Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Wedma

Bewertungen

Insgesamt 546 Bewertungen
Bewertung vom 23.06.2017
Die Genies der Lüfte
Ackerman, Jennifer

Die Genies der Lüfte


ausgezeichnet

Auf rund 349 Seiten reinen Textes, auf 8 Kapitel aufgeteilt, plus Einleitung (19S.), Danksagung (5 S.), Anmerkungen (74 S.), Register (13S.) erzählt Jennifer Ackermann faszinierende Geschichten über die Genies der Lüfte.
Jedes Kapitel ist ein Schmuckstück und Fülle an Informationen über diverse Arten von Vögeln, ob es um „Soziales Talent geht“, Kap. 4, oder „Ästhetische Artistik“, Kap. 6, oder auch „Räumliche (und zeitliche) Findigkeit“, Kap. 7.
Das Lesen dieses Buches ähnelt dem Gespräch mit einer Freundin, die vieles über Vögel zu berichten weiß. J. Ackermanns Begeisterung, die im weiteren Verlauf auf die Leser rüber springt, ist schon fast mit den Händen zu greifen. Mit ihrer schönen Art zu erzählen und dem profunden Wissen, hat sie mich absolut überzeugt.
J. Ackermann nimmt ihre Leser mal nach Australien, mal zum Äquator, mal in die nördlicheren Gefilde mit. Man reist um die Welt und lernt Vogelarten kennen, ihr typisches und atypisches Verhalten in Kernbereichen des Lebens wie Familiengründung, Nachwuchserziehung, Treue in der Ehe oder gut verstecktes Fremdgehen. So verhilft sie zu einem besseren Verständnis und zur Bewunderung dieser Genies der Lüfte.
Viele Experimente, die die Intelligenz, soziale Kompetenz, etc. der Vögel testen, wurden beschrieben, dabei die intelligentesten und die dümmsten Vogelarten genannt. Da man sich den Vögeln von der Warte der menschlichen Intelligenz nähert, erfährt man einiges auch zu ihrer Forschung. Im weiteren Verlauf wurden immer wieder Parallelen zum menschlichen Verhalten gezogen. Die Krähen wurden als eine der intelligentesten Vorgelarten genannt. Es wurde z.B. beobachtet, dass sie Menschen, die sie regelmäßig füttern, mit Geschenken bedenken: mal eine glitzernde Glasscherbe, mal ein schillerndes Herz aus Blech oder auch ein LOVE Anhänger.
Dass Vögel voneinander lernen, um besser ans Futter zu kommen oder sich den geänderten Umständen anpassen, ist vllt noch zu erwarten, aber dass Vögel soziale Netzwerke haben, die prima funktionieren, um den Alltag zu bewältigen, oder dass „der einzelne Vogel im Schwarm, mit bis zu sieben engen Nachbarn interagiert und individuellen Bewegungsentscheidungen trifft, bei denen er die allgemeine Geschwindigkeit und den Abstand zu Schwarmmitgliedern berücksichtigt und darauf achtet, wie scharf ein Nachbar wendet“ ist schon erstaunlich. Dass die Vögel trösten und trauern wurde auch sehr schön und bildhaft dargestellt.
Oder auch, dass die Vögel Menschen problemlos erkennen können, selbst wenn man sich sehr gut verkleidet, dass Vögel, diejenigen, die sie mal bedrängt haben, auch nach Jahren wiedererkennen und versuchen, solche Personen anzugreifen und zu bestrafen. Vögel können sofort „den sozialen Status eines Fremden erschließen, indem sie beobachten, wie andere Vögel sich verhalten, was ihnen unnötige Konflikte erspart – und eventuelle Verletzungen.“ S. 143.
Auch über andere Tierarten ist oft die Rede, z.B. beim Lernverhalten wurden die Erdmännchen beschrieben, wie sie ihren Nachwuchs zu jagen lehren. Oder auch es wird berichtet, was Ameisen tun, um ihr Wissen weiterzugeben. Dann folgen Vergleiche mit Vögeln, es werden einige Parallelen und Schlüsse gezogen.
Besonders unterhaltsam waren die Beschreibungen des unorthodoxen Verhaltens der Vögel, da gibt es viele Beispiele, auch anekdotenhafte Vorfälle, die fürs Schmunzeln sorgen und den Spaßfaktor erhöhen.
Paar englische Sprichwörter lernt man auch dazu, sie sind erst in der Originalversion, dann in dt Übersetzung da. Ähnlich ist es mit den Namen: Erst folgt lateinischer Begriff, dann die engl. Bezeichnung und anschl. dt Äquivalent, oder manchmal nur lat. Begriff und die dt Bezeichnung.

