Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
hasirasi2
Wohnort: 
Dresden

Bewertungen

Insgesamt 1115 Bewertungen
Bewertung vom 19.09.2021
Das Inselweihnachtswunder
Mommsen, Janne

Das Inselweihnachtswunder


ausgezeichnet

Ein Troll und Gentleman

Carola ist mit Leib und Seele Inselpastorin auf Föhr. Sie liebt den Friesendom und die Arbeit mit Menschen, ist jederzeit für ihre Gemeinde da und erfüllt auch den ungewöhnlichen Wunsch des Organisten und Hallig-Bewohners Torin, für seine todkranke Großmutter Weihnachten um eine Woche vorzuziehen. Aber wie sie dem Chef der Tafel helfen soll, der kein Geld mehr in der Kasse hat, oder der alleinerziehenden Mutter mit zwei kleinen Kindern, die kurz vor Weihnachten ihre Wohnung verlieren wird, weiß sie nicht. Und dann wird ein Geldkoffer an Land gespült, der viele Probleme lösen könnte …
Außerdem ist Carola traurig, dass sie Heiligabend nach der Christmesse wieder allein nach Hause gehen wird. Jetzt ist sie schon 35 und immer noch Single. Auf der Insel scheint es keinen passenden Mann für sie zu geben. Ob der Troll Nis Puk Abhilfe schaffen kann? Irgendwas Wahres ist ja meist am Aberglauben dran. Wenn sie wenigstens sie anderen Alleinstehenden überzeugen könnte, mit ihr zusammen in der Inselbuchhandlung Weihnachten zu feiern, aber sie bekommt nur Absagen ...

Ich habe Carola sofort gemocht. Sie ist eine sehr sympathische, engagierte, liebvolle, mitfühlende, zupackende und besorgte Pastorin. Sie sieht nicht weg, wenn jemand Hilfe braucht und schafft es mit ihrem ganz eigenen Charme, das Herz so manches unfreiwilligen Spenders zu erweichen. Als plötzlich so viel Geld auftaucht, gerät sie in einen echten Zwiespalt. Denn sie weiß sofort, wie sie es verteilen würde – aber es gehört ihr nicht. Also vertraut sie auf Gott und fordert sein Urteil heraus.

„Das Inselweihnachtswunder“ ist eine bezaubernde, herzerwärmende und sehr besinnliche Weihnachtsgeschichte, bei der auch die Liebe nicht zu kurz kommt. Sie ruft dem Leser mit leisem Humor ins Gedächtnis, worauf es nicht nur zu Weihnachten wirklich ankommt – nämlich Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen und daran zu denken, dass Geben seliger denn Nehmen ist.
Man merkt dem Buch an, wie sehr der Autor die Inseln und das Meer liebt, wie gut er sich dort auskennt. Er beschreibt alles sehr bildlich, man sieht die Orte förmlich vor sich. Auch die poetischen Beschreibungen der Natur gehen ans Herz: „Der Himmel leuchtete feuerrot, durchzogen von lavendelfarbenen Wolkenstreifen.“ (S. 134) Zudem habe ich mich sehr gefreut, einige Bekannte aus der Reihe „Die Inselbuchhandlung“ wiedererkennen.

Ein wunderbare Weihnachtsgeschichte mit Herz, Humor und Nordsee-Flair.

Bewertung vom 17.09.2021
Wie ein Schatten im Sommer
Popescu, Adriana

Wie ein Schatten im Sommer


ausgezeichnet

Dörfliche Idylle?

Vio ist mit ihren Eltern gerade nach Walddorf gezogen, einem Ort, der seinem Namen alle Ehre macht. Dörfliche Idylle inmitten von Wäldern und Badeseen: „Eine Eisdiele, ... ein Döner-Laden, drei Kneipen, ein Tennisverein und zwei Italiener, wobei nur einer von denen liefert.“ (S. 5) – Pizza Panda. Konstantin, der Fahrer, kommt auf einer Vespa, hat zwei Panda-Plüschohren am Helm und das tollste Lächeln, das Vio seit langem gesehen hat.

Vios Eltern, die schon in München ein Restaurant hatten, übernehmen die Gaststätte des Tennisvereins. Sie wollen einen unbeschwerten Neuanfang, doch die Schatten der Vergangenheit holen sie bald wieder ein. „Es ist ungerecht, dass ausgerechnet die Menschen, die man am liebsten aus der Erinnerung verbannen will, immer über eine Wildcard für die eigene Aufmerksamkeit verfügen werden.“ (S. 290)

Konstantin und Vio verlieben sich, doch sie erschrickt, als ausgerechnet sein Bruder Robin und dessen Freunde fremdenfeindliche Parolen grölen und es nicht nur beim Grölen bleibt. Und dann scheint Konstantin seinem Vorbild Robin nachzueifern ...

