Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Kuehn, S.

Bewertungen

Insgesamt 797 Bewertungen
Bewertung vom 10.07.2022
Als das Böse kam
Menger, Ivar Leon

Als das Böse kam


gut

Vielversprechender Beginn
"Als das Böse kam" ist der erste Roman von Ivar Leon Menger und mich konnte die Handlung nicht erreichen.
Eine Familie mit zwei Kindern lebt in einer Blockhütte auf einer kleinen Insel, alleine, isoliert, abgeschnitten. Die Kinder haben Angst vor den Fremdlingen, also Menschen die von außerhalb auf ihr Insel kommen könnten. Erklärt wird ihnen das wie eine Art Zeugenschutzprogramm, dass jemand Rache am Vater und seiner Familie nehmen will für eine Aussage vor langer Zeit. Die Kinder sind von jeglicher Bildung und auch Nachrichten abgeschnitten und dadurch sehr naiv.
Erzählt wird diese Geschichte aus der Sicht von Juno, der 16 jährigen Tochter. Ich kann schon verstehen, dass sie wenig Bezug zur Realität hat, aber manchmal hat es echt genervt, welche Abwege ihre Gedanken und auch Taten nahmen, das wirkte mir echt zu konstruiert.
Die Geschichte beginnt sehr spannend und mir war so gar nicht klar, wo der Autor mit uns hin will. Das wirkte sehr stark. Später, als Juno alles hinterfragte, begann es für mich unglaubhaft zu werden, vor allem die Reaktionen der Eltern, die darauf ja vorbereitet sein mussten.
Sehr schnell wurde dann auch klar, worauf diese Geschichte hinausläuft und dann war die Spannung für mich auch weg. Ich habe das Buch trotzdem zu Ende gelesen und auch das Ende hat meine Meinung nicht mehr geändert.
Den Schreibstil des Autors mag ich sehr, aber man hätte das Buch eher als Jugendbuch und nicht als Thriller bewerben sollen.

Bewertung vom 10.07.2022
Schallplattensommer
Bronsky, Alina

Schallplattensommer


ausgezeichnet

Tiefgründig und emotional
"Schallplattensommer" von Alina Bronsky ist nicht mein erstes Buch der Autorin und auch hier hat sie mich nicht enttäuscht.
Maserati wohnt auf dem Dorf und ist das einzige Mädchen weit und breit. Sie hilft ihrer Oma beim bewirtschaften einer Gaststätte und ist eigentlich fast nur am arbeiten. In eine alte Villa nebenan zieht eine reiche Familie ein und die beiden Jungs, Caspar und Theo, bringen Maserati mit ihren Fragen aus ihrem schwer gehüteten Gleichgewicht.
Es ist kein sommerlich leichter Wohlfühlroman, wie man vielleicht anhand des Covers annehmen könnte, da jeder der Charaktere wirkliche Probleme mit sich trägt. Auch die Protagonistin ist kein sympathisches Mädchen, sie ist unfreundlich, abweisend, ja oftmals beleidigend. Aber von Anfang an möchte man wissen, was dahinter steckt und warum sie so geworden ist. Trotz allem ist sie eine sehr gelungene Protagonistin, deren Gedanken und Gefühle man nachvollziehen kann. Auch die beiden Jungen sind großartig gezeichnet; Menschen mit Ängsten, Gefühlen und Emotionen. Und davon gibt es in diesem Buch sehr viele, die Handlung ging vor diesen vielschichtigen Menschen fast unter.
Es wird nicht alles erklärt und aufgeklärt, aber mich stört das nicht, ich habe mir da mein eigenes Bild schaffen können. Für mich war dieses Buch eine echte Überraschung und ein Highlight der Bücher diesen Sommers.