Das Buch ist sehr schön gemacht: gebunden, Einband in tiefem Blau, Lesebändchen im gleichen Ton, Umschlagblatt. Für Freunde und Familienmitglieder, die sich für das Thema begeistern oder die Vögel erst kennenlernen wollen, ist ein sehr schönes Geschenk. 5 wohl verdiente Sterne und eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.06.2017
Propaganda als Machtinstrument
Bleyer, Alexandra

Propaganda als Machtinstrument


ausgezeichnet

„Propaganda als Machtinstrument“ von Alexsandra Bleyer habe ich sehr gerne gelesen und empfehle es auch gerne weiter. Das Buch hält, was Klappentext und Vorwort versprechen, und liefert beachtliche Menge an Wissen, interessante, einleuchtenden Beispielen hpts. aus der Geschichte, treffenden Zitaten aus anderen Werken, die sich mit dem Thema befasst haben, uvm.

Das Werk ist für breites Publikum geschrieben, sehr zugänglich, sehr ansprechend, sodass wenn man vorher keinen Plan von Propaganda hat, kann hier gerne zugreifen, man wird nach der Lektüre um einiges in der Hinsicht schlauer.

Inhaltsverzeichnis verschafft einen prima Überblick der Inhalte und, was heute eher selten ist, es wird mehr als versprochen geliefert. Die vielen Tricks und Griffe der Massenmanipulation werden im Kapitel 5 vor Augen der Leser geführt. Über die Rolle und der Funktion der Medien wird ebenso einleuchtend berichtet wie über „das Publikum im Visier der Propagandisten“, Kapitel 4, wie auch über „‘Klassiker‘ der Kriegsbegründung“, Kapitel 7, wie auch über die Repressiven Maßnahmen wie Zensur, Kapitel 8. Sonnenklar werden die Zusammenhänge verdeutlicht und anhand der Beispiele oft aus dem 2.ten Weltkrieg oder auch noch weiter zurückliegender historischer Ereignisse, hier und da aus der Gegenwart, illustriert.
Das Buch ist wunderbar leichtfüßig geschrieben, was bei diesem Thema keine Selbstverständlichkeit ist und viel Können und Wissen voraussetzt. Es hat viel Spaß gemacht, das Propaganda-Werk von Alexandra Bleyer zu lesen, die Seiten flogen nur so dahin. Es war wie ein Gespräch mit einer guten Freundin, die einiges zum Thema Propaganda zu sagen hat.

Die Seiten meines Exemplars sind voll von bunten Klebezetteln, mit und ohne Kommentare, Ausrufezeichen, etc., die gute Stellen und tolle Zitate im Buch markieren. Manche Seiten führen gar zwei Zettel, und davon gibt es nicht wenige. Wie der bekannte Spruch lautet: Ein gutes Buch ist gut auf jeder Seite. Hier trifft es voll zu.

Fazit: Ein sehr gutes, informatives, toll geschriebenes Werk, das Propaganda als Machtinstrument eingehend beleuchtet. Insb. für Einsteiger ist das Werk sehr gut geeignet. Nach der Lektüre hat man genug Wissen und Rüstzeug in der Hand, um die Propagandisten im heutigen politischen und wirtschaftlichen Geschehen erkennen und sich deren Einflüssen widersetzen zu können. „Denn Propaganda funktioniert nur, solange sie nicht als solche erkannt wird“, so die Autorin im Vorwort.

Ich vergebe fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung. Nach der Lektüre ist man um Etliches schlauer und hat zudem schöne, spannende und erfüllte Lesestunden gehabt.

Bewertung vom 22.06.2017
Fürchtet euch und folgt uns
Laczynski, Michael

Fürchtet euch und folgt uns


sehr gut

Klappentext beschreibt den Inhalt sehr treffend.

