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katikatharinenhof

Bewertungen

Insgesamt 998 Bewertungen
Bewertung vom 03.09.2023
Mein großes Lichter-Wimmelbuch: In der Nacht
Grimm, Sandra

Mein großes Lichter-Wimmelbuch: In der Nacht


ausgezeichnet

Nächtliche Wimmelwelt

Ein Wimmelabenteuer in der Nacht ist für die Kleinen spannend, aufregend und bietet ganz viel Neues. Der Bilderbuchklassiker wird hier mit wenig Text kombiniert, der die Aufmerksamkeit der Jungen und Mädchen auf sich zieht. Die stabilen Pappkartonseiten sind robust, griffig und können auch von kleinen Kinderhänden gut umgeblättert werden. Eine Beschichtung schützt die Seiten, sodass sie auch mit einem nebelfeuchten Tuch abgewischt werden können.

Die Farben sind dem Nachtthema angepasst und trotzdem nicht angsteinflößend. Die dunklen Töne werden immer wieder durch farbenfrohe Details ergänzt und die leuchtenden LEDs setzen wunderschöne Akzente. Die Tasten zum Drücken sind alters & kindgerecht gestaltet, lassen sich leicht bedienen, sodass die kleinen Lämpchen in einem stimmungsvollen warmweißen Licht leuchten.

Niedliche Illustrationen, in den es ganz viel zu Entdecken gibt, bereichern dieses Nachtbuch und machen das Zu-Bett-gehen-Ritual mit einer Gute-Nacht-Geschichte zu einer wunderschönen Bettlektüre für alle Wimmelfans.

Bewertung vom 29.08.2023
Ein Jahr hinterm Deich
Haase, Katja

Ein Jahr hinterm Deich


weniger gut

Vorhersehbares Deichgeflüster

Elli hat den Kampf gegen den Krebs gewonnen und reist für die dringend benötigte Auszeit nach Katharinensiel, um dort nicht nur ihre Akkus wieder aufzuladen, sondern auch ein wenig nach ihrer Herkunft zu recherchieren. Schließlich ist sie ein Kind der Küste und hat wunderschöne Sommer an der Nordsee verbracht. Um auch seelisch einen Abschluss zu finden, schließt sich Elli einer Selbsthilfegruppe an, deren Mitglieder auch alle ein Päckchen zu tragen haben. Und es scheint, als würden sich die grauen Wolken am Himmel verziehen...


"Ein Jahr hinterm Deich" klingt nach einem leichten Wohlfühlroman, der mit vielen maritimen Motiven, frechen Möwen und Dünenzauber die Leser:innen begeistert. Doch Katja Haase schreibt nicht etwa eine süße Romanze, sondern sie versucht ganz viele Themen in diesem Buch unterzubringen, die auf den ersten Blick interessant sind, aber bei nährerer Betrachtung doch ins Vorhersehbare abdriften.

Zum einen ist da die Suche nach den eigenen Wurzeln, die die Leserschaft zurückreisen lässt, um die schrecklichen Ereignisse während des Zweiten Weltkrieges mitzuerleben, um ein wenig Hintergrundinformationen zu erhalten. Wer genau liest, weiß schon recht schnell, welche Zusammenhänge sich ergeben und wie das Buch ausgehen wird. Somit ist die Spannung nicht gerade hoch und die Leseneugier flaut ab.

Der Erzählstrang in der Gegenwart ist ebenso lau wie ein leichtes Nordseelüftchen, denn Elli ist mit ihren fast fünfzig Jahren einfach nicht erwachsen. Ihr Verhalten ist naiv und vollkommen weltfremd, weinerlich und mit einer Ahnungslosigkeit versehen, dass sich mir ab uns an die Haare zu Berge stellen. Als weibliche Hauptfigur soll sie die Leser:innen an die Hand nehmen, ihnen die Örtlichkeiten zeigen, sowie ihre Gefühls- & Gedankenwelt zugänglich machen, aber Elli ist einfach, um es vorsichtig auszudrücken, in der Entwicklung hinterm Deich geblieben. So verhält sich keine moderne Frau im 21. Jahrhundert, auch wenn sie durch eine überstandene Krebserkrankung verunsichert ist und erst wieder Boden und den Füßen spüren will.