Adriana Popescu hat mich wieder geflasht und von der ersten Sekunde an in Vios und Konstantins Kosmos gezogen. Ich erlebe die zarten Anfänge ihrer Liebe, das Kribbeln im Bauch, den verheißungsvollen Sommer inmitten der Natur und neuer Freunde. Ich freue mich für Vio, die endlich angekommen zu sein scheint und deren Plan, nach einem Jahr wieder zu gehen, immer unwahrscheinlicher wird, denn Konstantin ist hier tief verwurzelt. Außerdem ist da noch Mone, die Vio als einzige völlig unvoreingenommen und ohne Bedingungen oder Vorurteile begegnet und ihre beste Freundin wird. Doch dann schlägt die Stimmung um und Vio wird mit ihren alten Ängsten konfrontiert.
Adriana Popescu zeigt, wie schnell und nahezu unbemerkt jemand in die rechte Szene abrutschen kann, wie beeinflussbar wir, wie fließend die Übergänge zwischen kritischen Äußerungen und Fremdenhass sind. „Das alles war von Anfang an eine beschissene Idee. Alles daran. Das wusste ich schon vorher, alles in mir wusste es. Aber ich Vollidiot habe selbstverständlich mitgemacht, weil es leichter ist, mitzulaufen, als stehen zu bleiben und seinen eigenen Weg einzuschlagen.“ (S. 436)

Ich habe mich sofort in die Figuren verliebt, die so real und überzeugend sind.
Vio wird von ihrer neuen Clique bewundert und beneidet, schließlich ist sie aus München. Dass ihre Realität dort alles andere als glamourös war, weiß hier niemand. „Wir alle bilden uns zu schnell eine Meinung über unser Gegenüber, basierend auf so albernen Dingen wie dem Haarschnitt, Make-up oder dem Fehlen davon, Klamotten oder eben den Geschichten, die wir von anderen hören.“ (S. 412)

Konstantin ist der nette Junge von nebenan, den alle mögen und der in allen Vereinen ist, weil er niemanden enttäuschen will. Er eifert seinem großen Bruder nach, der irgendwie immer besser war als er, und verpasst darüber, sich eine eigene Meinung zu bilden, seinen Platz im Leben und seine Stimme zu finden. „… der Junge, der niemanden verletzt, der nie etwas Falsches sagt. Und aus Angst davor, überhaupt etwas falsch zu machen, sagst du gar nichts und machst es einfach immer schlimmer.“ (S. 93)

Doch am meisten hat mich Mone fasziniert. Sie ist die beste Freundin, die man sich nur wünschen kann, macht ihren Mund auf, wenn es nötig ist, und anderen stets klar, wenn sie eine Grenze übertreten. Ihre Zivilcourage hat mich beeindruckt.

„Wie ein Schatten im Sommer“ ist ein sehr eindringliches und wichtiges Buch über (Geschwister-)Liebe, Freundschaft und Zivilcourage. Es zeigt, wie Gruppendynamik funktioniert, was passieren kann, wenn die Jugend ohne Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz und Zukunftsvisionen aufwächst und darum die Schuld bei Unschuldigen sucht und den Ausländerhass schürt. Und trotzdem schafft Adriana Popescu es, am Ende wieder Hoffnung auf Veränderung und eine bessere Zukunft zu schüren. Denn: „Es gibt kein Verfallsdatum für Träum

Bewertung vom 15.09.2021
Stürmische Algarve / Anabela Silva ermittelt Bd.4
Conrad, Carolina

Stürmische Algarve / Anabela Silva ermittelt Bd.4


sehr gut

Jetzt wird´s persönlich

„Portugal ist das drittfriedlichste Land der Welt, unsere Mordrate liegt bei unter einem Prozent und hier an der Algarve, insbesondere der Ostalgarve, sind die Zahlen sogar noch besser. Touristen kommen zu uns, weil sie sich zu Recht sicher fühlen können. Aber Sie kommen mir mit einem Ausländermord nach dem nächsten!“ (S. 94) wird Chefinspektor João Almeida vom zuständigen Staatsanwalt gerügt. Dabei ist es Anabelas Freund Mário, der nicht an einen Unfalltod der Österreicherin glauben kann und Anabela gebeten hat, João darauf anzusprechen …

„Stürmische Algarve“ ist bereits der 4. Band der Reihe um Übersetzerin Anabela Silva und Chefinspektor João Almeida aus der Feder von Carolina Conrad, aber da die Fälle in sich abgeschlossen sind, muss man die Vorgängerbände nicht zwingend kennen.

Der aktuelle Fall bereitet João Kopfschmerzen und Magengrummeln, denn sein Kaffeekonsum steigt drastisch. Er ist eifersüchtig auf Mário, weil der mal mit Anabela aus war, und mag den Bibliothekar auch sonst nicht besonders, obwohl (oder weil?) er ihnen schon bei anderen Fällen geholfen hat. Außerdem macht sich Mário verdächtig, denn er hält eindeutig Informationen zurück. Wie gut kannte er die Tote und warum ist er mit seiner Vermutung nicht selbst zur Polizei gegangen? Und wo ist der Ehemann der Toten, schließlich waren sie zusammen unterwegs?! War es eine Beziehungstat oder steckt etwas ganz anderes dahinter? Immer mehr Ungereimtheiten tauchen auf.

