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Lesendes Federvieh
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München
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Hinter dem Namen Lesendes Federvieh verbirgt sich das Blogger-Duo kathiduck und Zwerghuhn. Wir lesen querbeet alles, was uns zwischen die Finger kommt und veröffentlichen die Rezensionen dazu auf unserem Blog (lesendes-federvieh.de). Dort gibt es übrigens noch viele weitere Beiträge rund ums Thema Buch. :)

Bewertungen

Insgesamt 539 Bewertungen
Bewertung vom 24.10.2018
Begegnung in der kleinen Sommerküche am Meer (eBook, ePUB)
Colgan, Jenny

Begegnung in der kleinen Sommerküche am Meer (eBook, ePUB)


sehr gut

Mure, eine kleine schottische Insel. Lorna arbeitet dort als Grundschullehrerin. Doch nicht nur die schwindende Schülerzahlen bereiten ihr Kopfzerbrechen, sondern auch die ärztliche Versorgung. Die Suche nach einem weiteren Arzt blieb bisher erfolglos.

Ein Flüchtlingscamp auf dem Festland. Der Flüchtling Saif behandelt im Camp einen verletzten Jungen. Dadurch wird man auf den Arzt aufmerksam. Somit ist das Problem der medizinischen Versorgung auf Mure gelöst, denn Saif tritt die ausgeschriebene Stelle auf Mure an. Dort begegnet er Lorna...

Jenny Colgan hat mit ihrer kleinen nur 100 Seiten langen Erzählung die Reihe der kleinen Sommerküche unterhaltsam ergänzt. Im Mittelpunkt stehen die Grundschullehrerin Lorna und der Flüchtling Saif. Somit ist die Flüchtlingsproblematik auch auf Mure angekommen. Einfühlsam beschreibt die Autorin die Schwierigkeiten, aber auch Glücksmomente. Durch ihren lockeren, leichten Schreibstil war das Buch in Kürze ausgelesen, bis zum bittersüßen Ende. Ich könnte mir allerdings durchaus vorstellen, Saif in weiteren Büchern wieder zu begegnen. Die Geschichte der beiden gibt noch genügend Schreibstoff her, finde ich.

Fazit: Kurzweilige Erzählung für zwischendurch

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.10.2018
Die Stunde des Schicksals / Die Lytton Saga Bd.3
Vincenzi, Penny

Die Stunde des Schicksals / Die Lytton Saga Bd.3


sehr gut

London 1953: Gerade als in die Lytton Familie nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges wieder so etwas wie Normalität eingekehrt ist, folgt der nächste Paukenschlag. Ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes Oliver beschließt Lady Celia sehr zum Erstaunen ihrer Familie, sich aus dem Verlagsgeschäft zurückzuziehen, um erneut zu heiraten. Sowohl bei ihren Verwandten als auch in den kulturellen Kreisen sorgt ihre Entscheidung für große Verwunderung, zumal ihre Kinder sich berechtigterweise fragen, was das nun für ihre eigenen Leben und Karrieren zu bedeuten hat. Abermals verschieben sich die Machtverhältnisse in Verlag und Familiengefüge, wodurch bald nichts geringeres als das Vermächtnis der Lytton-Dynastie auf dem Spiel steht.

Die ersten beiden Bänder der Lytton-Saga haben mir unfassbar gut gefallen, deshalb war ich natürlich gespannt, welche weiteren Überraschungen das Verlags- und Familienleben bereithält. Objektiv betrachtet steht "Die Stunde des Schicksals" den vorherigen Büchern der Trilogie in nichts nach und hat mich gleich auf den ersten Seiten wieder in seinen Bann gezogen. Allerdings hat man als Leser dann doch ab einem gewissen Punkt seine Lieblingscharaktere und genau diejenigen, die mir am meisten ans Herz gewachsen sind, weil sie in meinen Augen die buntesten und spannendsten Charaktere waren, haben die Handlungsbühne ziemlich schnell verlassen, was ich sehr schade fand. Es hat ein wenig gedauert, doch dann konnte ich mich auf die veränderte Personenkonstellation einlassen, die in bereits gewohnter Penny Vincenzi Manier allesamt fein gestaltet und frei von klassischer Kategorisierung sind. Weiterhin ist die Verlagsgeschichte geschickt in den tatsächlich stattgefundenen historischen Kontext eingeflochten worden, wodurch auch der finale Band der Lytton-Saga zu einem unvergesslichen Leseerlebnis mit einem kleinen Wehrmutstropfen ob dem frühen Verlassen meiner beiden Lieblingsprotagonisten wird.