Die Handlung spult sich mehr oder weniger seicht und ohne große Aufreger ab. Es plätschert alles vor sich hin und die Autorin versucht mit ihrer überbordenden Vielfalt an Themen (gleichgeschlechtliche Liebe, Natur- & Tierschutz, toxische Beziehung & Alkoholabhängigkeit, Selbstfindung & Vergangenheitsbewältigung) ein wenig Schwung in den Roman zu bringen. Es fehlt trotzdem an Kreativität, Sinnlichkeit und Abwechslung, um das Gelesene in eine mitreißende Handlung zu verwandeln.

Das Buch wird somit recht überschaubar und die Auflösungen liegen nach wenigen Seiten bereits auf der Hand. Ein Ausflug an die Küste, der viel Potenzial verschenkt und nicht wirklich begeistert.

Bewertung vom 27.08.2023
Es gibt keine Drachen in diesem Buch
Lambo-Weidner, Donna

Es gibt keine Drachen in diesem Buch


ausgezeichnet

Pfiffiges Kinderbuch zum Mitmachen

Manche Kinder haben Angst vor Drachen und scheuen daher auch Bilderbücher, in denen auch nur ansatzweise ein Drache vorkommen könnte. Und ganz genau da setzt diese wundervolle Geschichte an und zeigt Jungen und Mädchen, dass sie keine Angst vor Drachen haben müssen...denn dieses Buch ist Drachen frei - oder vielleicht doch nicht ?!

Die Illustrationen sind pfiffig, enthalten viele Anspielungen auf das eventuelle Vorhandensein eines Drachens und die Texte liefern sogleich die passende Erklärung, warum das Chaos im Kinderzimmer, das Loch in der Wand oder der Funkenflug im Kamin entstanden sind. Für alles gibt es logische und nachvollziehbare Worte, die den Kindern nach und nach die Angst nehmen. Die Zeichnungen nehmen die Kinder mit auf eine abenteuerliche Entdeckungsreise und dann heißt es - mitmachen und kräftig schütteln, denn das Ende des Buches ist überraschend, witzig und raffiniert ausgedacht :-)

Bewertung vom 27.08.2023
Düstergrab / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.6
Fölck, Romy

Düstergrab / Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn Bd.6


ausgezeichnet

Wenn du nicht die Vergangenheit sterben lässt, wird dich die Vergangenheit nicht leben lassen

Frida steht am Grab ihre Schulfreundes und nimmt Abschied. Doch schon am nächsten Tag muss sie erneut auf den Friedhof, da ausgerechnet das Grab ihres Schulfreundes geschändet wurde. Nach dem Öffnen der letzten Ruhestätte erwartet alle Anwesenden ein skurriler Anblick, denn der Sarg ist nicht leer, wie zunächst vermutet, sondern es befindet sich darin eine zweite Leiche. Das Totenkleid des jungen Mädchens mutet seltsam altmodisch an und sieht irgendwie nach einer Art Verkleidung aus - Schürze mit gehäkelter Spitze und ein Kopftuch mit Punkten. Die Ermittlungen ergeben, dass es sich hier um einen Vermisstenfall handelt, der seit vier Jahren in den Akten schlummert. Bjarne Haverkorn tritt wieder an die Seite seiner ehemaligen Partnerin und es heißt für beide, jeden Stein umzudrehen und den Geheimnissen auf die Spur zu kommen...


Mit "Düstergrab" gelingt Romy Fölck die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart, in dem sie einen alten Fall aufrollt und so Bjarne und Frida wieder als eingespieltes Team ermitteln lässt. Atmosphärisch sehr geschickt anleget, dürfen hier die Leser;innen einen sehr gut recherchierten Einblick in die Lebensweise der Hutterer nehmen, die für uns, die wir permanent erreichbar sind und uns den Zwängen der modernen Technik unterworfen haben, eine eher antiquierte und enthaltsame Lebensführung aufzeigt.

