Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
nil_liest
Wohnort: 
Frankfurt

Bewertungen

Insgesamt 643 Bewertungen
Bewertung vom 19.10.2021
Power Hour
Herbert, Adrienne

Power Hour


ausgezeichnet

Motivator zur Veränderung

Alles begann mit einem Podcast. Adrienne Herbert, die Powerfrau aus London mit vielen Kompetenzen, spricht über ihre Herzensangelegenheit: sich selbst Zeit nehmen um die eigenen Ziele zu definieren und sich selbst empowern. Sie ist damit erfolgreich und natürlich lässt sich vieles Gesagte auch gut in ein Buch zusammenfassen und tada! Hier ist es und heißt natürlich: Power Hour! Genauso wie der Podcast. Im Original übrigens bereits im letzten Jahr erschienen. Aber keine Sorge, denn die Inhalte sind zeitlos! Apropos zeitlos, so fühlen wir uns doch alle. Der Tag könnte gut und gerne 48h statt lapidare 24h haben und wir würden immer noch nach MEHR schreien. Und da liegt auch der größte Schatz vergraben den wir haben: Unsere Zeit. Etwas was man nicht horten, nicht zurückspulen und nicht vermehren kann: schlicht und einfach unsere Lebenszeit. Kein Geschenk ist größer als jemandem unsere Aufmerksamkeit zu geben. Und wem geben wir sie am wenigsten? Uns selbst! Genau. Ihr merkt, keine neuen Weisheiten, aber nett zusammengefasst um mal wieder die wichtigen Dinge in den Fokus zu rücken.
Im Buch geht sie darauf ein und welche Stellschrauben besonders wichtig sind wie Ziele setzen, mit Gewohnheiten brechen, Macht der Bewegung – richtig die vielen Selfcarethemen wie dein Handeln muss zu deinen Zielen passen. Nicht neu, aber wahr. Es changiert von alltäglichen Stellschrauben wie dem Schlaf bis hin zu übergeordneten Aussagen, dass dein Handeln dein Leben bestimmt. Eine bunte Mischung.
Es gab bei mir keine Aha-Erlebnisse, aber irgendwie ist dann doch was hängen geblieben und ich versuch mir meine PowerHour nun wirklich aus dem Alltag zu schneiden ohne zu viel Zeit zu verplempern und fokussiert zielgerichtet zu handeln. Schauen wir mal wie nachhaltig das Ergebnis sein wird.

Bewertung vom 19.10.2021
Aribella und die Feuermaske
Hoghton, Anna

Aribella und die Feuermaske


ausgezeichnet

Seine Stärken muss man finden im Leben

Was für ein Auftakt! Aribella meint es gut und will ihren Freund Theo beschützen und merkt, dass sie eine besondere Fähigkeit hat, die sie allerdings zunächst nicht besonders findet, sondern erschreckend. Sie kann Feuer aus ihren Fingern zünden! Es verschlägt sie kurzerhand vor ihrem 13. Geburtstag nach Venedig zu den Cannovacci. Ein geheimer besonderer Bund.
Ein Ereignis jagd das Nächste. Dieses Buch ist ein wirklich spannendes Buch für Kinder. Mich hat überzeugt, dass wir Aribella begleiten bei einer Selbstfindung auf deren Weg sich der Wert guter Freunde deutlich macht und es sich lohnt Mut zu beweisen für die richtigen Dinge.
Und natürlich ist die Kulisse Venedigs eine besondere für diese Geschichte. Entsprecht toll und atmosphärisch hat die Autorin Anna Hoghton ihr Debüt geschrieben.
Das Buch ist laut Verlag für Kinder ab 10 Jahren, sicherlich eine Angabe für das Selbstlese-Alter, denn es ist reichlich Text pro Seite und nicht illustriert, sieht man mal von der Rialtobrücke ab die jedem Kapitelanfang vorangestellt ist. Sprich, ein Buch für gute Leser:innen oder auch schon früher zum Vorlesen, dann würde ich ca 8 Jahre anpeilen.
Wir waren restlos begeistert!

