Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
La Calavera Catrina

Bewertungen

Insgesamt 649 Bewertungen
Bewertung vom 07.09.2022
Zwischen Brüdern
Böhm, Wolfgang

Zwischen Brüdern


ausgezeichnet

Wolfgang Böhm erzählt literarisch wertvoll in "Zwischen Brüdern" faktentreu von einer Zeit voller Umbrüche und zwei Brüdern mit ungleichem Charakter - was zwar geschwisterliche Anspannungen hervorbringt, wie brüderliche Bewunderung als auch Verachtung füreinander -, aber das familiäre Band nicht zu zerreissen vermag.

Hans ist ein ausschweifender Träumer und Ästhet, der perfektionistisch seine Ziele verfolgt, zu Überheblichkeit neigt und großzügig sein Geld ausgibt. Der Ich-Erzähler Viktor hingegen ist bescheiden, bodenständig und ein vom Krieg geschlagener Mann, der verantwortungsvoll versucht, seinen Bruder im Rahmen zu halten, und sich ein solides Leben mit Irmgard aufzubauen. Das authentisch beschriebene Wien der 20er- und 30er-Jahre bildet einen eindrucksvollen Schauplatz, als Bühne der gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Entwicklungen sowie der persönlichen Geschichte zweier Brüder, beeinflusst von den Geschehnissen der Welt, innen wie außen, bis sich die Situation zuspitzt.

Eine wundervoll unaufgeregter Roman, voller sprachlicher Schönheit und eindrücklicher Figuren, der mit Bedacht und Sensibilität unterhaltsam in Erinnerung ruft, was nicht vergessen werden darf.

Bewertung vom 07.09.2022
Aufbruch
Blum, Susann

Aufbruch


gut

Der Auftakt der Trilogie ist gerade zu Beginn mitreißend, denn Elly und die anderen Kinder können aus ihrer Gefangenschaft fliehen. Jahrelang wurden sie von den Blings gefangen gehalten. Erst wurden sie ignoriert und sich selbst überlassen, als wüssten ihre Entführer nichts mit ihnen anzufangen. Dann wurden sie älter, mussten im Haus und auf dem Hof arbeiten und es wächst das Leid und der Wille zur Flucht.

Susann Blum schreibt feinfühlig und mit einem sensiblen Blick vom Neubeginn, dem Wunsch nach Selbstbestimmung und den Spuren, die gewaltsame Erfahrungen hinterlassen. Ihre unterschiedlichen Charaktere sind vielschichtig und gegensätzlich - eine große Stärke, die das Buch interessant macht, ebenso wie die philosophischen Gedanken. Die inspirieren Heldin Elly ist sehr willensstark, verfügt über eine lebhafte Fantasy und besondere Fähigkeiten. Ihre Gefühlswelt steht im Zentrum und ihre Persönlichkeit fasziniert. Als Ich-Erzählerin verliert sich Elly manchmal in ihren analytischen Gedanken und Empfindungswelten - was authentisch ist -, aber das Buch auch etwas langatmig macht. Mir fehlte an manchen Stellen das Tempo und die Erklärung zu Hintergründen und Zusammenhängen, die das Ganze für mich rund gemacht hätten. Vielleicht klären sich diese Dinge aber auch in den Folgebänden. Zum Schluss gibt es jedenfalls einige offene Fragen. Die Textgestaltung ist interessant, da jedem Kapitelanfang ein Satz des folgenden Kapitels vorangeht, aber auch viele Absätze den Text luftig werden lassen, was das Lesen erleichtert. Dabei sind mir leider ein paar Fehler aufgefallen, die mich in meinem Lesefluss gestört haben.

Fazit: Eine inspirierende Heldin und eine vielseitig spannende Idee, mit ein paar Schwächen in der Umsetzung, ergeben eine einfühlsame Geschichte über Freundschaft und Liebe, der ich 3,5 Sterne gebe.

