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sleepwalker

Bewertungen

Insgesamt 467 Bewertungen
Bewertung vom 29.11.2019
Fischermord / Romy Beccare Bd.8
Peters, Katharina

Fischermord / Romy Beccare Bd.8


sehr gut

Das Rezept des Krimis ist das altbewährte: eine Handvoll sympathischer Ermittler trifft nach einem Todesfall auf reichlich Verdächtige. Jeder scheint auf irgendeine Weise mit dem anderen zusammen zu hängen und nach und nach müssen alle feststellen, dass nichts und niemand in dieser Geschichte so ist, wie man auf den ersten Blick denkt. Praktisch jeder trägt ein Geheimnis mit sich herum und nach und nach werden alle von ihrer Vergangenheit eingeholt.
Mir fiel es etwas schwer, mit den Personen warm zu werden, da es mein erstes Buch der Autorin war, aber schon der achte Band um Kommissarin Romy Beccare und ihr Team. Zwar ist es problemlos auch für „Neulinge“ zu lesen, noch mehr Spaß hätte es mir vermutlich aber gemacht, wenn ich die vielen Anspielungen auf ältere Fälle auf Anhieb hätte verstehen können.
Die Tatsache, dass an drei Stellen aus einem Daniel ein David wird, ist etwas irritierend und auch mancher umgangssprachlicher Ausdruck löste bei mir eher ein Kopfschütteln aus.
Dennoch: ein leicht zu lesender, stellenweise sehr überraschender und spannender Krimi, der sicher auch nicht den Anspruch erhebt, (große) Literatur zu sein. Fesseln und begeistern konnte mich das Buch allerdings nicht so wirklich, aber es ist ein solider Krimi mit Unterhaltungswert. Daher von mir solide 4 Sterne.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.11.2019
Denn wir waren Krieger
Safi, Wajima

Denn wir waren Krieger


ausgezeichnet

Das Buch „Denn wir waren Krieger“ von Wajima Safi könnte kein aktuelleres Thema haben. Zwar beginnt die Geschichte von Layla und Jamal nach dreijähriger Flucht aus Afghanistan mit ihrer Ankunft in München schon 1980, aber Geschichten wie ihre wiederholen sich auch heute täglich zig-fach.

Layla erzählt einerseits von ihrem Leben in Deutschland, andererseits in Rückblicken von ihrem Leben in Afghanistan. Und in dieser Erinnerung lebt sie auch noch nach ihrer Ankunft in München, sie vermisst die Heimat und wird ihr Heimweh nie los. Laylas innere Konflikte zwischen Tradition und dem neuen Leben in Deutschland sind erdrückend und sehr eindrucksvoll beschrieben. Sie schafft es selbst nicht, in der neuen Heimat anzukommen, schafft es aber auch nicht, ihren Kindern eine Brücke in die neue Welt zu bauen (obwohl ihr Sohn Omar in München geboren wird). Bis zuletzt bleiben sie Fremde. Ihr Mann hingegen findet ziemlich schnell Anschluss und hat mit den Gefühlen, die sie plagen weniger Probleme. Anders als Layla, hat Jamal auch nie wirklich vor, nach Afghanistan zurückzukehren.

Das Buch ist eine beeindruckende Studie dessen, was Krieg und Flucht in den Menschen auslösen können. Das Gefühl von Entwurzelung, Heimweh, Trauer, Erinnerung und Festhalten an Traditionen ist in jeder Zeile greifbar. Aber auch Sehnsucht, Wünsche, Träume, Familienzusammenhalt und Hoffnung. Der Leser spürt genau, dass es einen Unterschied zwischen „Heimat“ und „Zuhause“ gibt, zwischen „an einem Ort wohnen“ und „an einem Ort leben“ und auch, dass eine brechend volle Wohnung mit unzähligen Menschen nicht zwingend Nähe und Geborgenheit bedeuten muss.