"Die Stunde des Schicksals" ist definitiv ein sehr gelungener Abschluss der Lytton-Trilogie rund um ein Verlagshaus, das den Wirren zweier Weltkriege und zahlreicher innerfamilärer Probleme strotzt und dabei mit herausragenden Charakteren und angenehmem Erzählstil begeistert.

Bewertung vom 12.10.2018
Hildegard von Bingen
Kaiser, Maria Regina

Hildegard von Bingen


sehr gut

Seit ihrer Geburt als zehntes Kind einer wohlhabenden Familie ist klar, dass Hildegards Leben Gott und somit der Kirche verschrieben ist. Schon in jungen Jahren wird Hildegard von Visionen heimgesucht, die sich allesamt bewahrheiten, von ihrer Familie jedoch als Werk des Teufels angesehen werden. Als sie alt genug ist, tritt sie gemeinsam mit Jutta von Sponheim in eine Klause neben einem Benediktinischen Kloster ein, wo sie fortan in der Umgebung einiger weiterer Nonnen lebt. In den darauffolgenden Jahren vertraut sie auf ihre Vorsehungen, die sie selbst als direkte Kommunikation mit Gott ansieht, schreibt Bücher über ihre Weisungen und heilt zahlreiche Menschen mit ihren herausragenden Kenntnissen der Heilkunde und Medizin. Schon zu Lebzeiten wurde sie als Heilige verehrt und die weitreichende Macht der einflussreichsten Nonne des Mittelalters strahlt bis in die Neuzeit.

"Hildegard von Bingen - Die mächtigste Nonne des Mittelalters" gehört nicht umsonst zur Starke Frauen Reihe des Herder Verlags, denn sie ist der Innbegriff weiblichen Strebens nach Anerkennung ihrer individuellen Leistung, vor allem vor dem Hintergrund der damaligen Zeit, als Frauen nahezu kein Mitspracherecht zuteil wurde. Obwohl mich mit Religion normalerweise nicht sonderlich viel verbindet und mich vorab eher Hildegards Heilkenntnisse interessiert haben, fand ich es wirklich spannend ihre Romanbiografie zu lesen und mehr über das dem Glauben verhaftete Leben der Nonne zu erfahren. Bis dato waren mir die Abläufe eines Klosters samt der Benediktinischen Verhaltensregeln ziemlich unbekannt, aber Maria Regina Kaiser gelingt es mit Leichtigkeit nicht einfach nur die trockenen Fakten aufzuzählen, sondern vielmehr das Klosterleben der damaligen Zeit authentisch lebendig werden zu lassen. Dabei skizziert sie ein umfassend sowie vielschichtiges und tiefgründiges Bild von Hildegard, wobei sie sowohl die herausragenden schillernden Eigenschaften wie auch ihre kränklichen und schwächlichen Phasen aufzeigt, in welchen die Prophetin oft tagelang ans Bett gefesselt ist. Abzüge gibt es nur für das für meinen Geschmack ein wenig zu melodramatisch Dargestellte in den letzten Jahren Hildegard von Bingens. Aufgelockert wird die Biografie durch zahlreiche Abbildungen der wichtigsten handelnden Personen sowie Heilpflanzen und wird auf den letzten Seiten ergänzt durch historische und personelle Hintergrundinformationen.

"Hildegard von Bingen" geht weit über ein ledigliches Portrait der mächtigsten Nonne des Mittelalters hinaus und zeigt eingehend auf, wie sie als Frau aufgrund ihrer erstaunlichen Leistung bereits zu Lebzeiten als Heilige verehrt wurde und nebenher die Schwierigkeiten des täglichen Lebens meistert.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.10.2018
Ein Winter voller Blumen
Fontaine, Marie

Ein Winter voller Blumen


sehr gut

Es ist Herbst, die ersten Stürme wirbeln durch die Straßen von Paris. Dort gibt es in der Rue du Cherche-Midi Fleurs wunderschönen kleinen Blumenladen. Doch die junge Blumenhändlerin wird von einer Pechsträhne verfolgt. Ihr Laden steht kurz vor dem Aus, ihr alter Vater ist krank und zu allem Übel macht sich auch noch eine schwere Erkältung bemerkbar. Doch dann taucht ein geheimnisvoller Kunde auf, der für Turbulenzen in Fleur Dantons Leben und ihrem Herz sorgt...