Bewertung vom 07.09.2022
Peanut Jones und die Stadt der Bilder / Peanut Jones Bd.1
Biddulph, Rob

Peanut Jones und die Stadt der Bilder / Peanut Jones Bd.1


ausgezeichnet

"Peanut Jones und die Stadt der Bilder" ist der spannende Trilogie-Auftakt einer humorvollen Abenteuergeschichte, die von drei mutigen Kindern und einem Hund erzählt, die einen verschwunden Vater suchen und einem fiesen Bösewicht begegnen, der die Welt ins Chaos stürzen will, indem er sie jeglicher Kreativität beraubt. Eine Story, die einer herzerwärmenden Idee entsprungen ist und über einen magischen Bleistift in eine vollständig illustrierte Stadt führt. Sobald man den Buchdeckel aufklappt, begeistert dieses runde Leseerlebnis aus spannender Handlung und kreativen Illustrationen: die Pausenbrot-Post-it-Zettel von Peanuts Vater berühren und begeistern genauso wie die fantasievollen Kritzeleien von Peanut. Die liebevolle Gestaltung aus Schrift, Bildern und orangen Farbakzenten setzt sich auf fast jeder Seite fort und ist wirklich etwas Besonderes. Sie entführen in eine Stadt namens Chroma; einen Ort, der berühmte Künstler anzog und Fantasien wahr werden lässt. Hier werden die mutige Pernilla Anne Jones genannt Peanut, ihre clevere 5-jährige Schwester Little-Bit und der liebenswert nerdige Schulkamerad Rockwell auf ungewöhnliche Kreaturen im Widerstand treffen, herausfordernden Gefahren begegnen und Freunde finden, während sie als Team immer mehr zusammenwachsen. Temporeich erzählt und bebildert von Rob Biddulph lassen sich die kurzen und abwechslungsreichen Kapitel flüssig lesen. Der magische Schauplatz fasziniert, genauso wie die Vielzahl an tollen Ideen und Dialogen.

Fazit: Sprüht nur so vor Kreativität, Spannung, Witz und Magie!
Ein Buch, das in Erinnerung bliebt und ab 9 Jahren für alle Altersklassen zu empfehlen ist. Ein Kinderbuchschatz, indem Text und Illustrationen sich spielerisch ergänzen und ganz nebenbei die Neugier für Kunst und Wissenschaft geweckt wird.

Bewertung vom 19.08.2022
Holly im Himmel
Lewinsky, Micha;Grimm, Lawrence

Holly im Himmel


sehr gut

„Es gibt so viele verschiedene Arten, auf den Tod zu reagieren wie auf das Leben. Die einen machten das Beste daraus, die anderen wehren sich bis zum Schluss dagegen.“

Als Holly bei einem Unfall stirbt, ist sie gerade einmal zehn Jahre alt. Sie lässt ihre Mutter, deren neuen Freund Uwe, ihren Papa und ihren kleinen Bruder Timi zurück und fliegt hinauf in den Himmel. Dort treffen alle aufeinander: Menschen und Tiere. In dem Gewusel lernt Holly zum Glück Frieda kennen, die sich bestens auskennt, wo sie doch schon über hundert Jahre im Himmel ist. Doch Holly kann nur daran denken, ihre Familie wiederzusehen und ist wild entschlossen, ein Engel zu werden, um auf die Erde zurückzukehren. Allerdings herrscht im Himmel der Vorsitzende der Engel namens Bortel, der Lügen verbreitet und seine neue Ordnung es nicht vorsieht, neue Engel auszubilden.

Autor Micha Lewinsky stellt das Bild vom friedlichen Himmel ziemlich auf den Kopf. Dort gibt es keine Engel „mit goldenen Flügeln und rosigen Wangen“, aber Freunde wie Gissi und Sören, die im Hintergrund Widerstand leisten, gegen die alleinige Herrschaft von Bortel, der, wie wir finden, eher in die Hölle gehört hätte. Trotzdem ist es ein schöner Ort, wie Frieda es passiert formuliert: „Keine Angst. Mehr als einmal sterben kannst du nicht. Das ist das Gute hier. Deshalb macht es so Spaß.“ Dieser politische Aspekt bringt zumindest Spannung und Abwechslung, ohne zu stark vom eigentlich Thema abzulenken. Tod und Trauer gehören immer noch zu den Tabuthemen, über die niemand gern spricht. Umso schöner finde ich es, dass Lewinsky sich so ehrlich, humorvoll, skurril und auch tröstlich damit beschäftigt. Auch andere Themen werden aufgegriffen, wie die meditierende Mutter, der die Ruhe bei der Trauer hilft, der depressive Vater, der oft traurig ist. Es sind viele kluge Botschaften und Anspielungen zwischen den Zeilen - für Kinder und Erwachsene: „Man kann immer nur vorwärts. Auch wenn man gestorben ist.“

