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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1899 Bewertungen
Bewertung vom 10.11.2022
This (Last) Christmas (eBook, ePUB)
Pelzer, Julia

This (Last) Christmas (eBook, ePUB)


gut

I gave you my heart, but the very next day, you gave it away oder Der Weihnachtswettbewerb

This (last) Christmas erzählt von Finn und Romy und ihrer First Love in einer typisch amerikanischen Kleinstadt.
Romy ist begeisterte Musikerin, träumt von Nashville und Juilliard.
Doch dann kommt es zur Trennung. Finn verlässt die Stadt zum Studieren. Romy kann nicht verstehen, warum er sie so plötzlich verlassen hat und gemeinsame Pläne unerfüllt blieben.
Erst 3 Jahre später sehen sie sich wieder.
Aus Romys Träumen ist nichts geworden. Sie hat eine Wut auf Finn, aber ihre Gefühle sind lebendig geworden. Bei einem Weihnachtswettbewerb arbeiten sie zusammen und merken, dass sie sich nicht gleichgültig sind. Doch noch steht die Frage, warum ist Finn damals gegangen?

Die Motive Gitarren, Countrymusik und Kleinstadtleben verleihen dem Roman seinen Charakter.
Es gibt sogar eine Gilmore Girls-Anspielung.
Dazu kommen die weihnachtlichen Zutaten inklusive des berühmten Songs, der dem Buch den Titel gab. Obwohl die Autorin aus Hannover kommt, schafft sie damit ein amerikanisches Ambiente.
Mein Kritikpunkt am Buch wäre, dass die ganze Trennungsgeschichte doch etwas konstruiert wirkte.

Bewertung vom 03.11.2022
Elizabeth Finch
Barnes, Julian

Elizabeth Finch


ausgezeichnet

eine romantische Stoikerin

Ein neuer Roman von Julian Barnes ist schon etwas besonderes. Er ist einer der wichtigsten englischen Schriftsteller neben Ian McEwan.

Das Buch wird von seiner Erzählart geprägt. Der Erzähler Neil berichtet in bewundernder Art von seiner Dozentin Elizabeth Finch, mit der er sich viele Jahre lang trifft.
Elizabeth Finch, auch nur EF genannt, gibt geschichtliche Vorlesungen für einen Erwachsenen-Fortbildungskurs. Sie ist unkonventionell, originell und bewahrt immer Haltung.

Neil ist eine leicht gescheiterte Existenz. Er war früher Schauspieler, bis er kein Engagement mehr bekommen hatte.
Er sonnt sich ein wenig in Elizabeth Anwesenheit.
Anfangs war ich sehr begeistert, doch mich störte dann, dass man an EF als Leser einfach nicht herankommt. Sie bleibt stets beherrscht und distanziert.
Doch dann gibt es einen Bruch in der Geschichte. EF stirbt und erst durch ihren Nachlaß an Notizbüchern kommt man ihr etwas näher.

Der Mittelteil besteht dann aus einem langen Essay, ausgehend von dem römischen Kaiser Julian und den Äußerungen von Milton, Voltaire und Ibsen.

Im dritten Teil des Buches ist Neil wieder auf den Spuren Elizabeth und versucht ihre Biografie zu rekonstruieren. Aber sie bleibt ein Rätsel.
Man merkt schließlich, dass es in dem Buch auch viel um Neil geht, seine Hoffnungen, Sehnsüchte und Enttäuschungen.

Elizabeth Finch ist ein geschickt gemachter Roman, wie man es von Julian Barnes gewohnt ist.

