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Benutzername: 
MB
Wohnort: 
Rösrath

Bewertungen

Insgesamt 393 Bewertungen
Bewertung vom 24.04.2019
Das Feuer der Erde
Aldan, Leo

Das Feuer der Erde


sehr gut

Brisante Spannung.
Wenn dieses Buch nicht so brandaktuell wäre, dann wäre es nur spannende Unterhaltung. So aber ist es zusätzlich auch noch brisante Unterhaltung. Der Autor Leo Aldan, Biologe und Biochemiker, hält uns ein Welt-Untergangs-Szenario vor Augen, dass uns nachdenklich stimmen muss; das Ende der Erde durch Katastrophen wie Erdbeben, Tsunamis, Vulkanausbrüche, ansteigende Meeresspiegel... ausgelöst durch einen von Geldgier und Gedankenlosigkeit angetriebenen Turbokapitalismus. Die Handlung startet mit der Protagonistin Georgina Finley - Vulkanforscherin - und ihrem Team in der Antarktis. Von Beginn an verdichten sich die Hinweise auf eine Katastrophe. Politik und gekaufte Wissenschaftler wollen nichts von einer drohenden Katastrophe wissen und versuchen sogar, Georgina mundtot zu machen. Die Handlung treibt in bester Pageturnermanier dem Ende entgegen, welches kein Gutes ist. Es sterben nicht nur die fiesen Machtbesessenen sondern auch die 'Guten' - damit gelingt es dem Autor, dass wir uns die Katastrophe nicht vom Leibe halten können, sind wir doch mit den 'Guten' identifiziert. Sofort mag man auf die Straße gehen und sich an 'Friday for future' beteiligen!!! Ein bisschen Liebe kommt auch vor; man wünschte sich das Buch allerdings noch 200 Seiten länger, ist das Ende doch etwas plötzlich. Wahrscheinlich wollte der Autor aber, dass wir nicht so viel Zeit mit Lesen verbringen und statt dessen schneller auf die Straße gehen, um uns für eine zukunftssichernde Klimapolitik einzusetzen.

Bewertung vom 24.04.2019
Wir, die wir jung sind
Taneja, Preti

Wir, die wir jung sind


weniger gut

Ambitioniert.
Da ich mehr Leser bin als Literaturkritiker steht mir eine Gesamtbewertung des ambitionierten 630-Seiters "Wir die wir jung sind" von der jungen indischen Autorin Preti Taneja, in Großbritannien geboren und aufgewachsen, nicht zu. Die Idee ihres Erstlings ist hervorragend, nämlich den Leser*innen die indische Kultur in all ihren Gegensätzen und Spannungsfeldern näher zu bringen. Es geht zum Einen um das gesellschaftliche Spannungsfeld zwischen Traditionalismus und Moderne, zwischen der Familie als sozialer Gemeinschaft im historischen Wandel und zum Anderen um den machtvollen Einfluss des Kapitalismus, sowie um die Gegensätze zwischen arm und reich, Abhängigkeit und Unabhängigkeit. Diese Spannungsfelder vermag die Autorin auch gut in die Familie des Patriarchen Devraj, Besitzer eines Firmenimperiums, hineinzuverlegen, dabei gelingt es durchaus, die langsame Auflösung der klassischen Mann-Frau-Rollen und des Kastensystems zu beleuchten. Der anstehende gesellschaftliche Wandlungsprozess Indiens spiegelt sich als Handlung wider in der Übergabe des Firmenimperiums an die nachfolgende Generation, die ihre sehr eigenen Vorstellungen hat, sich auch entzieht und verweigert, nach neuen Lebensmöglichkeiten sucht. Soweit - sogut; ein fantastischer Stoff - eigentlich...
Aber: Nach einem recht interessanten Beginn wird das Buch mit seiner Handlung zunehmend zähflüssig wegen zu vieler Details, abschweifenden Erzählens, zu vieler Namen und ganzen Sätzen in Hindi ohne eine Übersetzung; auch bleiben die Figuren relativ blass. Dabei hätten dieWidersprüche einer Gesellschaft in einem derart umfassenden Wandlungsprozess sich wunderbar in innerseelischen Konflikten der Protagonisten widerspiegeln und ihnen so mehr Tiefe geben können. Passagenweise wird das Lesen sehr anstrengend. Literarischer Anspruch und gute Lesbarkeit sollten sich nicht ausschließen!

Bewertung vom 24.04.2019
Bella Ciao
Romagnolo, Raffaella

Bella Ciao


sehr gut

Fast eine Jahrhundertrevue.
Die italienische Autorin Raffaella Romagnolo, Jahrgang 1971, hat dem geneigten Leser einen großen Roman geschenkt. Auf über fünfhundert Seiten entfaltet sie die Geschichte zweier Familien im Italien vom Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts bis hin zum Ende des zweiten Weltkrieges. Und das in einer eindringlichen Sprache (bzw. einer guten Übersetzung). Liebe, Verzweiflung, Politik, Klassenunterschiede, Auswanderung, Naturkatastrophe, die beiden Kriege... Im Mittelpunkt steht die Freundschaft zweier Frauen, Giulia und Anita; Anita verliebt sich in den Freund von Giulia; allerdings ist Giulia bereits von ihm schwanger; gekränkt wandert Giulia aus nach New York und kehrt nach Beendigung des zweiten Weltkrieges zurück in das italienische Dorf ihrer Jugend, bereits zu Tode erkrankt; wohl will sie Frieden schließen mit der Vergangenheit. Poetische Beschreibungen der liebevollen Zuwendung zweier Menschen, Schilderungen der Grausamkeiten der Kriege, die Wahrnehmungsperspektive eines Hundes, eine große Hochzeit am Schluss, welche Mut macht für eine gerechtere Zukunft - all das enthält dieses lesenswerte Buch!