Ganz nebenbei gibt die Handlung auch etwas Hilfestellung, wenn man selbst etwas Trost gebrauchen kann, denn es hilft, über die Toten zu sprechen und den verschiedenen Emotionen mit Verständnis zu begegnen. Die Trauerphasen und andere Begriffe werden in einfachen Worten verständlich erklärt. Schreibstil und Kapitellänge ist der Zielgruppe angemessen, die Handlung ist spannend und ungewöhnlich. Besonders die Dialoge haben einen ganz besonderen Witz, der mich oft schmunzeln ließ.

Bewertung vom 19.08.2022
Zehn Wünsche, sieben Abenteuer und eine sprechende Katze
Evans, Lissa

Zehn Wünsche, sieben Abenteuer und eine sprechende Katze


ausgezeichnet

Ed und seine Schwester Lucy Crane, genannt Roo, verbringen ein paar Tage bei der altmodischen Nachbarin Miss Filey und ihrem nach Fisch riechendem Kater Attlee. Erst scheint es eine langweilige Zeit zu werden, aber dann lernen sie den Nachbarsjungen Willard kennen. Gemeinsam entdecken sie zehn Geburtstagskerzen und stellen zufällig fest, dass sie Wünsche erfüllen, wenn man sie anzündet. Diese müssen allerdings sorgfältig formuliert sein, da sie nur wenige Minuten anhalten.

Die Geburtstagskerzen haben eine fünfundfünfzig Jahre zurückliegenden Ursprung, der eine trauriges Schicksal birgt. Hier hält der Titel, was er verspricht: zehn Wünsche bescheren sieben verrückte Abenteuer und involvierten unfreiwillig eine sprechenden Katze.

Die Geschichte ist lustig, voller Ideen und aufregender Abenteuer, die kindlicher Fantasie entsprungen sind. Wer würde nicht gern einmal fliegen können oder mit seinem Haustier sprechen? Hier steht natürlich Spannung und Aktion im Vordergrund, aber eigentlich geht es um Ed, der im Rollstuhl sitzt, der „gut im Denken und Sarkastische-Kommentare-Machen“ ist, und dessen Schwester, die immer für ihn da ist. Ganz nebenbei wird auch auf Schwierigkeiten für Rollstuhlfahrer hingewiesen und gleichzeitig gezeigt, dass Abenteuer auch mit Einschränkungen möglich sind. Miss Filey ist der Inbegriff von Freundlichkeit, Rücksicht und Hilfsbereitschaft. Diese gelungene Mischung sympathischen Figuren begleitet man gern, bei ihren Abenteuern. Die distanzierte Erzählweise macht es jungen Lesern einfach, dem handlungsreichem Geschehe zu folgen, die einige unvorhersehbare Überraschungen bereithält.

Fazit: Eine außergewöhnliche Geschichte über Freundschaft und Hilfsbereitschaft, mit vielen wertvollen Botschaften, spannenden Abenteuern, sprühender Magie und einem schönen Ende.

Bewertung vom 19.08.2022
Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1
Getz, Kristine

Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1


gut

Poppy ist ein Kinderstar auf Instagram. Ihre Eltern profitieren von der Berühmtheit ihrer Tochter durch Werbedeals und veröffentlichen ihre Kindheit schonungslos im Internet. Dabei gibt es auch Kritik, dass Poppy nicht normal und sicher aufwachsen kann. Erst als ein Stalker in ihr Leben tritt und Poppy entführt wird, tun sich Abgründe auf, die zuvor verborgen waren und ihre Mutter Lotte, muss sich ihre Vergangenheit stellen.