Leider ist Anabela zu sehr abgelenkt, um wie sonst über ihre Befugnisse als Übersetzerin hinaus zu ermitteln und João zum entscheidenden Tipp zu verhelfen. Die Demenz ihres Vaters wird schlimmer, manchmal erkennt er sie und ihre Mutter nicht mal mehr. Dabei kümmern die sich rund um die Uhr um ihn. Eine Entscheidung muss her – können sie ihn weiter zu Hause pflegen oder wäre ein Heim die bessere Alternative?

Auch der aktuelle Fall lebt neben dem Setting, der malerischen Küste und dem rauen Hinterland der Algarve, vom Zusammenspiel von Anabela und João. Dass die beiden privat ein Paar sind, wissen im Kommissariat nur Joãos engste Mitarbeiter und so soll es auch erst einmal bleiben – obwohl er von einem gemeinsamen Alltag mit ihr träumt. Aber noch reibt sie sich zwischen der Pflege ihres Vaters und ihrem Beruf als Übersetzerin auf. Ein Privatleben ist nur an wenigen Wochenenden möglich.

Carolina Conrad lässt die Handlung ruhig angehen, das Tempo zieht sie erst zum Ende des Krimis an und überrascht dann mit gleich mehreren Verdächtigen und Motiven. Mich hat dieser Urlaubskrimi wieder gut unterhalten, ich bin schon auf das nächste Abenteuer von Anabela und João gespannt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.09.2021
Ein neuer Morgen / Die Schwestern vom Ku'damm Bd.4
Riebe, Brigitte

Ein neuer Morgen / Die Schwestern vom Ku'damm Bd.4


ausgezeichnet

Leben heißt Veränderung

„Erst mit dir ist alles vollständig geworden. Ich dachte früher, es muss der Sohn sein, der alles weiterführt. Ich habe mich getäuscht … Die Töchter werden es tun, meine 4 Töchter …“ (S. 346)
Lange haben Miri und ihre Halbschwestern auf die Anerkennung ihres Vaters Friedrich Thalheim warten müssen, stammt er doch noch aus einer Generation, in der nur die Söhne etwas galten. Dabei beweisen Silvie, Rike, Flori und Miri seit Jahren ihr Können im Familienunternehmen, dem Kaufhaus Thalheim.
Doch jetzt, Ende der 60er Jahre, sind die Welt, Deutschland und Berlin wieder einmal im Wandel. Die Haare und Röcke werden kürzer, die Klamotten und Musik schriller, das Leben freier. Wenn das Thalheim mit der Zeit gehen will, muss sich was ändern, finden die Schwestern. Sie wollen ihren Vater überzeugen, aus dem Kaufhaus „Thalheim City“ zu machen – lauter kleine Shops und abgeschlossene Abteilungen, in denen die verschiedenen Geschmäcker der KundInnen thematisch bedient werden können.

„Einen vertrauten Ort aufzugeben, fühlte sich für Miri an, als würde ihr erneut der Boden unter den Füßen weggezogen. … wer sich wie sie unter dem Naziregime als Flitzer zwei endlose Jahre in geheimen Kammern, abgelegenen Bauernhöfen oder Lauben hatte verstecken müssen, in der der ständigen Angst, gefasst, deportiert und getötet zu werden, konnte sich nicht mit einem Fingerschnipsen in neuen vier Wänden einleben.“ (S. 17)
Auch privat steht Miris Leben Kopf. Ihre Adoptivtochter Jenny ist in der Pubertät und sie ziehen gerade um als sie feststellt, dass sie mit Anfand 40 endlich schwanger ist – dabei hatte sie diese Hoffnung längt begraben. Dann begegnet sie auch noch ihrer ersten Liebe wieder, dem Mann, der ihr im Krieg geholfen hatte.

Genauso spannend, aufregend und abwechslungsreich wie die damalige Zeit war, erzählt Brigitte Riebe jetzt Miris Geschichte. Die bisher stets so starke Frau gerät an ihre Grenzen. Ihr Baby ist ein Schreikind, die große Tochter wird immer aufmüpfiger, ihre Ehe plätschert nur noch vor sich hin und die aktuellen Begebenheiten katapultieren sie immer wieder in die Nazizeit zurück, lassen sie die Schrecken noch einmal erleben. Dazu kommt der Kampf mit Friedrich um die Umgestaltung und Umstrukturierung des Kaufhauses, Miri kann oft einfach nicht mehr. Ihre Jugendliebe wird zum Rettungsanker und Ruhepol. Er kennt sie besser als jeder andere und weiß, was sie damals erlebt, wie sie sich gefühlt hat.

„Ein neuer Morgen“ ist so bunt und vielfältig wie die 70er. Brigitte Riebe bezieht die aktuelle Mode, Musik und Politik ein. Rut Brandt kauft ihre Kleider immer noch bei Miri, weil deren Modelle so frisch und unkonventionell sind, immer am Puls der Zeit; ein neuer Kanzler wird gewählt; Jimi Hendrix gibt ein Konzert, das nur 7 Titel dauerte (Dass das schon als Konzert zählt, hat mich echt überrascht).
Innerhalb der weitreichenden Familie Thalheim werden das politische Tagesgeschehen, die Studentenaufstände und Attentate auf Rudi Dutschke und Benno Ohnesorg heiß diskutiert und zum Teil live miterlebt. Außerdem muss man sich mit Themen wie freie Liebe, Kommune, Künstlerkolonie und Blumenkinder auseinandersetzen.