Es ist ein Wiederlesen mit liebgewonnenen Figuren, die im Verlauf der Buchreihe zu guten Freunden geworden sind. Die Zusammenarbeit von Frida und Bjarne klappt immer noch wie am Schnürchen und beide können sich auf den jeweils anderen verlassen. Doch es scheint in den eigenen Reihen einen Maulwurf zu geben, denn auf Fridas neuen Partner wird ein Attentat verübt und Frida wird die Bilder nicht los.

Der Fall baut sich wie immer sehr gut auf und der Plot überzeugt mit vielen guten und vor allen Dingen sehr abwechslungsreichen Ideen, die an viele Schauplätze führen und somit die Spannung immer hochhalten. Die Neugier wird immer wieder befeuert und die Leser;innen bleiben quasie an den Sieten kleben, nur um zu erfahren, wie der alte Fall und das Auffinden der Leiche im Grab von Fridas Schulfreund zusammenhängen.

Romy Fölck nimmt ihre Leser;innen mit ins Boot, lässt sie eigene Ermittlungen anstellen und streut immer wieder kleine Hinweise ein, um selbst die Puzzleteilchen in das bereits vorhandene Ermittlungsergebnis einzupassen und zu schauen, ob die Vermutungen auch stimmen. Die Erzähltempi wechseln sich ab, führen durch rasante und aufregende Passagen, um dann wieder zurück auf den Hof der Paulsens zurückzukommen und dort für ein paar Momente zum Durchschnaufen und Innehalten zu sorgen. Auch steht Frida vor einer schwierigen Entscheidung, die zukunftsweisend ist. Wird es einen gemeinsamen Lebensweg mit Torben in der Marschebene oder verschlägt es Frida nach Bayern ?

Die Krimireihe hat auch mit Band 6 nichts von ihrer Anziehungskraft eingebüßt und Romy Fölck beweist, dass sich ihre Figuren immer weiter entwickeln und mit jedem Fall aus der Marsch neue Wege gehen. Sei es in der Persönlichkeitsentwicklung, sei es in der Denk- & Arbeitsweise oder auch auf der Gefühlsebene. Hier liegt noch so viel Potenzial für weitere Bücher, die hoffentlich noch geschrieben werden ; )

Der aktuelle Fall liest sich flott von der Hand weg, bietet von der Thematik her einen sehr aufschlussreichen Einblick in eine nicht ganz alltägliche Lebensform und ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite.

Bewertung vom 21.08.2023
Mörderjagd zum Hochzeitstag (eBook, ePUB)
Fischer, Nikolaus

Mörderjagd zum Hochzeitstag (eBook, ePUB)


gut

Kann dem Eberhofer Franz nicht das Wasser reichen

Zefix! Was macht der Egger Bauer unterm Blätterdickicht, wenn er doch eigentlich seit ein paar Tagen auf dem Gottesacker beerdigt ist ? Rudi versteht die Welt nicht mehr und kann sich nicht erklären, was da so vor sich geht. Vor allen Dingen stellt sich Rudi die Frage, wer stattdessen beerdigt wurde. Das alles wäre ja noch recht einfach zu lösen, wäre da nicht Tante Agnes, die ein Herz für Schlagersänger hat....


Spätestens seit den Eberhofer-Krimis stehen humorvolle Ermittelnde hoch im Kurs und da ich Bayern-Krimis quasi inhaliere, bin ich immer auf der Suche nach neuen Buchreihen und Autor:innen. Fündig geworden bin ich bei Nikolaus Fischer, der mit Dorfpolizist Rudi einen nicht ganz alltäglichen Ermittler ins Rennen schickt. Der Schreibende hat viele gute Ideen, die in Anlehnung an die Eberhofer-Krimis ihren Weg ins Buch finden, aber leider zünden die Pointen nicht immer und vieles wirkt überzogen. Ja, ein humoriger Krimi darf sich selbst nicht allzu ernst nehmen, doch Fischer greift ab und zu einfach zu tief in die Schublade mit den Schablonen und strickt einfach drumherum seine Handlung.

