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Benutzername: 
Glüxklaus
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Franken

Bewertungen

Insgesamt 576 Bewertungen
Bewertung vom 09.12.2020
Liane und das Land der Geschichten
Shafak, Elif

Liane und das Land der Geschichten


sehr gut

Außergewöhnliches Buch, das viel zu sagen hat, es aber dem Leser nicht immer leicht macht, es zu hören

„Wenn du manchmal nicht weißt, was jemand gesagt hat, dann liegt es nicht daran, dass er nicht geredet hat, sondern daran, dass du ihn nicht gehört hast.“

Liane ist ein sehr intelligentes Mädchen, das sich ganz viele interessante, beeindruckende Gedanken macht. Sie leidet unter ihrem Namen, für den sie so oft gehänselt wird. Lianes Eltern sorgen zwar gut für sie, aber über alles kann Liane nicht offen mit ihnen sprechen. Für manche Fragen hat Liane daher einen extra „Sack mit den Fragen, die man nicht stellen darf“. Eines Tages entdeckt Liane in der Bibliothek einen geheimnisvollen Globus. Mit diesem Fund beginnt für sie ein spannendes Abenteuer, das sie ins magische Land der Geschichten führt.

Elif Shafak schreibt angenehm, flüssig und lebendig. Mir als Erwachsene gefällt ihr Schreibstil sehr gut, Kinder könnten ihn eventuell als etwas langatmig empfinden. Ich empfehle das Buch für Leser ab zehn Jahren. Die schwarz-weiß Illustrationen finde ich sehr aussagekräftig und klar, teils recht düster, teils durchaus aber sehr gefällig. Sie passen gut zur Stimmung des Buches.

Anfangs kann einem Liane, die sich so viele wichtige Gedanken macht, aber nicht immer richtig ernst genommen wird, oft leid tun. Ihre hochinteressanten und klugen Überlegungen werden von den Erwachsenen oft lapidar als „blühende Phantasie“ abgetan. Für Lianes Lesebegeisterung haben die Eltern auch kein rechtes Verständnis. Als Liane die Kinder Zelis und Asutay kennenlernt und diese ihr eine neue Welt eröffnen, macht sie viele bedeutende Erfahrungen, die ihr später das Leben erleichtern werden. Auch wird sie im Land der Geschichten endlich einmal richtig ernstgenommen, das stärkt sie.

Liane und das Land der Geschichten ist ein sehr ungewöhnliches Buch, das seine Leser herausfordert. Anfangs macht es ein wenig traurig, man fühlt mit Liane, die es zwar materiell gut hat, aber in deren Leben es an richtiger Wärme und tiefergehendem Verständnis fehlt. Lianes Wandlung, die große Zuversicht vermittelt, erfolgt für meine Begriffe zu schnell. Im Land der Geschichten erfährt Liane viele schöne Weisheiten, aber wie genau sie zu diesen gelangt, ist oft nicht ganz klar nachvollziehbar. So wirken die schönen, bedeutenden Gedanken manchmal wie eine bloße Aneinanderreihung von wichtigen Botschaften, haben es aber schwer, den Leser wirklich zu erreichen. Ich hätte mir gewünscht, dass Lianes Weg zur Erkenntnis etwas subtiler, weniger komprimiert beschrieben worden wäre.
Ein besonderes Buch, das zum Nachdenken anregt, die Bedeutung der Phantasie hervorhebt, tolle Botschaften sehr direkt formuliert, aber im Aufbau nicht hundertprozentig stimmig ist. Vielleicht muss ich es einfach nochmal lesen:

»Wenn ich ein Buch, das mir sehr gefallen hat, noch mal lese, bin ich jedes Mal wieder erstaunt, denn beim zweiten Mal ist es nicht mehr dasselbe Buch. Es kommt einem anders vor.«
Liane stutzte. »Warum denn?«
»Weil ich inzwischen nicht mehr dieselbe bin. Wir lernen jeden Tag was dazu. Beim zweiten Lesen weiß man mehr als beim ersten Mal. Wenn der Le­ser ein anderer ist, ändert sich auch das Gelesene.«

Bewertung vom 09.12.2020
Das Wunder von R.
Cavallo, Francesca

Das Wunder von R.


sehr gut

Schönes Weihnachtsmärchen mit viel Wunder und wichtiger Botschaft

Manuel, Camila und Shonda ziehen kurz vor Weihnachten mit ihren Mamas Dominique und Isabella in die Stadt R.. Doch sehr willkommen fühlen sie sich in dieser seltsamen Stadt nicht. Die Bewohner begegnen ihnen dort mit großer Skepsis und scheinen kein Interesse daran zu haben, sie näher kennenzulernen. Doch die Kinder haben gar keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Denn am 23.Dezember erhalten sie einen ganz besonderen Brief vom Weihnachtsmann höchstpersönlich, der sie um Hilfe bei einer ganz wichtigen Mission bittet....