Ich habe mich gefreut, dass auch Friedrich Thalheims Herzenstochter Miri noch ihren eigenen Band bekommen hat und ich mehr über sie erfahren durfte. Jetzt schließe ich das Buch mit einem lachenden und einem weinenden Auge – die Ära der Thalheims ist zu Ende.

7 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.09.2021
Ein Traum von Schönheit / Bedeutende Frauen, die die Welt verändern Bd.4
Baldini, Laura

Ein Traum von Schönheit / Bedeutende Frauen, die die Welt verändern Bd.4


ausgezeichnet

Die Schönheitskönigin

New York 1922: Esther Mentzer ist die Tochter jüdisch-ungarischer Einwanderer und träumt davon, am Broadway im Rampenlicht zu stehen. „Auch wenn der amerikanische Traum nur für die wenigsten Wirklichkeit wurde, so schienen alle fest daran zu glauben.“ (S. 125)
Ihr Onkel John, ein böhmischer Apotheker, stellt auch in Amerika in einem kleinen Gartenlabor (pflanzliche) Arzneimittel her. Er bringt der interessierten Esty, wie sie innerhalb der Familie gerufen wird, bei, wie man Cremes und Lotions herstellt. Für sie ist es zu Beginn nur ein spannendes Hobby, doch als sie ihren Freundinnen bei deren Hautproblemen in der Pubertät wirklich helfen kann, erwacht ihre Geschäftstüchtigkeit. In kleine Marmeladengläschen abgefüllt, verkauft sie ihre All Purpose Creme zuerst auf der Straße, später in Schönheitssalons, den Foyers großer Hotels und auf Partys privater Gastgeberinnen. Aber ihr Traum ist es, eigene Stände in den großen Kaufhäusern wie z.B. dem Saks, zu betreiben.

Beate Maly alias Laura Baldini erzählt in “Der Traum von Schönheit“ vom Aufstieg der „Schönheitskönigin“ Estée Lauder, einer visionären Vorreiterin ihrer Branche, die Pflegeprodukte und Kosmetik auch für einfache Frauen bezahlbar machte, als erste Unternehmerin Proben als Kaufanreiz verteilte und auf natürlichen und unbedenklichen Inhaltsstoffen bestand. „Jeder kann sehen, dass Ihre Produkte wirken. Sie sind das lebende Beispiel. Der Inbegriff von Schönheit. … Außerdem sind Ihre Cremes erschwinglich und nicht so schrecklich überteuert. Es ist doch furchtbar ungerecht, dass nur reiche Frauen sich Schönheit leisten können“ (S. 8)

Estée hat mir imponiert. Sie ist eine willens- und durchsetzungsstarke Frau, die sich nicht so schnell unterkriegen lässt. Die Vorwürfe hochnäsiger reicher Kundinnen und überheblicher einflussreicher Männer, die sie nicht ernstnehmen, lächelt sie einfach weg und geht unbeirrbar ihren Weg. Ich fand es faszinierend, dass sie wirklich überall ihre Produkte dabeihatte (und auch verkaufte, selbst im Fahrstuhl) und immer wieder ihren Namen sagte, damit man sich an sie erinnerte. Auch die Vorführung und den Verkauf meisterte sie lange allein.
Genau so modern und visionär wie im Geschäftsleben, sind sie und ihr Mann auch im Privaten. Er kümmert sich um den Haushalt und den gemeinsamen Sohn, um ihr den Rücken freizuhalten – und findet das völlig normal. „Du bist ehrgeizig. Deine Firma bedeutet dir alles. Sie ist dein Leben.“ (S. 239) Doch die Anfeindungen ihrer Freunde und Bekannten, die in der Sorge gipfelt, das Kind könne bleibende Schäden nehmen, nur weil der Vater es windelt, lassen Estée irgendwann nicht mehr kalt. Passt ihr Mann überhaupt noch zu ihr oder bremst er sie nur in ihren Expansionsplänen? Ihre Ehe steht auf der Kippe …

Laura Baldini schreibt extrem fesselnd und anschaulich. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, so sehr habe ich mit Estée um ihren Aufstieg und ihre Ehe gefiebert. Mir hat sehr gut gefallen, dass sie Estée nicht eindimensional angelegt hat, sondern ihre Zerrissenheit sehr glaubhaft schildert, den unbedingten Willen zum Erfolg, für den sie auch ihre Ehe aufs Spiel setzt, und die Liebe zu ihrem Mann. Und obwohl die Geschichte über 2 Zeitebenen erzählt wurde, erfuhr man nicht zu früh, wie es letztendlich ausgeht.

