bd.4


sehr gut

Endlich kommt es zum finalen vierten Buch. Das Warten hatte ein Ende und ich wurde nicht enttäuscht.

Am Cover konnte man schon sehen, dass es diesmal für Lia ernst wurde. Sie musste ihre Stärke zeigen und nicht nur eine Herrscherin sondern auch eine Kämpferin sein. Und die Prophezeiung war gnädig mit uns und mit den Darstellern. Ohne zu viel zu verraten, so war es doch ein Ende, welches einem Happy End schon sehr nahe kommt.

Aber vorher muss noch der ein oder andere Feind besiegt, der ein oder andere Kampf ausgefochten werden und auch in Sachen Liebe läuft nicht alles so rund und leicht, wie die jungen Leute es sich wünschen würden.

Der einzige Kritikpunkt war dann auch, dass der Showdown fast ein bisserl kurz gehalten war und der endgültlige Sieg schnell errungen. Wenn man bedenkt, dass es ja vier Bücher gedauert hat, dann hatte ich hier doch noch etwas dramatischere und längere Auseinandersetzungen erwartet.

Eine empfehlenswerte Reihe und die Autorin hat einfach einen schönen, eingängigen Erzählstil.

Bewertung vom 26.03.2018
Operation Bird Dog
Nüse, Jan-Christoph

Operation Bird Dog


gut

Carl Wrede ist 14 Jahre als seine Eltern sich am Weihnachtstag umbringen. Wie durch ein Wunder überlebt er den erweiterten Suizid und ist von Anfang an überzeugt, dass seine Eltern nicht Selbstmord begangen haben. Das traumatische Erlebnis verändert den Jungen, macht ihn zum introvertierten Einzelgänger, und 10 Jahre später ist der Wunsch übermächtig geworden, selbst herauszufinden, wie seine Eltern wirklich zu Tode kamen. Die Geschichte spielt also von Anfang an in zwei Zeitebenen. 1948 und 1958.
1948 wird Deutschland weiterhin von den Siegermächten kontrolliert, die in ihren jeweiligen Besatzungszonen die nötigen Machtbefugnisse haben. Ganz langsam wird die BRD in die Unabhängigkeit entlassen. Einer der ersten Schritte ist eine Währungsreform, denn die Menschen hungern noch immer und die Wirtschaft läuft nur langsam an. Da Bankier Wrede direkt und indirekt mit dem Prozess der Währungsreform zu tun hatte, liegt die Vermutung des Lesers nahe, dass sein Tod damit zu tun haben könnte. Bei der Vermutung bleibt es erst mal sehr lange, denn der Autor nimmt sich Zeit und fährt jede Menge Personal und verschachtelte Handlungsstränge auf, um die komplizierte Thematik zu beleuchten. Dabei tummeln sich diverse reale Persönlichkeiten und auch fiktive Darsteller in beiden Zeiten.
1958 versucht Carl mit allen Mitteln, seine Theorie von einem Mord zu beweisen und kann schließlich seinen Vormund überzeugen, dass an der Sache vielleicht doch etwas dran ist. Interessant ist dabei vor allem zu lesen, wie wenig oder viel sich in 10 Jahren in Deutschland verändert hat und wie stark vor allem die amerikanischen Einflüsse immer noch waren.
Das Thema des Buches ist spannend und man merkt dem Autor seinen wirtschafts- journalistischen Hintergrund deutlich an. Auch, dass er bei seiner Recherche sehr fleißig war, kommt gut rüber. Der Erzählstil an sich war für mich etwas sperrig zu lesen. Eine sehr verzwickte Handlung und viele Darsteller und noch mehr Nebendarsteller machen das Ganz unübersichtlich, obwohl es ein Personenverzeichnis gibt. Es gelang mir auch oft nicht, dem Verlauf der Geschichte ganz zu folgen oder ich brauchte ziemlich lange, um zu verstehen, worum es in manchen Szenen eigentlich ging. Es fällt mir schwer, den Finger direkt auf das Problem zu legen. Personen wie Carl, Tennenbaum oder Jennings dürfen durchaus mit Gedanken und Gefühlen agieren, aber ich kam ihnen nicht wirklich nahe. Den Fakten wurden intensive Beschreibungen gewidmet, dafür fehlte es oft an Aktion und Spannung. Ich denke, es hätte mir gefallen, wenn die fiktive Handlung etwas ausführlicher gewesen wäre und in Dialogen die Zusammenhänge und Rückschlüsse, die vor allem Carl und Jennings gezogen haben, noch besser erklärt worden wären. Auch Beschreibungen von Orten und Situationen hätte man noch ausbauen können.
Fazit: Der Autor hat etwas zu sagen aber an der Struktur eines spannenden Kriminalfalles muss er noch etwas arbeiten, damit es nicht wie eine nüchterne Reportage rüberkommt.

