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Benutzername: 
Christina P.
Wohnort: 
Hamburg

Bewertungen

Insgesamt 1057 Bewertungen
Bewertung vom 25.08.2021
Gegen alle Regeln / Strafverteidiger Pirlo Bd.1
Bott, Ingo

Gegen alle Regeln / Strafverteidiger Pirlo Bd.1


ausgezeichnet

Manchmal ist Blut dicker als das Strafgesetzbuch
Autor Ingo Bott lässt seinen erfolgreichen Anwalt Pirlo tief fallen - und wie einen Phönix aus der Asche wieder auferstehen. Nachdem er seinen Job in einer hochangesehenen Anwaltskanzlei verloren hat, übernimmt er nach seinem Seelentief einen hochbrisanten, wenn auch zunächst aussichtslos wirkenden Fall: Marlene von Späth soll ihren Mann hinterrücks erstochen haben, einen reichen Unternehmer. Für diesen Fall gründet Pirlo spontan eine Wohnzimmer-Kanzlei. Mit an Bord die clevere Junganwältin Sophie Mahler, die sich in der Upperclass bestens auskennt, während Pirlos familiäre Hintergründe auf der anderen Seite des Gesetzes liegen.
Ein spannender und abwechslungsreicher Roman mit einem etwas unkonventionell agierenden Anwalt. Um an wichtige Details für die Verteidigung der Angeklagten zu gelangen, gehen Sophie und Pirlo auch mal aussergewöhnliche Wege, wobei Pirlos kriminelle Brüder vielleicht ein klein wenig Einfluss auf sein Handeln nehmen, nicht zuletzt auch deswegen, weil sie Mist gebaut haben und Pirlo nun um Unterstützung bitten. Da ist Blut manchmal dicker als das Strafgesetzbuch.
Bereits Pirlos anfängliches Seelentief war recht beeindruckend, ebenso gefiel mir seine Zusammenarbeit mit Sophie, die einen ungewöhnlichen Start hat, sich aber dank der gut ausgearbeiteten Charaktere spannend entwickelt. Natürlich gibt es auch Szenen im Gericht, beeindruckend geschildert und hervorragend in die Gesamthandlung eingefügt, welche sich durchaus sehen lassen kann. Ebenso ist der Schreibstil recht angenehm, Pirlos etwas lockere und manchmal direkte Art scheint immer mal wieder durch und macht das Buch zu einem unterhaltsamen Lesevergnügen.

Bewertung vom 23.08.2021
Die Nacht - Wirst du morgen noch leben? / Björk und Brand Bd.2
Beck, Jan

Die Nacht - Wirst du morgen noch leben? / Björk und Brand Bd.2


ausgezeichnet

Spannend und äusserst perfide
Ein neuer Fall für Europols Super-Recognizerin Inga Björk: Fünf Personen wurden entführt und in Glasröhren gesteckt, über online gestellte Aufgaben können andere Menschen über deren Schicksal mitentscheiden: Leben oder Tod? Weder ist klar, was hinter dieser perfiden Tat steckt noch ob die Opfer zufällig ausgewählt wurden. Mit ins Boot holt sich Inga Björk wieder Christian Brand, der dank seiner schnellen Auffassungsgabe und effektiven Entscheidungen die Ermittlungen zügig vorantreibt.
Ein Thriller, der Spannung bis zur letzten Seite verspricht. Der Leser erhält vom Autor Andeutungen, welche erste Vermutungen ermöglichen - nur, um diese wieder über den Haufen werfen zu müssen, weil ein Detail noch nicht so recht passt. Sämtliche Hintergründe, welche zu der aussergewöhnlichen Tat führten, sind durchdacht und spannend inszeniert, die Ermittlungen wirken authentisch und professionell.
Auch im zweiten Band des Ermittlerteams gibt es wieder einige Einblicke in deren Persönlichkeit, eine Kenntnis des ersten Bandes ist jedoch nicht notwendig. Besonders gefallen hat mir neben dem recht komplexen Fall die aussergewöhnliche Durchführung der Entführung, da haben sich Täter und Autor etwas ziemlich Ausgefallenes einfallen lassen.
Ein äusserst spannender und abwechslungsreicher Thriller mit sympathischen Ermittlern und einem aussergewöhnlichen Fall, der zum Mitermitteln einlädt. Definitive Leseempfehlung.