Obwohl ich selber kaum Kosmetik und nur selten Gesichtscremes benutze, fand ich das Thema Schönheitsprodukte und deren Entwicklung, Herstellung und Zusammensetzung sehr interessant. Beeindruckt hat mich auch Estée Lauders Philosophie „Wer sich Zeit für sich selbst nimmt, der mag sich. Und wenn eine Frau sich mag, dann strahlt sie eine Schönheit aus, die von innen kommt.“ (S. 174)

5 Sterne und meine Leseempfehlung für diese beeindruckende Romanbiographie.

Bewertung vom 08.09.2021
Mörderische Auslese / Benjamin Freling Bd.1
Ferber, Mattis

Mörderische Auslese / Benjamin Freling Bd.1


ausgezeichnet

Eine Leiche im Keller

… hat man normalerweise nur im sprichwörtlichen Sinne, aber Sommelier Benjamin Freling findet eine mumifizierte Leiche in einer Zwischenwand im Keller, die vor ca. 20 Jahren bei Umbauarbeiten des familiengeführten 5 Sterne Hotels eingezogen wurde. „Zumauern, einfach wieder zumauern.“ (S. 28), „Können wir nicht noch eine gute Woche die Füße stillhalten, bis der Michelin raus ist?“ (S. 28) und „Wir haben schließlich noch ein paar Kredite zu tilgen. So etwas wie das hier können wir nicht brauchen.“ (S. 29) meinen seine Verwandten, als er ihnen das Corpus Delicti zeigt. Doch Benjamin befürchtet, dass er endlich sein Kindermädchen Zuzanna gefunden hat, welches damals plötzlich verschwunden war, und meldet den Fund der Polizei. Aber die Bilder der Mumie lassen ihn nicht los, verfolgen ihn in Tag- und Nachtträumen und so beginnt er, auf eigene Faust zu ermitteln.

„Mörderische Auslese“ kommt daher wie ein Genuss-Krimi. Der „Tatort“ Kaiserstuhl an der badischen Weinstraße sorgt für das passende Flair und natürlich kommen der Genuss durch die beschriebene Sterneküche und Weine nicht zu kurz. Und obwohl die Handlung relativ unblutig ist, schafft es Mattis Ferber, die Spannung konsequent zu halten und den Leser mit immer neuen Entwicklungen und Wendungen zu überraschen.

Das liegt vor allem an dem Familienkonstrukt, die das Haus führt. Sie sind schon die dritte Generation Hoteliers, alle im Hotel auf- und damit schon früh in das Gewerbe hineingewachsen. Man kennt sich von klein auf und ist voneinander abhängig, das Hotel funktioniert nicht ohne Restaurant und andersrum. Gerade fiebern alle dem zweiten Michelin Stern entgegen und die Nerven liegen blank.

Benjamin galt lange als schwarzes Schaf, stammt aus der zweiten Ehe seines Vaters und hat seine Eltern früh durch einen Unfall verloren. Er wurde dann abwechselnd von einem zum anderen Verwandten „durchgereicht“, hauptsächlich kümmerte sich aber ein neues Kindermädchen um ihn. „… manchmal hatte er das Gefühl, seine Vergangenheit bestand aus Geschichten und Anekdoten, aus schnipselhaften Informationen und lückenhaften Erinnerungen, die sein Hirn aus einem Drang nach Vervollständigung zusammengekleistert hatte.“ (S. 200)
In seiner Pubertät hat er rebelliert, fand während der Ausbildung allerdings seine Berufung zum Sommelier und damit zurück zur Familie. Er liebt die Ruhe seines Weinkellers und seine edlen Tropfen, verschenkt lieber mal etwas an echte Connaisseurs als an protzige Angeber. „Weinliebhaber waren nicht selten Romantiker. Freaks. Besessene. Irrationale. Allesamt unzurechnungsfähig, denn wenn der Stoff einmal von ihnen Besitz ergriffen hatte, dann waren sie unweigerlich verloren.“ (S. 10)
Bei seinen Nachforschungen hat er schon bald das Gefühl, verfolgt zu werden. Der Weinkeller, bisher sein sicherer Hafen, erscheint ihm immer mehr als Falle. Wer hat was zu verbergen und will ihm darum ans Leder?

Man merkt dem Buch an, dass der Autor genau weiß, worüber er schreibt. Hinter dem Pseudonym Mattis Ferber steckt niemand anderes als der (Gastro-)Journalist Hannes Finkbeiner, der selber in der Küche aufgewachsen ist und auch Restaurantfachmann gelernt hat. (Dazu gibt es übrigens auch ein tolles Interview auf der Seite des Verlages.)

Bewertung vom 07.09.2021
Ein Koffer voller Schönheit / Frauen, die die Welt schöner machen Bd.1
Engel, Kristina

