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Silke Schröder, hallo-buch.de
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Hannover
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Ich liebe Geschichten und schreibe gerne und viele Rezensionen über die gelesene und gehörten Hörbücher und Bücher. Besucht auch mal meine Website hallo-buch.de

Bewertungen

Insgesamt 2009 Bewertungen
Bewertung vom 17.02.2021
Inspektor Takeda und die stille Schuld / Inspektor Takeda Bd.5
Siebold, Henrik

Inspektor Takeda und die stille Schuld / Inspektor Takeda Bd.5


ausgezeichnet

In seinem 5. Band mit dem japanischen Inspektor Ken Takeda und seiner Partnerin, der knarzigen Ur-Hamburgerin Claudia Harms lässt sich Henrik Siebold auf das komplexe Thema Robotik ein. Eigentlich kein Wunder, denn in jedem seiner Krimis beschäftigt sich Siebold mit einem Japan-relevanten Thema. Und in der Robotik ist die japanische Forschung nun mal weltweit federführend. So geht es in “Inspektor Takeda und die stille Schuld” um die ethische Frage, ob Roboter uns Menschen nicht nur in der Arbeitswelt, sondern ein Stück weit auch emotional ersetzen können. Er berichtet von der unterschiedlichen Akzeptanz künstlicher Intelligenz in deutschen und japanischen Wohnzimmern und schafft es, aus diesem Thema einen spannenden Kriminalfall zu machen, der uns viel Wissenswertes über die noch immer machtvolle Industrienation Japan verrät.

Bewertung vom 17.02.2021
Lustprinzip
Kricheldorf, Rebekka

Lustprinzip


ausgezeichnet

In “Lustprinzip” fängt Rebekka Kricheldorf die Hauptstadt-Atmosphäre Mitte der 1990er Jahre ein. Parties, Hausbesetzungen, sich treiben lassen, auch mal Drogen testen. Veränderungen deuten sich an, stören aber noch nicht zu sehr: Die Gentrifizierung der angesagten Viertel, der allgegenwärtige Tourismus. Lakonisch erzählt Kriggendorf ein Jahr aus dem Leben ihrer jungen, etwas melancholischen Heldin Larissa, die durch ihr Viertel und ihr Dasein treibt, nie ganz zufrieden mit dem Zustand und immer offen für Neues, aber auch nicht ernsthaft auf der Suche. Manchmal wirkt sie etwas verloren in dem Großstadtdschungel, den sie so sehr liebt. Diese Mischung macht das “Lustprinzip” zu einer ebenso spannend wie ungeschminkt erzählten Momentaufnahme aus der damals wild-alternativen, partygeschwängerten Hauptstadt.

Bewertung vom 10.02.2021
Sprich mit mir
Boyle, T. C.

Sprich mit mir


ausgezeichnet

In seinem neuen Roman “Sprich mit mir” geht es T.C. Boyle, wie er selbst sagt, um das tierische Bewusstsein. Dazu greift er ein wenig zurück in die Geschichte, denn in den 1970er Jahren gab es tatsächlich Versuche, ganz junge Schimpansen in Familien aufzuziehen. Wie weit kommen sie, wenn sie wie menschliche Kinder erzogen und gefördert werden? Wo ist der Punkt, an dem sich ihre Entwicklung von unserer trennt? Und was wird aus ihnen, wenn sie unsere Erwartungen enttäuschen? Diesen Fragen geht T.C. Boyle am Beispiel des Schimpansen Sam nach, den die junge Studentin Aimee in ihr Herz schließt. Aber ist das, was sie für sein Bestes hält, auch wirklich gut für ihn? So ist “Sprich mit mir” zugleich ein Roman über die Beziehung von uns Menschen zu Tieren, insbesondere den besonders intelligenten – und, natürlich, ebenso ein Appell gegen ihre wissenschaftliche Verwertung wie gegen ihre unreflektierte Vermenschlichung. Wunderbar gelesen von Florian Lukas.