Bewertung vom 11.08.2021
Systemfehler
Harlander, Wolf

Systemfehler


sehr gut

Von der (In)-Stabilität digitaler Systeme
In mehreren europäischen Ländern kommt es zu digitalen Aussetzern, welche sich kontinuierlich steigern. Zunächst beginnt es mit kleinen Ausfällen in der Stromversorgung, dem folgen schon bald Internet und Mobilfunk. Die Steuerung des Verkehrswesens sowie weite Bereiche der Infrastruktur brechen zusammen, Verletzte und Todesopfer sind die Folge. Natürlich läuft dadurch auch die Versorgung mit Wasser, Energie und Lebensmitteln nicht mehr reibungslos. Zunächst hat Teenager Ben noch Sorge, er sei für den ganzen Schlamassel verantwortlich, da er heimlich ein Online-Videospiel gespielt hat, welches genau solche Szenarien beinhaltet. Durch seine Fehler gerät zunächst sein Vater als IT-Experte ins Visier des BND, an dessen Schuld der zuständige Ermittler jedoch schnell zweifelt. Dann überschlagen sich die Ereignisse und das Chaos in Europa bricht aus.
Sowohl Idee als auch Umsetzung des Romans empfand ich als sehr gelungen. Hauptsächlich geht es um den IT-Experten Daniel Faber, der auf eigene Faust versucht, die Drahtzieher der Cyberangriffe ausfindig zu machen, um seine Unschuld zu beweisen. Ihm gegenüber steht Nelson Carius, der als neuer Mitarbeiter des BND auf die zunächst noch harmlos wirkenden digitalen Ausfälle angesetzt wird. Entsprechend wechseln die Perspektiven, zu denen noch weitere anderer Charaktere hinzukommen, wodurch die Handlung sehr abwechslungsreich ist. Auch ist das Szenario selbst, wie nach und nach immer mehr digitale Systeme ausfallen mitsamt den Auswirkungen auf mehreren Ebenen, realistisch und verständlich aufgebaut. Kritik muss ich hierbei leider anbringen: Einigen Charakteren hat der Autor ein unnötig naives Handeln angedichtet wie z. B., dass eine intelligente Frau bei Stromaussetzern dennoch in einen Aufzug steigt - der natürlich prompt ausfällt, oder dass eine andere Frau sich beim Ausfall des Internet als erstes Sorgen macht, nicht mehr die Supermarktangebote online durchstöbern zu können. Ebenso fielen mir zu früh manche männliche Personen zu aggressiv aus. Ohne so manches Klischee-Verhalten wär der Roman perfekt gewesen. Davon abgesehen bietet der Roman eine angenehme Spannung, die Jagd nach den Drahtziehern des Cyberwar gestaltet sich immer umfangreicher und endet in einem kleinen Showdown, nicht ohne auf dem Weg dahin einigen Menschen das Leben zu kosten.
Ein spannendes „was wäre, wenn“-Szenario, welches verdeutlicht, wie abhängig bereits viele Systeme von einer funktionierenden digitalen Infrastruktur sind und wie instabil dieses System in Wirklichkeit ist.