Bewertung vom 17.10.2021
Schwund
Kruse, Tatjana

Schwund


ausgezeichnet

Mordmäßig unterhaltsam!

Totgelacht habe ich mich, obwohl es in Summe dann doch mehr als 50 Leichen gab. Bin ich abgestumpft? Oh nein, Tatjana Kruse hat gekonnt humorvoll an meiner Lachmuskulatur gearbeitet, denn sie schreibt einfach witzig. Es heißt ja auch zu Recht im Untertitel „Ein Thriller, aber in heiter“.
Ist es nun doch ein comediantisches Werk? Mit nichten! Es gibt wirklich mehr Leichen als einem lieb ist und diesen Fall gilt es mit aller Härte aufzuklären, aber das Figurenkabinett wird halt eher unvorteilhaft in Szene gesetzt und vieles herrlich überzeichnet. Trotzdem viel Blut zu erleben? Mmmhhhh, auf jeden Fall sind die Toten nicht so lecker beschrieben und es kommt auch zu actionreichen Szenen, aber es hält sich (zum Glück) in Grenzen. Hier steckt wirklich alles drin: Serienmörder, Clans, Drogen, Schießerei und ein spektakulärer Showdown!
Aber nun mal zu diesem kuriosen Figurenkabinett: Da sind die beiden Hübschen Ermittlerin Sisu und Ermittler Fabian, die den Fall in Berlin als Erste aufnehmen und ihr karrieregeiler Chef Kinski will die schnelle Aufklärung, aber subito! Es folgen weitere Morde im gleichen Stil in anderen Orten Deutschlands und es stoßen noch der mampfende Schröder und der Drogenspezialist Fassbinder dazu. Dazu garniert mindestens 4 Gerichtsmediziner:innen, ein rambomäßiger Einsatzheld, ein aaliger Staatsanwalt und natürlich viele Polizisten mit Lokalkolorit! Es wird mit Vorurteilen gespielt, wenn es beispielsweise um Clans geht und wie das Drogenmilleu sich gegenseitig das Leben schwer macht. Tatjana Kruse spielt gekonnt mit Sprache und entlockte mir dadurch viele viele Lacher.
Fazit: Ja, ‚Schwund‘ ist ein Thriller mit viel Klamauk, mich hat es großartig unterhalten! Gerne mehr davon.

Bewertung vom 17.10.2021
Fahrtwind - Mit dem Klapprad von Rio bis nach Kanada
Cem, Özulus

Fahrtwind - Mit dem Klapprad von Rio bis nach Kanada


ausgezeichnet

Einfach mal aufs Rad und los!

Cem Özulus, ein Ingenieur mit gut laufender Karriere, schon quer durch Deutschland gearbeitet, kommt an einem Punkt im Leben an – nein, es ist keine midlife crisis – wo er sich fragt was da noch kommt und schmiedet kurzerhand – ja, innerhalb weniger Wochen - einen Wahnsinnsplan: Mit dem Klapprad von Rio bis Kanada! Die Meisten in seinem Umfeld raten ihm ab, aber er bleibt dabei. Kündigt und ist weg mit dem „Fahrtwind“!
Äußerst beeindruckend wie Cem sich auf macht um die Welt zu umarmen. Alleine die Idee des Klapprades um nahbar zu sein, nicht mit einem sportlichen Rennrad durch die Gegend zu düsen. Sondern wirklich mit dem flow der Locals. Ihm geht es nicht ums Radeln, nicht um den Rekord jeden Meter mit dem Klapprad zu fahren. Nein, er will entdecken und erfahren, sucht Austausch.
Er reflektiert wo es ihm gefällt, wie die Dynamik zwischen ihm und Einheimischen sich entwickelt und sucht fortwährend Kontakt. Besonders charmant ist dabei immer wieder, dass er einer ist „wie du und ich“. Auch Cem nimmt sich vor Portugiesisch zu lernen um vor Ort besser zu kommunizieren und es wird nix. Auch fährt er mal mit dem Bus oder fliegt ein Stück. Nix muss, alles geht – hauptsache es passt und bringt Cem Land und Leute ein wenig näher. Auch ergeben sich unerwartete Pausen, wie der Tod eines nahen Angehörigen und Jobangebote, die ihn von seiner Strecke abbringen. Er nimmt aber den Faden immer wieder auf und reist weiter bis nach Kanada. Beharrlich und konsequent zieht er es durch.
Angenehm ist, dass die Reise zwar chronologisch erzählt wird, aber auch von Kapitel zu Kapitel Sprünge vorhanden sind, so bleibt es kurzweilig. Das Buch hat keinen literarischen Tiefgang, aber ist inhaltlich überzeugend und inspiriert! Ganz nach dem Verlagsmotto: ‚Wenn nicht jetzt‘… Mich hat es beeindruckt und hallt noch nach. Definitiv lesenswert!