Bewertung vom 22.03.2018
Das Spiel der Königsmacher
Lo Cascio, Priska

Das Spiel der Königsmacher


ausgezeichnet

„Das Spiel der Königsmacher“ von Priska Lo Cascio beginnt im Jahr 911 als der Franke Konrad zum König gewählt wird. Dieser hat nichts Eiligeres zu tun, als den jungen sächsischen Herzog Heinrich mit Erlassen und Bündnissen zu verärgern. Alsbald entspinnt sich ein Kampf um die Vorherrschaft in deutschen Landen. Mitten drinnen im Geschehen sind auch Heinrichs Base Sarhild, eine Fränkin, die nach dem gewaltsamen Tod des Vaters zu den Sachsen geflüchtet ist und dort versucht zur Ruhe zu kommen und der Krieger Liuthar, der erst dem Vater Heinrichs und dann ihm selbst als rechte Hand zur Seite steht.
Meiner Meinung nach ist der Klappentext ein bisschen irreführend, denn tatsächlich sind es nicht Sarhild und Liuthar, die Heinrich zum König machen wollen. Es gibt einige politische Lager und jeder spielt hier tatsächlich sein eigenes Spiel, versucht sein eigenes Süppchen zu kochen. Und auch die Kirchenfürsten sind sich für Ränke und Intrigen nicht zu schade. Aber am Ende ist es doch Heinrich selbst, der sich den Weg zur Krone ebnet durch sein charismatisches Wesen, seine klugen Strategien sich Freunde zu schaffen und Feinde zu zermürben. Der Roman transportiert Geschichte auf die angenehmste und beste Art und Weise. Die lebhaften Nebenfiguren wachsen einem schnell ans Herz. Der Alltag und die persönlichen Schicksale der Protagonisten werden wunderbar eingefangen und man lebt mit ihnen mit. Zentrale Rolle sind tatsächlich die historischen Fakten, die hier realistisch und spannend erzählt werden. Dank des sehr angenehmen und der Zeit entsprechenden Erzählstils war ich gefesselt und konnte das Buch kaum zur Seite legen.
Die Frage, ob es wirklich das erste Buch über den Sachsenherzog Heinrich den Ersten ist, kann man sich streiten, denn z.B. kommt der Mann auch in Rebecca Gables „Das Haupt der Welt“ recht deutlich zu Wort. Aber sei`s drum, den Vergleich mit diesem Buch braucht Lo Cascio’s Werk nicht zu scheuen. Ähnlich unterhaltsam und klug fühlte ich mich auch hier unterhalten. Besonders gefreut habe ich mich, dass eine liebgewonnene Figur aus dem Gablé-Roman auch beim Spiel der Königsmacher eine herzerfrischende Rolle bekommt, nämlich der kleine Thankmar, erster Sohn von Herzog Heinrich. Ein Wildfang dessen soziale Stellung und sein daraus resultierendes störrisches Wesen hier sehr gut eingefangen wurde. Die Liebesgeschichte von Sarhild und Liuthar ist vorprogrammiert aber es hat mir gut gefallen, dass die beiden sich anfangs spinnefeind sind und sich erst nach und nach einander zuwenden. Dabei haben beide jede Menge Vorurteile und Missverständnisse zu überwinden. Es ist aber kein albernes Hin und Her sondern eine kontinuierliche Entwicklung, die Spaß gemacht hat mit zu verfolgen. Überhaupt nicht seicht oder banal.
Mein Fazit: Ich kann das Buch nur wärmstens empfehlen und habe meinen Blick bereits auf die anderen Romane der Autorin geworfen.