Francesca Cavallo schreibt gut verständlich, kindgemäß, anschaulich und recht einfach. Sehr originell sind die humorvollen Sprachspielereien der Autorin wie der Name des Bürgermeisters oder die phantasie- und bedeutungsvollen Straßennamen in R..
Geübte Leser ab acht Jahren können das Buch schon selbstständig bewältigen, die Schrift ist etwas größer und daher gut lesbar. Zum Vorlesen eignet sich das Buch auch schon für jüngere Kinder, ab fünf, sechs Jahren. Meine fünfjährige Tochter beispielsweise hatte keine Probleme, die Geschichte vollständig zu erfassen und zu verstehen.
Besonders sticht die wunderbare Aufmachung des Buches hervor. Das Buch ist ein wenig breiter als DIN A 5- Format und daher schön handlich. Schon das Cover ist etwas besonderes. Der Titelschriftzug ist in Gold gehalten, man erkennt die Familie Greco-Aiden, die am hellerleuchteten Fenster vor einer Kerze sitzt. Draußen schneit es. Ein bezauberndes Titelbild. Es wirkt sehr plastisch, das Bild der Familie glänzt fast wie ein Foto. Beeindruckt haben uns auch die bemerkenswerten, bunten großen Bilder. Auf den detaillierten, sehr aussagekräftigen Illustrationen gibt es ganz viel zu entdecken.

Manuel, Camila, Shonda, Isabella und Domique, die Greco-Aidens, sind eine herrlich sympathische Familie. In der Familie mit zwei Müttern geht es im Alltag ähnlich zu, wie auch in anderen Familien. Das Außergewöhnliche an ihnen ist, dass alle stets sehr liebevoll miteinander umgehen, selbst wenn es mal kleine Unstimmigkeiten gibt. Sie sind alle offen für andere Menschen, gehen vorbehaltlos auf ihre Mitmenschen zu und haben es sich auch erhalten, an Wunder zu glauben. Sie stehen in völligem Gegensatz zu den skeptischen, mürrischen Bewohnern von R.. Lediglich ein Mädchen aus R. scheint anders zu sein als die anderen: Olivia. Sie ist neugierig, freundlich, nett und aufgeweckt.

Werden die Kinder den Auftrag des Weihnachtsmanns erfolgreich ausführen? Ändern die Bewohner von R. ihre Einstellung anderen gegenüber? Wird Weihnachten trotz aller Widrigkeiten stattfinden? Und wie genau wird gefeiert?
Francesca Cavallo hat eine packende, aufregende, phantasievolle und daher nicht immer ganz logische Weihnachtsgeschichte verfasst, die Weihnachten vor allem als ein Fest der Gemeinschaft darstellt. Das Wunder von R. beweist, dass es sich lohnt, sich zu öffnen und auf andere zuzugehen. Zusammensein mit anderen und Solidarität bereichert das Leben. Vor allem Kinder sind ganz gut darin, auch unter widrigen Umständen einen Weg dahin zu finden.
„Revolutionär“ ,wie auf dem Klappentext angekündigt, finde ich das Buch allerdings nicht, es hat vielmehr eine klassische Botschaft. Es geht zwar um eine eher ungewöhnliche Familie mit zwei Müttern und Kindern unterschiedlicher Hautfarbe, aber diese Konstellation wird als selbstverständlich betrachtet und hat auf die eigentliche Geschichte kaum Einfluss.
Ein nettes, wärmendes Weihnachtsmärchen, das uns gerade in der aktuellen Situation Wichtiges über das Verhalten der Mitmenschen gegenüber verdeutlicht. Von den Greco-Aidens und ihrem Umgang miteinander und mit anderen können wir alle sicher noch etwas lernen.

Bewertung vom 07.12.2020
Niemals den roten Knopf drücken 1, oder der Vulkan bricht aus / Niemals den roten Knopf drücken Bd.1
Naumann, Kati

Niemals den roten Knopf drücken 1, oder der Vulkan bricht aus / Niemals den roten Knopf drücken Bd.1


ausgezeichnet

Irre witziges Forschertagebuch, interessant, sehr unterhaltsam und motivierend aufgemacht

Neulich noch haben Egon und sein Freund Jojo bei Opa Werner einen Fernsehbericht über einen Vulkanausbruch in Chile gesehen und dann entdecken sie plötzlich am helllichten Tag mitten im Düsewald einen neugewachsenen, dampfenden Berg. Wenn das mal kein Vulkan ist?! Natürlich müssen die zwei Jungen nun alles daran setzen, dass ein Vulkanausbruch nicht zur Gefahr für Düsedau wird. Zum Glück ist Egon Forscher und entwickelt ohne Schwierigkeiten gemeinsam mit Jojo notwendige Hilfen wie ein Frühwarnsystem, eine Vulkanschutzmaschine oder einen Minivulkanrettungsapparat. Leider läuft bei den Versuchen, die verschiedenen Erfindungen in der Praxis zu testen, nicht immer alles glatt. Vielmehr ist das Chaos vorprogrammiert und es kommt zu einigen ziemlich witzigen, ganz schön schrägen Katastrophen.....