Bewertung vom 07.10.2021
Tagebuch einer überaus glücklichen Geschiedenen
Lavoie, Marie-Renée

Tagebuch einer überaus glücklichen Geschiedenen


ausgezeichnet

Das Feuer des Sarkasmus brennt
Schon der erste Satz des Buches überzeugt und wenn ich mal wieder einen Buchbeginn zitieren soll, dann wird es dieser hier:
„Das Leben ist viel zu kompliziert, als dass man das Alter eine Person tatsächlich aus der Anzahl der Jahre ableiten könnte, die sie bereits gelebt hat. Es kommt mir wie eine grobe Vereinfachung vor, stumpf die vergehenden Tage zusammenzuzählen.“
Ein sehr amüsantes Buch mit vielen brutal ehrlichen Momenten, die einen lockerer aufs Leben schauen lassen. Erst nach einigen Seiten wurde mir klar, dass es sich um einen Folgeband handelt, was aber völlig egal ist, weil die Story recht simple ist und man ihr trotzdem folgen kann: Es naht die 50, Mann in der Midlifecrisis hat sich eine Jüngere gesucht und nun sind sie geschieden und unsere Protagonistin Diane geht wieder mit erhobenen Hauptes durchs Leben!
„… Die Schwäche meines Wiederstands hatte mich ein wenig enttäuscht, ohne mich jedoch zu wundern.“ (S. 270)
Sie nimmt ihr Leben wieder in die Hand und fängt an einer Schule an zu arbeiten, natürlich gibt es alte und neue Männer in ihrem Leben und Freudinnen fehlen natürlich auch nicht.
Nun könnten man sagen: Langweiliger Chick-Lit-Kram, aber da muss ich enttäuschen, die frankokanadische Autorin Marie-Renée Lavoie hat einen Galgenhumor vom Feinsten, bringt Bredouillen auf den Punkt und macht aus den Frauen in ihrem Roman keine kopflosen Dummchen! Das Buch strotzt nur so vor Schlagfertigkeit!

„Große Freuden wirken sich auf die Laune aus wie ein neuer roter Pullover auf eine Maschine weiße Wäsche: Sie färben alles rosarot.“ (S. 167)

Klar, eher ein Roman für die Damenwelt, aber wirklich gute Unterhaltung mit Schmunzelfaktor. Und herrlich wie viel Alkohol hier ganz politisch unkorrekt getrunken wird. Na dann, à santé, denn auch Lesen soll gut für die Gesundheit sein! ;0)
„Mein Gehirn steckt voller Vorurteile, genau wie das aller anderen auch.“ (S. 153)

Bewertung vom 30.09.2021
Das Geheimnis des grünen Nachtfeuers / Daliahs Garten Bd.1
Turan, Fabiola