Bewertung vom 08.02.2021
Heimliche Fährten / Armand Gamache Bd.6 (2 MP3-CDs)
Penny, Louise

Heimliche Fährten / Armand Gamache Bd.6 (2 MP3-CDs)


ausgezeichnet

Louise Pennys Krimis um den Polizeichef Armand Gamache wirken auf den ersten Blick ein wenig beschaulich. Doch nach den ersten Seiten merkt man: Sie haben es in sich. So ist es auch bei ihrem neuen und mittlerweile sechsten Gamache-Fall „Heimliche Fährten“. In dieser fesselnden Geschichte verfolgt sie zwei Handlungsstränge: Zum einen erholt sich Armand Gamache von einem aus dem Ruder gelaufenen Einsatz, bei dem es zu mehreren Todesopfern kam. Und zum anderen ermittelt er privat in einem Mordfall in Quebec, der europäischsten Stadt Kanadas. Und weil diese Recherchen ihn weit zurück in die Vergangenheit Quebecs führen, erfahren wir viel über die Geschichte der frankophonen Stadt und insbesondere über den erbitterten Kampf der Engländer und Franzosen um die Herrschaft über dieses Kolonialgebiet mitsamt seinen alten und neuen Einwohnern. So ist „Heimliche Fährten“ ein kriminalistischen Hörvergnügen mit einer ganz beiläufigen Portion spannendem Geschichtsunterricht und vielen Bemerkungen über das bis heute komplizierte Verhältnis zwischen den anglo- und frankophilen EinwohnerInnen Kanadas – wunderbar gelesen von Hans-Werber Meyer.

Bewertung vom 04.02.2021
2,5 Grad - Morgen stirbt die Welt
Richter, Noah

2,5 Grad - Morgen stirbt die Welt


ausgezeichnet

Wow, das ist schon ein rasanter Klima-Thriller, den Noah Richter mit “2,5 Grad - Morgen stirbt die Welt” da vorlegt. Im Mittelpunkt steht die junge Aktivistin Leela Faber, die im Laufe des Geschehens zu immer drastischen Mitteln greift, um ihren ganz persönlichen Beitrag zum globalen Klimaschutz zu leisten. Zwar grenzt die Handlung mit ihren vielen glücklichen Zufällen und unwahrscheinlichen Umständen bisweilen ein wenig ans Fantastische, doch gerade dadurch treibt uns Richter weiter durch die aufregende Story seiner Dystopie. Dabei spricht er drängende Klima-Themen wie zunehmende Extremwetterlagen und ausufernde Waldbrände, Überschwemmungen und das Absterben ganzer Landstriche an. Er geht aber auch auf aktuelle politische Phänomene wie die Prepper-Bewegung oder Öko-Nazis ein und beschreibt sehr treffend, wie einige Wirtschaftsbosse gerade von unsicheren Verhältnissen profitieren – und somit auch ihren Einfluss dafür einsetzen. Immer wieder wechselt er die Perspektive, um an vielen Brennpunkten gleichzeitig zu sein. So schießt “2,5 Grad - Morgen stirbt die Welt” zwar dramaturgisch manchmal etwas übers Ziel hinaus, aber trotzdem ist Noah Richter hier ein fesselnd-ambitionierter, dystopischer und actiongeladener Klima-Thriller gelungen, der zeigt, wie wichtig es ist, wachsam und engagiert zu bleiben.

Bewertung vom 02.02.2021
Das Privileg
Adkins, Mary

Das Privileg


ausgezeichnet

Mary Adkins geht in ihrem Roman “Das Privileg” hart mit den teuren us-amerikanischen Colleges ins Gericht. Sie erzählt von drei Frauen, die mit der Kaltschnäuzigkeit und dem “mir kann ja eh’ nichts passieren”-Habitus von Männern wie Tyler konfrontiert sind. Der sich so locker gibt, aber sehr wohl um den Einfluss und die Machtmittel seiner wohlhabenden Familie weiß. Und damit zeigt, wie sich junge weiße Studenten mit viel Geld im Hintergrund noch immer eine Straftat nach der anderen – wortwörtlich – leisten können, ohne dass es ernsthafte Konsequenzen gibt. Denn schließlich möchte es sich kaum eine Uni mit den großzügigen Spendern verderben, ohne die ein hochqualifiziertes Studienangebot kaum möglich ist. Laut FAZ wird jede vierte Frau an einer US-Universität sexuell belästigt. Mary Adkins erzählt diese Geschichte konsequent aus den Perspektiven der Frauen und fängt dabei ihre Gedanken, ihr Empfinden und ihr Handeln einfühlsam und authentisch ein. “Das Privileg” greift die #MeeToo-Debatte an den amerikanischen Universitäten auf und stellt gleichzeitig die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit in einer Gesellschaft, die ihren Wohlstand sehr ungleich verteilt.