Kati Naumann schreibt auf sehr erfrischende, originelle Art aus der Sicht von Egon. Die einzelnen Kapitel sind wie Tagebucheinträge, genauer Forschertagebucheinträge formuliert. Egon schildert darin nicht nur die Ereignisse, die an den Tagen geschehen, er stellt auch detailliert seine Konstruktionen und Erfindungen vor, dazwischen erläutert er zudem wissenschaftliches und nicht immer ganz ernst zu nehmendes, weniger wissenschaftliches Sachwissen. Besonders gut gelungen sind auch die abwechslungsreichen, motivierenden schwarz-weiß-grün Illustrationen von Josy Jones. Klar und anschaulich werden in ihren Bildern witzige Szenen des Geschehens, die Erfindungen von Egon oder auch Infos zu Sachthemen dargestellt.

Die Hauptfiguren Egon und Jojo sind zwei aufgeweckte, wissbegierige, phantasievolle, sehr engagierte Jungen, für die das Leben ein Abenteuer ist. Egon geht als Draufgänger gerne Risiken ein, Jojo ist das totale Gegenteil und fürchtet sich vor allem. Die beiden sympathischen Kinder ergänzen sich perfekt und bringen zusammen Erstaunliches zuwege. Im Hintergrund werden sie stets von Egons Opa Onkel Werner unterstützt, der in seinem Leben schon (fast) alles erlebt hat und über (fast) alles Bescheid weiß.

Wo kommt der Vulkan im Wald so plötzlich her? Und werden Egon und Jojo Düsedau mit ihren Erfindungen vor den Folgen eines Vulkanausbruchs beschützen können?
Erneut ein wunderbares, superkomisches Buch aus dem Kosmosverlag. Eine packende wie originelle Geschichte voller Katastrophen mit interessantem Hintergrundwissen gespickt, ungewöhnlich und ansprechend wie ein Tagebuch gestaltet. Zudem finden sich am Ende des Buchs Versuchsbeschreibungen für zwei Experimente zum Selberdurchführen: glibberige Alienkotze und ein Backpulvervulkan. Die Versuche sind leicht nachzumachen, die Zutaten dafür bekommt man in jedem Supermarkt.
Für uns eine grandiose, perfekte Mischung aus Witz, Abenteuer, Spannung und einer Prise Wissenschaft. Zum Vorlesen zu empfehlen für neugierige Jungen und Mädchen ab sechs Jahren, zum Selberlesen für Kinder ab acht Jahren geeignet.

Bewertung vom 04.12.2020
Such-Bibel. Großformatiges Wimmelbuch für Kinder ab 4 Jahren.
Tanja Jeschke, Marijke ten Cate

Such-Bibel. Großformatiges Wimmelbuch für Kinder ab 4 Jahren.


sehr gut

Bibelgeschichten mit tollen Bildern einfach und kindgerecht erzählt

Sie sind weltbekannt, die Geschichten aus der Bibel, aber für Kinder nicht immer so leicht zu verstehen. In dieser „Suchbibel“ werden die Geschichten von Adam und Eva, Jakob, Josef, Mose, David, Ester, Jesus und Petrus für Kleine einfach und gut nachvollziehbar erzählt. Zum Leben jeder dieser Bibelgestalten gibt es ein großes, farbenfrohes, detailliertes, schön und lebendig gestaltetes Wimmelbild, auf dem die wichtigen Szenen im Leben der Person anschaulich festgehalten werden. Am großen Bild ist zu jeder Person eine kleine Umklappseite mit einem allgemeinem Beschreibungstext zur Person in Reimform angehängt. Auf der anderen Seite des Reimtextes findet sich ein Abschnitt, der eine besondere, entscheidende Situation in der Biografie der Charaktere beschreibt. Die gesamte Lebensgeschichte jeder Figur wird auf den beiden Seiten nach dem Wimmelbild kurz und knapp in nummerierten Textabschnitten mit kleinen Bildausschnitten geschildert. Diese Abschnitte sind sehr einfach formuliert, an manchen Stellen hätte ich mir eine etwas lebendigere Sprache gewünscht. Alles wirkt weniger wie eine Geschichte als wie eine etwas eintönige Zusammenfassung. Recht umständlich auch, dass es nicht möglich ist, die Bilder zur Geschichte zu betrachten, während man die Geschichte liest, dazu muss immer umgeblättert werden.