Bewertung vom 02.11.2022
Die Bücher, der Junge und die Nacht (eBook, ePUB)
Meyer, Kai

Die Bücher, der Junge und die Nacht (eBook, ePUB)


sehr gut

Souverän geschrieben

Kai Meyer setzt auf eine bewährte Erzählmethode mit mehreren, zeitlich versetzten Handlungsebenen. Da gibt es Handlungsstränge in der Vergangenheit und einen in der Gegenwart, die hier allerdings ab 1971 beginnt.
Protagonist ist Robert, der als Kind seine ersten zehn Jahre isoliert verbrachte. Erst 1943 wurde er befreit.
Auch später weiß er nicht alle Hintergründe. Dieses Rätsel bestimmt den Roman.
Robert, der Bücherexperte ist, arbeitet zusammen mit Marie. Deren streitlustige Dialoge sind amüsant.
Der Handlungspart mit Jakob, Juli und Gregorio ab 1933 übernimmt dann einen Großteil des Plots.

Erzählt wird eigentlich ziemlich locker und Kai Meyers Schreibe gefällt mir gut, aber an und zu wird es sprachlich verkrampft.
Beispiel der erste Satz von Kapitel 19:
Leipzigs Gassen und Boulevards zerflossen an diesem Abend zu einem Aquarell, dessen Farben mit schwarzer Tinte vermischt worden waren.
Die Lichtkugeln der Straßenlaternen lagen darauf wie verstreute Münzen.“
Das wirkt auf mich stilistisch übermotiviert und die Absicht eine besondere Leipziger Atmosphäre zu schaffen, verfängt nicht unbedingt.
Durch Fakten über Leipzig, die Meyer später liefert, wird das eher erfolgen.
Meyers Schreibstil ist ansonsten routiniert und sorgfältig.
Und was ihm wirklich gelingt, ist die Stimmungen der jeweiligen Zeiten einzufangen.
Der Roman nimmt den Leser im Verlaufe des Buches immer mehr gefangen.
Die Bücher, der Junge und die Nacht ist guter Roman, der den direkten Vergleich mit den großen Romanen des Genres aushält.

Bewertung vom 31.10.2022
Der Fußgänger
Boning, Wigald

Der Fußgänger


sehr gut

Der Philosoph zu Fuß

Wigald Boning holt in seiner philosophischen Abhandlung weit aus, sogar bis in die Kindheit und Jugend.
Bonings Liebe und Plädoyer für das Wandern ist überwiegend amüsant.
Schon als Jugendlicher begeistert er sich für das Bergwandern. Als Belohnung kann es dann auch mal eine Stadtwanderung geben.
Im Verlaufe des Buches kommt Wigald Boning weit voran.

Wigald Boning geht zum Teil sehr ins Detail. Manche Aspekte der Wanderausrüstung haben dann so sehr doch nicht interessiert. Das gilt insbesondere auch für Blasen am Fuß und Hornhaut.
Die besten Momente hat das Buch, wenn seine Gefühlswelt thematisiert wird und er einige Anekdoten über Erlebnisse aus seiner Vergangenheit zum Besten gibt.
Es gibt so einige Episoden, die er mit seiner unvergleichlichen Art schildert.
Er kann komisch sein, ohne groß zu übertreiben, wie es viele der momentan angesagten Kabarettisten und Comedians zu oft tun.

Der Fußgänger schafft beeindruckend viele Kilometer und er ist viele Stunden unterwegs.

Bewertung vom 30.10.2022
Die Schatten von Paris / Ein Fall für Jacques Ricou Bd.7
Wickert, Ulrich

Die Schatten von Paris / Ein Fall für Jacques Ricou Bd.7


gut

Der Untersuchungsrichter

Die Schatten von Paris ist der siebte Teil um den Richter von Paris, Jacques Ricou, doch für mich ist es der Einstieg in die Reihe.

Es beginnt etwas hektisch, doch mit dem ersten Auftreten des Richters beim gelassen Frühstück in einem Pariser Bistro fühlt man sich schon fast angekommen.
Mich interessiert die Figur des Untersuchungsrichter. Diese Position gibt es bei uns nicht, in Frankreich hat er Bedeutung.

Manchmal muss man sich über Ricou aber auch wundern. Da ist seine Beziehung zu seiner Freundin, der Journalistin Margaux, fast schon putzig.
Beim Tod seines langjährigen Freundes Michel Delabrue bleibt er aber seltsam unberührt. Da hätte Wickert ruhig ein paar Emotionen mehr zugestehen dürfen.