Erzählt wird aus den unterschiedlichen Perspektiven der Ermittlerin Emer Murphy, Poppys Mutter Lotte Wiig und deren Schwiegermutter Marie Wiig. Der Entführungsfall entwickelt sich langsam und bleibt bis zum Schluss unvorhersehbar. Gut platzierte Hinweise und Ermittlungserfolge, ergeben ein stimmiges Bild. Das ganze wird abgerundet mit Kommentaren auf dem Blog und im Pädophilenforum. Private Details der Figuren machen die Story langatmig, besonders wenn es um den Schicksalsschlag und die Medikamenteneinnahme von Emer Murphy geht. Das strapazierte meine Geduld, die aber schlussendlich mit einigen überraschenden Wendungen und einem überzeugendem Ende belohnt wurde.

Fazit: Eine entwicklungsreiche Story, die Geheimnisse und Traumata entblättert, während die Gefahren medialer Präsenz von Kindern, die keine Chance haben, sich dagegen zu entscheiden, aufgezeigt werden. Entwickelt sich langsam, überzeugt aber mit wendungsreichem Finale.

Bewertung vom 19.08.2022
Das siebte Mädchen (eBook, ePUB)
Willingham, Stacy

Das siebte Mädchen (eBook, ePUB)


sehr gut

"Man grübelt unentwegt darüber nach, kann es niemals wirklich loslassen. Aber man will es auch nicht zugeben – dass man noch immer die Hoffnung hat, eines Tages die Wahrheit zu erfahren. Eines Tages alles zu verstehen. Und dass es sich am Ende irgendwie gelohnt haben wird, darauf zu warten.“
Sechs Mädchen verschwinden spurlos und hinterlassen eine riesige Kluft in einem kleinen Städtchen in Louisiana, da ist Chloe gerade einmal zwölf Jahre alt. Als ihr Vater für die Verbrechen verhaftet wird, gerät sie in einen Strudel aus Angst und Hass. Zwanzig Jahre später arbeitet Chloe als Psychologin, plant mit ihrem Verlobten Daniel die bevorstehende Hochzeit und wieder wird ein Mädchen vermisst und tot aufgefunden. Chloes Albtraum scheint von vorne zu beginnen, als kurz darauf eine ihrer Klientinnen verschwindet und sie von einem Journalisten bedrängt wird. Da die Polizei ihr erneut unbequeme Fragen stellt, beginnt sie eigenmächtig Nachforschungen anzustellen und begreift, ihr „Vater ist der Schlüssel zu alldem“.
Bei Chloes Medikamentenmissbrauch und ihrem Kindheitstrauma kann man sich nie sicher sein, ob sie paranoid wird oder bei klarem Verstand ist. Die Mücken ausbrütende, dichte Atmosphäre in den Sümpfen Louisianas, in die Chloes Kindheitserinnerungen immer wieder führen, hat mir ebenso gefallen, wie die mitreißend spannende Handlung - nachvollziehbar und schlüssig -, die sich immer mehr zuspitzt, mitten in der psychologisch intensiven Ich-Perspektive von Chloe, der man ganz nahe ist. Das Ende war für mich nicht wirklich eine Überraschung, aber ich habe nicht alle Wendungen kommen sehen, habe mich wunderbar unterhalten gefühlt, und konnte den Thriller über weite Strecken nicht aus der Hand legen. Ein vielversprechendes Thriller-Debüt von Stacy Willingham - dessen Namen ich mir merken werde.

Bewertung vom 19.08.2022
Sanfte Einführung ins Chaos
Orriols, Marta

Sanfte Einführung ins Chaos


gut

Marta und Daniel sind seit zwei Jahren ein Paar und teilen sich seit zwölf Monaten eine Wohnung in Barcelona. Ihre noch junge Beziehung wird auf eine harte Probe gestellt, als Marta ungewollt schwanger wird und einen Schwangerschaftsabbruch plant.

Der Roman begleitet Daniel und Marta sechs Tage und gewährt detaillierte Einblicke in ihre Gedanken- und Gefühlswelt, geprägt von Erinnerungen und Vorstellungen, Reaktionen von Freunden und Familie. Die spanische Autorin Marta Orriols schafft es, trotz distanzierter Schreibweise, eine zarte Tiefe entstehen zu lassen, ohne sich im Chaos der aufwühlenden Situation zu verlieren. Sie zeichnet ein stimmungsvolles Bild einer starken Frau, die für eine Generation der Selbstbestimmung steht und auch ihre Ängste einfängt.