Ein Koffer voller Schönheit / Frauen, die die Welt schöner machen Bd.1


ausgezeichnet

Zart und unsichtbar
… ist Anne eigentlich schon seit ihrer Kindheit. Für ihre Eltern zählte immer nur der große Bruder Fritz und Anne nahm sich gern zurück, blieb im Hintergrund. Als Fritz im 2. WK starb, änderte sich nichts an der Situation. Darum ist es wahrscheinlich auch nicht verwunderlich, dass sie sich ausgerechnet in den großen kräftigen Benno verliebte und seine Frau wurde – auch hinter ihm kann sie sich prima verstecken. Kennengelernt hatten sie sich im Krieg, als Annes Familie bei dem Hamburger Feuersturm alles verlor und nach Lüneburg zog. Und obwohl das schon über 14 Jahre her ist, gilt sie immer noch als die Fremde“. Das liegt auch an ihrem Aussehen. Sie ist nicht nur klein und zart, sondern hat auch einen dunklen Teint und mandelförmige Augen, kann ihren italienischen Großvater nicht verleugnen. Manchmal wird sie sogar verächtlich als Jüdin oder Zigeunerin bezeichnet. Auch ihre einst so liebevolle Ehe läuft nicht mehr gut, seid ihr Mann mit einem alten Schulfreund ein Möbelhaus eröffnen will und ihre Zwillinge in die Pubertät gekommen sind. Ein Lichtblick ist ihre Schwiegermutter Margarethe, die einen Friseursalon betreibt und Anne ermuntert, endlich wieder zu arbeiten, sich als Avon-Beraterin zu versuchen: „Du hast ein Händchen für Farben. Und Stil. … Du solltest dein Talent endlich nutzen. … Du könntest andere Frauen schminken und beraten.“ (S. 31)

„Ein Koffer voller Schönheit“ spielt zu Beginn der 60er Jahre, als sich das Rollenbild der Frauen wieder einmal wandelte. Im Krieg mussten sie die Männer ersetzen und die Wirtschaft am Laufen halten, danach hatten sie sich wieder als Hausmütterchen zurückzuhalten. Jetzt beginnt endlich der Wirtschaftsaufschwung, die Kinder werden langsam flügge und die Hausfrauen sind erst Mitte 30 – eindeutig zu jung, um sich nur im Haus zu verstecken. Sie haben Wünsche und Träume, sei es eine Reise, ein Fernseher oder eine moderne Einbauküche – die Werbung weckt Begehrlichkeiten. Allerdings brauchen sie die Zustimmung ihres Mannes für den Führerschein oder eine Arbeitsstelle...

Anne hatte sich mit diesem Leben gut arrangiert, war glücklich und zufrieden als Hausfrau und Mutter, bis ihr Mann plötzlich die Metamorphose vom glücklichen Schreiner zum unglücklichen Möbelhaus-Mogul macht und sein Kompagnon auch noch eine junge, schöne, elegante und aufregende Verkäuferin mit sexy Kurven einstellt. „Ich bin einsam an der Seite meines Mannes.“ (S. 40) erkennt sie irgendwann und will, bestärkt von Margarethe, endlich mehr, ein selbstbestimmtes Leben und beruflichen Erfolg.
Ich konnte mich gut in sie einfühlen, das stille Heimchen am Herd, das es allen recht machen will und sich selber darüber vergisst.
Ihr Kampf um Unabhängigkeit wirkt echt und wird nicht romantisiert, man kann die Schwierigkeiten und Selbstzweifel gut nachvollziehen. Ich fand es toll, wie sie endlich ein Selbstbewusstsein entwickelt und sich nicht mehr hinter ihrem Mann versteckt und damit sogar ein Vorbild für ihre Kundinnen wird.

Mein heimlicher Liebling aber ist ihre Schwiegermutter Margarethe, die so herrlich exzentrisch und unkonventionell ist. Sie war schon immer eine starke Frau und hat sich auch von ihrem Mann nie unterbuttern lassen, als er noch lebte. Sie liebt alles Italienische und Amerikanische, kann nicht kochen, sondern macht einfach eine Dose Ravioli auf oder rührt Kartoffelbrei aus Pulver an. Außerdem hat sie der Männerwelt noch nicht abgeschworen, ganz im Gegenteil.

Kristina Engel schreibt sehr unterhaltsam und anschaulich über die damalige Zeit, ich habe das Buch an nur einem Tag verschlungen. Und obwohl (oder gerade weil) ich in der DDR aufgewachsen bin, kann ich mich noch gut an den Geschmack der ersten frischen Ananas, Dosenravioli oder Coca Cola erinnern und musste an diesen Stellen beim Lesen schmunzeln. Auch das Konzept und die Arbeit der Avon Beraterinnen wird gut dargestellt.

Bewertung vom 05.09.2021
Das Kreuz des Pilgers / Pilger Bd.1
Schier, Petra

Das Kreuz des Pilgers / Pilger Bd.1


ausgezeichnet

Das Kreuz des Zacharäus

1379: Der ehemalige Straßenjunge Palmiro und sein Freund Colin sind auf der Rückreise ihrer Pilgerfahrt aus dem Heiligen Land, als ihr Pilgerzug, dem sich inzwischen auch Handelsreisende wie ihr bester Freund Gottfried und dessen Frau Reinhild angeschlossen haben, nachts überfallen wird. Dabei wird Gottfried dabei getötet und Palmiro gibt sich dafür die Schuld, denn er hat die Warnungen des Kreuzes des Zacharäus ignoriert. „In der Dunkelheit der Nacht vermeinte Palmiro sogar ein hohles, zorniges Sirren zu vernehmen, und … konnte … einen bläulichen Schimmer um das Schmuckstück erkennen.“ (S. 17) Diese Reliquie wurde jahrhundertelang u.a. von der Familie seines Ziehvaters gehütet, bevor sie vor Jahren endlich wieder den Templern übergeben werden konnte, und ist ihm auf der Reise quasi vor die Füße gefallen, als sich die Inquisition den Schatz der Templer aneignen wollte. Palmiro glaubt nicht an einen Zufall, sondern daran, dass das Kreuz zu ihnen zurückwollte.