Der Fall an und für sich bietet viel Abwechslung, nimmt die Schlagerszene ordentlich aufs Korn und das zeigt sich auch in den Schlagabtauschen, die sich die Figuren im Buch liefern. Jedoch wirken die Dialoge manchmal zu gewollt und aufgesetzt.

Die Suche nach dem Täter bietet nicht ganz so viele Überraschungen und Wendungen wie erhofft, bietet aber kurzweilige Unterhaltung mit baierischem Einschlag. Ein unblutiger Regio-Krimi, der gut im Ansatz ist, aber noch ordentlich Luft nach oben hat.

Bewertung vom 20.08.2023
Leuchtturmhoffnung
Wimmer, Karin

Leuchtturmhoffnung


sehr gut

Wenn das Meer die Liebe ist...

Anna und Lukas - schon seit Kindertagen einfach unzertrennlich, aber manchmal kommt einfach das Leben dazwischen und geht eigene Wege. Als sich die beiden Jahre später wieder gegenüberstehen, ist sofort wieder dieser Kloß im Hals und das Kribbeln im Bauch vorhanden. Aber wie soll das alles funktionieren ? Lukas ist nicht nur ein erfolgreicher Koch, sondern auch noch verheiratet. Während Anna in ihrem Geschäft "Blatt & Blüte" neue Sträuße bindet, hält das Schicksal ein ganz besonderes Arrangement für sie breit, das nicht nur ihr Herz zum Aufblühen bringt....



Mit Band 6 der Ostsee-Roman-Reihe lässt Karin Wimmer Dünenzauber, Wellenglitzern und ganz viel Liebe auf der heimischen Terrasse einziehen, entführt ihre Leser:innen in einen gemütlichen Strandkorb direkt am Ostseestrand und lässt sie die wirklich süße Romanze von Anna und Lukas live und in Farbe miterleben.

Wer die Vorgängerbände nicht kennt, findet sich schnell und einfach in der Handlung zurecht, aber es ist doch schöner, wenn sich die Geschichten alle aufeinander aufbauen und die Leser:innen die Entwicklung der Figuren und Geschichten nachvollziehen können. Die Playlist zum Buch setzt den ein oder anderen Ohrwurm und verleitet zum mitsummen und mitsingen und die Namen der Cocktails sind eine Hommage an den Kultfilm der 80er Jahre "Dirty Dancing", sind sie doch nach den großen Hits des Soundtracks benannt.

Der Roman liest sich locker und flüssig, spült große Gefühle und mehrere kleine Stolpersteine und Missverständnisse wie Ostseewellen an den Spülsaum des Meeres und in die Seiten des Buches. Im Großen und Ganzen ist zwar der Ausgang der Geschichte mit dem Klappentext bekannt, aber Wimmer weiß, wie sie das Drumherum ausschmücken und mit ganz viel Urlaubsflair und Herzklopfen gestalten kann.

Probleme sind dazu da, um gelöst zu werden und wenn sie Herzensdinge betreffen, wird dank Wimmers guten Ideen ein Wohlfühlroman daraus, der sich sehr gut dazu eignet, einfach mal der Seele eine Auszeit am Meer zu gönnen und sich in die Geschichte fallen zu lassen. Es ist ein Wiederlesen mit liebgewonnen Figuren, das sich zu Klönschnack unter Freund:innen entwickelt - Happy-End inbegriffen. Manchmal muss es eben Meer sein und genau dieses Motto setzt Wimmer mit ihren Ostseeromanen gut um.

Bewertung vom 18.08.2023
Wiener Melange für zwei
Fauland, Nadine

Wiener Melange für zwei


sehr gut

Fluffig, süß und einfach schön

Die Pandemie hat auch Wien fest im Griff, aber das hindert Lissy nicht daran, ganz besondere Menüs für ihre Kund:innen zu kreieren. Denn Lissy kocht nicht a la carte, sondern sie zaubert Menüs, die Leib und Seele gut tun. Genau das Richtige, um während dem Lockdown nicht nur kulinarische Träume wahr werden zu lassen. Der große Erfolg gibt ihr Recht und so hat sie schon einige Stammkunden, die ihr per Mail ihre Gefühlslage schildern und sich dann auf das Überraschungsmenü freuen. Bis die Bestellung von Matthias eintrudelt, bei der Lissy das erste Mal vollkommen daneben liegt. Um den Fauxpas wieder auszumerzen, bringt Lissy Matthias eine Art kulinarische Wiedergutmachung und ahnt nicht, dass das Sprichwort "Liebe geht durch den Magen" bei diesem Kunden ins Schwarze trifft....