"Ein Winter voller Blumen" ist genau die richtige Lektüre für entspannte Lesestunden bei trübem Novemberwetter in der gemütlichen Leseecke. Das Buch strahlt eine anheimelnde Atmosphäre aus, denn Fleurs Blumenladen ist ein ganz besonderer Ort, der Wärme und Geborgenheit ausströmt. Dazu eine bezaubernde Liebesgeschichte und absolut liebenswerte, lebensnah ausgearbeitete Charaktere mit all ihren Unzulänglichkeiten. Die Geschichte von Fleur und Martin wirkt dabei nicht kitschig, sondern hoffnungslos romantisch. Dazu passt der einfühlsame Schreibstil, der den Leser durch die Buchseiten schweben lässt.

Fazit: Eine schöne Liebesgeschichte für absolute Romantiker

Bewertung vom 11.10.2018
Deutsches Haus
Hess, Annette

Deutsches Haus


ausgezeichnet

Die junge Dolmetscherin Eva Bruhns wird gebeten, die Zeugenaussagen bei einem Prozess zu übersetzen. Als sie ihren Eltern und ihrem Verlobten mitteilt, dass es sich dabei um den ersten Ausschwitz-Prozess in ihrer Stadt handelt, sind die Eltern und ihr Verlobter strikt gegen ihre Mitarbeit. Eva, die mit dem Ort Ausschwitz nichts in Verbindung bringen kann, nimmt die Stelle trotzdem an. Doch dieser Jahrhundertprozess verändert nicht nur Deutschland, sondern auch ihr eigenes Leben unwiderruflich...

Wer eine Lektüre mit Tiefgang sucht, der darf am Buch "Deutsches Haus" von Annette Hess nicht vorübergehen. Das Buch fängt langsam an, der Leser wähnt sich in einer ganz normalen Familiengeschichte. Doch ziemlich schnell wird klar, dass es dies ganz und gar nicht ist. Sondern ein hervorragend recherchierter Roman über den ersten Ausschwitz-Prozess und seinen Auswirkungen nicht nur auf die Täter, nein, auch auf die so ahnungslosen Mitbürger dieser schrecklichen Zeit. Durch Zeitzeugenberichte im Prozess werden die Greueltaten schonungslos zur Sprache gebracht. Das geht beim Lesen wirklich an die Substanz und machte mich sehr nachdenklich. Gerade in der heutigen Zeit finde ich es wichtig, dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Annette Hess schafft es durch ihren klaren, nuancierten Schreibstil den Blick des Lesers für diese Zeit der Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen zu schärfen. Durch ihre historisch fundierten, detailgetreuen Charaktere wird dieser Effekt noch verstärkt.

Ich habe dieses Buch mit großem Interesse gelesen, die Seiten flogen nur so dahin. "Deutsches Haus" wird in meinem Bücherregal seinen Platz bei meinen ganz besonderen Büchern finden.

Fazit: Ein hervorragend recherchiertes Portrait deutscher Geschichte

Bewertung vom 08.10.2018
The Hunter
Stark, Richard

The Hunter


sehr gut

Bereits der Klappentext von "The Hunter" brachte mich zum Schmunzeln, obgleich die Thematik eigentlich die entgegengesetzte Reaktion hervorrufen sollte. Doch genau jener Gegensatz ist es, der diesen bereits 1962 erschienenen Kriminalroman so positiv aus dem regen Angebot an Werken dieses Genres hervorhebt. Ohne groß Zeit mit Erklärungen zu verlieren, befindet man sich mitten im Geschehen und begleitet den gehörnten Auftragskiller Parker auf seinem blutigen Rachefeldzug gegen diejenigen, die ihn bei seinem letzten Coup so schamlos hintergangen haben. Dabei macht er weder Halt vor seiner Ehefrau, noch lässt er sich davor abschrecken es mit dem größten Verbrechersyndikat Amerikas aufzunehmen und das alles in seiner charakterlich repräsentativen Lässigkeit. Trotz des ein oder anderen Rückschlages lässt Parker sich nicht aus der Ruhe bringen und bleibt seinem waghalsigen Plan treu, wobei er sich stets auf dem schmalen Grad zwischen Arglosigkeit und Arroganz bewegt. An dieser Stelle sollte auch der grandiose Schreibstil gewürdigt werden, mit welchem der Erzähler in wenigen Worten einen unnachahmlichen Charakter voller deviantem Charme und kriminellem Einfallsreichtum skizziert. Trotz des zugrunde liegenden brutalen Ausgangsszenarios versprüht die Handlung jede Menge Witz und Esprit ohne klamaukig zu sein. Wenn man das Buch gelesen hat, versteht man, weshalb der bekannte Filmregisseur Quentin Tarantino "The Hunter" als Klassiker bezeichnet, der ihn stark beeinflusst habe. Besonders nach diesem genialen Ende, bei dem ich wegen der Koffergeschichte herzhaft lachen musste, freue ich mich auf die weiteren Bände der Parker-Reihe.