Ich fand das Buch verstörend und enorm bedrückend. Alle Charaktere blieben oberflächlich und unnahbar, etwas, das Laylas Leben in Deutschland ausmacht. Lose Bekanntschaften, kaum Bestreben, die neue Sprache zu lernen und immer auf Distanz zu allen. Die innere Zerrissenheit von Layla fängt die Autorin (vielleicht unbeabsichtigt) auch in ihrer Sprache ein. Denn einerseits ist diese sehr schlicht gehalten, aber gleichzeitig sehr bildreich und wortgewaltig. Wegen der Authentizität und der vielen, oft unterschwelligen Andeutungen, die mich als Leser sehr nachdenklich gemacht haben, klare 5 Sterne und ein wohlwollendes Hinwegsehen über die zum Teil fehlerhafte Grammatik.

Bewertung vom 19.11.2019
Knie - Meniskusschmerzen selbst behandeln
Liebscher-Bracht, Roland;Bracht, Petra

Knie - Meniskusschmerzen selbst behandeln


weniger gut

Liebscher und Bracht sind inzwischen weithin bekannte Namen, vor allem durch ihre Bücher und Online-Videos zur Selbsthilfe. Daher war ich auf ihr neues Buch „Knieschmerzen selbst behandeln“ sehr gespannt.
Ich kann nicht sagen, dass mich das Buch enttäuscht hat – aber es hat mich auch nicht wirklich positiv überrascht. Es ist einerseits eine Aneinanderreihung altbekannter Übungen für Knie und Hüfte, zum Dehnen, Strecken und Stärken. Jeder Sportler kennt sie und vermutlich auch jeder Nicht-Sportler, der jemals Physiotherapie für diese Körperteile bekam. Da ist nichts wirklich Neues dabei.
Was mir aber bei diesem Buch enorm negativ aufgefallen ist, ist die Selbstbeweihräucherung der beiden Autoren. Denn insgesamt kann man das Buch als reichbebilderten Werbeprospekt betrachten. Viele Übungen fußen auf den eigenen Produkten, einiges mutet sehr esoterisch an und fast habe ich noch die Empfehlung für irgendwelche Globuli erwartet. Aber nein – Liebscher und Bracht preisen „nur“ ihre eigenen überteuerten Nahrungsergänzungsmittel an.
Die Übungen sind insgesamt gut machbar (aber nicht zwingend mit den von den Autoren angepriesenen, zum Teil enorm teuren, Produkten aus ihrer eigenen Produktlinie) und bei manchen Beschwerden helfen sie vermutlich auch. Bei anderen aber ist der Besuch eines Arztes unabdingbar! Insgesamt kommt das Wort „Arzt“ in diesem Buch nur dreimal vor. Aber nicht jedem Schmerzgeplagten kann ohne OP geholfen werden und dieses Heils- und Heilungsversprechen im vorliegenden Buch finde ich verwerflich. „Berichten Sie auch Ihrem Hausarzt oder Physiotherapeuten, dass Ihnen unsere Selbsthilfemaßnahmen bei Ihren Schmerzen geholfen haben“ – schon allein dieser Satz zeigt die Arroganz und das Maß, wie überzeugt die Autoren von ihrer Methode sind (zu der es allerdings keine haltbaren Studien gibt). Denn richtig müsste es heißen: „ob Ihnen unsere Selbsthilfemaßnahmen […] geholfen haben“.
Dem geneigten Leser empfehle ich auf jeden Fall die Aussagen, die im Buch gemacht werden, gründlich zu hinterfragen. Im Zweifel doch unbedingt einen Arzt zu Rate zu ziehen und auch dessen Aussagen zu hinterfragen und im Endeffekt genau das zu tun, was zielführend und heilend (oder zumindest lindernd) ist. Bei Beschwerden würde ich auf jeden Fall keinem raten, diese mit einer bebilderten Anleitung zu „heilen“. Viele Übungen können, falsch ausgeführt, mehr schaden als nutzen, vor allem wenn man sie allein im stillen Kämmerlein, nur mithilfe von Bildern (oder auch Videos) ausführt und keine Rückmeldung bekommt, ob man sie richtig macht.
Also insgesamt ist etwa das halbe Buch Werbung und Selbsbeweihräucherung, gekoppelt mit zweifelhaften Heilungsversprechen und einem unterschwelligen Kreuzzug gegen die evidenzbasierte Physiotherapie. Der Rest sind altbekannte Übungen im neuen Mäntelchen, dargestellt in schicken Bildern eines selig lächelnden Mannes mittleren Alters. Was man davon halten mag, kann jeder für sich selbst entscheiden. Auch, ob ihn die Rechtschreib- und Logikfehler ebenso stören wie mich. Dafür, dass die Hälfte des Buchs brauchbar ist, gibt es von mir auch die Hälfte der Punkte.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.11.2019
Frühstück & Brunch
Weber, Anne-Katrin