Auch wenn zum Glück die Zeit der Pandemie hinter uns liegt, sind uns noch die Tage im Lockdown und die damit verbundenen Einschränkungen in Erinnerung. Nadine Fauland nimmt genau diese Situation zum Anlass, um einen wirklich fluffig-süßen Liebesroman zu schreiben, der sich wie eine warme Milich mit Honig, eine liebevolle Umarmung und süße Mozartknödel anfühlt und Wohlfühlmomente am laufenden Band produziert.

Die Autorin schafft es mit ganz viel Kopfkino auf der Seite von Lissy prickelnde Stimmung und Gänsehautmomente zu erschaffen. Sie lässt die Lese:rinnen hautnah miterleben, wie sich Lissy zuerst von dem warmen Timbre in Matthias Stimme verzaubern lässt, um nach und nach ihr Herz an diesen außergewöhnlichen Mann zu verlieren. Die Situation während dem Lockdown ist wie geschaffen dafür, ein Blind Date zu kreieren und Matthias kommt dies gerade Recht, verbirgt er doch ein Geheimnis vor Lissy, dass er - genau wie sein Aussehen - zunächst nicht preis gibt.

Das hält die Neugier und die Spannung hoch und die Leser;innen schlüpfen an die Seite von Lissy, um mit ihr den geheimnisvollen Unbekannten näher kennenzulernen und das aufgeregte Flattern der Schmetterlinge im Bauch mitzuerleben. Es ist ein bisschen wie in Pe Werners Lied "Dieses Kribbeln im Bauch, das man nie mehr, vergisst, wie wenn man zu viel Brausestäbchen isst"...es prickelt, es knistert, mal schäumen die Gefühle über und mal ist die Enttäuschung näher als die Freude.

Abwechslungsreich und mit ganz viel Liebe zum Kochen dürfen hier die Leser:innen einen Roman mit viel Gefühl, Wiener Flair und charmanten Charakteren genießen, der den Lockdown in den Beginn einer Romanze verwandelt, die einfach nur schön zu lesen ist. Manchmal muss es eben Liebe pur sein ; )

Bewertung vom 16.08.2023
Wilde Jagd
Freund, René

Wilde Jagd


ausgezeichnet

Gerechtigkeit statt Rache

Das Leben von Quintus Erlach steht am Scheideweg und er kehrt in das Dorf seiner Kindheit zurück, um sich ein paar Gedanken zu machen, wie es weiter gehen soll. Seine Tochter schweigt sich aus, seine Frau zieht es vor, als Gehörnte lieber weit, weit weg zu sein. Auch im Dorf Stein am Gebirge scheint Quintus auf Mauern des Schweigens zu treffen, obwohl hier nichts im Verborgenen bleibt. Mit Pflegerin Evelina scheint sich eine außergewöhnliche Freundschaft anzubahnen, , die anders ist als das, was Erlach bisher kennt.


René Freund ist ein Meister der leisen Worten, die mit vielen Zwischentönen ganz viele Nuancen des Miteinanders für die Leser;innen bereit hält und neugierig auf die neue Geschichte aus der Feder des Autors macht. Quintus ist dabei der Inbegriff eines zerstreuten Professors, der es nicht leicht hat und weder den Reizen der weiblichen Welt noch dem Alkohol widerstehen kann. Das bugsiert ihn einerseits an den Rand der Gesellschaft, macht ihn aber andererseits zugänglich für Übernatürliches, das ihm in Gestalt von Evelina regelrecht vor die Füße fällt.

Was Quintus dann erlebt, ist so klug ausgedacht und unglaublich spannend erzählt, dass die Seiten quasi wie von Zauberhand umgeblättert werden und die Lesenden in eine Handlung hineinzieht, die von Übernatürlichem, Verbrecherischem, Geld, Macht, Geheimnissen und dörflichem Zusammenhalt erzählt und Quintus fast in den Wahnsinn treibt.

