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Lilli33
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 481 Bewertungen
Bewertung vom 01.11.2015
Der Winter der schwarzen Rosen
Blazon, Nina

Der Winter der schwarzen Rosen


ausgezeichnet

Eine märchenhaft magische Geschichte voller Überraschungen

Inhalt:
Liljann und Tajann sind Zwillingsschwestern, doch könnten sie unterschiedlicher nicht sein. Während Liljann ein Schicksal im gefährlichen Grauland vorherbestimmt ist, strebt Tajann nach Macht und einem Leben am Hof der Lady Jamala. Liljann muss sich gegen eine obsessive Liebe wehren, während Tajann mit dem Junglord glücklich ist. Doch schnell kann sich das Schicksal wenden …

Meine Meinung:
Obwohl „Der Winter der schwarzen Rosen“ in derselben phantastischen und magischen Welt angesiedelt ist wie „Faunblut“, „Ascheherz“ und „Der dunkle Kuss der Sterne“, ist es ein Einzeltitel. Es sind keinerlei Vorkenntnisse nötig. Wir begegnen hier neuen Charakteren und neuen Landstrichen. Der Roman spielt lange Zeit nach „Der dunkle Kuss der Sterne“. Die Handlung ist in sich abgeschlossen, jedoch trifft man immer wieder auf bekannte Figuren aus der Vergangenheit, auf bekannte Gegenden, bekannte Magie, wenn man die anderen Bücher gelesen hat. Für das Verständnis ist das nicht notwendig, es gibt aber ein schönes Gefühl von Nach-Hause-kommen.

Nina Blazon konnte mich auch mit ihrem neuesten Fantasyroman wieder vollkommen überzeugen. Es ist jedes Mal ein tolles Lesevergnügen. Die Autorin beherrscht es, mit der Sprache wundervolle Bilder zu malen, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen, sondern sich zu einem farbenprächtigen Film verbinden. Dabei ist die Geschichte alles andere als farbenfroh, sie ist größtenteils recht düster. Zu gewaltsam ist die Herrschaft von Lady Jamala, zu gierig die Liebe von Volok. Und zu aussichtslos der Kampf gegen bzw. die Flucht vor den beiden. So lechzt man als Leser nach den wenigen glücklichen Momenten, die die beiden Protagonistinnen erleben dürfen.

Liljann und Tajann wechseln sich beim Erzählen ab. Anfangs hat mich das verwirrt, weil ich kaum einen Unterschied bemerkte, bis ich mir die Sache dann genau angesehen habe. Die Schriftart ist geringfügig anders und auch die Erzählzeit. Liljann erzählt größtenteils in der Vergangenheit, Tajann in der Gegenwart. Dadurch, dass beide in der Ich-Form erzählen, lernt man als Leser auch beide sehr gut kennen und fühlt mit beiden mit. Scheint anfangs die eine Schwester sympathischer, lernt man doch auch bald die andere zu verstehen. Sehr schön ist es, mitzuerleben, wie die beiden sich entwickeln. Am Ende ist keine mehr so, wie sie am Anfang war.

Nina Blazon gelingt es wieder einmal, die Leser an der Nase herumzuführen und nach Strich und Faden zu täuschen. Ständig muss man seine Meinung, wer nun gut und wer böse ist, revidieren. Nichts ist so, wie es scheint. Es gibt immer mehr als eine Wahrheit. Auch an Spannung wurde hier nicht gespart. Manche Szenen sind so nervenaufreibend, dass ich fast vergaß zu atmen. Dafür wäre ich bei anderen fast dahingeschmolzen, so schön und rührend sind sie. Mystische Geschichten innerhalb des Buches runden die Handlung perfekt ab.

Fazit:
Anspruchsvolle Jugendfantasy, auch für Erwachsene bestens geeignet :-)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.11.2015
Sean Brummel: Einen Scheiß muss ich (Restexemplar)
Jaud, Tommy

Sean Brummel: Einen Scheiß muss ich (Restexemplar)


sehr gut

Ein nicht (ganz) ernst zu nehmender Ratgeber für alle Lebenslagen

Wer kennt ihn nicht, den Tommy Jaud? Bekannt geworden ist er durch seine humorvollen Büchern wie „Vollidiot“ oder „Hummeldumm“, die so gar nicht mein Fall sind, da mir vieles zu ordinär und unter der Gürtellinie ist. Umso überraschter war ich von „Einen Scheiß muss ich“. Klar ist auch hier schon der Titel nicht gerade hohe Literatur, aber er drückt genau aus, worum es in dem Buch geht. Tommy Jaud will uns nämlich klarmachen, dass wir gar nichts müssen, dass uns die anderen doch mal kreuzweise können sollten. Und dass man mit dieser Lebenseinstellung weniger Stress und mehr Spaß hat.