Auf rund 200 Seiten, recht eng bedruckt und mit viel Text versehen, in acht Kapitel aufgeteilt, erzählt uns der Autor seine Sicht der Dinge, was Populisten und ihre Politik angeht. Er liefert nicht nur tiefergehende Analysen des politischen Geschehens in der jüngsten Vergangenheit und heute in Europa und z.T. USA, sondern auch seine Erklärungen, warum die Populisten heute so einen beachtlichen Zulauf genießen.
Am Anfang gibt es eine gute Definition, gefolgt von Merkmalen des Populismus. Auch die Kernthemen, mithilfe deren die Populisten die Massen in Angst und Schrecken versetzen und hinter sich scharren, wie Zuwanderung, Terror, Verlust der nationalen Identität, Verhältnis zu andern Nationen, (In-)Toleranz ggü. anderen Kulturen und Religionen, Feminismus, Homosexualität, usw. sind eingehend, anhand von etlichen Beispielen beschreiben und analysiert worden. Zielgruppen, die Populisten ansteuern, wurden ausführlich dargelegt, auch eine Art Erklärung geboten, warum gerade diese Menschen: männlich, kaum Bildung, erfolglos im Beruf, unzufrieden im Leben, etc., geneigt sind, den Populisten ihre Stimme zu geben.

Die Rolle der Populisten beim Zustandekommen des Brexit wurden ebenso eingehend analysiert wie der Erfolg der Populisten in Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Niederlanden, Polen, etc.

Einige Ausführungen waren besonders interessant. Dänemark als Flaggschiff der Entwicklungen in Sachen Integration fürs ganze Europa: Wie die Einheimischen durch ihren Zusammenhalt und Solidarität den Problemen der heutigen Zeit trotzen, aber auch gleichzeitig schwer für die Einwanderer machen, sich zu integrieren und Fuß in dieser Gesellschaft zu fassen. Und einige Gruppen der Einwanderer, die zwar die Vorteile des dänischen sozialen Netzes genießen, die das Land jedoch verachten. Wenn das die Vorlage zur gesamteuropäischen Entwicklung sein soll…

Der Schreibstil ist wohl geübt und angenehm, aber die Inhalte sind schon auf so einem Niveau, dass man da gern in Volkswirtschaft, Statistik und Politik bewandert sein müsste, um in vollen Genuss der Ausführungen zu kommen. Manchmal sind die Ergebnisse der Befragungen oder andere Auswertungen der politischen Natur so ausführlich mit all den Prozentangaben dargelegt worden, oder gerne in die Geschichte, zu Marx, Keynes &Co., zur wirtschaftlichen Entwicklung von USA abgeschweift, dass man gerne Pause einlegen möchte. Es ist kein Nachteil, denn bei so einem Stoff sind Pausen eine Notwendigkeit, um die Frische der Wahrnehmung wieder zu erlangen.

Zum Schluss gibt es kurze Unterkapitel „Was tun gegen Populismus“ und „Die Kraft des Pragmatismus“. Dort wurden zarte Versuche unternommen, Antworten zu den o.g. Punkten zu finden.

Fazit: Wer sich für das Thema Populismus in Europa interessiert, kann hier gut zugreifen. Das Buch hält, was Klappentext verspricht, größtenteils. Es wurden einige gewichtige Faktoren nicht untersucht oder nicht (im erforderlichen Umfang) angesprochen, die aber durchaus bei der Verbreitung des Populismus eine Rolle spielen und im Zusammenhang mit anderen, im Buch genannten Faktoren, eine solide Grundlage für die geschickten Selbstdarsteller bilden. Aber alles in allem ist es ein gutes Werk, als Einstieg ins das Thema prima geeignet.

Bewertung vom 22.06.2017
Narzissmus, Verführung und Macht in Politik und Gesellschaft
Wardetzki, Bärbel

Narzissmus, Verführung und Macht in Politik und Gesellschaft


sehr gut

Auf rund 140 Seiten reinen Textes, aufgeteilt in 5 Kapitel: Narzissmus (23Seiten), Verführung (12S.), Macht (20S.), Die dunkle Seite der Macht (50S.), Gegenposition zum Narzissmus (20S.), die wiederum in kleinere Unterkapitel nach Themen wie Diktatoren oder maligner Narzissmus, Manipulation und Gaslighting, Narzisstische Kränkung und Rache, etc. plus Vorwort und Schlusswort, erzählt Bärbel Wardetzki über Narzissten und gibt Beispiele aus dem aktuellen politischen Geschehen als Untermalung ihrer Thesen.