Bewertung vom 08.07.2022
Ein unendlich kurzer Sommer
Pfister, Kristina

Ein unendlich kurzer Sommer


sehr gut

Camping mal anders
"Ein unendlich kurzer Sommer" von Kristina Pfister ist der Roman eines Sommers. Ich habe ihn an so heißen Tagen gehört, wo die Luft fast flirrte und er passte perfekt dazu.
Lale hat genug und sie will nur noch weg, sie weiß nicht genau warum und wohin. Sie landet auf einem Campingplatz, der ungepflegt und heruntergekommen ist. Der Besitzer, Gustav ist ein wortkarger Eigenbrötler, knurrig und abweisend. Lale darf aber bleiben, da sie sich in sein Leben nicht einmischt.
Dann taucht Christoph auf und die Probleme, aber auch das Glück dieses Sommers beginnen. Christoph ist auf der Suche nach seinem leiblichen Vater um die halbe Welt gereist und versucht sich auch einzufügen.
Es gibt hier einige ganz toll gezeichnete Charakter, wie den grummeligen Gustav, aber auch eine Menge Stereotypen, die einfach nur ein Klischee bedienen sollen. Die Autorin schafft es aber mit viel Humor die skurrilsten Situationen zu schaffen und auch wieder aufzulösen.
Hier treffen auf engstem Raum eine Menge an Leid, Trauer und Enttäuschungen aufeinander, die sich nicht nur alleine durch Vertrauen, Freundschaft und Liebe auflösen lassen. Zum Glück hat die Autorin das auch nicht getan, dadurch wurde es vermieden ganz ins kitschige abzurutschen.
Geblieben ist eine sehr emotionale, stimmungsvolle Geschichte eines Sommers, die sich leicht lesen oder hören lässt.

Bewertung vom 07.07.2022
Violeta
Allende, Isabel

Violeta


ausgezeichnet

Einhundert Jahre gelebt
"Violeta" von Isabel Allende ist ein ganz besonderer Roman. Es ist die Erzählung eines hundertjährigen Lebens aus der Sicht der Violeta am Ende ihrer Zeit. Geschrieben ist es als Bericht an ihren geliebten Enkelsohn Camilo.
Es ist ein Lebensbericht, der von 1920 in der Zeit der spanischen Grippe bis 2020 mitten in der Corona-Pandemie reicht. Es ist eine Menge passiert in diesem Leben, viele großartige Menschen haben es begleitet und die Menschen sind es auch, die mich in diesem Roman am meisten begeistert haben. Sie wurden so gut beschrieben, dass ich sie fast zu kennen glaubte und mit ihnen gelacht, gelitten und getrauert habe.
Auch die großen politischen Umstürze dieser Zeit in Südamerika werden beschrieben, spielen aber nicht die Hauptrolle, da sich Violeta als Frau nicht aktiv an dem Geschehen beteiligte. Dafür erfährt man eine ganze Menge über die Frauenbewegungen der Zeit, der Kampf um Scheidung und Wahlrecht, um Schutz für misshandelte Frauen. Violeta verdiente immer ihr eigenes Geld, war wirtschaftlich unabhängig von den Männern und konnteEinhundert Jahre im Hintergrund einiges bewegen.
Obwohl das Buch auf keine großen Höhepunkte zusteuert, wird es nie langweilig oder uninteressant. Es ist ein Buch der leisen Töne, ein Buch das ganz viele Schicksale verwebt, begleitet, es ist ein ruhiges Buch und trotzdem von der ersten bis zur letzten Seite an spannend.
Der Autorin ist hier ein ganz großer Gesellschaftsroman und ein beeindruckendes Familienporträt gelungen.

Bewertung vom 06.07.2022
Die dunkle Leidenschaft
Haller, Reinhard

Die dunkle Leidenschaft


sehr gut

Der Hass auf den Hass
"Die dunkle Leidenschaft" von Prof. Dr. med. Reinhard Haller ist ein Sachbuch, dass sich damit auseinandersetzt, wie Hass entsteht und was er mit uns macht.
Das Buch ist sehr sinnvoll in verschiedene Kapitel eingeteilt und lässt sich dadurch auch sehr gut lesen. Erstaunlich fand ich auch, wie viele verschiedene Arten des Hasses es gibt, da wären der Selbsthass, Fremdenhass, Menschenhass und noch einige mehr.
Hier wird sehr genau erklärt, was Hass eigentlich ist und wie er entstehen kann, wie er genährt wird, stärker wird und sich in Gewalt entladen kann. Das wird auch sehr anschaulich an Beispielen aus der Praxis beschrieben, wie jemand beispielsweise zum Hass gerät und als Terrorist und Mörder endet.
Hass ist ein destruktives, nur negatives Gefühl, er hat keinerlei gute Eigenschaften und führt auch nie zu was Gutem, das war mir vorher noch nie so klar geworden. Der Autor versteht es sehr gut, dieses Gefühl bis ins kleinste zu zerlegen, zu sezieren und so seine Eigenheiten aufzuzeigen. Das ist sehr interessant und nachvollziehbar beschrieben worden.
Sehr wichtig ist auch, dass er auf Hass im Netz eingeht, der auch schon von Kindern ausgeübt und auch abbekommen wird. Da muss rechtzeitig eingegriffen werden. Der Autor zeigt auch Lösungswege aus dem Gefühl des Hasses auf.
Der Text hat mich erreicht und war für ein Buch auch gut und unterhaltsam zu lesen, mir haben noch einige Beispiele mehr aus der Praxis gefühlt, um alles nachvollziehbarer zu beschreiben.