Bewertung vom 29.01.2021
Das Verschwinden der Erde
Phillips, Julia

Das Verschwinden der Erde


ausgezeichnet

Julia Phillips erzählt in ihrem Debütroman “Das Verschwinden der Erde” vordergründig vom Verschwinden der beiden jungen Mädchen Sofija und Aljona. Doch was zunächst wie eine simple Kriminalgeschichte daherkommt, entwickelt sich schnell zu einem brillant konstruierten Plot. Er handelt von ganz unterschiedlichen Frauen, deren Lebenswege alle irgendwie miteinander zusammenhängen und die in der männerdominierten russischen Welt versuchen, auf eigenen Füßen zu stehen. Dabei geht die Autorin vor allem auf die indigene Bevölkerung Kamschatkas ein, die heute nur noch 2% der Bevölkerung ausmacht. Und sie beschreibt die besondere geografische Lage der russischen Halbinsel, die lange als Militärstützpunkt diente und nicht betreten werden durfte – vielleicht ein Grund, warum diese raue Landschaft mit ihren erstaunlichen Weiten und verschneiten Vulkanen bis heute einen eigenen Reiz ausübt. So ist “Das Verschwinden der Erde” ein eindringlich erzählter und großartig inszenierter Roman, der uns in eine außergewöhnliche Gegend führt. Wunderbar gelesen von Britta Steffenhagen.

Bewertung vom 28.01.2021
Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019
Evaristo, Bernardine

Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019


ausgezeichnet

In ihrem Roman “Mädchen, Frau etc.” (im Original: “Girl, Woman, other") webt Bernardine Evaristo die Geschichten mehrerer schwarzer Frauen ineinander. Sie erzählt von ihren Schicksalen, den erfahrenen Diskriminierungen, den Männern und den gewollten oder ungewollten Kindern, vom Aufstieg im Job und Durchhalten bei der Arbeit, vom Leben als Hausfrau. Ihre Frauen sind queer, transgender oder einfach nur straight, doch trotz ihrer komplett unterschiedlichen Lebensentwürfe haben sie eins gemeinsam: Sie kämpfen um ihren Platz in der Welt. Das schildert Bernardine Evaristo ebenso lebendig wie authentisch – und zwar ohne Punkt, aber mit Komma in ihrem ganz eigenen, erst einmal ungewöhnlich anmutendem Schreibstil. So ist “Mädchen, Frau etc.” ein beeindruckender und großartiger Roman über Herkunft und Identität britischer Frauen, der 2019 sogar den begehrten Booker Prize gewann.

Bewertung vom 26.01.2021
Der Solist
Seghers, Jan

Der Solist


ausgezeichnet

Jan Seghers webt in seinem neuen Polit-Thriller geschickt Fakten und Fiktion ineinander. Dabei verarbeitet er die schlampigen Ermittlungen um den Terroristen Anis Amri, der trotz früherer Beobachtung durch die Polizei 2016 einen islamistischen LKW-Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz durchführen konnte. “Der Solist” ist ein fesselnder und aktueller Politthriller, der sich mit hochbrisanten Themen wie Terrorabwehr, rechtsextremen Mitgliedern von Polizei und Ermittlungsbehörden sowie der Gefahr durch gewaltbereite Islamisten auseinander setzt.

Bewertung vom 25.01.2021
Das eiserne Herz des Charlie Berg
Stuertz, Sebastian

Das eiserne Herz des Charlie Berg


ausgezeichnet

“Das eiserne Herz des Charlie Berg” von Sebastian Stuertz ist vieles: ein Familienroman, eine Coming-of-age Geschichte, ein Krimi, ein Roman über Literatur, Sexualilät, Freundschaft und Liebe, aber auch eine Geschichte von Missgunst und Neid. Das Ganze fügt der Autor zu einer humorvollen, aber dennoch ernsten Story zusammen, die mit leichter Ironie geschrieben ist. Für sein Personal greift er tief in die Charakterkiste und stattet es mit ebenso schrulligen wie liebenswerten Eigenschaften aus. Dabei switcht er immer wieder gekonnt zwischen vergangenen Ereignissen und der Gegenwart hin und her, so dass wir häppchenweise auch in Charlies Vorgeschichte eintauchen. So ist “Das eiserne Herz des Charlie Berg” eine emotional-beeindruckende, tief ins Herz gehende Geschichte von Sebastian Stuertz. Wunderbar gelesen von Shenja Lachee und musikalisch untermalt vom Toytonic Swing Ensemble.