Das Buch ist in einfachen Worten für breites Publikum geschrieben. Man bekommt eine klare Vorstellung davon, was Narzissten sind, wie man sie erkennt, wie sie sich typischerweise verhalten und was sie im Leben der Mitmenschen anrichten können, wenn man sie lässt. Der Mechanismus der Unterwerfung der „normalen“ Bürger ist sehr zugänglich ausgearbeitet und bildhaft präsentiert worden. Auch die Rolle der Massen wurde klar beschrieben, denn zu Machtspielen gehören stets zwei Seiten: die Narzissten und das Publikum, das den geschickten Selbstdarsteller bewundert und sich ihm unterwirft.

Die Autorin gibt auch Tipps, wie man mit Narzissten optimalerweise umgeht, welche manipulativen Muster zu erkennen sind und wie man sich dem Einfluss der Machtausübung der Narzissten ggf. entziehen kann.
Die Ausführungen um Unterkapitel 40, Weisheit und Rechthaben, hier werden weise Menschen mit Narzissten verglichen, liefern ein Kontrastprogramm, das das Wesen der Narzissten noch stärker verdeutlicht. Und im Unterkapitel 41, Was verbindet uns mit Narzissten?, bekommt man Antworten auf diese Frage aus psychologischer Sicht.
Oft genug war mir, als ob ich ein Buch über Psychopathen las. So steht nicht im Klartext, aber die Parallelen ließen sich durchaus erkennen: diese emotionale Abgestumpftheit, Abkoppelung vom eigenen wahren Kern, etc., ließen mich oft an Psychopathen und ihr typisches Verhalten denken.

Die psychologische Seite des Buches, was Narzissten und Umgang mit ihnen anging, fand ich prima, denn man bekommt gutes Rüstzeug zur Erkennung und Abwehr gegen narzisstische Übergriffe.

Aber bei manchen Beispielen aus der heutigen Politik, z.B. was militärische Präsenz großer Mächte in Syrien angeht, ist Vorsicht geboten, denn hier wurde: a) die vertrackte Situation mit vielen Beteiligten stark vereinfacht dargestellt; b) ein Versuch unternommen, komplexe politische Probleme hpts. über die Psychologie zu erklären. Dies führt m.E. zum verzerrten Bild und Fehleinschätzung der Situation, denn vielmehr geopolitische Interessen stellen die Handlungsgrundlage der Akteure dar. Über die psychologische Dimension des Konflikts dürften sich die Machtinhaber im Westen wie im Osten Klaren sein, soweit, dass den persönlichen Ressentiments bewusst viel weniger Bedeutung eingeräumt werden kann, als hier behauptet wurde. Die psychologische Seite spielt eine Rolle, jedoch keine führende.

Das Buch ist schön gestaltet. Gebunden, dennoch recht leicht und handlich, prima zum Mitnehmen. Da die Unterkapitel recht kurz und in einfachem Stil verfasst sind, kann man sie durchaus zwischen paar Stationen im öffentlichen Verkehr oder im Wartezimmer lesen.

Fazit: Ein gutes, lesenswertes Buch, wenn man mehr über Narzissten, ihr typisches Verhalten und optimalen Umgang mit ihnen erfahren möchte. Die politische Seite der Ausführungen basiert auf der Meinung der Mainstreammedien und offenbart, dass diese nicht die stärkste Seite dieses Werkes ist.

Bewertung vom 09.06.2017
Ferngespräch
Zambra, Alejandro

Ferngespräch


ausgezeichnet

In elf Erzählungen erzählt Zambra nicht nur über sich selbst, sein Aufwachsen in Pinochet Chile, seine Freunde, dessen Kindheit und Jugend, wie das Leben insg., zum Opfer des Regimes gefallen waren, über seine sinnfreie Brotjobs nach dem Literaturstudium, oder über all die Frauen und die Affären. Er erzählt vielmehr über sein Land und die Menschen, die sich Chilenen nennen, über ihre Träume und Ängste, über ihr angeschlagenes Selbstwertgefühl, über ihre Suche nach dem richtigen Platz im Leben, über die scheinbare Unmöglichkeit glücklich im eigenen Land zu werden und die Unfähigkeit das Glück im Ausland zu finden, uvm. Er zeigt seine Landleute so, wie sie sind, wie sie die Welt und ihr Leben sehen, was sie bewegt, was ihnen wichtig erscheint, und warum sie das tun, was sie tun.