Das Geheimnis des grünen Nachtfeuers / Daliahs Garten Bd.1


ausgezeichnet

Atmosphärisch gelungene Fantasygeschichte!
Großartiges Abenteuer in zwei Welten, sinnesberauschend und überzeugend gut!
WOW! Dieses Buch hat uns umgehauen. Nicht nur meine Tochter (4. Klasse) hat es verschlungen, auch ich habe es sehr gerne als Erwachsene gelesen! Ich könnte hier nun Dutzende Superlative aufzählen um meine Begeisterung zu teilen, aber ich will vor allem erklären WAS mich so begeistert.
Der Roman ist ab 10 Jahren und dieses Alter trifft es ziemlich gut, für manche etwas früher möglich, für manche auch noch später. Denn dies ist ein tolles Buch für Kinder, die gerade so mit einem Fuß in der Pubertät stehen und sich aber doch noch gerne als Kind begreifen. Auch hier wandern Daliah und Rahim zwischen zwei Welten, die ein Wechselbad der Gefühle auslösen bei den beiden. In der einen fiktionalen Welt, einer Fantasywelt, wird der klassische Kampf zwischen Gut und Böse ausgetragen. Es wird der Wert der Freundschaft hochgehalten und auch über Vergangenes reflektiert sowie positiv in die Zukunft geschaut. Und hey, welches fast pubertierendes Kind fühlt sich da bitte nicht zu Hause? Dazu natürlich alles mächtig spannend.
Außerdem fand ich die Namenswahl äußerst gut getroffen, bunt gemischt, wenig anglophile Namen. Einmal quer durch das Namensbeet mit Daliah, Esme, Maria, Mirza, Ariane usw… Gibt einen dicken Pluspunkt. Daran meine ich die sehr intensive Auseinandersetzung der toll schreibenden Autorin Fabiola Turan durchschimmern zu sehen. Das strotz vor Liebe zur Natur, natürlich auch zu den Farben und allgemein zur Wahrnehmung der eigenen Umgebung. Mich begeistert ihr Schreibstil sehr.
Dies ist übrigens der erste Band einer Reihe zu „Daliahs Garten“: Das Geheimnis des grünen Nachtfeuers. Aber es ist eine in sich abgeschlossene reiche Geschichte. Hier braucht man nicht fürchten, dass man den 2. Band lesen „muss“. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass die meisten Leser:innen des ersten Bandes auch zum Folgeband greifen! Wir freuen uns schon darauf!
Ach und noch ein Hinweis, weil das wunderschöne Cover von Verena Körting sicherlich im ersten Augenblick eher die Mädchen anspricht: Daliah und Rahim erleben dieses Abenteuer gemeinsam und daher finden sich auch Jungs hier wieder aus meiner Sicht! Und für alle die sich erst im Netz schlau machen bevor sie in eine lokale Buchhandlung gehen: es sind leider keine weiteren dieser tollen Illustrationen im Buch. Ein Text für wirklich sattelfeste Leser:innne!
PS: Es könnte nach der Lektüre der Wunsch entstehen einen Vogel haben zu wollen…einen Bienenfresser! ;0)

Bewertung vom 30.09.2021
Die Tochter des Präsidenten
Clinton, Bill;Patterson, James

Die Tochter des Präsidenten


gut

Kann sie gerettet werden?