Bewertung vom 09.08.2021
Die Götter müssen sterben
Bendzko, Nora

Die Götter müssen sterben


ausgezeichnet

Amazonen und der Trojanische Krieg
Die Amazonen, Töchter des Kriegsgottes Ares, werden von Göttin Artemis in den Krieg gegen Troja geführt, auf dass sie sich beim Niedergang Trojas an ihren Feinden rächen können. Von Artemis für dieses Vorhaben mit besonderen Fähigkeiten gesegnet wird ausgerechnet die Nicht-Amazone Areto, welche sich den Kämpferinnen nach einem Überfall auf den Palast des Theseus anschloss.
Ein faszinierendes Epos der Dark Fantasy, welches die Amazonen frei von maskulinen Vorurteilen zeichnet. Weder sind sie männerhassende Emanzen noch Bikiniathletinnen mit niedrigem IQ, wie in manch anderen Werken dargestellt. Sie sind ein Volk des Kampfes, welches sich ebenso Sklaven und Huren hält wie die Griechen, wenn auch mit deutlich mehr Toleranz. Eine freie Wahl des Geschlechts sowie der sexuellen Neigungen ist hier normal, mit expliziten Szenen muss ebenso gerechnet werden wie mit Kampfhandlungen.
Sehr gefielen mir die umfangreichen Darstellungen der unterschiedlichen Charaktere, von denen viele in der bekannten Sagen- und Götterwelt wiederzufinden sind. Die Stärke des Romans ist jedoch zugleich auch dessen Schwäche: Die Autorin hat sich die Mühe gemacht, viele Charaktere äusserst komplex zu gestalten, zeigt Träume und Erinnerungen an frühere Szenen, wechselt zu vielen Nebenschauplätzen. Dadurch bekommt man ein umfangreiches Gefühl für die Personen und warum sie wie handeln und entscheiden, gleichzeitig fühlte ich mich jedoch beim Lesen durch noch einen und noch einen Einschub vor lauter Input manchmal wie erschlagen. Ebenso geht die Haupthandlung dadurch nur äusserst langsam voran. Erfrischend waren die Götter und Halbgötter, die wiederholt in die Handlung eingriffen, wobei deren Kämpfer manchmal vor brutaler und sexueller Gewalt ebenso wenig zurückschreckten wie die Soldaten Griechenlands, diese gefühlt sogar noch überboten.
Ein durchaus beeindruckender und bildgewaltiger, stellenweise recht brutaler Roman, dem anzumerken ist, wieviel Arbeit darin steckt. Besonders lobenswert ist die Darstellung der Amazonen, endlich nicht durch Ängste und Sexualfantasien männlicher Erzähler verklärt. Die Erzählung gestaltet sich als äusserst komplex und vielschichtig, was die Haupthandlung ein wenig ausbremst, dafür wiederum ein komplettes Eintauchen in eine götterdurchzogene Zeit rund um den Trojanischen Krieg bietet. (4,5/5 Sternen)

Bewertung vom 05.08.2021
Flüsterwald - Durch das Portal der Zeit: Ausgezeichnet mit dem LovelyBooks-Leserpreis 2021: Kategorie Kinderbuch (Flüsterwald, Staffel I, Bd. 3)
Suchanek, Andreas

Flüsterwald - Durch das Portal der Zeit: Ausgezeichnet mit dem LovelyBooks-Leserpreis 2021: Kategorie Kinderbuch (Flüsterwald, Staffel I, Bd. 3)


ausgezeichnet

Aufregend, spannend und voller Überraschungen
Sehnsüchtigst erwartet und sofort im Abenteuer versunken: In Band 3 der Flüsterwald-Reihe reisen die Kinder Lukas und Ella gemeinsam mit Elfe Felicitas, Beschützerkatze Punchy und Menok Rani in die Vergangenheit der Stadt Winterstein zu einer früheren Ausgabe von Ellas Großvater, Professor Archibald von Thun. Nur durch dessen Blut können sie den Entdecker des Flüsterpulvers in der Gegenwart aus dem Baumgefängnis befreien. Natürlich läuft von vorn bis hinten alles anders als geplant. Diesmal ist es aber nicht Felicitas‘ Schuld - Ehrenwort!
Auch der dritte Band steckt voller Abenteuer, spannender und lustiger Szenen und jeder Menge Überraschungen. Neben neuen magischen Details und Wesen darf diesmal auch der Dunkle Magier ein wenig mitmischen und lädt zum Spekulieren ein, wer wohl hinter dem gefährlichen Feind des Flüsterwaldes stecken könnte. Auch erfährt man ein Geheimnis um Felicitas, welches sie selbst noch nicht wusste. Und Rani darf wieder ein wenig ganz aus seiner Perspektive erzählen, in der er natürlich der absolute Oberheld ist. Schmunzler sind da garantiert.
Ein gelungener dritter Band eines fantastischen Abenteuers, wieder mit vielen liebevollen Details, Überraschungen, Action und Humor. Die Illustrationen zu Beginn eines jeden Kapitels machen das Buch auch optisch wieder zu einem Highlight. Absolute Leseempfehlung, kann ich euch flüstern.