Bewertung vom 01.07.2022
Drachenkönigin
Charonne, Charlotte

Drachenkönigin


ausgezeichnet

Das fantastische China
"Drachenkönigin" von Charlotte Charonne ist Urban Fantasy mit einem ganz besonderem Setting. Es entführt den Leser ins Reich der Mitte, zu Mythen, Legenden und in die ganz zauberhafte Welt der chinesischen Drachen.
Jade ist ein junges Mädchen, die sich zurückgezogen hat, seit der Vater sie und ihre Mutter verlassen hat. Sie vertraut niemandem mehr, vielleicht mit Ausnahme ihres geliebten Großvaters. Ihre Freizeit verbringt sie mit dem Training von Kung-Fu, wo sie schon beachtliche Fähigkeiten vorweisen kann. Ihr Großvater bittet sie eines Tages um Hilfe, sie soll nach China reisen, um eine Mission zu erfüllen, die für alle Menschen wichtig ist und mit Drachen zu tun hat. Jade ist nur skeptisch, reist aber trotzdem, weil ihr Großvater bedroht und überfallen wird.
Die Mythen und Legenden sind ganz zart eingeflochten in das Geschehen in China und treten nur ab und an in den Vordergrund. Das ist sehr schön beschrieben, ich konnte die Reise nach China sehr schön nachvollziehen. Die Autorin hat fast einen poetischen Stil und ganz nebenbei erfährt man Wissenswertes über Land und Leute.
Die Protagonisten habe ich schnell ins Herz geschlossen, sie wirken sehr echt mit all ihren Stärken und Schwächen, ihr Handeln ist nachvollziehbar und sie entwickeln sich im Verlauf der Geschichte weiter. Sehr gut gefallen haben mir auch die Charaktere aus dem Reich der Fantasy, da wäre ein Chee zu erwähnen, eine Art chinesische Fee und natürlich die Drachen, die gerne noch mehr Platz in der Erzählung hätten bekommen können.
Das Tempo im Buch ist eher gemächlich, es geht nicht unbedingt um Spannung, obwohl die vorhanden ist, sondern wirklich vorrangig um die Atmosphäre, wo das moderne China auf die alte Welt der Mythen stößt und diese durchdringt.
Mir hat diese Geschichte sehr gefallen und ich würde gerne weiteres in dieser Art lesen.

Bewertung vom 30.06.2022
Schwarzlicht / Dabiri Walder Bd.1
Läckberg, Camilla;Fexeus, Henrik

Schwarzlicht / Dabiri Walder Bd.1


sehr gut

Mord statt Illusion
"Schwarzlicht" von Camilla Läckberg und Henrik Fexeus ist der erste Band der Dabiri-Walder-Trilogie. Die Stockholmer Kommissarin Mina Dabiri geht ungewöhnliche Wege als ein Opfer in einer Kiste aufgefunden wird, das mit Schwertern durchbohrt wurde. Da dieses an einen missglückten Zaubertrick erinnert, zieht sie den Mentalisten Vincent Walder hinzu. Er soll dabei helfen hinter die Kulissen zu sehen, da es hier viel um Illusion, Täuschung und Rätsel zu gehen scheint.
Die Kombiation der Protagonisten ist hier sehr ungewöhnlich und auch spannend, sie sind alle beide das Gegenteil von gewöhnlich. Dadurch nimmt das Privatleben der Ermittler einen sehr großen Raum in der Geschichte ein, was ich einerseits sehr gerne las, es mir aber gegen Ende hin wirklich etwas zuviel der Eigenheiten wurde. Sie wurden zu oft beschrieben und betont.
Die Kriminalfälle wurden sehr spannend beschrieben und aufgebaut, hier konnte man sehr gut bei den Ermittlungen miträtseln. In die Illusionen des Mentalisten hätte ich sehr gerne noch tieferen Einblick erhalten, aber ich denke, diese sehr sonderbare Ermittlertruppe wird in den folgenden Teilen auch wieder dabei sein.
Gut gefallen hat mir der Schreibstil, trotz der über 600 Seiten entstand hier nie Leerlauf oder Langeweile. Es ist ein Krimi, der mehr von den eigenwilligen Ermittlern lebt, als durch die aufzuklärenden Morde und ich bin sehr gespannt, wie sich das weiterentwickelt.