Weder Bill Clinton noch James Patterson muss man vorstellen! Jeder ein Schwergewicht seiner Klasse und nun gemeinsam schreibend! ‚Die Tochter des Präsidenten‘ ist bereits der zweite Thriller den die beiden gemeinsam vorlegten. Der erste Megaseller war ‚The President is missing‘ – nicht wundern, auch im Deutschen heißt das Buch genauso wie im Englischen.
Auch ‚Die Tochter des Präsidenten‘ hat wieder einen klassischer Petersson-Aufbau, denn die Kapitel sind super kurz, zum größten Teil nur 3 Seiten lang und da sammelt sich einiges an zu 136 Kapitel mit 554 Seiten. Es ist ein klassischer Pageturner und die Spannung steigt von Seite zu Seite! Und bei so kurzen Kapiteln denkt man schon: „Ach, ein Kapitel geht noch!“ und schwups sind wieder 50 Seiten inhaliert!
Der ehemalige Präsident wird von einer äußerst unsympathischen neuen Präsidentin abgelöst, hier sind sehr klar die Parallelen zu Bill Clinton und seinem Nachfolger Bush junior zu erkennen. Die Tochter des Ex-Präsidenten wird entführt und die neue Frau im Amt will dem ganzen nicht die nötige Aufmerksamkeit schenken, also muss der alte Präsident selbst ran. Kein Problem, er ist ja auch ehemaliger Soldat. Hier wurde etwas übertrieben was das „Super Hero“ image des Ex-Präsidenten anging. Trotz aller Spannung hätte auch weniger Militärsprache gut getan, jede Waffe und jeden Helikopter mit Typ zu benennen ist für mich persönlich too much. Das hätte weniger sein können und die Geschichte wäre weiterhin super spannend.
Klar, man sollte hier nicht die komplexesten Charaktere erwarten oder das Unwartbare per se, aber unterhaltsam ist es definitiv. Beeindruckend fand ich die Details zum Sicherheitsapparat und die politischen Interessenskonflikte, das sicher in dem Detailgrad ohne Bill Clinton nicht möglich gewesen wären.
Fazit: Klassischer Patterson mit viel Militär-Lingo!

Bewertung vom 29.09.2021
Das Museum der Pilze
Gaya, Ester;Scott, Katie

Das Museum der Pilze


ausgezeichnet

(Fast) unbemerkte Vielfalt

Es ist bereits das achte Buch der Reihe „Eintritt frei: Das Museum …“ und wir lieben auch dieses!!! Diese Buchreihe ist großartig, ich kann es anders nicht sagen. Diesmal erkunden wir die Pilze! Was könnte passender sein im Herbst als sich diesem Gewächs der Wälder zu widmen und zu erforschen.
„Das Museum der Pilze“ ist ein großformatiges Bilderbuch, aber lasst euch davon nicht abschrecken. Kein Bilderbuch im Sinne des Kleinstkind-Format sondern ein Buch für 6-99 Jahre. Denn es ist in der Tat ein Museum zwischen zwei Buchdeckeln.
Es gibt viel zu schauen, da das Buch mit viel Liebe zum Detail illustriert wurde von Katie Scott.
Die Texte stammen alle von renommierten Fachleuten, auch wenn auf dem Cover „nur“ Dr. Ester Gaya, die dieses Buch federführend kuratiert hat.
Aber nun mal zum Inhalt! Was erwartet den Museumsbesucher im Geiste. Es werden Fragen geklärt was ein Pilz überhaupt ist, seine Evolution und wie pflanzt sich so ein Pilz eigentlich fort? Natürlich auch reichlich gattungsspezifische Informationen zu Hutpilzen, Becherpilzen Bauchpilze und viele mehr. Auch werden (wieder) die Lebensräume beleuchtet und die Beziehungen von Pilzen zu seinen spezifischen Umwelten. Klar, natürlich wird auch nicht ausgelassen was es mit den giftigen Pilzen auf sich hat!
Sehr spannend! Eine tolle Erweiterung unserer Familienbibliothek!