Überwiegend ist der Roman gefällig zu lesen.
Ulrich Wickert ist frankophil, jahrelang hat er in Paris gelebt und gearbeitet. Er schwelgt in entsprechenden Zutaten und da macht man als Leser gerne mit.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.10.2022
Innigst/ Dearly (eBook, ePUB)
Atwood, Margaret

Innigst/ Dearly (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein neues Gedichtband der großen Kanadischen Autorin.
Übersetzt wurde es von Büchner-Preisträger Jan Wagner, der mir zuletzt mehrfach als mutiger Übersetzer aufgefallen ist.
Es ist sehr zu loben, dass es sich um eine zweisprachige Ausgabe handelt.
Manche Gedichte habe ich im Original gelesen, andere auf Deutsch und manchmal beide Versionen.

Nicht unwichtig auch der Untertitel Gedichte eines Lebens / Poems of a Lifetime.
Das Buch besteht aus 5 Abschnitten.
Es beginnt mit „Late Poems“, es folgt Ghost Cat Für mich ist der erste Teil ein starker Beginn des Buches, da man in den gewählten Motiven viel privates spürt.

Ein Liederzyklus, fällt auf: Lieder für ermordete Schwestern.
Es gibt mehrfach feministische Einschläge, z.B. in Werwölfe, letzter Stand, in dem man nicht mehr nur männlichen Werwölfen begegnet.

Dann auch das neunteilige Die Außerirdischen landen - neun Spätfilme.

Erst das vorletzte Gedicht im Band ist das Titelgedicht, dass alten Wörtern, wie innigst, nachspürt. Sie werden nicht mehr so häufig verwendet, haben aber noch Bedeutung.
So viele Gedichte müsste man noch erwähnen.
Sehr oft geht es um Sprache, oft auch um Körperlichkeit. Nicht selten gibt es Anspielungen auf mythisches, das macht das Buch interessant.

Ich mag an Atwoods Gedichten, das sie zwar manchmal rätselhaft sein können, aber nicht unzugänglich. Dieses Buch wird mich noch lange begleiten.

Bewertung vom 29.10.2022
Die Mauersegler
Aramburu, Fernando

Die Mauersegler


ausgezeichnet

Roman in Überlänge

Die Mauersegler umfasst 832 Seiten. Es ist im Prinzip ein langer Bericht des Protagonisten Toni, der beschlossen hat, sich innerhalb einen Jahres das Leben zu nehmen.
In seinem Bericht gehen die Erinnerungen zurück in die Kindheit und in seine gescheitere Ehe mit Amalia, von der er jetzt geschieden ist und einer nicht sehr engen Beziehung zum jugendliche Sohn Nikita. Dann gibt es noch seinen guten Freund, den er innerlich immer Humpel nennt und der sein einziger Vertrauter ist.

Toni ist Lehrer, aber auch darin findet er keine Freude.
Obwohl der 55 Jahre alte Erzähler ein frustrierter Mann ist, gibt es teilweise auch komische Stellen im Buch.

Im Hintergrund tönt außerdem durch Tonis Kommentare das Leben in Spanien mit den gesellschaftlichen und politischen Problemen mit.

Mit der Hauptfigur kann man seine Probleme haben, dann verstehe ich ihn teilweise auch wieder.

Durch die Form des Romans kommt man beim Lesen nicht wirklich schnell voran und ich benötigte auch mehrere Ansätze. Doch man spürt die Relevanz des Textes und Fernando Aramburu designed sein Buch geschickt.
Schließlich war ich ganz drin im Buch und habe das Lesen genossen.