Freund bedient sich unterschiedlicher Genres und füllt in seinen Mixbecher kriminalistische, humorige, gesellschaftskritische und vergangenheitsbewältigende Zutaten ein, schüttelt diese mit ein bisschen Philosophie und heraus kommt ein Roman, der so typisch für den Autor ist: Leise im Ton, aber unmissverständlich in der Botschaft.

Es kann eben niemand dem Gegenüber hinter die Stirn schauen, um zu sehen, was tatsächlich für ein mieses Spiel gespielt wird und gerade in kleinen Ortschaften halten die Bewohner:innen zusammen wie Pech und Schwefel, um unliebsame Entdeckungen vor den Blicken anderer zu schützen. Weil manchmal einfach nicht sein kann, was nicht sein darf. Quintus erfährt viel Neues, auch seine Person betreffend, was nicht immer einfach wegzustecken und mit dem ein oder anderen Herzschmerz verbunden ist.

Tiefgründig und feinsinnig erzählt, ermöglicht Freund Einblicke ins Übersinnliche, findet aber am Ende doch für alles eine logische und nachvollziehbare Erklärung und hält eine überraschende Wendung für seine Leserschaft bereit, die schockierend und erschütternd zugleich ist.

Wer auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Roman ist, der sich wirklich vom Mainstream abhebt, der greift zu René Freunds Büchern und findet gerade mit "Wilde Jagd" eine Lektüre, die berührt und nachdenklich stimmt.

Bewertung vom 15.08.2023
Liebe mit Bergblick
Troi, Heidi

Liebe mit Bergblick


sehr gut

Ein Herz kann man nicht reparieren, ist es einmal entzwei, dann ist alles vorbei (Udo Lindenberg)

Eine wirklich schräge Stellenanzeige weckt Emmas Interesse, denn alles in ihr schreit nach einem Neuanfang. Ihr Herz hat einen empfindlichen Knacks bekommen und da hilft nur arbeiten, arbeiten, arbeiten. Auf der Glücksalm angekommen, scheint zunächst auch der Name Programm zu sein, denn alles läuft wie am Schnürchen, auch wenn der ein oder andere Stolperstein im Weg liegt. Das ändert sich, als Trixi wieder auf der Glücksalm das Regiment übernehmen will und die Krallen ausfährt. Ob Emma wirklich auf der Glücksalm ihr Herzensglück findet ?


Heidi Troi kann nicht nur die dunklen Seiten der Südtiroler Berge mit fesselnden Geschichten und nervenaufreibenden Krimis ihren Leser:innen schmackhaft machen, sie beweist auch mit ihren Liebesromanen, dass zwischen Alpenglühen und harter Arbeit das große Glück zu finden ist.

Mit den neuen Roman "Liebe mit Bergblick" entführt sie mit ihrem bildhaften und sehr flüssigen Schreibstil auf die Glücksalm und es fühlt sich so an, als würde man wirklich in einem der Chalets wohnen, und dem munteren Treiben auf der Alm - nicht nur in Liebesdingen - zuschauen können.

Die Männer-WG ist sehr lebhaft beschreiben und ich kann mir die drei so richtig gut vorstellen, wenn es darum geht, die Arbeit gerecht aufzuteilen, den ein oder anderen Schalk im Nacken sitzen zu haben und für das Wohl der Gäste zu sorgen. Hier gelingt es Troi, nicht in die Klischeekiste zugreifen, sondern die harte Arbeit auf einer Almwirtschaft darzustellen, die wahrlich kein Zuckerschlecken ist. Denn das, was für uns Wandernde als leckere Brotzeit, fluffig süßer Kaiserschmarrn oder lockerem Knödel -Tris auf den Tellern serviert wird, ist echte Handarbeit und mit viel Liebe zu den regionalen Produkten hergestellt worden. Viel zu oft geht das beim Genießen der Schmankerl auf der Sonnenterrasse vergessen und Heidi Troi erinnert ihre Leser;innen auf liebevolle Weise daran, dass die Arbeit auf einer Alm eben manchmal ein echter Knochenjob ist.