Frühstück & Brunch


ausgezeichnet

Anne-Kathrin Weber hat in ihrem Buch „Frühstück und Brunch“ eine bunte Sammlung verschiedener Frühstücksideen zusammengetragen. Nichts bahnbrechend Neues, aber tolle Ideen um aus der Brot-mit-Marmelade-Eintönigkeit rauszukommen.
Sie präsentiert ansprechend bebildert vielfältige Rezepte in alle Richtungen (süß, herzhaft, Brot, Porridge und auch Smoothies, Suppen und Drinks), Rezepte für die schnelle Küche, was für „auf die Hand“ und natürlich auch aufwändigere Rezepte für den ausgedehnten Brunch.
Mir gefällt an diesem Buch sehr, dass es wirklich umsetzbare Rezepte sind, ohne Schnickschnack und auch die meisten Zutaten hat man tatsächlich auch zu Hause. Gut, die kleinen Exkurse zu Themen wie Küchengeräte, verschiedenen Kaffee-Aufbrüh-Methoden und die Süßungsmittel sind extrem knapp und das Buch wäre vermutlich auch gut ohne sie ausgekommen. Ebenso, dass Avocado und Ei die „perfekte Kombi“ sind – darüber kann man streiten. Sie begründet diese Aussage nämlich nicht und ich muss sagen: Für mich sind sie es nicht, ebenso wenig wie Rührei mit Krabben oder Speck.
Aber alles in allem ein solides Handbuch für den kulinarischen Start in den (All)Tag mit umsetzbaren Rezepten und daher von mir 5 Sterne.

Bewertung vom 18.11.2019
Dünenblut / Tjark Wolf und Femke Folkmer Bd.6
Koch, Sven