Die Stärke des Buchs sind eindeutig die Bilder. Sehr motivierend, dass sich auf jedem großen Wimmelbild dieselben sieben Figuren, z.B ein Schaf mit rotem Halsband, ein Böckchen oder ein Junge mit Stock verstecken. Das regt die kleinen Leser an, die Bilder ganz intensiv und genau zu studieren. Für Spaß sorgen auf den Umklappseiten mit den kürzeren Texten Chamäleon und Äffchen, die mit Sprechblasen das Geschehen witzig kommentieren.

Kinder ganz unterschiedlichen Alters werden von der Suchbibel angesprochen. Kinder ab vier Jahren haben Freude beim Betrachten der Bilder, Kinder ab fünf Jahren hören beim Vorlesen den Geschichten gerne zu, Kinder ab acht Jahren werden sämtliche Texte selber lesen können, Kinder ab sieben Jahren die Reime und kürzeren Texte. Das besondere Buch sollte pfleglich behandelt werden, die dünnen Seiten reißen recht leicht ein.

Aufregende und interessante Bibelgeschichte für Kinder gut und motivierend aufgemacht und aufbereitet. An den tollen, bunten, schönen Bildern voller besonderer Details werden meine Kinder sicher noch lange ihre Freude haben. Und tatsächlich war mir Ester, deren Geschichte hier auch ausführlich erzählt wird, bisher völlig unbekannt. Selbst ich als Erwachsene habe durch dieses Buch also noch etwas dazu gelernt.

Bewertung vom 04.12.2020
Theo von Tanningen
Mauder, Katharina

Theo von Tanningen


ausgezeichnet

Wohlig warme Weihnachtsgeschichte mit drolligen Helden

Schon seit er klein ist, träumt Theo von Tanningen davon, ein richtiger Weihnachtsbaum zu werden. Dieses Weihnachten soll es endlich wahr werden. Klar, dass Theo da mächtig aufgeregt ist. Doch seine Freunde das Eichhörnchen Millie, Igel Louis und Wildschwein Gundula unterstützen ihn in dieser besonderen Zeit, stärken ihn und nehmen ihm die Unsicherheit. Die Freunde erleben gemeinsam im Wald viele winterliche Abenteuer. Und dann ist er plötzlich da: Theos großer Tag.

Katharina Mauder erzählt in gut verständlicher, anschaulicher und kindgerechter Sprache Theos Geschichte in neun Kapiteln. Besonders gut haben uns Millies witzige, kreative Wortneuschöpfungen und Theos umgedichtete Weihnachtslieder gefallen. Die Geschichte lässt sich sehr flüssig und angenehm vorlesen, Kinder ab fünf Jahren hören da sicherlich sehr gerne zu. Horst Hellmeiers bunte amüsante und ausgesprochen drollige Illustrationen bereichern das Buch auf besondere Weise. Geschichte und Bilder ergänzen sich perfekt.

Dass man die liebenswerten Figuren nicht mag, können wir uns beim besten Willen nicht vorstellen. Theo, der Tannenbaum, der sich nichts sehnlicher wünscht, als Weihnachtsbaum zu sein, ist mit seinem Lampenfieber so herrlich sympathisch. Wenn er singt und dabei seine originelle Phantasie unter Beweis stellt, muss man einfach schmunzeln. Igel Louis zeigt sich so zurückhaltend wie Eichhörnchen Millie forsch. Millies direkte, köstliche Ansagen sorgen immer wieder für Lacher. Sehr unterhaltsam auch die etwas tollpatschige, gefräßige Gundula, die vor Gefühlen nur so übersprudelt. Und dann gibt es da noch den alte Horst vom Forst, der alles stets kritisch und trocken kommentiert. Aber hinter seiner groben, knorrigen Fassade versteckt sich noch eine ganz andere Seite. Ganz wunderbare Charaktere treffen hier zusammen und feiern die schönste Zeit des Jahres.

„Theo von Tanningen“ macht anschaulich deutlich, um was es an Weihnachten geht. Die Figuren erleben den besonderen Wert von Freundschaft, Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und Zusammenhalt. Meine Kinder, sieben und fünf Jahre alt, haben mit Theo intensiv mitgefiebert und ihm das schönste Weihnachten gewünscht. Das Ende des Buchs hat mein Sohn haargenau so herbeigesehnt, das Ende hat ihn richtig glücklich zurückgelassen. Eine wohlig warme Weihnachtsgeschichte mit tollen, originellen Figuren, die besinnliche schöne Stimmung verbreitet. Genau so muss eine Weihnachtsgeschichte für uns sein.