Bewertung vom 08.10.2018
Hoffnung und Schicksal / Die Charité Bd.1
Schweikert, Ulrike

Hoffnung und Schicksal / Die Charité Bd.1


ausgezeichnet

Berlin 1831: Nachdem wochenlang die Angst umherging, die Cholera könne auch in Deutschland ausbrechen, fordert die absolut tödliche Krankheit nun ihr erstes Opfer, das unter grauenvollen Schmerzen stirbt. Fieberhaft versuchen Professor Dieffenbach und seine Kollegen in der Charité daraufhin den Überträger der Krankheit auszumachen und ein Heilmittel zu finden. Gleichzeitig führen drei Frauen ihren ganz persönlichen Kampf: Hebamme Martha verdingt sich nach einem tragischen Ereignis im Totenhaus der Charité, um ihrem Sohn ein besseres Leben zu ermöglichen, Gräfin Ludovica findet in der Ehe mit ihrem hypochondrischen Ehemann einzig und alleine Trost in den Gesprächen mit dem Arzt Dieffenbach und die junge Pflegerin Elisabeth entdeckt neben der Medizin verbotenerweise ihre Liebe zu einem Arzt.

Als ich "Die Charité - Hoffnung und Schicksal" unter den Neuerscheinungen in der Buchhandlung entdeckt habe, wollte ich es unbedingt lesen, weil mich dieses Berliner Krankenhaus seit jeher fasziniert. Dieses Buch beleuchtet die Hintergründe der Charité im 19. Jahrhundert sehr eingehend und authentisch. Für mich als Medizinstudentin waren die detaillierten Beschreibungen der anatomischen Strukturen sowie der damaligen Operationsmethoden natürlich unglaublich begeisternd zu lesen, Zartbesaiteten würde ich allerdings eher von der Lektüre abraten. Zu damaligen Zeiten gab es keine Narkose, sodass die Patienten von kräftigen Männern auf eine Liege gedrückt werden mussten, wo man sie ohne Betäubung aufschnitt, was bei nicht wenigen Klienten zu sofortigem Herzstillstand führte. Für die Chirurgen hatte dies weitergehend den Nachteil, dass sie sich nicht auf die Perfektion der Operation konzentrieren konnten, sondern so schnell wie möglich agieren mussten, um den Körper des Patienten so kurz wie möglich zu belasten. Im Zentrum der Geschichte stehen verschiedene Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein können und doch ein gemeinsames Ziel haben: Menschen zu helfen. Professor Dieffenbach, dessen hier dargestellte Biografie fast genau der tatsächlichen entspricht, kämpft mit seinen Kollegen gegen Krankheiten wie die Cholera, indem sie fieberhaft nach Überträgern und Heilmitteln suchen. Gleichzeitig wird hier seine menschliche und verletzliche Seite unter dem schützenden Kittel des Wissens und der Weisheit gekonnt dargestellt, die eingehend zeigt, dass selbst die tugendhaftesten Menschen nicht unfehlbar sind. Auch wenn der Geschichte stets ein lobender Unterton innewohnt, wenn sie auf Professor Dieffenbach zu sprechen kommt, werden seine erlittenen Rückschläge wie beispielsweise die aufreibenden Sticheleien und Intrigen eines hochangesehenen Kollegen klar skizziert. Die Figur der Gräfin Ludovica scheint historisch nicht belegbar zu sein, und doch passt die emanzipierte, gebildete Dame von natürlich bezaubernder Schönheit perfekt in das Geschehen hinein. Somit könnte der Gegensatz zu ihrem hypochondrischen, stumpfen Ehemann nicht offensichtlicher sein, der ihre Rolle lediglich in der der stillen Hausfrau sieht, was der selbstbestimmten Gräfin zutiefst widerstrebt. Bei den zahlreichen Besuchen des Hausarztes Dieffenbach findet sie in ihm ihren Seelenverwandten und doch sind die beiden in ihren jeweiligen Verpflichtungen gefangen und müssen ihre Gefühle füreinander verbergen. Die dritte wichtige Frau im Bunde ist neben der Hebamme Martha die junge Pflegerin Elisabeth, die mit ihrer freundlichen, aufgeschlossenen Art und dem teilweise aufmüpfigen Ton gegenüber den Ärzten, für die Patienten eintritt, was nicht bei allen Medizinern auf Wohlwollen stößt. Der angenehm zurückhaltende Schreibstil schafft gekonnt den Handlungsrahmen und gibt den Protagonisten zugleich Raum sich zu entfalten.