Bewertung vom 16.09.2021
Treue Seelen
Raether, Till

Treue Seelen


ausgezeichnet

Das Inselleben West-Berlins

Wir schreiben das Jahr 1986. Die Republik ist weiterhin geteilt. In diesem Frühjahr machen sich Achim und seine Frau Barbara auf nach Berlin. Sie nehmen alle Vorteile mit, die man damals bekam, wenn man nach West-Berlin zog: Beamtenstatus beim Bundesamt für Materialprüfung, Zulagen von 8% (!) und sie erhoffen sich ein wenig mehr Glamour als in Bonn/Bad Godesberg. Tja, aber dann sollte man vielleicht nicht nach Zehlendorf ziehen und bequem bleiben, sondern eher nach Kreuzberg….nur eines der differenziellen Aspekte des Romans!
Aber keine Sorge, es wird anderweitig spannend, denn da gibt es die aus Ostberlin stammende Marion in der Nachbarschaft, die Achim, dem Protagonisten, den Kopf verdreht und damit auch vieles unerwartete ins Rollen bringt, Achim landet sogar in Hohenschönhausen und über allem hängt die dicke Tschernobylwolke – je nach Osten und Westen anders interpretiert.
Till Raether hat mit ‚Treue Seelen‘ aus meiner Sicht einen sehr gelungenen Roman über das Leben auf der Insel West-Berlin geschrieben und auch den Osten aus der Westbrille beleuchtet (soweit ich das beurteilen kann, bin auch eine West-Berliner Kind). Wie ein Krimiplot im Berlin der 80er Jahre geht er hier mit seinem Protagonisten durch die Straßen.
Eingängig, gut und unterhaltsam geschrieben. Es ist für mich auch ein Roman der Perspektiven, sei es die Innenansicht aus Ostberlin oder Westberlin. Auch Marions Perspektive, die als Teenager aus dem Osten kam und dann wurde just die Mauer gebaut, ist eine andere Perspektive als die des Wessis Achim aus Bonn.
Wiedermal ein deutsch/deutscher Roman, aber er ergänzt vorhandene Lektüren gut und natürlich erfreut es einen das selbst erlebte noch einmal Revue passieren zu sehen, auch wenn es damals aus Kinderaugen war. Ich bin gespannt wie meine Eltern den Roman lesen/erleben werden!
Taugt für die „breite Masse“ und ist zugleich aber doch sehr speziell. Gelungen!

Bewertung vom 13.09.2021
Der Libanese / Frank Bosman Bd.1
Murath, Clemens

Der Libanese / Frank Bosman Bd.1


weniger gut

Wenn man weiß, dass Clemens Murath eigentlich Drehbuchautor ist und sonst sehr seichte 20 Uhr-Krimis schreibt für den Massenmarkt, dann wundert man sich ein wenig über diese 180 Gradwendung zum Hardboiled Thriller, aber könnte sich auch freuen. So weit so gut.
In ‚ Der Libanese‘ dem Debüt in Romanform von Clemens Murath geht es zu wie in einem anachronistischen 80er Jahre Ballerfilm. Da ist der harte Polizist, viel Gewalt, Sex, Drogen und die Welt ist einfach schlecht und dreckig in allerlei Hinsichten. Seufzt. Mich haben diese Klischees mächtig genervt und auch wenn man mal ein Retrobuch dieser Kategorie lesen möchte, dann doch bitte echte 80er Jahre und nicht ein überfälliges Szenario in der Gegenwart - was mächtig out of date ist! Sprich, dann gleich James Ellroy oder Elmore Leonard. Das spricht übrigens auch für die Sprache, recht abgedroschen und wenig innovativ. Nur ab und an kommt gelungener makabrer Humor zu Tage, das hat dann doch an der ein und anderen Stelle Spaß gemacht!
Das Ganze spielt in Berlin und der LKA-Kommissar Frank Bosmann will die Clanbrüder Arslan und Tarik Aziz einbuchten, denn die haben alles in der Hauptstadt in der Hand mit dem sich gut Kohle machen lässt: wieder mal Drogen, Gambling und Prostituierte. Aber auch er kommt in Bedrängnis.
Ich hatte insgesamt mehr Raffinesse erhofft und war daher recht enttäuscht vom Buch. Es kann gut sein, dass Murath mit diesem doch sehr eindeutigen LKA-Ermittler mit seiner Art eine Fangemeinde aufbaut, ich gehöre (leider) nicht dazu.