Bewertung vom 29.06.2022
Der Papierpalast
Heller, Miranda Cowley

Der Papierpalast


ausgezeichnet

Die Sommer ihres Lebens
"Der Papierpalast" von Miranda Cowley Heller ist ein wunderbares Sommerbuch. Man kann es nicht nur im Sommer lesen, aber man kann den Sommer beim lesen fast spüren, diesen Sommer am See, der ein Versprechen ist und war.
Elle Bishop ist 50, mit sich im Reinen, sie liebt ihren Mann und ihre Kinder und verbringt mit ihnen einen Sommer im Ferienhaus der Familie, genannt der Papierpalast. Hier hat sie alle Sommer ihrer Kindheit und auch Jugend verbracht, hier hat sie so vieles erlebt, auch ihre erste Liebe, an dem Ort hängt sehr viel von ihr.
Das Buch teilt sich in einzelne Erzählstränge, einmal die Gegenwart, in der Elle vor eine Entscheidung gestellt wird, die ihr ganzes Leben verändern kann und dann ganz viele Rückblicke. Rückblicke auf die Vergangenheit nicht nur die von Elle, sondern auch die ihrer Mutter, den Vätern und anderen Familienmitgliedern. Ganz wichtig ihr Rückblicke auf die Zeit mit Jonas, einen guten Freund aus den Tagen der Kindheit, ihre Jungendlieben, eine Konstante in ihrem Leben. Jonas, der ihr alles war, der ihr schwerstes Geheimnis mit ihr teilt und den sie dann lange Zeit nicht gesehen hatte. Jetzt ist Jonas wieder da und alles kocht hoch, Gefühle, Gedanken, Schlimmes und Gutes.
Es kann verwirrend sein, Elle zu folgen durch ihr bewegtes Leben, aber alles fügt sich zusammen, zusammen zu einer Geschichte, die unter die Haut geht, die mich mitgenommen hat in einen bestimmten Sommer im Leben von Elle.
Sehr gut kann ich ihren Zwiespalt verstehen, die Zweifel nachvollziehen, die Tragweite der Entscheidung begreifen, dieses Buch wird mich in meinen Gedanken noch eine Weile begleiten.

Bewertung vom 28.06.2022
Teufelspakt, Lüge und Moral

Teufelspakt, Lüge und Moral


ausgezeichnet

Teuflisch gute Geschichten
"Teufelspakt, Lüge und Moral" von Ursula Schmid-Spreer ist eine Anthologie, in der wir im wahrsten Wortsinn einen Pakt mit dem Teufel eingehen. Und das Ganze macht teuflisch viel Spaß. Zu Wort kommen hier 20 verschiedene Autorinnen in ebenso vielen Kurzgeschichten. Schon das macht für mich einen ganz besonderen Reiz aus, da jeder mit dem Thema ganz anderes umgeht und der Schreibstil in jeder Geschichte wechselt.
Allen gemein ist, dass sie Grenzsituationen abbilden, es werden Entscheidungen verlangt. es geht um Gut oder Böse und manchmal auch noch darüber hinaus. Es wird mit viel Humor angegangen, aber auch gefühlvoll oder sogar gruselig und auch der Teufel trägt sehr oft sympathische und einfühlsame Züge. Manchmal ist er nur sehr schwer auszumachen, fast wie im wirklichen Leben.
Die Auswahl der Geschichten ist super, es gab Highlights, aber keine war wirklich schlecht oder langweilig, ich wurde sehr gut unterhalten und sehr oft auch zum nachdenken gebracht.
Als kleines Extra werden im Anhang noch die einzelnen Autoren noch mit Bild, Kurzbiografie und literarischem Werdegang vorgestellt, das fand ich toll, da kann man sich gleich nach weiterem Lesestoff umsehen.