In dem Ratgeber, den er sein Alter Ego Sean Brummel schreiben lässt, befasst er sich dann mit verschiedenen Themen wie Ernährung, Gesundheit, Erfolg, Gesellschaft usw. und zeigt auf, was wir alles nicht müssen. Sport treiben? Muss ich nicht! Viel zu viel Stress, bis ich mein Equipment zusammengesucht habe. Die Küche noch am Abend aufräumen, obwohl ich müde bin? Muss ich nicht. Am nächsten Morgen ist meine Motivation doch viel größer, weil ich Hunger habe und einen freien Tisch fürs Frühstück brauche.

Die meisten von Jauds/Brummels Ratschlägen haben einen wahren Kern. Es lohnt sich auf jeden Fall, darüber nachzudenken und sich vielleicht etwas von dem selbst auferlegten Stress zu nehmen. Aber natürlich wird hier alles so lange gedreht und vor allem verdreht und überspitzt, bis es in das Konzept des Ratgebers passt. Er ist also nicht wirklich ganz ernst zu nehmen, ein bisschen aber doch. Es werden so viele Situationen und Menschen beschrieben, dass sich sicher jeder Leser an der ein oder anderen Stelle wiederfindet.

Das Buch ist auf jeden Fall recht humorvoll geschrieben. Ich habe viel gelacht, geschmunzelt und die besten Szenen zur allgemeinen Erheiterung meiner Familie vorgelesen. Leider nutzt sich der Effekt im Verlauf des Buches doch etwas ab. Vielleicht sollte man es nur häppchenweise über mehrere Tage oder Wochen lesen.

Bewertung vom 20.10.2015
Das Lied der Elfen / Weltenmagie Bd.3
Roberts, Aileen P.

Das Lied der Elfen / Weltenmagie Bd.3


ausgezeichnet

Inhalt:
Leána, Kayne, Rob und einige Begleiter aus Albany hängen im alten Elfenreich Sharevyon fest. Leána ist eine Gefangene der Mysharen und Kayne fest entschlossen, sie zu befreien. Doch selbst wenn das gelingen sollte, müssen die Gefährten noch das Weltenportal passieren. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn das Portal soll zerstört werden, um den Übergriff der Mysharen auf Albany zu verhindern.

Unterdessen treibt in Albany der Bärtige weiter sein Unwesen und verfolgt seinen Plan, den Königsthron zu erobern. Ein Krieg der Zwerge scheint bevorzustehen.

Meine Meinung:
Dies ist der 3. Teil einer Trilogie. Man sollte die ersten beiden unbedingt vorher gelesen haben, sonst wird einem der Einstieg sehr schwer fallen.

Es ist zum Glück noch nicht allzu lange her, dass der 2. Band erschienen ist und ich ihn gelesen habe. So hatte ich die Handlung noch grob im Kopf und fand hier im 3. Teil schnell wieder hinein. Die ein oder andere Person musste ich im Namensverzeichnis hinten im Buch nachschlagen. Auch die Landkarten von Sharevyon und Albany auf den ersten Buchseiten leisteten mir gute Dienste, um mich wieder in der Geschichte zu orientieren.

Nachdem es im 2. Weltenmagie-Band etwas ruhiger zuging, ist der 3. nun wieder voller Action, was mir persönlich mehr zusagt. Hier jagt eine Gefahr die andere. Ständig muss man um die Protagonisten oder andere lieb gewonnene Figuren bangen, zumal man mittlerweile als Leser ja weiß, dass Aileen P. Roberts nicht davor zurückschreckt, wichtige Charaktere ins Jenseits zu befördern. Dank dem fesselnden und mitreißenden Schreibstil fiel es mir schwer, das Buch aus der Hand zu legen, zumal auch viele Kapitel mit einem kleinen Cliffhanger enden und ich einfach wissen wollte, wie es den Protagonisten weiter ergeht.