Bewertung vom 14.03.2018
Totenweg / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.1
Fölck, Romy

Totenweg / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.1


ausgezeichnet

.
„Totenweg“ von Romy Fölck ist der Start einer neuen Krimireihe die im Lübbeverlag hochwertig als Hardcover verlegt wurde. Ein guter Zeitpunkt für mich, diese Autorin zu entdecken. Die Gegend dort oben im Norden ist mir aus einigen Urlauben bekannt und für mich als Süddeutsche angenehm exotisch. Deshalb war es mir wichtig, dass das Setting auch im Roman rüberkommt. Das hat Romy Fölck sehr gut geschafft. Zwischen Apfelhainen auf einem heruntergewirtschafteten Bauernhof und Dünen am Meer spielt diese Geschichte auf zwei Zeitebenen. Hierbei hat mir sehr gut gefallen, dass die Rückblicke in die Vergangenheit immer unvermittelt und als kurze Happen kommen, wie Erinnerungen der Protagonisten. Diese Art des Erzählstils ist mir bereits in einem anderem Roman (The Dry) wohltuend aufgefallen, da dadurch das Tempo hoch bleibt und man als Leser immer mitten im Geschehen bleibt und nicht wirklich zwischen zwei Geschichten hin und her switchen muss.

Bjarne Haverkorn war nur ein einziges Mal Leiter einer Mordkommission. Er konnte den Mordfall an der minderjährigen Marit vor 18 Jahren nicht aufklären, hadert seitdem mit sich und ist sehr schnell bereit, wieder in die Ermittlungen einzusteigen, als der alte Paulsen niedergeschlagen im Straßengraben gefunden wird.

Frida Paulsen hat den Mord an ihrer Freundin ebenfalls nie verwunden. Sie hatte damals die Tote gefunden und sie hatte auch einen Verdächtigen, den sie der Polizei aber nicht genannt hat, da er sie damals unter Druck setzte. Als sie auf den Hof ihrer Eltern zurückkehrt kommen all die alten Emotionen hoch. Alte Freundschaften und alte Feindschaften aber auch neue Probleme wühlen sie auf und lassen sie ihr Leben neu überdenken. Sie hat es nie geschafft, eine funktionierende Beziehung einzugehen, hängt in allem gerne in der Schwebe. Nur der Beruf ist ihr wichtig. Ihre Ausbildung zur Kommissarin muss aber erst mal ruhen, denn wenn sie ihrer Mutter nicht bei der anstehenden Apfelernte zur Hand geht, wird der Hof ihrer Eltern in den Bankrott gehen.

Obwohl der Roman sich sehr viel auch mit dem Privatleben und den Befindlichkeiten der beiden Ermittler beschäftigt, wurde es mir nie langweilig, denn beide sind mir auf ihre Art sehr sympathisch. Sowohl Bjarne als auch Frida sind nicht glücklich in ihren Leben und der ungeklärte Mordfall spielt dabei eine große Rolle. Toll fand ich auch, wie sich die Beziehung der beiden zueinander aber auch zu den Menschen in ihrem Umfeld im Laufe des Buches wandelt. Hier sehe ich auch für nachfolgende Bücher ein großes Unterhaltungspotential.