Marta macht sich die Entscheidung nicht leicht, aber zeigt Entschlusskraft. Sie wünscht sich eine Karriere in Berlin und bringt weitere nachvollziehbare Argumente, die aktuell gegen ein Baby sprechen. Dabei spielt die Autorin mit egoistischen Motiven und gesellschaftlichen Konventionen. Mutter zu sein, kann sie sich nicht vorstellen, sie hat Angst und Schuldgefühle. Marta entscheidet mit dem Kopf, während Daniel die Situation emotional betrachtet und mit Wehmut an seine Kindheit und den Verlust des Vaters denkt. Es fällt beiden schwer in Worte zu fassen, was sie umtreibt, worin für mich die Schwäche des Romans liegt. Das Ende ist passend und obwohl es keine nennenswerte Höhepunkte gibt, bleibt man bis zum Ende dran. Das liegt sicherlich am niveauvollen Schreibstil, der treffsicher, klug und einfühlsam ist.

Ein minimalistisches Werk, das sich hingebungsvoll einem aktuellem Thema widmet und die Auseinandersetzung mit einer ungewollten Schwangerschaft darleget und das Gefühl einer ganzen Generation einfängt.

Bewertung vom 19.08.2022
Elvis Gursinski und der Grabstein ohne Namen
Reinhardt, Kirsten

Elvis Gursinski und der Grabstein ohne Namen


sehr gut

Die Sommerferien neigen sich dem Ende in Berlin-Wedding und Elvis Gursinski fegt die ersten herabgefallen Blätter von den Friedhofswegen. Da ahnt er noch nicht, welche rätselhaften Ereignisse ihm bevorstehen: Im Haus der Gursinskis geschehen verrückte Dinge. Plötzlich interessiert sich die lautstarke Dalia al Nour für Elvis, die sich in der Schule gern mit potentiellen Opfern umgibt, und die Nachfolge ihrer übersinnlichen Großmutter antreten soll. Was hat Dalia vor? Und warum sind seine Eltern noch seltsamer als sonst? Peggy Gursinski ist mitten in einem kreativen Schub und möchte nicht gestört werden, und Sedat Gursinski versinkt müde in seiner Depression. Elvis muss für sein Alter viel Verantwortung tragen, dabei schöpft er Energie aus der Ruhe des Friedhofs, wobei er sich am liebsten mit der toten Elfriede Schumschill unterhält oder die Gesellschaft seines besten Freundes, dem Eichhörnchen Kücük, genießt.

Kirsten Reinhardt hat den introvertierten Charakter von Elvis wunderbar eingefangen, was die Botschaft am Ende des Buches noch authentischer macht. Denn Elvis glaubt alles an ihm ist verkehrt, er wäre Schuld an der Trennung seiner Eltern, und es wäre sein Versagen, dass er keine Freunde hat und gern allein ist.

Es gibt drei Dinge, die mir besonders gefallen haben: Ich mochte die geheimnisvoll schaurige Atmosphäre aus dem Friedhof, die vor allem zum Ende hin ihre Wirkung entfaltet, die Wortspielereien und fantasievollen Geschichten der ungewöhnlichen und gegensätzlichen Figuren, die sich an keine Regeln zu halten scheinen und die bizarre Handlung, die voller verrückter Einfälle steckt, wenn unbescholtene Käfer ihr Leben lassen und ein Pelztierchen zu sprechen beginnt. Das ist sowohl Stärke als auch Schwäche der Geschichte, denn der Schreibstil ist ungewöhnlich und anspruchsvoll. Vieles muss man sich aus den Andeutungen zusammenreimen, weil es nicht erklärt wird. Die Handlung wirkt manchmal wirr und es lässt sich nicht sagen, worauf das eigentlich hinauslaufen soll. Das erfordert Konzentration beim Lesen. Wenn man das Buch ein zweites Mal liest, wird man mit sicherlich Neues entdecken, was einem vorher entgangen ist.

Fazit: Eine unkonventionelle Geschichte für geübte Lesekinder ab 12 Jahren, mit einer schönen Botschaft, verrückten Einfällen und bizarren Figuren, die Eindruck hinterlässt.