Wie schon gewohnt, wechselt die Erzählung zwischen Albany und Sharevyon hin und her. Ich konnte mich gar nicht entscheiden, welchen Handlungsstrang ich lieber verfolgen wollte. Sie sind beide ungeheuer spannend. Und natürlich wollte ich vor allem endlich die Identität des Bärtigen lüften. Allerdings musste ich mich hierfür fast bis zum Schluss gedulden.

Leána mochte ich schon immer sehr gerne, so auch hier. Sie ist einfach eine wunderbar starke Figur. Besonders gut gefallen hat mir, wie sich Kayne und Toran entwickelt haben. Sie sind beide wesentlich selbstbewusster und erwachsener geworden. Beeindruckend ist die große Loyalität der Freunde, ohne die alle Pläne von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen wären.

Neben Kämpfen und Intrigen spielt auch die Liebe wieder eine große Rolle. Es gibt verschiedene mögliche Paarungen, die sich aber erst im Lauf der Zeit herauskristallisieren. Hier gibt es ein paar wunderschöne romantische Szenen zu lesen.

Fazit:
„Das Lied der Elfen“ ist ein toller Abschluss dieser Fantasy-Trilogie. Alle Handlungsfäden werden zusammengeführt und alle offenen Fragen werden beantwortet. Obwohl die Handlung abgeschlossen ist, könnte ich mir durchaus vorstellen, in der Zukunft weitere Episoden aus Albany zu lesen. Stoff dafür gibt es bestimmt noch reichlich.

Die Weltenmagie-Trilogie:
1. Der letzte Drache
2. Das vergessene Reich
3. Das Lied der Elfen

Bewertung vom 03.10.2015
Big Magic
Gilbert, Elizabeth

Big Magic


weniger gut

Sorry, Ms Gilbert, aber das war nix!

Auszug aus dem Klappentext:
Mit BIG MAGIC schenkt uns die Autorin eine begeisternde Liebeserklärung an die Macht der Inspiration, die aus jedem von uns einen kreativen Menschen machen kann.
Warum nicht endlich einen Song aufnehmen, ein Restaurant eröffnen, ein Buch schreiben?
Elizabeth Gilbert vertraut uns die Geschichte ihres Lebens an – und hilft uns, endlich an uns selbst zu glauben.

Meine Meinung:
Die Beschreibung des Buches hört sich für mich nach einem Ratgeber, gepaart mit autobiographischen Elementen, an. Ich hatte Tipps und Tricks erwartet, wie ich die gemäß der Autorin in jedem Menschen, also auch in mir, schlummernden kreativen Schätze heben kann. Die bekam ich leider nicht. Was ich aus dem Buch herausgezogen habe, ist Folgendes: Vertraue dir und deinen Fähigkeiten und mache das, was dir gefällt und was du für richtig hältst. Nur ist das für mich nichts Neues, das versuche ich schon immer. Auch sonst spart die Autorin leider nicht an Allgemeinplätzen („Wenn du nicht tun kannst, wonach du dich sehnst, tu einfach etwas anderes.“ S. 290) und vor allem auch nicht an Wiederholungen. Manche Dinge scheinen E. Gilbert so wichtig zu sein, dass sie sie alle paar Seiten wiederholt, zum Beispiel, welch ungeheuren Erfolg ihr Buch „Eat Pray Love“ hatte.

Der Untertitel „Nimm dein Leben in die Hand und es wird dir gelingen“ klingt ja ganz nett, aber leider gibt es auch hier von der Autorin keinerlei Hilfe, wie ich das anstellen soll. Mir scheint, die Voraussetzungen sind nicht für alle Menschen gleich, und viele haben einfach nicht die Möglichkeiten wie Elizabeth Gilbert und ihre Familie und Freunde. Dafür kann es die unterschiedlichsten Gründe geben, seien sie finanzieller oder anderer Art.

Ihre Thesen untermauert die Autorin mit Geschichtchen und Anekdoten von Freunden, Familie und bekannten Künstlern. Diese sind zum Teil ganz nett zu lesen, wirkten aber zuweilen auch etwas zusammengewürfelt auf mich.