Die Geschichte liest sich locker von der Hand weg, bietet viel Abwechslung und ist wie ein schöner aufregender Urlaub in den Südtiroler Bergen. Die Charaktere sind sehr abwechslungsreich gestaltet, haben Herz und Hirn und es findet sich mit Trixi sogar eine oide Bissgurrn ein, die richtig Haare auf den Zähnen hat. Wer diese Frau zur Feindin hat, lebt am Rande des Abgrunds....

Troi gelingt es, eine stimmige und vor allen Dingen glaubwürdige Geschichte zu erzählen, die sich wirklich so ereignen könnte. Und genau das liebe ich an ihren Büchern, den sie sind authentisch, mit ein bisschen Augenzwinkern versehen und spiegeln ganz viel Liebe zur Südtiroler Heimat wieder, die die Romane zu etwas ganz Besonderem werden lassen

Das Buch eignet sich als kleine gedankliche Berg(aus)zeit, lässt ein wenig das Herz hüpfen und macht Lust auf die leckeren Gerichte der Südtiroler Küche.

Bewertung vom 10.08.2023
Das Erbe unserer Zeit
Lindemann, Clara

Das Erbe unserer Zeit


gut

Verliert sich in Stutenbissigkeit

Gerda hat einen großen Traum, aber dieser wird sich wohl nie verwirklichen lassen. Obwohl sie mit Herz und Seele für das Familienunternehmen brennt, gute Ideen und Engagement vorweisen kann, steht ihr eines im Weg: sie ist und bleibt eine Frau. Und als solche ist es per se für die Gesellschaft undenkbar, dass sie einmal die Weg weisenden Entscheidungen trifft. Selbst der eigene Vater sieht den Sohn lieber auf dem Chefsessel, obwohl dieser so gar keine Ambitionen für den Hopfen hegt. Ob Gerda wirklich zum Zug kommt und beweisen kann, dass hinter einem hübschen Aussehen auch noch viel mehr steckt ?


Clara Lindemann dreht die Zeit zurück und nimmt ihre Leser:innen mit in die Hallertau, in der Ende der 1950er Jahre noch eine sehr eingefahrene Denkweise herrscht und Frauen im Beruf oder gar in Führungspositionen nicht wirklich gerne gesehen sind. Die Autorin leiht genau diesen Frauen eine Stimme, macht sie stark und zeigt, dass es eben genau solchen Vorbildern und Kämpferinnen zu verdanken ist, dass sich auch in der Arbeitswelt so manches getan hat. Zwar herrscht immer noch ein Ungleichgewicht, aber ohne Gerda und Billie wären wir heute nicht da, wo wir sind.

Bei aller Liebe zur Emanzipation und dem Kampf der Geschlechter verliert sich die Autorin aber in einer Art Wettkampf der Stutenbissigkeit, denn fast alle weiblichen Figuren im Buch haben Haare auf den Zähnen und gerade Liesel ist eine Intrigantin in Personalunion. Wo sie auftaucht, gibt es Gezeter und sie weiß, wie sie Zweitracht und Lügen säen kann, um dann die aufgegangene Saat zu ihren Gunsten bzw. zum Vorteil ihres untreuen Mannes zu ernten.

Zwischen Vergangenheitsbewältigung - dieser Erzählstrang hätte gerne noch ausführlicher sein dürfen - und dem Erhalt des Familienerbes dürfen die Leser.innen bei der Hopfenernte dabei sein, erhaschen den ein oder anderen Einblick hinter den Kulissen und schnuppern ein wenig 50er-Jahre-Luft. Diese ist zwar noch randvoll mit vorgefertigtem Schubladendenken, gestärkten Schürzen und Kochkünsten, aber die Zeit des Aufbruchs wird spürbar.

Trotzdem fehlt mir das gewisse Etwas, um mich von der Erzählung mitreißen zu lassen. Der Funke springt einfach nicht über, sodass ich neutrale 3 Sternchen vergebe.