Bewertung vom 27.10.2022
Als die Welt zerbrach
Boyne, John

Als die Welt zerbrach


sehr gut

Die Tochter des Teufels

Was für ein pathetischer Romantitel, aber die Fortsetzung des Jungen im gestreiften Pyjama wollte ich mir doch nicht entgehen lassen.
Hier geht es um die Schwester von Bruno, der im ersten Roman im Mittelpunkt stand.
Dieser neue Roman ist weniger als Fabel erzählt.
Der irische Schriftsteller John Boyne schreibt über gewisse Themen auf spezielle Art. Damit muss man umgehen.
Der Roman wird stark durch den Erzählton geprägt. Es wird deutlich, dass die Erzählerin Gretel von den Ereignissen der Vergangenheit beschädigt ist.
Ihr Leben wird geschildert. Als Tochter des Lagerkommandanten ist sie ganz in der deutschen Schuld gefangen, und auch in persönlicher Schuld. Sie verdrängt es lange, aber als alte Frau kommt es zu einer entscheidenden Begegnung, bei der Gretel sich entscheiden muss.

Das Buch ist teilweise schwer zu verdauen. Das steht im Kontrast zu dem leichten Erzählstil, bei dem mir Teile der Dialoge fast verplaudert vorkommen.
Das Finale hingegen ist dramatisch und nach meinem Empfinden nicht wirklich angemessen.

Ob es zum Hauptthema Schuld mit diesem Buch neue Erkenntnisse gibt, wage ich zu bezweifeln, aber zum Nachdenken regt es sicherlich an.

Bewertung vom 23.10.2022
Feldpost
Borrmann, Mechtild

Feldpost


sehr gut

Realistische Darstellung

Das Schreiben in verschiedenen Zeitsträngen, meist Gegenwart und Vergangenheit ist ein wesentliches Merkmal dieses Genres, in dem Mechthild Borrmann eine erfolgreiche Meisterin ist.
Hier sind es die Jahre 2000 mit der Anwältin Cara, die sich mit alten Briefen befasst und dann ab 1935 in Kassel mit wechselnden Perspektiven. Wichtig sind da Adele und ihre Familie sowie Richard Martens, den ich für die vielleicht stärkste Figur halte.

Mechthild Borrmann hat schon eine Reihe von Büchern geschrieben, wobei mich besonders Der Geiger und Trümmerkind beeindruckten.
Feldpost kommt mir im Vergleich zu routiniert vor. Doch dafür schafft sie eine große Komplexität.

Der Plot funktioniert. Wie Cara recherchiert und wie Adele und Richard die schlimme Zeit erlebt, werden intensiv dargestellt. Auch die Exilgeschichte von Adeles Eltern Gerhard und Katharina wird erzählt.
Es wird zu einem packenden Lesen.

Bewertung vom 22.10.2022
Die Legenden von Andor: Varkurs Erwachen
Baumeister, Jens

Die Legenden von Andor: Varkurs Erwachen


sehr gut

Varkurs Schicksal

Graphic Novels lese ich nicht oft, daher ist Die Legenden von Andor – Varkus Erwachen für mich etwas besonders.
Mich beeindrucken die gut gezeichneten Bilder und dabei besonders die Gesichter der Figuren, die Emotionen ausdrücken.
Auch die Umgebung ist teilweise imposant gezeichnet.

Der Grundplot an sich ist nicht ganz neu. Eine Frau findet einen verletzten Mann, der sein Gedächtnis verloren hat. Das gab es schon bei Joseph Conrad.
Aber das macht nicht. Die Bestandteile des Plots funktionieren einfach und der Geschichte zwischen Varkur und Ranja folgt man gerne.
Es bleibt zunächst Geheimnisvoll, doch Varkurs schlummernde Kräfte werden langsam spürbar, zunächst nur andeutend im Dorf und schließlich mächtig, als Ranja von einem Skral angegriffen wird.

Es gibt Ansätze, wo es etwas düster wird, aber sie bleiben im Ansatz. Das hätte ich mir auch noch stärker Dark ausgeprägt vorstellen können.
Dafür wird in Varkurs Erwachen eine geradlinige Story erzählt und dafür habe ich viel übrig.