"Die Charité - Hoffnung und Schicksal" erzählt von einigen Sternstunden der Medizin und wird getragen durch die stark ausgearbeiteten Charaktere und deren individuellen Lebenswege, die gekonnt in den historischen Kontext eingebettet wurden.

Bewertung vom 01.10.2018
Klugscheißer Royale / Lehrer Seidel-Romane Bd.1
Steffens, Thorsten

Klugscheißer Royale / Lehrer Seidel-Romane Bd.1


ausgezeichnet

Timo Seidel ist mittlerweile 28 Jahre alt und hat bisher keine großen Ambitionen hinsichtlich einer beruflichen Karriere gezeigt. Er zieht seinen Job im Callcenter wenig motiviert durch. Das führt schließlich dazu, dass er fristlos entlassen wird. Als ihn dann auch noch zeitgleich seine Freundin Cleo verlässt, steht er vor dem Nichts. Doch er hat Glück und kann eine Stelle als Aushilfslehrer für Englisch an einer Abendschule ergattern - und das ohne Studium. Allerdings muss er sehr bald feststellen, dass der Lehrerberuf kein Kinderspiel ist...

Thorsten Steffens hat mit "Klugscheißer Royale" ein erfrischendes, absolut gelungenes Romandebüt vorgelegt. Wenn man dieses Buch liest, kann man gar nicht anders, als gute Laune zu bekommen, finde jedenfalls ich. Timo Seidel ist ein total sympathischer Typ, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Er spricht einfach aus, was ihm gerade auf der Seele brennt. Ihn eine Zeit lang begleiten zu dürfen, hat riesig Spaß gemacht. Der witzige, rasante Schreibstil des Autors und die erstklassigen Dialoge sind sicher ein Grund dafür. Doch auch der feinsinnige Humor, der immer wieder durch die Zeilen blitzt, bescherte mir beste Unterhaltung. Schmunzeln musste ich stets bei Timos Begriffsdefinitionen, sie sind einfach göttlich lustig, aber auch herrlich scharfsinnig.

Neben einer ordentlichen Portion Witz kommen die zarten, leisen Töne ebenso nicht zu kurz, die zum Nachdenken anregen. Timo ist eben nicht der Hans Dampf in allen Gassen, sondern im Grunde liebenswert und seine Ansichten sind eigentlich gar nicht so verkehrt.

Es hat mir große Freude bereitet "Klugscheißer Royale" lesen zu dürfen. Für alle, die etwas Humorvolles mit Anspruch lesen möchten, ist dieses Buch genau richtig. Ich hoffe doch sehr, dass es mit Timo weitergeht. Eine Fortsetzung ist für mich ein Muss.

Fazit: Gelungenes Romandebüt - witzig, spritzig, einfach klasse!

Bewertung vom 01.10.2018
Rachewinter / Evelyn Meyers & Walter Pulaski Bd.3
Gruber, Andreas

Rachewinter / Evelyn Meyers & Walter Pulaski Bd.3


ausgezeichnet

Eine Reihe mysteriöser Todesfälle von erfolgreichen Männern in den besten Jahren beschäftigen Kommissar Walter Pulaski in Leipzig und die junge Anwältin Evelyn Meyers in Wien. Gemein haben diese Fälle alle, dass sich die Opfer kurz vor ihrem Tod mit einer geheimnisvollen Schönheit getroffen haben. Doch diese ist wie vom Erdboden verschluckt. Als sie zufällig Parallelen zu ihren Fällen entdecken, beschließen Pulaski und Evelyn den Täter gemeinsam zu fassen. Das ist allerdings nicht einfach, da sie es mit einem äußerst raffinierten Gegner zu tun haben...