Bewertung vom 05.08.2021
Der dunkle Schwarm Bd.1
Graßhoff, Marie

Der dunkle Schwarm Bd.1


gut

Fängt stark an, lässt stark nach
Programmiererin Atlas alias Oracle verdient sich im Jahr 2100 illegal ein wenig Geld durch den Diebstahl und Verkauf von Erinnerungen dazu, bevorzugt Industriespionage. Eine Besonderheit ihres Mindchip-Implantats macht es möglich, dass sie mehr Zugriffsmöglichkeiten in den Hives, so eine Art Gedanken-Gruppenchats, hat als normalerweise üblich. An ihrer Seite arbeitet Julien, ein ehemaliger Kampfandroide und für Atlas Beschützer und Familie in einem. Ihr neuester Auftrag stellt jedoch alle bisherigen Aufträge in den Schatten: Noah bittet sie, den Mord an seiner Schwester aufzuklären, welche bei einem Anschlag auf einen gesamten Hive getötet wurde. Zufall? Ökoterrorismus? Oder steckt einer der Großkonzerne dahinter?
Was zunächst wie ein Kriminalfalll in einer dystopischen Zukunft wirkt, entwickelt sich Schritt für Schritt zu einem gesellschaftskritischen Science-Fiction-Thriller. Der Erdball ist ausgebeutet und mit 11 Milliarden Menschen restlos überbevölkert, die Schere zwischen arm und reich klafft weit auseinander. Echte Lebensmittel und schulische Bildung sind den Reichen vorbehalten, während in den unteren Bereichen der Megacities im ewigen Schatten die Armen ums Überleben kämpfen. Eine Vereinigung names „The Cell“ macht im Kampf für die Umwelt seit langem radikal Stimmung gegen die Konzerne. Zudem lassen sich einige interessante Zukunftstechnologien im Roman entdecken.
Atlas mogelt sich in dieser Welt durch - woher sie ihre aussergewöhnlichen Fähigkeiten hat, weiß sie nicht. Als Charakter ist sie eine durchaus interessante Figur: Tough, intelligent, aber leider auch recht distanziert und einsam. Zwar entwickelt sie sich im Laufe des Romans weiter, allerdings wird dies enttäuschenderweise nur erwähnt, statt diese Charakterentwicklungen richtig miterleben zu können. Ebenso missfiel mir, dass sie mit der Zeit „from zero to hero“-Eigenschaften entwickelte, ihre Fähigkeiten auf unerklärliche Weise passend zur Handlung immer umfangreicher wurden, bis es ab einem gewissen Punkt auf mich nur noch unglaubwürdig wirkte. Neben der angedeuteten Gesellschaftskritik vermisste ich eine ethische Auseinandersetzung mit den Androiden, die mal dem Menschen gleichgestellt wirkten, dann aber plötzlich nur wie „Dinge“ behandelt wurden. Das blieb im Roman leider genauso undeutlich wie das Setting selbst, welches ich mir anhand einiger eingeworfener Details doch größtenteils selbst zurechtfantasieren musste. Hintergründe zur Entwicklung der ADICs (wofür steht diese Abkürzung?), der implantierten Hive-Chips, finden sich leider auch nicht im Buch. Der Spannungsbogen, welcher zunächst vielversprechend aussah, nahm zum Ende hin leider auch rapide ab, da es statt überraschender Twists nur noch eine vorhersehbare, gradlinige Handlung ohne viel Tiefgang gab.
Auch wenn die Idee faszinierend ist, hat mich doch der diesmal recht detailarme Stil nicht überzeugen können. Zuviel blieb oberflächlich oder wurde nicht ausreichend erläutert, manches driftete zum Ende hin in den Superlativ ab, blieb oberflächlich und vorhersehbar. Gelungene SF war das leider nicht, sorry.

Bewertung vom 05.08.2021
Die Reise beginnt / Die Legende von Frostherz Bd.1
Littler, Jamie