Romy Fölck schaffte es, mich mit ihrem sehr eingängigen Schreibstil und der Einführung zweier interessanter Hauptfiguren zu überzeugen. Der Plot ist spannend und wird zielstrebig zu einem logischen Finale gebracht. Für mich eine absolute Neuentdeckung und ich freue mich, dass es schon in diesem Jahr weitergehen soll.

Bewertung vom 11.03.2018
Der Mann, der nicht mitspielt / Hardy Engel Bd.1
Weigold, Christof

Der Mann, der nicht mitspielt / Hardy Engel Bd.1


sehr gut

Hardy Engel, ein deutscher Einwanderer, versucht in den goldenen Zwanzigern des letzten Jahrhunderts sein Glück als Schauspieler in Hollywood. Da aber der Erfolg auf sich warten lässt, beginnt er als Detektiv zu arbeiten. Gleich seine ersten beiden Fälle sind kompliziert und kollidieren alsbald miteinander. Der bekannte Darsteller Fatty Arbuckle wird verdächtigt, am Tod des kleinen Starletts, Virgina, Schuld zu sein. Durch seine hartnäckigen Nachforschungen entlarvt Hardy nach und nach die Traumfabrik als korrupten, von Drogen, Sex und Erpressung beherrschten Sumpf, in dem die mächtigen Studiobosse fast alles tun, um ihre Schauspieler zu schützen und ihren guten Ruf so lange wie möglich zu erhalten.
In Zeiten von MeeTo und Harvey Weinstein ist dem Autor, Chrisof Weigold, ein historischer Krimi geglückt, der überraschend aktuell und realistisch rüberkommt. Dabei schreibt er in bester Crime-noir-Manier und man hat Hardy als einen Detektiv vor Augen, der, ähnlich den Helden von Raymond Chandler, wie Humphrey Bogart in einer düsteren schwarz-weißen Welt agiert. Seine Sekretärin Pepper ist charismatisch, jung, wunderschön und schwer durchschaubar. Seine Auftraggeber geraten bald ebenfalls unter den Verdacht in die Geschichte verwickelt zu sein. Korrupte Polizisten versuchen Hardy aus dem Verkehr zu ziehen. Einen weiteren Mord an einem mutmaßlichen Zeugen kann Hardy nicht verhindern. Er wird angegriffen, unter Druck gesetzt, verfolgt und auf falsche Fährten gelockt.
Mir hat die Geschichte gut gefallen. Der Erzählstil passt hervorragend zu Ort, Zeit und Handlung. Hardy ist ein starker Charakter. Hollywood und seine Abgründe werden durch viele reale Persönlichkeiten untermauert. Da fährt schon mal ein Buster Keaton im Auto vorbei oder ein Charlie Chaplin ist auf der Suche nach einer neuen minderjährigen Ehefrau. In der Mitte hatte das Buch die ein oder andere kleine Länge aber am Ende macht das das Finale wieder wett.
Mein Fazit: Ein guter Serienauftakt. Ich hoffe, dass Hardy tatsächlich bald wieder ermittelt und ich könnte mir tatsächlich auch eine Verfilmung sehr gut vorstellen.