Bewertung vom 04.12.2020
Auf Wolke Sieben sitzen auch nur Frösche (eBook, ePUB)
Gerken, Britt

Auf Wolke Sieben sitzen auch nur Frösche (eBook, ePUB)


gut

Turbulente, witzige und kurzweilige Liebeskomödie mit kleinen Schwächen im Handlungsverlauf

Für Ylvi läuft es aktuell nicht ganz so optimal. Sie ist schon ganz lange heimlich in ihren Mitbewohner und besten Freund Tom verliebt. Als sie sich ihm gerade offenbaren möchte, präsentiert ihr Tom überraschend seine neue, überaus unsympathische Freundin, die sich ohne Rücksicht sofort in der gemeinsamen Wohnung breit macht. Und auch sonst tritt Ylvi einfach zu oft in Fettnäpfchen. Ob sie das Blatt für sie wendet und sie doch noch ihr Glück findet?

Autorin Britt Gerken schreibt flüssig und locker-leicht in Ich-Form aus Ylvies Sicht. Die herrlich witzigen trockenen Formulierungen nahmen mich sofort für Ylvi und ihre Geschichte ein.

Sympathisch ist sie ohne Zweifel, die Ylvi. Sie liebt Tortenbacken, gutes Essen, ihre Schildkröte Kalle, ihre Oma und Tom. Mit ihrem Job in der Pharmabranche und ihrem Gewicht hat sie hingegen zu kämpfen. Eigentlich will Ylvi nur glücklich sein, doch dummerweise steht ihr dabei immer wieder das Leben im Weg und so stolpert sie von einer peinlichen Situation in die nächste. Manchmal war mir das ein bisschen zu viel an Unbeholfenheit. Mit Ylvi habe ich sehr gezittert, aber des öfteren spürte ich auch den inneren Drang, sie ob ihrer Naivität und ihrer blinden Gutgläubigkeit einfach nur durchschütteln zu wollen.
Die anderen Charaktere wirken in Relation zu der übermächtigen, omnipräsenten Ylvi ein wenig blass. Lediglich Peter mit seiner direkten, sehr speziellen Art hat großen Unterhaltungswert.

Kurzweilig und schnell zu lesen ist „Auf Wolke sieben sitzen auch nur Frösche“ auf alle Fälle. Das Buch erinnert ein wenig an Petra Hülsmanns Romane. Auch Ylvie zieht es nach Hamburg, auch Peter spricht wie Hülsmanns Taxifahrer Knut Hamburger Dialekt, gerade wie ihm der Schnabel gewachsen ist und zeigt auch sonst Parallelen zu der Figur Kurt. Die Handlung um Ylvie hat für mich allerdings Schwächen, manche Entwicklungen passieren einfach zu überhastet, Gefühle ändern sich quasi im Minutentakt, das wirkt mitunter ein wenig holprig und nicht ganz stimmig. Auch das für mich übertriebene, zu bemühte Ende konnte mich nicht hundertprozentig überzeugen. Trotz der Schwächen aber ein netter, leichter, oft wirklich witziger Roman, der für schnelle Ablenkung sorgt, eine kleine Gute-Laune-Dosis für alltagsgeplagte Leserinnen.

Bewertung vom 02.12.2020
Gans Ernst von Jimmy Kimmel
Kimmel, Jimmy

Gans Ernst von Jimmy Kimmel


gut

Lachen verschenken und dabei Gutes tun: Da lässt sich über kleine Mängel hinwegsehen

Viel Spaß hat Gans Ernst nicht, er geht gans ernst durchs Leben. Zum ausgelassenen Gackern bringen ihn weder Hühner, noch Verkleidungen oder exquisite Hochgenüsse. Natürlich mag man das als Leser nicht so recht glauben. Irgendeine besonders witzige Gesichtsakrobatik muss es doch geben, die dem Grummel ein Lächeln ins griesgrämige Gesicht zaubert. Na dann versucht es halt! Schneidet die besten Grimassen, die Euch einfallen und bewundert sie im Spiegel! Vielleicht heißt es am Ende tatsächlich für Euch „Ente gut- alles gut“ und das humorlose Vieh lacht endlich....Probiert’s aus!

Der Text ist kindgemäß, witzig und gut verständlich geschrieben. Ronja von Rönne hat Jimmy Kimmels Bilderbuch ins Deutsche übersetzt. Der Autor wendet sich direkt an den Leser, spricht ihn persönlich mit Du an und fordert ihn auf, Gans Ernst zum Lachen zu bringen. Auf jeder Seite finden sich oft nur wenige Wörter, kurze Sätze überwiegend in Versalien und meist groß gedruckt.
Die Gans, einfach und klar in schwarz, weiß und orange gezeichnet taucht auf fast jeder Seite auf, meist grimmig die Augenbrauen verzogen. Besonders liebevoll, detailliert und gefällig sind die simplen, comicartigen Zeichnungen nicht, dafür aber sehr ausdrucksstark. Das Buch ist im
DIN A4 Format und eignet sich für Kinder ab drei Jahren zum Vorlesen.