Zurück in Koblenz muss Reinhild entscheiden, wie ihr Leben weitergehen soll. Ihr Sohn Hannes ist erst 5 und Gottfrieds Erbe, aber viel zu erben gibt es nicht. Sie wird also nach einer angemessenen Trauerzeit einen neuen Ehemann wählen müssen. Palmiro hat auch schon einen Kandidaten für sie im Sinn, aber den würde ihr Vater strikt ablehnen. Außerdem hat sie Angst, dass ein neuer Ehemann irgendwann hinter ihr größtes Geheimnis kommen könnte.

Auch Palmiro hat Angst vor der Entdeckung seines Geheimnisses, von dem bis dato nur Reinhild und Gottfried wussten. Denn was er verbirgt, zählt als Ketzerei. Um sich von der Angst davor und dem Schmerz wegen des Verlustes seines Freundes abzulenken, stürzt er sich in die Gründung seines eigenen Unternehmens.

Conlin von Langengreth muss ebenfalls überlegen, wovon er in Zukunft leben will. „Du bist ein Blatt im Wind … Ohne Bande, ohne Verantwortung, aber auch ohne Liebe.“ (S. 95) Als zweitgeborener Adeliger hat er sich bisher mit Turnieren über Wasser gehalten, aber sein älterer Bruder macht immer mehr Probleme und eigentlich müsste Conlin jetzt die Verantwortung für die Familie unternehmen.

„… die Zeiten ändern sich. Rittersleute und Patrizier betätigen sich im Handel, der Adel sieht seinen Vorteil darin, sich mit dem einflussreichen Bürgertum durch Ehen zu verbünden. Die Grenzen dessen, was einmal als rechtens und sittsam angesehen wurde, verschwimmen zunehmend.“ (S. 81)
„Das Kreuz des Pilgers“ ist der Auftakt einer neuen, sehr spannenden und von mir sehnsüchtig erwarteten Trilogie von Petra Schier, in der sie wieder einmal gekonnt mittelalterliche Geschichte und Mystik verbindet. Während er Adel durch die Aufteilung des Besitzes an die Söhne und die Mitgiftzahlungen für die Töchter verarmt, wird das Bürgertum immer reicher. Mit dem Handel blüht auch der Verkauf von Sicherheiten (heute würden wir Versicherungen sagen) und Krediten.
Dies alles hat Petra Schier geschickt in die Handlung um Reinhild, Palmiro und Conlin eingebaut. Dabei gibt es für langjährige Fans ein Wiederlesen mit vielen bekannten Figuren aus der Luzia- und der Kreuz-Trilogie, doch am meisten habe ich mich über die kleine Adelina gefreut.

Petra Schier schreibt sehr lebendig und kurzweilig. Es gelingt ihr, das Mittelalter vor dem Auge des Lesers wieder auferstehen zu lassen. Auch ihre Protagonisten klingen und verhalten sich ihrer Zeit angemessen, ich mochte Reinhild, Palmiro und Conlin sofort. Leider endet der erste Band mit einem fiesen Cliffhanger und ich bin schon sehr gespannt, wie es weitergeht.

Bewertung vom 01.09.2021
Frau von Goethe / Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe Bd.6
Rygiert, Beate

Frau von Goethe / Außergewöhnliche Frauen zwischen Aufbruch und Liebe Bd.6


ausgezeichnet

Die kleine Frau Goethe

… wurde Christiane Vulpius genannt, meist abfällig oder spöttisch, manchmal aber auch ehrfurchtsvoll. Und dass, obwohl Johann Wolfgang von Goethe sie trotzt ihrer gegenseitigen großen Liebe nicht heiraten wollte. Stattdessen hatte er ihr „Eine wilde Ehe … ohne Zeremonie. Und voller Liebe.“ (S. 97) versprochen.

Beate Rygiert räumt in „Frau von Goethe“ mit den Vorurteilen über Christiane und ihre Beziehung zum berühmtesten Geheimen Rat Weimars auf. Sie beschreibt eine starke, mutige, lebenslustige und praktisch veranlagte Frau, die sich trotz der Warnungen ihrer Familie und Freunde über die gängigen Konventionen hinwegsetzt „Ganz Weimar wird sich über dich das Maul zerreißen.“ (S. 37), schildert die Anfeindungen, die Christiane über sich ergehen lassen muss, ihre Angst vor dem Pranger, weil sie unverheiratet schwanger wird, ihre die ständigen Zweifel und die Unsicherheit, ob sie auch (gut) genug für diesen großen, berühmten Mann ist „Ich bin ja nur eine einfache Frau. Und manchmal weiß ich gar nicht, was er an mir hat.“ (S. 167).