Bewertung vom 11.03.2018
Tulpengold
Völler, Eva

Tulpengold


ausgezeichnet

Im siebzehnten Jahrhundert brach in Holland ein unkontrollierter Kaufrausch auf seltene Tulpen aus. Der Wert der Planzenzwiebeln stieg in utopische Höhen und Spekulanten kämpften um die wertvollsten Stücke mit teils harten Bandagen. So scheint es naheliegend, dass die Morde an mehreren Tulpenhändlern mit Geldgier und Neid zu tun haben könnten. Ins Zentrum der Geschehnisse rückt alsbald der bekannte Maler Rembrandt van Rijn, der nicht nur mit den Opfern im Streit lag, sondern auch selber versucht, mit Tulpenzwiebeln zum schnellen Geld zu kommen.
Zur gleichen Zeit beginnt der 17jährige Pieter eine Lehre bei Rembrandt. Nach dem Tod seines Vaters ist er Waise und Patenonkel Joost hat ein wachsames Auge auf den Jungen. Das ist auch von Nöten, denn Pieter ist ein wenig seltsam. Was man heute vielleicht als leichte Form von Autismus bezeichnen würde macht ihn zu einem Menschen, der sich zwar mit zwischenmenschlichen Beziehungen etwas schwertut, der aber dafür ein mathematisches Genie ist, welches mit der Logik von Zahlen und Diagrammen das Leben, das Lieben aber auch das Morden erklären will. Pieter begibt sich auf die Jagd nach den Tätern. Dabei unterschätzt er sowohl die Gefahr, die ihm drohen könnte als auch die Motive der Mörder.
Pieter ist ein Hauptdarsteller so recht nach meinem Geschmack. Er ist freundlich und ohne Arglist, anfangs sehr vertrauensselig und in heftiger Liebe für das Hausmädchen entbrannt. Seine teils abstrusen Berechnungen darüber, warum seine Mitmenschen sich so und nicht anders verhalten, sind mehr als einmal Anlass zum Schmunzeln und seine Ehrlichkeit bringt ihm so manche Ohrfeige von genervten Mitmenschen ein. Im Laufe der Geschichte lernt Pieter aber mit seinem messerscharfen klaren Verstand zu erkennen, wer es gut mit ihm meint, wer ihn belügt und betrügt und letztendlich auch, wer hinter all den Morden steckt. Es macht großen Spaß dieser Entwicklung zuzusehen und nebenbei seinen mathematischen Formeln und den logischen Schlussfolgerungen daraus zu folgen.
Eine Vielzahl interessanter Charaktere bevölkert dieses Buch. Während Pieter sich ja eher zu der drallen Anneke hingezogen fühlt, ist der Leser geneigt, sich mehr für die patente Wirthausbesitzerin Mareijke zu erwärmen. Auch reale Persönlichkeiten wie Rembrandt und seine Frau spielen natürlich eine wichtige Rolle im Roman, ebenso wie Tulpen und der Handel mit ihnen, die Malerei und wie dieses Handwerk damals betrieben wurde.
Mein Fazit: Ein spannender sehr unterhaltsamer historischen Roman mit einem Helden, der in keine Schublade passt und der mich mit seiner schrulligen Art und seinen messerscharfen Thesen ein bisschen an einen berühmten englischen Detektiv erinnerte. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich nicht zum letzten Mal von Pieter gelesen hätte.