Dass Zambra toll erzählen und das Wesen seiner Protagonisten den Lesern spielerisch leicht nahebringen kann, hat er auch in „Bonsai“ bewiesen. Mit präzisen Worten schafft er klare, eindrucksvolle Bilder, die noch eine Weile nachhallen. Auch im „Ferngespräch“ offenbart er seine Meisterschaft und zeigt sich weltgewandt, lebenslustig, experimentierfreudig, draufgängerisch, wortgewaltig und verdammt talentiert.

Das Buch ist schön gemacht: Festeinband in Rot, Umschlagblatt aus glattem, festem Papier. Es liegt gut in der Hand, hat angenehmes Format, ist leicht, lässt sich gut mitnehmen. Ein Prima Geschenk für Freunde und Familie.

Fazit: Ein schönes Stück Literatur. Auf dem Umschlag liest man:„Wenn ich an Zambra denke, freue ich mich einfach für die Zukunft der Literatur.“ The Guardian. Das sehe ich auch so.

Bewertung vom 08.06.2017
Das Panama-Erbe
Aernecke, Susanne

Das Panama-Erbe


sehr gut

Die Handlung ist auf zwei zeitebenen angesiedelt: in der Gegenwart auf Panama und La Palma, kurz am Anfang in Harvard, und in der Vergangenheit um 1517 in Spanien und Panama.
Es ist schwer zu sagen, welchem Genre diese Geschichte zuzuordnen ist. Etwas von Fantasy ist dabei, da Amakuna Pilz, der Schwerverletzte und Schwerkranke in paar Stunden heilen kann und alle Menschen über die Zeit hinweg verbindet, die den mal genommen haben. Alte Legenden und die Gesänge der alten Hexe, die an mehreren Stellen auftauchen, sind nicht nur weise und schön, sie bereichern das Ganze ungemein. Etwas vom Thriller ist auch da, im Sinne von Kampf Gut gegen Böse, dabei stützt sich die Geschichte auf wohl recherchierten Begebenheiten, u.a. aus der Geschichte La Palmas und Spaniens. Die Rolle der spanischen Konquistadoren wurde als die der grausamen und machtgierigen Eroberer angeprangert. „Das Panama Erbe“ trägt auch Züge eines historischen und sicher auch eines Frauenromans, da liebende Paare in der Vergangenheit wie in der Gegenwart agieren als Bewahrer des wundersamen Pilzes. Es gibt aber auch, wie so oft in Frauenromanen, etwas zu viele Erklärungen: alles wird ins Kleinste zerredet, von allen Seiten beleuchtet und genau erklärt. Die allwissende Erzählerin springt mal in die Köpfe der Protagonisten, mal in die der Bösewichte und berichtet Klartext aus deren Perspektive. Etwas unbeholfen wirkten auf mich also sowohl die Art der Stoffdarbietung, u.a. der Plot war mir etwas fragwürdig/konstruiert, als auch manchmal der Schreibstil.
Kritik an der gesellschaftlicher Ordnung, die auf Ausbeutung basiert und dazu da ist, die Gier einiger kleinen Gruppen der Machtinhaber zu befriedigen, ist gut präsent. Soziale Missstände in der heutigen Zeit, Dogenabhängigkeit, Selbstentfremdung indigener Völker auf Panama wurden bildhaft präsentiert und gekonnt in die Handlung eingewoben. Kritik an der Außenpolitik der USA, damals, z.B. beim Bau des Panamakanals, wie auch heute, ihrer Mentalität, liest sich klar heraus. Parallelen zu der Politik der spanischen Krone um 1517 mit ihren Eroberungszügen und rücksichtloser Vernichtung der Ureinwohner auf La Palma sind sehr deutlich.
Die Figuren sind lebendig, agieren recht überzeugend. Ihre Lebensgeschichten sind recht ungewöhnlich und spiegeln sich in wesentlichen Punkten. Die Protagonisten sind sympathisch und kämpfen für die rechte Sache, u.a. fürs Überleben ihres Volkes, und im Großen für die Rettung der Welt.
Die Idee, dass die Menschheit ohne Gier und Ausbeutung gut auskäme und die Schwächeren nicht ausbeuten müsste, Umweltschutz, friedliches Leben diverser Völker nebeneinander, naturverbundene Lebensweise, zurück zu den Wurzeln, zu der eigenen Kultur sind u.a. die Themen, die mir als treibende Kraft hinter der Handlung und die eigentlichen Aussagen des Romans vorschweben. Aber auch das Thema der ewigen Liebe, die alles überdauert und alle Herausforderungen übersteht, da gibt es paar recht gut gelungene Liebesszenen, das Thema des rechten Weges für einen persönlich und für die Gemeinschaft insg., Freundschaft, Familienleben, das Dienen der Gemeinschaft, uvm. wurden gekonnt in den Erzählteppich eingewoben.
Das Coverbild ist sehr gut getroffen. Als geheimer Ort, zu dem nur die Eingeweihten Zugang erhalten, ist es wunderbar. Der Titel passt ebenso perfekt zum Inhalt.
Ich verbleibe auf Teil 3 der Amakuma Saga gespannt und bis dahin lese ich Teil 1, wobei es besser gewesen wäre, in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da Teil 2 vieles verrät, was in Teil 1 geschehen war.