Wer kennt sie nicht, humorlose Personen, die zum Lachen in den Keller gehen? Gans Ernst ist ein besonderes Exemplar dieser Spezies. Da muss man sich als Leser schon extrem anstrengen, um ihn aus der Reserve zu locken. Ob er doch irgendwo ein winziges Lächeln verborgen hat?

Hinter Gans Ernst steckt eine sehr originelle, witzige Idee. Kinder sollen ruhig nach Herzenslust albern sein dürfen, um andere zum Lachen zu bringen. Ein tolles Extra auch der Spiegel im Buch, in dem die Kinder ihre Grimassen garantiert mit Spaß betrachten werden. Zusätzlich enthält das Buch hinten ein großes Wendeposter von Gans Ernst zum Herausnehmen. Außerdem findet sich vorne eine Internetadressangabe zum Download eines Malbuchs. Eine wirklich tolle Sache auch, dass alle Einnahmen des Buchs in Kinderkrankenhäuser fließen. Positiv ist mir zudem aufgefallen, dass der Verlag aus ökologischen Gründen auf Einschweißfolie verzichtet.
In bestimmter Hinsicht liefert mir das Buch allerdings zu wenig, die Zeichnungen wirken stellenweise doch recht lieblos, nach mehrmaligem Lesen haben meine Kinder den Spaß an der Geschichte etwas verloren, der Text ist ziemlich kurz. 24,90 Euro ist für das, was geboten wird, ein recht stolzer Preis.
Insgesamt trotzdem ein sinnvolles Geschenk, schließlich tut man mit dem Kauf etwas Gutes und Lachen zu verschenken ist ja auch keine schlechte Idee.

Bewertung vom 02.12.2020
Charlie - Ein Schulbus hebt ab / Schulbus Charlie Bd.1
Zimmermann, Irene

Charlie - Ein Schulbus hebt ab / Schulbus Charlie Bd.1


sehr gut

Ein etwas anderer Busausflug: temporeich, schräg und ziemlich witzig

Alles ist anders an diesem seltsamen Morgen: Freddie, der Hausmeister des Dreistein-Internats rast in affenartigem Tempo in einem alten gelben Bus über das Schulgelände, um Klopapierrollen an die Schüler zu verteilen. Nur mit großer Anstrengung schafft es Will, in den Bus einzusteigen, um den ungewöhnlichen neuen Fahrservice in Anspruch zu nehmen. Auch sein heimlicher Schwarm Maisie, sein guter Freund Luke und der versnobte Schnösel Frank sitzen in dem seltsamen Gefährt als etwas Unglaubliches passiert. Der Bus, Charlie, hebt ab und katapultiert die vier Kinder in ein atemberaubendes Abenteuer.

Autorin Irene Zimmermann schreibt kindgemäß, klar und witzig als allwissende Erzählerin. Zum Vorlesen eignet sich die Geschichte für Kinder ab sechs Jahren, selbstständig lesen können das Buch vermutlich Achtjährige. Das Abenteuer dürfte sowohl Jungen als auch Mädchen gleichermaßen ansprechen. Tine Schulz hat dazu lustige, passende Bilder in schwarz-weiß-gelb gezeichnet. Durch die ungewöhnliche Farbwahl sind die Illustrationen definitiv ein Hingucker.

Alle handelnden Personen werden sehr treffend auf der Umschlaginnenseite mit Bildern und Stichpunkten vorgestellt. Da ist Will, dessen Eltern vor Jahren spurlos verschwanden, der zwar ganz schön schlau ist, aber trotzdem nicht so wirklich vor Selbstbewusstsein strotzt. Dann Luke, sein guter Freund, der unermüdlich Mundharmonika spielt und oftmals wirkt, als sei er nicht von dieser Welt. Trotzdem kann man sich auf ihn verlassen. Was er verspricht, das hält er. Für die Dritte im Bunde, Maisie, hegt Will eine heimliche Vorliebe. Sie ist klug, sehr bestimmt und einfach bewundernswert toll, findet Will. Von Frank ist Will dagegen weniger angetan, Franks Eltern sind sehr reich, was der öfter raushängen lässt. Er ist nicht unbedingt der ultimative Schnellchecker, dafür hat er einen Schlag bei den Mädchen.
Alle überstrahlt natürlich die Hauptfigur Charlie, ein verbeulter Bus, der nicht nur fliegen, sondern auch sprechen kann. Und wenn er damit erstmal angefangen hat, ist er nicht mehr zu stoppen, was sich als extrem anstrengend für die Nerven erweisen kann. Die Figuren wachsen im Laufe der Geschichte zusammen und aus Unverständnis und Antipathie entwickeln sich Freundschaften. Vielfältige, spezielle, sehr unterschiedliche Charaktere machen diese gelungene Figurenzusammenstellung aus.