Bewertung vom 06.03.2018
Die andere Schwester
Hannah, Kristin

Die andere Schwester


ausgezeichnet

„Die andere Schwester“ von Kristin Hannah ist eine Neuauflage des 2006 bereits erschienen Romans „Wer die Liebe wagt“. Das war für mich kein Problem, denn dieses Buch kannte ich noch nicht. Warum man allerdings den Titel ändern musste und so einige Käufer verärgert hat, kann ich nicht nachvollziehen. Außerdem versucht der Verlag an den großen Erfolg „Die Nachtigall“ anzuschließen, in dem er die Cover-Gestaltung darauf abgestimmt hat. Rein inhaltlich hat diese Geschichte aber absolut gar nichts mit dem großen Erfolgsroman zu tun. Mir war das alles vorher bewusst, so dass ich hier keine große Enttäuschung erleben musste. Es handelt sich hier um einen Gegenwartsroman ohne historische Bezugspunkte. Genauer gesagt um eine Familien- und Liebesgeschichte.
Was mir gefallen hat, war zum einen der wohlvertraute Erzählstil der Autorin. Sie lässt sich Zeit für ihr Charaktere, versucht die Familienkonstellationen genau zu beschreiben und enthüllt erst nach und nach die Verletzungen und Verhärtungen, die die Seelen der Darsteller erlitten haben. Dramatisch und traurig fand ich hier, dass vor allem die Mutter der beiden erwachsenen Schwestern ein so egozentrischer und emphatieloser Mensch ist. Auf die daraus resultierende Kindheit und Jugend reagieren die beiden Schwestern Claire und Meghan sehr unterschiedlich. Während die eine ein besonders liebevoller und familienbezogener Mensch wird, ist die andere zu einer Karrierefrau herangewachsen, die ihre Verletzlichkeit hinter einer rauen Oberfläche verbirgt und unfähig scheint, längere Liebesbeziehungen einzugehen oder auch nur ein normales Familienleben zu pflegen.
Zum anderen lässt Kristin Hannah die beiden Schwestern erst mal gründlich miteinander und umeinander ringen, bevor die verhärteten Fronten langsam aufbrechen. Das ist sicherlich nicht neu aber wird unterhaltsam und einfühlsam erzählt. Wie auch in der „Nachtigall“ findet sie teilweise sehr berührende Worte für die Sprachlosigkeit aber auch für die ersehnte Nähe der Darsteller mit- und zueinander. Es handelt sich also auf jeden Fall um ein Frauenbuch, denke ich. Der Handlungsbogen ist relativ vorhersehbar. Lediglich einer der männlichen Nebendarsteller bietet Potential für Überraschungen und auch ein paar Tränen sind da miteinzuplanen. Sicherlich nicht ihr bestes Buch, aber ich habe es gerne gelesen.

Bewertung vom 01.03.2018
In Kalabrien
Beagle, Peter S.

In Kalabrien


ausgezeichnet

Das neue Buch „in Kalabrien“ von Peter S. Beagle hat mich zu einer kleinen aber feinen nächtlichen Lesesession veranlasst. Wenn man erst mal begonnen hat mit dieser Geschichte, kann man das kleine Büchlein nur schwer wieder aus der Hand legen. Das märchenhafte Cover gibt bereits einen kleinen Ausblick auf den Inhalt; ein Einhorn spielt nämlich eine zentrale Rolle.

Claudio Bianchi ist ein alleinstehender Bauer, der in den Bergen Kalabriens lebt und am liebsten seine Ruhe und Einsamkeit genießt. Gestört wird diese nur durch den Postboten, der zweimal die Woche bis hinauf zu seinem abgelegenen Hof kommt und so den einzigen regelmäßigen Kontakt zur Außenwelt darstellt. Claudio ist sich selbst genug. Er arbeitet tagsüber auf seinen Feldern, schreibt manchmal kleine Gedichte, die er dann seinen Kühen, seinem alten Fast-Wachhund oder der dreibeinigen Katze vorliest. In dieses Idyll tritt eines Tages völlig überraschend und still und leise ein weißes Einhorn. Aufgewühlt und sprachlos wirft es ihn aus seinem gewohnten Alltag. Das märchenhafte Tier besucht ihn von da an oft, wandert über seine Felder, steht auf einer Wiese. Es dauert eine Weile, bis er begreift, was das Fabelwesen bei ihm will. Aber was er sofort weiß ist, dass er es geheim halten muss. Leider funktioniert das nicht lange und er muss sich bald der Frage stellen, was er tun will, wenn Menschen kommen, um das Einhorn zu sehen, zu fangen oder gar Schlimmeres mit ihm vorhaben.