Fazit: Ein schöner Schmöker für lange Sommerabende mit prima Idee und sympathischen Protagonisten, der nicht nur unterhält, sondern durchaus das Zeug hat, zum Nachdenken über diese Welt und ihre Zukunft anzuregen. Gute vier Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.05.2017
Das Gen
Mukherjee, Siddhartha

Das Gen


ausgezeichnet

Klappentext fasst den Inhalt prima zusammen. Auf rund 643 Seiten reinen Textes, chronologisch gegliedert in 6 Teile samt Prolog und Epilog, Glossar 4 S., Chronologie 2 S., Anmerkungen/Quellen 51 S., Bibliographie 30 S., Register 19 S. u. Danksagung erzählt S. Mukherjee gekonnt und spannend die Geschichte der Genforschung von Mendel bis heute. Dabei gibt es auch eine ganz persönliche Seite: Der Autor versucht zu verstehen, was die Erkrankungen an Schizophrenie seiner Onkel väterlicherseits für ihn, seiner Kinder bedeuten. Ob er davon ausgehen soll, dass auch er und/oder die Kinder früher oder später die bekannten Symptome zeigen und nach und nach der Krankheit, die in den Genen seiner Familie verankert zu sein scheint, erliegen werden. Er stellt Fragen, die viele Menschen in seinem Alter bewegen: Sorge um älter werdenden Eltern, um die heranwachsenden Kinder, denen man gute, lebenswerte Zukunft ermöglichen möchte.
Im Teil 5 wird die Familiengeschichte besonders interessant, da neue Details, weil eng mit der Geschichte Indiens verbunden. Die Vergleiche, die der Autor bei den Zwillingen anstellt, die Ähnlichkeiten und Unterschiede, sind toll beobachtet und sehr lesenswert. Dieser Part des Buches wurde schon fast wie ein guter Familienroman erzählt.
So viele Aspekte des Lebens durch das Prisma der Gen-Thematik beleuchtet worden, dass man immer weiter gespannt die Seiten blättert, da die Fragen ggf. auch einen selbst betreffen.
Aufschlussreiche Ausführungen zu IQ (Intelligenzquotient) und seiner Entstehung und Handhabe findet man im Teil 5. Fragen wie „Ist allgemeine Intelligenz erblich?“ werden besprochen und mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen Untersuchungen illustriert.
Auch auf Krebs als Erbkrankheit kommt Mukherjee zurück, insb. über die Frauen mit Brustkrebs in mehreren Generationen und ob es unbedingte Notwendigkeit gibt, vorbeugend operativ einzugreifen.
Ausflüge in die Geschichte, mehrmals zum 2.ten Weltkrieg, sind sehr interessant, da der Blickwinkel der Genetik spannende neue Details ermöglicht, z.B.: dass sich der Hungerwinter in den Niederlanden 1944-45 auf die vermehrten Fälle der Herzkreislauferkrankungen und Fettleibigkeit der nachfolgenden Generationen ausgewirkt hat. In 1990-ger Jahren konnten die Wissenschaftler den großen Hunger in den Genen der jüngeren Generationen quasi ablesen.
Auch Fragen genetischer Auswahl wurden besprochen: vom ersten Mal als sich eine Frau in USA 1973 gegen das Kind mit Down Syndrom entschieden hat bis zu den Möglichkeiten, die heute der Wissenschaft zur Verfügung stehen, auf genetischer Ebene das Genom zu verändern und einen genmanipulierten Menschen zu erzeugen.
Toll fand ich, dass der Autor zu seinen Ausführungen oft auch Gegenmeinungen präsentiert hat. So wirken seine Darstellungen differenziert statt besserwisserisch und dogmatisch, und geben dem eigenen Nachdenken, ggf. den Diskussionen mit Freunden und Familie viel reichhaltigen Stoff.
Auch dass er Parallelen zu den bekannten Fabeln zieht, z.B. über das Streben mancher nach ewiger Jugend, wenn er über die neusten Erkenntnisse der Wissenschaft spricht, verleiht dem Ganzen Tiefe und erhöht auch den Unterhaltungsfaktor. Das Lesen dieses Buches ist vielmehr ein Dialog, bei dem man auf einer Augenhöhe aktiv und gerne mit dabei ist.
Zugegeben, manchmal geht Mukherjee schon tief in die Materie hinein, Besprechungen der Gensequenzen und deren austauschbaren Teile fühlen so manche Seite. Möglichst detailliert möchte der Autor argumentieren, seine Gedanken in all ihrer Genauigkeit an die Leser bringen. Das gelingt ihm auch wunderbar.
Insb. im letzten Teil kommt Mukherjee auf die ethischen Aspekte der Genforschung zu sprechen, wobei er auch in den früheren Kapiteln immer wieder darauf zurückkam.