Dünenblut / Tjark Wolf und Femke Folkmer Bd.6


gut

Was für ein Schock für Tjark Wolf. Da kommt der Kriminalhauptkommissar vom LKA Niedersachsen aus dem Urlaub im dänischen Hvide Sande zurück und findet sich als Hauptverdächtiger in einer Mord-Ermittlung wieder. Noch dazu wurde ausgerechnet die Frau entführt, die geeignet war, ihn aus seinem Dasein als „einsamer Wolf“ zu befreien. Anne Madsen, ebenfalls Polizistin, hatte im Fall des „Runenkillers“ ermittelt. Des Mörders, der innerhalb von zwei Jahren zwei prominente Frauen ermordet und mit eingeritzten Runen „verziert“ abgelegt hat.
Klingt spannend, spielt in Dänemark, wollte ich lesen.
Und ja, über weite Strecken ist das Buch sehr spannend geschrieben. Dennoch konnte es mich nicht wirklich begeistern. Denn irgendwie kommt mir der inzwischen sechste Band um Ermittler Tjark Wolf und sein Team vom LKA Niedersachsen ziemlich lieblos hingeschludert vor. Natürlich ist das Buch ein Krimi und erhebt sicherlich nicht den Anspruch, große Literatur zu sein. Aber mir fehlt in einigen Passagen die Sorgfalt, sowohl vom Autor als auch vom Lektorat. Dass sich beispielsweise die örtliche dänische Zeitung Jyllands-Posten mit einem Bindestrich schreibt (ja, ich lese sie täglich) ist ein kleiner Makel. Aber an einer Stelle verwechselt der Autor bei einem Vergleich „als“ und „wie“. Und beim Satz „Erst explodierte XYs. linkes Knie in einem rosafarbenen Nebel, dann sein linkes.“ fehlt der Schluss.
Dennoch. Das Buch war zum Teil sehr spannen und der Schluss kam für mich nach vielen falschen Fährten ziemlich überraschend. Aber manche Nebenschauplätze waren für mich so uninteressant, dass ich die Passagen komplett quergelesen habe. Kennern der Serie um die „Fantastic Four“ um Tjark Wolf ging es da vermutlich anders. Für mich als „Neuling“ blieben die restlichen drei der „Fantastic Four“ über weite Strecken überflüssiges Beiwerk. Die verschiedenen falschen Fährten zu den unterschiedlichen Verdächtigen fand ich interessant und gut gewählt. Man bekommt unter anderem Einblicke in die Welt von Tätowierern und Ewiggestrigen, erlebt Mobbing und Trauma mit. Auch die EU-kritische Haltung einiger dänischer Parteien ich sehr gut dargestellt und das ist durchaus aktueller denn je.
Nett für zwischendurch und als Freizeitlektüre, teilweise spannend, auf jeden Fall wäre da aber mehr drin gewesen. Daher von mir für die guten Absichten und die teilweise gute Umsetzung 3 Sterne.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.11.2019
Spiel des Lebens
Jürgens, Udo;Moritz, Michaela

Spiel des Lebens


weniger gut

„„Spiel des Lebens“ ist Udo Jürgens‘ Geschenk an seine Fans“ – der Nachsatz des Buchs klingt nach der Lektüre desselben etwas hohl nach. Aber ich möchte nicht undankbar sein. Denn eines kann man sagen: das Buch ist nett zu lesen, keine große Literatur, aber was für zwischendurch.
Es ist eine bunte Sammlung aus Episoden aus den Lebensgeschichten völlig unterschiedlicher Menschen, wie man sie zum Teil schon so oder so ähnlich aus der Zeitung kennt. Nett aufbereitete „Human-touch“-Geschichten, was fürs Herz und für den Zeitvertreib ganz schön zu lesen – mehr aber auch nicht. Schade. Damit hat Michaela Moritz meiner Meinung nach weder sich noch Udo Jürgens einen Gefallen getan, ganz geschweigen davon, dass es ein Geschenk an die Fans ist.
Die Sprache, in der das Buch geschrieben ist, ist in der Hauptsache sehr simpel, aber anschaulich. Aber wer sich etwas im Stil von „Der Mann mit dem Fagott“ erhofft hat, wird ebenso enttäuscht sein, wie ich. Der Name Udo Jürgens auf dem Cover macht sich sicher ganz gut als verkaufsförderndes Element. Aber eigentlich ist es schade, diesen großen Namen an ein eher drittklassiges Buch zu verschleudern. Außer der ersten Geschichte hat er mit dem Buch inhaltlich nichts zu tun. Dass diese von ihm stammt ist aber anhand von Duktus und deskriptiverer Wortwahl ganz klar erkennbar, der Rest des Buchs ist doch um einiges sachlicher und nüchterner geschrieben. Inwieweit er also an der Entstehung der anderen Geschichten überhaupt beteiligt war, ist für den Leser nicht ersichtlich. Es ist ein Buch der Kategorie „kann man lesen, muss man aber nicht“. Daher für mich auch nur schwache zwei Punkte.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.11.2019
Gehetzt / Jane Hawk Bd.2
Koontz, Dean