Claudio ist ein schrulliger Mitvierziger. Ein ungewöhnlicher Held in einer stillen und elegisch angehauchten Geschichte. Das Einhorn rüttelt ihn aus seiner etwas lethargischen Lebensphilosophie und bringt frischen Wind und neue Menschen in sein Universum. Überrascht hat mich nicht nur, in welcher Gestalt die Liebe bei Claudio Einzug hält, sondern auch, dass eine sehr bedrohliche und reale Gefahr sich in die Handlung schleicht, die tatsächlich in einer Art Showdown mündet.
Beagle versteht es zu erzählen. Vor allem die unterhaltsamen und lebensklugen Dialoge bringen das Tempo, wohingegen die Beschreibungen wie ein ruhiger beschaulicher Fluss daherkommen. Das magische Wesen bewegt sich dabei sehr unaufgeregt und natürlich durch die Geschichte. Ich musste immer wieder an Bilder aus dem Film „Legende“ denken. So ähnlich habe ich mir auch Beagles magische-schönes Einhorn vorgestellt.

Ein kleines feines Büchlein, welches den Leser mit einem guten Gefühl zurücklässt. Ein bisschen wie ein Märchen mit einem Schuss realem Leben.

Bewertung vom 18.02.2018
Die Tochter der Toskana / Toskana-Saga Bd.1
Seemayer, Karin

Die Tochter der Toskana / Toskana-Saga Bd.1


ausgezeichnet

Wir schreiben das Jahr 1832. In Italien gärt es, denn seit langem wird das Land von einem ausländischen Herrscher regiert. Immer mehr junge Männer schließen sich Untergrundorganisationen an, die dagegen rebellieren und heimlich Anschläge planen. Michele, dessen Vater ihn verstoßen hat, ist einer von ihnen. Während er in geheimer Mission Richtung Genua unterwegs ist, rettet er Antonella vor den rüden Fängen ihres Verlobten. Da sie fürchtet, vom Vater zur Heirat gezwungen zu werden, lässt die junge Frau sich darauf ein, mit dem fremden Retter aus ihrem kleinen Bergdorf zu fliehen. Sie hofft, in Genua bei ihrer Tante Unterstützung zu finden. Aber Antonella ahnt nicht, dass hinter Michele die italienischen Gendarmen her sind und nicht nur Schneestürme und Unwetter die Reise gefährlich machen.

„Die Tochter der Toskana“ war mein erstes Buch von Karin Seemayer. Von der ersten Seite an hat mich die Geschichte gefesselt. Schnell lernt man die beiden Hauptdarsteller kennen und stellt fest, dass beide mutig und liebenswert sind. Beide sehnen sich nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung und wollen ihr eigenes Leben anders führen als die dogmatischen Väter es für sie vorgesehen haben. Über weite Strecken ist das Buch eine Art historischer Roadmovie quer durch die Toskana. Wer schon einmal dort war wird es genießen auf ganz eigene Art und Weise das Land noch einmal neu zu entdecken. Während die beiden jungen Menschen so einige Unbillen zu überstehen haben, lernen sie sich immer besser kennen und verlieben sich ineinander. Michele verbirgt zwar seine wahren Beweggründe für die Reise vor ihr, ist aber fasziniert von Antonella, die einen wachen Verstand hat und ihm mit ihrer Tatkraft sogar mehr als einmal das Leben retten wird. Und sie wiederum lernt einen Mann kennen, der so ganz anders ist, als die jungen Männer in ihrem Dorf und der sie als Mensch und Frau schätzt und ihren Freiheitsdrang und ihre Neugierde auf die Welt versteht.

Als sie in Genua ankommen, bekommt die Geschichte dann noch einen ganz eigenen neuen Ton und dabei spielen auch die politischen Umbrüche in Italien eine große Rolle. Das Buch ist also nicht einfach "nur" eine wunderschöne Liebesgeschichte, sondern hat auch einiges an geschichtlichen Fakten und interessanten historischen Details zu bieten, von den treffenden bildlichen Beschreibungen der Toskana und seiner Bewohner mal ganz abgesehen.

Für mich war die Geschichte ein Rundrum-Wohlfühl-Paket mit einem stimmigen Ende. Ich habe auch so einiges über Italien erfahren, was ich so noch nicht wusste. Die Aussicht, dass es in einer Fortsetzung weitergehen wird, freut mich wahnsinnig.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.