Die Reise beginnt / Die Legende von Frostherz Bd.1


ausgezeichnet

Aussergewöhnliches Eiszeit-Abenteuer mit wunderschönen Illustrationen
In einem Land nach unserer Zeit: Die Welt ist bedeckt von ewigem Eis und Schnee, selbst im Sommer. Unter der Schneedecke verborgen liegen nicht nur die Erfindungen früherer Völker, sondern auch gefährliche Monster, Leviathane, welche Jagd auf Mensch und Tier machen. In einem kleinen Dorf hoch im Norden wohnt der kleine Junge Ash. Als herauskommt, dass er die verbotene Magie des Klangwebens beherrscht, wird er zusammen mit Jäger Tobu verbannt, einem Yeti, der den kleinen Ash um alles in der Welt beschützen will. Zusammen mit der Crew des Eisschiffs Frostherz erleben sie fortan gefährliche Abenteuer.
Inhaltlich sowie optisch ein absolutes Lese-Highlight! Neben einer umfangreichen Karte der Welt beinhaltet das Buch unzählige Illustrationen rund um die Abenteuer von Ash, Tobu und der Crew der Frostherz. Neben Menschen und Yetis gibt es noch Charaktere, die an Walrosse und Polarfüchse erinnern. Durch seine besondere Magie sind Ash gegenüber einige Leute feindlich gesinnt, während er in der aufgeweckten und mutigen Lunah eine neue beste Freundin findet. Und auch mit dem wortkargen Yeti Tobu muss Ash sich erstmal zusammenraufen, die beiden sind doch sehr verschieden. Hervorragend ist der Zusammenhalt der Schiffscrew dargestellt, selbst in gefährlichsten Situationen halten alle zusammen und sind füreinander da. Zudem sind die beiden Kinder Ash und Lunah so gestaltet, dass die jungen Leser sich problemlos mit ihnen identifizieren können.
Eine aussergewöhnliche, frostige Welt mit magischen Elementen und faszinierenden Charakteren, die gemeinsam höchst spannende Abenteuer erleben.

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Bewertung vom 05.08.2021
Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1
Beckett, Simon

Die Verlorenen / Jonah Colley Bd.1


sehr gut

Ermittler wird Opfer eines perfiden Spiels
Mit „Die Verlorenen“ bietet Simon Beckett einen neuen Ermittler: Jonah Colley, Mitglied einer Spezialeinheit der Londoner Polizei. Eben noch hat Jonah sich einen gemütlichen Abend mit seinen Kollegen gegönnt, als ihn sein ehemals bester Freund nach zehn Jahren überraschend anruft und ihn um ein nächtliches Treffen bittet. Dort angekommen, findet Noah seinen Freund jedoch nur noch tot vor, neben ihm drei weitere Mordopfer. Bevor er Verstärkung rufen kann, wird er selbst aufs Übelste angegriffen, überlebt nur schwerverletzt. Nach seinem Erwachen gehen die Probleme jedoch erst richtig los, als er erfährt, dass ein gewisser Owen Stokes ins Visier der Ermittler geraten ist - ebendieser wurde vor zehn Jahren verdächtigt, Jonahs Sohn entführt zu haben, der nie gefunden wurde. Obwohl die Beweise damals gegen Owen Stokes sprachen, kochen die Erinnerungen in Jonah erneut hoch. Regelrecht auf Stokes fixiert ermittelt Jonah von nun an auf eigene Faust - bis plötzlich die Indizien gegen ihn selbst sprechen.
Tatsächlich entwickelt sich der Roman nach und nach in ein perfides Katz- und Maus-Spiel, welches sowohl für Jonah wie auch für den Leser undurchsichtig bleibt und zuletzt für eine unvorhersehbare Überraschung sorgt. Jonahs Selbstvorwürfe der Mitschuld am Verschwinden seines Sohnes spielen eine nicht unwichtige Rolle, sorgen jedoch leider dafür, dass er während seiner Ermittlungen einen Anfängerfehler macht, der mich beim Lesen arg störte: Statt Indizien zu sammeln und daraus Schlüsse zu ziehen, hat Jonah den Schuldigen für sich bereits längst gekennzeichnet und interpretiert sämtliche Geschehnisse so, dass sie seinen Verdacht bestätigen. Wobei der reguläre Ermittler in dem Fall auch gerne hier und da voreilige Schlüsse zieht.
Der Fall selbst ist wohldurchdacht und komplex gestaltet, so dass der Roman bis zum Schluss spannend bleibt. Schade ist, dass Jonah Colley sowie der offizielle Ermittler nicht miteinander, sondern gegeneinander arbeiten und beide zu vorschnellen Schlüssen neigen. Dennoch ein gelungener Start in eine neue Ermittler-Reihe.