Gehetzt / Jane Hawk Bd.2


sehr gut

„Gehetzt“ – da ist der Titel Programm. Irgendwie jagt in dem Thriller von Dean Koontz jeder jeden. Allerdings war mir anfangs nicht bewusst, dass das Buch schon der zweite Teil der Serie um die ehemalige Agentin Jane Hawk ist (klar, selbst schuld, hätte ja den Klappentext lesen können. Ich hatte aber nur „Dean Koontz“ gelesen und wollte das Buch deshalb haben). Aber auch ohne „Suizid“ gelesen zu haben, kann man der Handlung folgen. Dankenswerterweise bringt der Autor den Leser auf den notwendigen Wissensstand, was aber das Buch auch enorm in die Länge zieht. Allerdings endet das Buch offen (sorry, da möchte ich keinem die Spannung nehmen, aber so ist es halt) – und das hat mich dann doch etwas geknickt zurückgelassen, als ich die letzte Seite gelesen hatte. Und dass es vermutlich insgesamt fünf Bände der Serie geben wird, machte das nicht besser.
Das Buch an sich ist trotz seiner Länge sehr spannend zu lesen. Thema und Aufarbeitung an sich erinnerten mich ein bisschen an den Film „The Kingsmen“. Eingriffe in das menschliche Gehirn, Fremdsteuerung, Fremdbestimmung, unheilige Allianzen und Seilschaften, bei denen eigentlich keiner dem anderen trauen kann oder sollte – alles Themen, die in der heutigen Zeit nicht ganz unrealistisch, aber dennoch enorm gruselig sind.
Die Sprache ist flott und nah am Leser. Da darf auch gerne mal geflucht werden. Schwer tat sich mich damit, dass die Hauptfigur Jane Hawk mir nicht wirklich sympathisch war. Sie erinnerte mich irgendwie an eine Teflonpfanne, glatt, aber ohne Tiefe. Obwohl sie sich um ihren Sohn sorgt und um ihren Mann trauert, bleibt sie sehr unnahbar und keiner kann ihr etwas anhaben. Ihre Pläne sind alle bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und sie überlässt nichts dem Zufall. Natürlich hat sie das in ihrer Agenten-Ausbildung gelernt, aber sie ist mir über weite Strecken einfach zu schlau, um sympathisch zu sein. Und zudem verfügt sie über scheinbar unbegrenzte Mittel (Waffen, Geld, Autos und so weiter). Sheriff Luther Tilmann, der einen Teil des Handlungsstrangs bestreitet, hatte hingegen sofort meine volle Sympathie, er ist bodenständig, nachdenklich und menschlich.
Alles in allem unheimlich, spannend, gruselig und rasant geschrieben. Und dann das offene Ende wie eine kalte Dusche. Und das nervende Warten auf Band 3. Daher von mir 4 Punkte für die spannende Lektüre.