Warum spricht Charlie? Wo fliegt er mit seinen Passagieren hin? Was hat er vor? Werden die Schüler Charlie helfen können, sein Problem zu lösen?
Eine unheimlich spannende, actiongeladene, temporeiche Geschichte, originell, phantasievoll, ungewöhnlich und herrlich überdreht, manchmal allerdings ein bisschen zu überdreht. Wann begegnet man im echten Leben schon fliegenden Busen mit Sprechdurchfall, kriminellen Reptilien oder jodelnden Raubtieren? Vom fulminanten Beginn bis zum ein wenig offenen Ende, ein fesselnder Spaß. Wir hätten nichts gegen ein Fortsetzung, denn nicht all unsere Fragen wurden am Ende erschöpfend beantwortet.
Ein phantastisch schräges Leseabenteuer für alle, die es gefährlich und humorvoll lieben.

Bewertung vom 01.12.2020
Silberstreif / Gut Greifenau Bd.5
Caspian, Hanna

Silberstreif / Gut Greifenau Bd.5


ausgezeichnet

Ein historischer Roman wie er sein sollte
Wiedersehen mit den Bewohnern des Guts Greifenau im Jahr 1923: Die Weimarer Republik bringt keine stabile politische Situation, wirtschaftlich setzt die Inflation den Hausherren und Dienstboten von Greifenau sehr zu. Konstantin muss sich sich bei Schwager Julius verschulden. Seiner Schwester Katharina ergeht es besser, sie kann sich endlich den Traum vom Medizinstudium erfüllen. Doch zu dieser Zeit stoßen studierende Frauen bei Professoren und Kommilitonen in der Universität auf Ablehnung. Auch Alexander steht vor Herausforderungen, beruflich hat er immer noch nicht richtig Fuß gefasst und privat ist er nach wie vor auf der Suche nach seinem Glück. Die Angestellten des Guts haben ebenfalls mit verschiedenen Schicksalsschlägen zu kämpfen. Es bleibt aufregend...

Hanna Caspian schreibt angenehm und flüssig. Aufgrund des lebendigen Schreibstils können sich Leser recht rasch mit der Handlung und den Figuren identifizieren. Sofort fühlte ich mich in die Zeit der Weimarer Republik hineinversetzt.

Als Fan der Reihe habe ich viele Figuren der Romane sehr lieb gewonnen. Katharina, die schon am Boden lag und es aus eigener Kraft geschafft hat, wieder aufzustehen und nun, mit Julius verheiratet, sogar kurz davor steht, sich ihren großen Traum zu erfüllen und Ärztin zu werden. Oder die bürgerliche Rebecca, die sich täglich neu in ihrer Rolle als Gutsherrin beweisen muss. Dabei gerät sie wiederholt mit Ehemann Konstantin und seinen etwas konservativeren Vorstellungen aneinander. Angetan haben es mir auch einige Angestellte, wie Ida und Albert, die endlich zueinander gefunden haben und nun ihr Glück mit Ziehsohn Bruno genießen wollen.
Niemand in der Geschichte ist unfehlbar, es ihn nicht die perfekten immer guten Helden, der alles stets richtig macht. Alle handeln auch mal sehr gefühlsbestimmt oder impulsiv, nicht hundertprozentig durchdacht und egoistisch. Aber das macht die Charaktere so interessant, sie haben Ecken und Kanten, sind menschlich. Mit einigen Personen muss man gerade deswegen besonders emotional mitfiebern. Für Würze und Intrigen sorgen bestimmte unbequeme Personen, wie die rücksichtslose und selbstsüchtige Mutter Feodora mit ihrem Standesdünkel, Nikolaus, der über Leichen geht, um seine Ziele erfolgreich durchzusetzen oder der ziemlich unchristliche Pfarrer Wittekind. Die besondere Personenkonstellation, individuelle Charaktere aus ganz verschiedene Schichten, sowie die Auftritte real existierender Persönlichkeiten wie Alfred Hugenberg machen den besonderen Reiz der Reihe aus.