Aber Goethe weiß sie wertzuschätzen. „…Du bist meine Rettung.“ (S. 48) und „Keine andere Frau wäre so großzügig wie du.“ (S. 308) Christiane erträgt klaglos seine Launen, seine häufige monatelange Abwesenheit und bringt Ordnung und Struktur in sein Leben und seinen Haushalt. Er ist oft krank, vor allem im Alter scheint sie eher seine aufopfernde Pflegerin als Geliebte gewesen zu sein. Und ihre eigenen Ängste und Probleme behält sie meist für sich. „Ihr Mann war ein Universalgenie … Und ein solcher Mensch interessierte sich einfach für alles. Nur nicht für sie und ihre Sorgen.“ (S. 254)

Außerdem sie ist ein Familienmensch. Die Bekanntschaft mit Goethe verdankt sie der Tatsache, dass sie eine Stelle für ihren Bruder bei ihm erbitten sollte. Sie nimmt ihre Tante und ihre Schwester in ihren Haushalt auf und hilft auch anderen Mitgliedern der weitläufigen Familie immer wieder. Aus dem kleinen „Blumenmädchen“, sie arbeitete in einer Seidenblumenmanufaktur, wurde eine echte Powerfrau.

Beate Rygiert hat einen mitreißenden und aufschlussreichen Schmöker geschrieben und Christiane, ihr Leben und ihre Zeit lebendig werden lassen. Man erhascht natürlich auch immer wieder kurze Einblicke in die wichtigsten Stationen von Goethes Leben, aber die werden aus Christianes Sicht geschildert, was diese für sie bedeuten. Ich fand es gut, dass er im Roman nur eine Nebenrolle spielt, denn, obwohl er der Mittelpunkt von Christianes Welt ist, ist er in ihrem Leben oft nur eine Randfigur, zu oft körperlich oder geistig abwesend.

Für mich ist „Frau von Goethe“ ein weiteres Jahreshighlight.

Bewertung vom 30.08.2021
Die Zeit der Kirschen
Barreau, Nicolas

Die Zeit der Kirschen


sehr gut

Das Ende von André und Aurélie?

Vor einem Jahr gab es für Aurélie und André ein Happy End. Um ihr Herz zu gewinnen, hatte er ein Buch über ihr Kennenlernen geschrieben, das ein Bestseller wurde. „So kann nur ein Franzose über die Liebe schreiben!“ (S. 49) Jetzt will er ihr seit Monaten einen Antrag machen, doch immer kommt etwas dazwischen. Am Valentinstag kniet er schon fast vor ihr, als sie erfährt, dass sie einen Michelin-Stern erhält. Doch am nächsten Tag ruft ein wütender Koch an – sein Restaurant trägt den gleichen Namen wie ihres und er hat sich den Stern erkocht, nicht sie! Es gab eine Verwechslung in der Redaktion des Guide Michelin. Als ein Artikel über diesen Irrtum geschrieben wird, lernt sie den Koch persönlich kennen – und schwärmt André von ihm vor. Der wird immer eifersüchtiger und auch Aurélie hat Grund zum Zweifeln. Seit einer Lesung bekommt André extrem viele Anrufe von einer Buchhändlerin …

„Die Zeit der Kirschen“ ist die Fortsetzung des Bestsellers „Das Lächeln der Frauen“, und obwohl ich diesen nicht kenne, habe ich sehr gut in die Geschichte hineingefunden. Ich hatte nicht das Gefühl, dass mir irgendein Zusammenhang fehlt.

Nicolas Barreau beschreibt, was nach dem Happy End passiert, wie aus einem Liebespaar ein echtes und vom Alltag eingeholt wird, wie man sich mit den Marotten und Angewohnheiten des Gegenübers arrangiert und (erst noch) darüber lächeln kann. Doch niemand ist vor Eifersucht gefeit und so befinden sich auch André und Aurélie bald in einer Spirale gegenseitiger Vorwürfe und Verdächtigungen (die mir manchmal etwas zu viel wurden). Vor allem André steigert sich immer mehr in seine Eifersucht und merkt gar nicht, wie er damit die Beziehung zerstört. Seine Freunde und Kollegen warnen ihn noch: „Zu einem Tango gehören immer zwei, also schubsen Sie Ihre Freundin nicht in seine Arme, indem Sie ihr ständig auf die Füße treten.“ (S. 342), doch er kann sich irgendwann nicht mehr bremsen.

Aurélie und André sind ein schönes Pärchen und ergänzen sich gut. Er ist oft etwas ungeschickt, vergräbt sich in seine Bücher und blendet alles um sich rum aus – auch das schmutzige Geschirr in der Spüle. Sie ist eher praktisch und bodenständig veranlagt, aber in der Küche sehr kreativ und selbstbewusst.
Übrigens habe festgestellt, dass das „Menu d’amour“, das hier eine wichtige Rolle spielt, aus dem gleichnamigen Buch des Autors von 2013 stammt, in dem es um Aurélies Eltern geht ;-).

Der Roman ist amüsant, charmant, romantisch, leidenschaftlich und mit viel Savoir-vivre. Aurélies Gerichte haben mir das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen und jetzt ich möchte unbedingt mal Monets Gärten in Giverny besichtigen ...