Bewertung vom 04.11.2019
Der Preis des Lebens
Kreutner, Bernhard

Der Preis des Lebens


gut

Organtransplantationen sind vermutlich auf der ganzen Welt ein wichtiges Thema. Fakt ist: es gibt zu wenig Spenderorgane. Und dann gibt es Menschen, die aus der Not derjenigen, die auf ein Organ warten, Kapital schlagen und ihnen ebendiese besorgen. Auf Kosten von irgendwem. Wildfremde Menschen werden zu Opfern einer Organ-Mafia, weil sie zu fast 100% kompatible Spender sind. Unfreiwillige Spender. Deren Tod nur dem einen Zweck dient: einem solventen Empfänger zu helfen.
So weit so altbekannt.
„Der Preis des Lebens“ von Bernhard Kreutner beschäftigt sich mit dem Thema Organhandel/Organraub. Aber auch damit, dass dieser Raub erst durch clevere Hacker und schlaue Informatiker möglich wird, die eine ebenso wichtige Rolle dabei spielen, wie die ausführenden Ärzte. In einer Zeit von Big Data, in der Datenschutz ein schönes Wort, aber kein haltbares Versprechen ist.
Das Buch ist ziemlich spannend, aber durch den österreichischen Dialekt in der Schreibung für mich ziemlich holprig zu lesen, auch der Aufbau der österreichischen Polizei wird mir vermutlich auf ewig ein Rätsel bleiben, bei dessen Lösung mit das Buch nicht weiterhelfen konnte. Die Charaktere, obgleich detailliert beschrieben, bleiben eher blass, ich konnte zu keinem größere Sympathien aufbauen. Eher wirken sie als Rahmenwerk für die Geschichte, denn als Mitwirkende. Auch die am Anfang sehr hohe Spannung kann der Autor nicht konstant aufrechterhalten.
Das Buch ist gruselig, ohne ein Horror-Roman zu sein. Oder ist es einer? Organmafia kennt man aus Entwicklungsländern. Organhandel ist ebenfalls kein Neuland. Aber unfreiwillige Organspenden mitten in Europa? Sicher ist der Roman fiktiv, aber nicht unmöglich. Gier und Not und die Möglichkeit, Dank Datenklau („Big Data is tracking you“) beides miteinander zu kombinieren, schafft einen Nährboden für kriminelle Machenschaften. Daher lässt einen das Buch mit einem unguten Gefühl in der Magengegend zurück. Wegen der rasch abflachenden Spannung, der großen Dialog-Lastigkeit, der für nicht-Österreicher zum Teil schwer verständlichen Sprache und der (meiner Meinung nach) nicht immer passenden philosophischen Zitate 3 Punkte.

Bewertung vom 04.11.2019
Die gute Seele
Marrs, John

Die gute Seele


ausgezeichnet

„Vier Stunden später war es an der Zeit, dass ihre Mutter erfuhr, wie man sich fühlte, wenn jemand mit einem spielte“. Dieser Satz ist in John Marrs‘ „Die gute Seele“ sehr bezeichnend. Denn darum geht es: Psychospielchen. Manipulatives Verhalten. Hinterhältigkeit. Und Aggressivität, Perfidität und die tiefsten Abgründe menschlichen Verhaltens.
Im Englischen heißt das Buch von John Marrs „The good Samaritan“. Dieser Titel weist direkt auf die Aufgabe hin, die die Hauptfigur hat: nämlich ehrenamtlicher Dienst bei der Telefonseelsorge. Denn das ist es, was Laura macht. Aber sie ist nicht gut, vielleicht hat sie noch nicht einmal eine Seele. Und eine gute Samariterin ist sie schon gar nicht. Tief in ihrem Inneren schlummert das abgrundtief Böse.
Anfangs fand ich das Buch enorm zäh und es für mich schwer in die Geschichte zu finden. Lauras ehrenamtlicher Dienst bei der Telefonseelsorge tröpfelt so dahin, man erfährt etwas über sie und ihre Familie, ihren Mann Tony, ihre beiden Töchter und den schwerbehinderten Sohn Henry. Und über ihre Kindheit in Pflegefamilien, nachdem sie ihre Herkunftsfamilie verloren hatte. Und schlagartig wird das Buch von fade und langweilig zu einer zutiefst verstörenden Mischung aus Psychothriller und tiefem Einblick in eine zutiefst gestörte Seele. Nichts, aber auch gar nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint, jede der Figuren lebt in ihrer eigenen Realität und hat eine eigene Sicht auf die Dinge. Welche stimmt? Man weiß es nicht. Aber eines weiß man: Laura ist eine Frau, für die es keinen schöneren Klang auf der Welt gibt, als den letzten Atemzug eines Menschen.
Die Personen verstricken sich allesamt so tief in Manipulationen, dass irgendwann keiner mehr weiß, was wahr ist. So ziemlich jeder findet im Laufe des Buches einen Gegenpart, der noch manipulativer ist und tatsächlich noch unterschwellig böser. Trau, schau, wem – nach einigen Seiten, bei denen ich mich zum Lesen zwingen musste, trotz mancher zu verwirrender Plottwists für die hervorragende Idee und die über weite Strecken sehr gekonnte Umsetzung von mir ganz klare 5 Sterne.
Ein paar holprige Übersetzungen und ein Logikfehler fielen mir dennoch auf. Laura gibt ihrem ehemaligen Pflegebruder Nate einen 10 Euroschein. Im Britischen Northampton eher unwahrscheinlich, denn nach wie vor wird auf der Insel in Pfund bezahlt.