Bewertung vom 05.08.2021
Eis. Kalt. Tot.
Nordby, Anne

Eis. Kalt. Tot.


ausgezeichnet

Eiskalte Leichen und Zimtgebäck
Bei -15°C wird in Kopenhagen eine kopflose Leiche aus dem Wasser gefischt. Weitere bizarr arrangierte Opfer folgen. Eine große Herausforderung für die Kollegen von der Mordkommission, ein gefundenes Fressen für die Presse. Dank der Hilfe der Super-Recognizerin Marit Rauch Iversen ergibt sich schon bald eine erste Spur.
Ein hervorragender Nordic-Noir-Thriller. Nicht nur die Temperaturen laden beim Lesen zum Frösteln ein, sondern auch die Art und Weise, wie die Opfer der Mordserie arrangiert werden. Getragen wird der Roman primär von drei Hauptcharakteren, wobei auch die Täterseite ein paar Seiten abbekommt. Kommissarin Kirsten Vinther als Leiterin der Ermittlergruppe ist intelligent und zielstrebig, steht allerdings auch ziemlich unter Druck, Erfolge zu liefern. Jesper Bæk als Neuling in Kopenhagen muss sich zunächst noch etwas einleben und obwohl er einiges auf dem Kasten hat, stört sich Kirsten Vinther daran, ihn nicht komplett durchschauen zu können, was zu einigem Misstrauen zwischen den beiden führt. Meine Favoritin Super-Recognizerin Marit Rauch Iversen bringt nicht nur dank ihrer aussergewöhnlichen Fähigkeiten viel Spannung in den Roman. Neben ihrer direkten Art sind es vor allem ihre Hintergründe sowie ihre frühere Kindheit in Grönland, welche den Thriller abwechslungsreich gestalten und gewissermaßen zielführend in dem Fall sind.
Die Atmosphäre sämtlicher Szenen wurde mithilfe der passenden Details von der Autorin gut dargestellt, selbst das typische Zimtgebäck bei den Teambesprechungen durfte da nicht fehlen. Die Charaktere sind vielschichtig gestaltet, der Kriminalfall höchst komplex und bis zum Schluss undurchsichtig. Ein Thriller, der eiskalte Spannung bis zur letzten Seite bietet!

Bewertung vom 26.07.2021
Zum Sterben zu viel
Kinskofer, Lotte

Zum Sterben zu viel


ausgezeichnet

Kriminalroman, der eine gelungene literarische Zeitreise in die Weimarer Republik bietet
Wer zu diesem Roman greift, begibt sich auf eine gelungene Zeitreise rund 100 Jahre zurück nach München und Umgebung. Anschaulich beschreibt die Autorin das damalige 1922, eine Zeit, in welcher das gestern verdiente Geld heute bereits viel weniger Wert ist, wo die Menschen in den Städten finanziell ums Überleben kämpfen und lange für Lebensmittel anstehen. Als in einem Münchener Vorort ein Dichter erstochen aufgefunden wird, muss die Polizei schnell einen Täter liefern, um das Volk zu beruhigen. Obwohl keine Beweise gegen ihn vorliegen, wird ein Schreiner unschuldig für die Tat inhaftiert - was das für seine Frau und den Handwerksbetrieb bedeutet, interessiert die Polizei nicht. Selbst, als ein weiterer Mord nach demselben Muster geschieht, bleibt die Polizei stur, wenn auch Oberkommissar Benedikt Wurzer seine Zweifel an der Inhaftierung des Schreiners hegt. Ebenso versucht Agnes, die Frau des Handwerkers, um die Freiheit ihres Mannes sowie um ihre Zukunft zu kämpfen.
Sehr schön zeichnet die Autorin die damaligen Gegebenheiten auf, die Probleme und Missstände, mit welchen das Volk zu kämpfen hatte. Mit Agnes wird insbesondere die Rolle der Frau etwas eingehender beleuchtet, was mir sehr gefiel, da viele Romane sich primär auf die Männer dieser Zeit konzentrieren. Vor allem die Angst vor übergriffigen Männern, welche nach damaligem Rechtssystem anschließend weiterhin gut dagestanden hätten, wird hier einfühlsam thematisiert. Kritisch wird ebenfalls die Einstellung einiger Ermittler beleuchtet, für die systembedingt einzig die Quote zählt - ob der richtige Täter inhaftiert wurde, ist so manchen Polizisten egal. Der Kriminalfall selbst fügt sich gekonnt in das gezeichnete Gesellschaftsbild der damaligen Zeit ein, die Anzahl der beteiligten Personen bleibt angenehm überschaubar. Der Schreibstil ist abwechslungsreich und die Charaktere werden emotional sehr gut dargestellt.
Ein überzeugender und unterhaltsamer Kriminalroman, der sehr gut Einblicke ins damalige Leben sowie die Probleme der Bevölkerung, insbesondere der Frauen, bietet.