"Rachewinter" ist der erste Thriller überhaupt, den ich von Andreas Gruber gelesen habe - und ganz sicher nicht der letzte. Ich bin vom Buch total begeistert. Es ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Immer wieder neue, absolut unvorhersehbare Wendungen sorgen für erneuten Nervenkitzel und Lesevergnügen pur. Die beiden Ermittler Pulaski auf der einen Seite in Leipzig und die taffe Anwältin Evelyn Meyers in Wien ergänzen sich perfekt. Da die Verknüpfung der Ermittlungen an eigentlich ein und demselben Fall relativ spät erfolgt, konnte man sich als Leser sehr gut auf die jeweiligen Tatorte konzentrieren. Der fulminante Showdown hat diesen hervorragenden Thriller perfekt abgeschlossen.

Bei diesem sehr gut durchdachten und zum Thema Transgender auch detailliert recherchiertem Thriller gibt es für mich keine einzige Schwachstelle. Die Charaktere sind authentisch skizziert, keine Everybody’s Darlings, sondern Figuren, mit Ecken und Kanten, die teilweise auch ziemlich undurchsichtig sind. Durch den klaren, mitreißenden Schreibstil und den erstklassigen Dialogen flogen die Seiten geradezu dahin. Einfach genial.

Fazit: Für mich ist "Rachewinter" ein Thriller der Extraklasse!

Bewertung vom 28.09.2018
Missing - Niemand sagt die ganze Wahrheit
Douglas, Claire

Missing - Niemand sagt die ganze Wahrheit


sehr gut

Als ich den Klappentext von "Missing - Niemand sagt die ganze Wahrheit" überflogen habe, war mir sofort klar, dass ich dieses Buch unbedingt und so schnell wie möglich lesen muss. Tatsächlich habe ich es innerhalb eines Tages verschlungen, weil mich die mitreißende und zunehmend ungeheuerlich werdende Geschichte von Frankie, Sophie sowie ihrer ganz besonderen Freundschaft einfach nicht losgelassen hat. Auch wenn die Geheimnisse, die im Verlauf der Handlung ans Tageslicht kommen, immer abscheulichere Details über die Vergangenheit der beiden Mädchen ans Licht bringen, konnte ich mich dem Bann des Buches nicht entziehen. Was als ungeklärter Fall eines vermissten Mädchens vor schauriger Kulisse begann, sollte sich schon bald in einen Strudel aus psychischen Spielchen wandeln, der die Charaktere nebst dem Leser tief in den Abgrund der menschlichen Psyche aus Fäulnis und Düsternis blicken lässt. Die eigentliche Handlung, die von den Nachforschungen Frankies erzählt, die nach dem Fund einer Leiche zurück an den Ort ihrer Kindheit und Jugend zurückgekehrt ist um Jahre später endlich das Verschwinden ihrer besten Freundin Sophie aufzuklären, erstreckt sich von Donnerstag bis Dienstag eigentlich nur über wenige Tage. Dennoch kommt es einem viel länger vor, denn mittels zahlreicher Rückblenden, die abwechselnd aus den Blickwinkeln von Frankie und Sophie erzählen, gewinnt die Handlung deutlich an Plastizität und Tiefe. Gerade jenes Spiel mit den Perspektiven hat mich nachhaltig beeindruckt, weil man durch diese spezielle Art des Erzählens selbst schleichend einen Platz in der Geschichte einnimmt und es erst merkt, als man schon mittendrin steckt und es kein zurück mehr gibt. Technisch gesehen gibt es nur die zwei Blickwinkel, doch Frankie wendet sich innerlich an Sophie, indem sie ihre Freundin direkt anspricht, was sich als Leser anfühlt, als wäre man selbst Sophie. Je länger ich über diese Geschichte nachdenke, desto besser wird sie trotz oder vielleicht gerade wegen der Grausamkeiten, die sich darin ereignen.

"Missing - Niemand sagt die ganze Wahrheit" ist ein absolut fesselnder Thriller über das Verschwinden eines Mädchens, das ihre beste Freundin Jahre später aufklären will. Dabei ist das grandiose Spiel mit den Erzählperspektiven nebst den schaurigen Wendungen ein wahres Highlight, wenngleich von Beginn an eine sehr düstere Grundstimmung herrscht, die sich zunehmend steigert.