Wie auch in den vorherigen Bänden gibt es nicht die eine alles umfassende Handlung, den einen roten Faden. Viele einzelne Handlungsstränge laufen nebeneinander her, teils unabhängig, teils überlappend. Es zieht sich nicht der eine große Spannungsbogen durch die Geschichte, sondern mehrere kleine. Das ist überaus interessant und fesselnd zu lesen.
Rebecca Caspian macht mit ihrem Schmöker Geschichte lebendig. Die meisten beschriebenen Ereignisse kennen wir alle mehr oder weniger gut aus dem Geschichtsunterricht, was aber z.B. die Inflation für Menschen ganz konkret bedeutete, welche unmittelbaren Folgen sie für verschiedene Personen unterschiedlicher Herkunft hatte, das macht die Autorin sehr anschaulich und emotional mitreißend deutlich. Abstrakte Begriffe werden für den Leser mit greifbarem Inhalt gefüllt. So lässt sich Historie hautnah selbst miterleben. Zusätzlich überzeugt der Roman durch beeindruckende exakte Recherchen und informatives Detailwissen- historische Figuren tauchen persönlich auf oder interessante zu der Zeit aktuelle Erscheinungen wie bspw. die Ringverbände werden thematisiert. Für mich ein historischer Roman wie er sein sollte: fesselnd, mitreißend, interessant und durchaus bildend. Ein absolut lesenswerter Roman einer Reihe, von der ich mir schon lange eine Verfilmung wünsche und dessen letzte Fortsetzung ich schon jetzt kaum erwarten kann.

Bewertung vom 29.11.2020
Raum der Angst
Meller, Marc

Raum der Angst


sehr gut

Wenn aus Spiel tödlicher Ernst wird: atemberaubend spannender Psychothriller mit Knalleffekt

„Der Mensch entwickelt sich nicht weiter, es gibt keinen moralischen Fortschritt. Der einzige Grund, weshalb wir in unseren Breiten nicht mehr morden, vergewaltigen und brandschatzen, ist der, dass es verboten ist. Aber hier (...), hier darfst du: In diesem Escape-Room ist es erlaubt. Niemand würde dir einen Vorwurf machen.“

Der populäre, aber umstrittene Psychologieprofessor Andreas Zagert hat nach strengen Kriterien sieben Probanden für ein besonderes Experiment ausgewählt: Gemeinsam sollen die Teilnehmer versuchen, Aufgaben in verschiedenen Escape-Rooms zu lösen und so die einzelnen Räume zu überwinden. Gelingt es allen Mitspielern bis zum Schluss dabei zu bleiben, erhöht sich das Honorar für jeden. Doch schon kurz nach Beginn stellen die Teilnehmer fest, dass es nicht um ein harmloses Spiel geht. Der psychologische Versuch wird zur tödlichen Gefahr, der Opfer fordert....

Marc Meller schreibt klar und gut nachvollziehbar, formuliert recht einfach mit viel direkter Rede. Er schildert parallel die aktuelle Situation im Escape-Room, die Ermittlungen der Polizei im Fall des toten Busfahrers, der die Probanden zum Schauplatz fuhr, und die Perspektive der entführten Studentin Hanna. Nach und nach werden die einzelnen Stränge zu ein und derselben Geschichte verbunden. Eine sehr fesselnde, abwechslungsreiche Erzählweise.

Der dubiose Psychologieprofessor Andreas Zagert, der Menschen gerne als Versuchsobjekte betrachtet, sie manipuliert und für seine Forschungen ohne Rücksicht auf Verluste agiert, hat sich während seiner Karriere mehr als einen Feind gemacht. Er ist eine gleichermaßen unangenehm abstoßende wie spannende Figur. Seine sieben genau ausgewählten Teilnehmer wie Michael oder Melissa repräsentieren die Eigenschaften Intuition, Intellekt, Empathie, Egoismus, Aggressivität, Gelassenheit und Logik. Sehr unterschiedliche Charaktere treffen da während des Versuchs aufeinander, da sind Konflikte naturgemäß vorprogrammiert. Hinzu kommt noch Hanna, die sich in der Vergangenheit mit Zagert angelegt hat. Insgesamt eine höchst brisante Mischung an Figuren, die unter schrecklichen, angsteinflössenden Bedingungen zur Zusammenarbeit gezwungen werden.

Werden die Teilnehmer die Rätsel lösen und überleben? Wer steckt wirklich hinter diesem grausamen Spiel? Was hat Hanna mit der ganzen Sache zu tun?
Mark Meller hat einen überaus spannenden, raffinierten Psychothriller mit ungewöhnlichem Setting konstruiert, der geschickt mit den Erwartungen des Lesers spielt. Immer wieder werden die Figuren im Escape-Room und die Leser an der Nase herumgeführt. So fesselnd, dass man einfach dranbleiben muss. Also Türen und Fenster verriegeln, Nervennahrung bereitlegen, Handy abschalten, sich für die nächsten Stunden nichts vornehmen und loslesen!