Wird anfangs der Begriff der Kreativität noch sehr weit gefasst (siehe Klappentext: Eröffnung eines Restaurants), schwenkt der Fokus bald auf die schaffenden Künste ein, speziell die Schriftstellerei, und ganz speziell die Schriftstellerin Elizabeth Gilbert. Sie erklärt in diesem Buch selbst, dass sie nicht für ihre Leser schreibt, sondern für sich selbst. Dies merkt man leider auch sehr stark. Denn obwohl sie den Leser mit „du“ anspricht, geht sie überhaupt nicht auf seine Bedürfnisse ein, sondern erzählt nur aus ihrem eigenen Leben, ihren eigenen Erfahrungen. Manchmal hatte ich den Eindruck, sie hat dieses Buch geschrieben, um sich selbst Mut zu machen und bei der kreativen Stange zu halten.

Womit ich auch nichts anfangen konnte, waren ihre esoterischen Entgleisungen. Ich habe zwar schon viel Fantasie, aber Ideen sind für mich beim besten Willen keine kleinen Wesen mit einem eigenen Willen und Bewusstsein, die von Haus zu Haus hüpfen und sich einen Menschen aussuchen, der sie verwirklicht, wie Gilbert sie auf S. 45 beschreibt.

Ganz am Schluss erzählt Gilbert die beste ihrer Geschichten und bringt auf einer einzigen Seite das Wesentliche des Buches auf den Punkt. Abgesehen von den letzten 10 Seiten fand ich dieses Werk ziemlich enttäuschend. Für mich war es verlorene Lebens- und Lesezeit. Eine Leseempfehlung kann ich leider nicht aussprechen, ich wüsste nicht, für wen. Aber natürlich darf sich gerne jeder selbst eine eigene Meinung bilden :-)

Bewertung vom 23.09.2015
Die Clans von New York / Young World Bd.1
Weitz, Chris

Die Clans von New York / Young World Bd.1


gut

Klasse Anfang, kann aber das Niveau nicht halten

Meine Meinung:
Der Anfang des Buches ist wirklich toll. Der Autor wirft uns gleich mitten in die Handlung, eine Auseinandersetzung zwischen zwei Clans. Kurz darauf stirbt der Anführer des einen Clans, es muss ein Nachfolger her. So wird man perfekt in diese postapokalyptische Welt eingeführt und kann sich schnell ein Bild davon machen. Die Spannung ist anfangs sehr hoch, leider flacht der Spannungsbogen aber immer mehr ab. Der Adrenalinspiegel steigt später nur noch aufgrund in meinen Augen sinnloser blutiger Kämpfe, von denen es leider viel zu viele gibt. Auch manche Szenen und Beschreibungen waren mir einfach zu langatmig. Außerdem ging mir mit der Zeit die Bezeichnung „Das, Was Passiert Ist“ ziemlich auf die Nerven. Warum muss man das in Harry-Potter-Manier ausdrücken? Warum kann man nicht einfach „die Seuche“ oder „die Katastrophe“ sagen?

Gut gefallen hat mir die Zusammensetzung unserer kleinen „Reisegruppe“. Es sind ganz verschiedene Charaktere, somit dürfte für jeden Leser eine Identifikationsfigur dabei sein. Hier hat mich nur gestört, dass in einer einzigen Figur sämtliche Quoten erfüllt wurden: Peter ist ein christlicher, homosexueller Afroamerikaner. Das schien mir etwas zu dick aufgetragen.

Chris Weitz ist ein US-amerikanischer Drehbuchautor, Regisseur und Produzent (z.B. „About a Boy“, „Der goldene Kompass“, „New Moon“). Ich finde, das merkt man auch seinem Debütroman „Young World. Die Clans von New York“ stark an. Auf mich wirkte das Buch von Anfang wie ein Film bzw. so, als hätte der Autor immer im Hinterkopf, wie sich eine Szene publikumswirksam verfilmen lässt. Das ist ja per se nicht unbedingt schlecht, wirft es doch auch das Kopfkino an, was ich eigentlich sehr gerne mag. Hier ist es nur leider so, dass dabei viele Emotionen auf der Strecke bleiben. Die Liebesgeschichte zwischen Jefferson und Donna schien mir zum Beispiel wie aus dem Hut gezaubert. Es war nicht wirklich nachvollziehbar, worin die Anziehung zwischen den beiden besteht und wie sie sich entwickelt hat. Ziemlich enttäuschend fand ich auch die Lösung gegen Schluss des Buches. Hier fehlt mir jeder Erklärungsversuch, alles geht schnell und einfach.