Bewertung vom 30.10.2019
Raus aus der Tablettenfalle!
Froböse, Ingo

Raus aus der Tablettenfalle!


sehr gut

Mal vorneweg. Das Buch ist gut geschrieben, sauber und gründlich recherchiert. Die Sprache ist nah am Leser, verständlich und einfach. Prof. Dr. Ingo Froböse erläutert anhand von Statistiken und Studien, wieso Medikamente oft nicht nötig sind. Er zeigt Wege auf, wie man Krankheiten vermeiden kann oder bestehende Leiden bessern kann. Einfache sportliche Übungen fehlen in dem Buch genauso wenig wie Ernährungsempfehlungen und Trainingspläne. Dankenswerterweise fehlt auch der Hinweis nicht, dass Männer, Frauen und Kinder substanziell verschieden sind und daher eigentlich anders behandelt werden müssten.
Der Autor behandelt die Themen Schmerz (Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Arthrose) genauso wie Bluthochdruck, Diabetes und erhöhtes Cholesterin. Bei alldem kann eine Veränderung in der Lebensweise hilfreich sein.
Es ist auch schön zu lesen, dass der Autor auch im Alter von 60 Jahren keinerlei Medikamente nimmt. Nehmen muss. Aber bei mir als Leser hinterlässt dieser erhobene Zeigefinger ein etwas unbehagliches Gefühl. Natürlich führt er ein gesundes Leben. Und ist daher gesund. Obwohl er betont, es ginge ihm nicht um Schuld, fühlte ich mir unterschwellig schuldig. Wegen einer chronischen Erkrankung bei der täglicher Sport, Normalgewicht und ausgewogene Ernährung nicht helfen, die mich täglich auf Tabletten angewiesen sein lässt. Daher stieß mir die Polemik, mit der der Autor Bewegung als Heilmittel für viele Krankheiten (auch in der Vorbeugung) anpreist, an mancher Stelle unangenehm auf. Diese Vehemenz zeigt aber auch deutlich, dass er kein Arzt ist, sondern Sportwissenschaftler.
Er vernachlässigt meiner Meinung nach sträflich diejenigen, die auf Medikamente angewiesen sind. Denn tatsächlich sind Antidepressiva keine lustigen Stimmungsaufheller für diejenigen, die nur zu faul sind, Sport zu machen und deshalb schlecht drauf sind. Vielleicht bin ich bei diesem Abschnitt sehr sensibel, aber Sport als Allheilmittel zu propagieren finde ich verwerflich denen gegenüber, die beispielsweise aufgrund eines chemischen Ungleichgewichts unter schweren Depressionen leiden. Da hilft auch der beste und ausdauerndste Sport nicht.
Nichts destotrotz ist das Buch ein lesenswerter Überblick über die Möglichkeiten, auf Medikamente verzichten zu können. Aber es ist keineswegs eine Anleitung und auch ganz sicher nicht der alleinseeligmachende Weg. Der Leser muss seinen eigenen Weg finden, kritisch mit sich, seinen Leiden und den Medikamenten in seinem Leben umgehen. Wirkungen, Nebenwirkungen und Leidensdruck abwägen. Und diesen Punkt vernachlässigt der Autor meiner Meinung nach sehr stark.

Daher von mir wegen des großen Informationsgehalts (auch über das Prozedere bei der Zulassung von Medikamenten, einigen Vorgängen im Körper und den guten Anregungen für ein gesundes Leben) 3,5 Punkte, aufgerundet auf wohlmeindende 4.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.