Erzählt wird die Geschichte von zwei Ich-Erzählern im Wechsel. Dabei sind die jeweiligen Kapitel entweder mit „Jefferson“ oder „Donna“ überschrieben. Außerdem ist beiden Protagonisten ein anderes Schriftbild zugeordnet, sodass man sie gut unterscheiden kann. Anfangs ist auch der Sprachstil von beiden verschieden. Jefferson drückt sich wesentlich gewählter aus, während Donna schon fast mit Gossensprache daherkommt. Im Lauf des Buches wird dieser Unterschied allerdings verwischt. Nur eines bleibt: Wenn Donna Dialoge nacherzählt, liest sich das wie ein Drehbuch.

Brainbox: „Mit einem Cocktail dürfte die Sache …“
Ich: „Klappe, Brainbox. Du weißt, was ich meine.“
Jefferson: „Wenn wir gar nichts unternehmen, wird alles nur noch schlimmer.“
Ich: „Was soll das denn heißen? Wie kann es denn noch schlimmer werden?“ (S. 150)

Positiv anzumerken ist die ab und zu durchblitzende Gesellschaftskritik, die man teils direkt, teils zwischen den Zeilen lesen kann. Zwar habe ich das Buch ganz gern gelesen, und es hat auch wirklich sehr gute Ansätze, trotzdem konnte es mich im Ganzen nicht überzeugen. In den Folgebänden hat der Autor viele Möglichkeiten, das wiedergutzumachen.

Der 2. Band „Young World - Nach dem Ende“ erscheint voraussichtlich am 27. Mai 2016

Die Reihe:
1. Die Clans von New York
2. Nach dem Ende

Bewertung vom 06.09.2015
Etta und Otto und Russell und James
Hooper, Emma

Etta und Otto und Russell und James


sehr gut

Inhalt:
Etta ist fast 83 Jahre alt, als sie eines Tages beschließt, auf Wanderschaft zu gehen. Ihr Ziel ist das Meer, das sie noch nie gesehen hat. Sie hinterlässt ihrem Mann Otto einen Brief und einige Rezeptkarten, packt ein paar Dinge ein, schnürt ihre Wanderstiefel und macht sich mit einem Gewehr auf den Weg. Über 3000 Kilometer und viele Erinnerungen liegen vor ihr.

Meine Meinung:
Der Roman im Ganzen hat mir gut gefallen.

Die Charaktere sind detailliert ausgearbeitet. Sie standen mir bildlich vor Augen, ich konnte ihre Handlungsweisen stets gut nachvollziehen. Besonders die Protagonisten waren mir auch auf Anhieb sympathisch. Es sind vielschichtige Personen, die sofort mein Interesse geweckt haben. Eine lebenslange Freundschaft und Liebe verbindet Etta, Otto und Russell. Nach und nach erfahren wir alles über ihre Kindheit und Jugend, ihr Kennenlernen, ihre Beziehungen zueinander, die nicht so geradlinig sind, wie es auf den ersten Blick scheint.

Der Schreibstil und die Sprache haben mir sehr gut gefallen. Mit den einfachen, meist kurzen Sätzen, aber treffender Wortwahl passen sie gut zu den betagten Protagonisten. Warum man neuerdings immer die Anführungszeichen bei der wörtlichen Rede weglässt, erschließt sich mir allerdings nicht. Es führt immer wieder zu Verwirrung, weil nicht immer sofort ersichtlich ist, dass es sich um Gesprochenes handelt. Eine gewisse Surrealität passt perfekt zu Ettas Demenz.

Verwirrend fand ich manchmal auch die Perspektivwechsel, die nicht deutlich gekennzeichnet sind. Emma Hooper springt nicht nur zwischen Etta, Otto und Russell hin und her, sondern auch in die Vergangenheit dieser Menschen. Zum Teil handelt es sich dabei um Rückblenden, zum Teil um echte Erinnerungen, also Gedanken. Dann bekommen wir aber auch Briefe zu lesen, die sich Etta und Otto schrieben, als Otto im Krieg war. Diese fand ich besonders berührend, wurde damit doch ein dramatisches Ereignis subtil aufgearbeitet.

Das harte Leben dieser drei Menschen, der Lebensmut und die Liebe, die sie trotzdem bewahren konnten, hat mich wirklich berührt. Mit dem Ende war ich dann leider nicht ganz glücklich, es war mir zu offen. Es blieben für mich einfach noch zu viele Fragen, auf die ich eine Antwort erwartet hätte.