Fazit: Ein sehr aufschlussreiches, gekonnt geschriebenes Werk, das nicht nur eine Fülle spannender Informationen liefert, sondern auch vorzüglich unterhält und zum Nachdenken/Diskutieren anregt.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.05.2017
Vogelkoje / Mamma Carlotta Bd.11 (2 MP3-CDs)
Pauly, Gisa

Vogelkoje / Mamma Carlotta Bd.11 (2 MP3-CDs)


sehr gut

Der elfte Band fängt vielversprechend an: ein Toter bei illegalen Rennen auf Sylt, Ermittlungen unter Leitung von Erik Wolf laufen auf Touren. Mamma Carlotta ermittelt auf ihre eigene Art, wie gewohnt parallel zu ihrem Schwiegersohn, und früher oder später kommen sie beide auf die gleichen Personen und klären die Fälle auf, obwohl manchmal ziehen sie ganz unterschiedliche Schlussfolgerungen. Hier ist es auch nicht anders. Aber!
Nach einem spannenden Anfang zieht sich die Handlung in die Länge. Zum Schluss wird es leider unglaubwürdig. Ein wichtiges Detail soll Mamma Carlotta, die sonst eine sehr gute Beobachtungsgabe hat, bei ihrer neuen Bekanntschaft gar nicht aufgefallen sein. Auch Erik, der als Polizist ein geschultes Auge haben muss, hat nichts Unnatürliches bemerkt, obwohl es förmlich ins Auge hätte springen müssen, besonders Mamma Carlotta. Erik wird sowieso als nicht allzu helle Leuchte dahingestellt, was wiederum Glaubwürdigkeitsfragen aufwirft, und die Handlung insg. als konstruiert erscheinen lässt.

Sonst ist alles gut. Es ist ein cosy Krimi, der auf Sylt spielt und Mamma Carlotta ist schon eine sympathische Figur, von der man immer wieder gerne hört. Als Hörbuch ist es recht nett, ein unterhaltsamer und ruhiger Begleiter bei z.B. diversen Haus- und Gartenarbeiten.
Man hört auch von allen bekannten Figuren aus Carlottas Familie auf Sylt, wie es mit ihnen weitergeht: Carolina ist 18, hat einen Führerschein und feiert eine Geburtstagsparty, zu der auch Jungs eingeladen werden, die eine nicht so ganz weiße Weste haben. Sie bekommt einen handfesten Konflikt mit ihrem Vater. Felix ist nun 16 und gerne beim Feiern dabei. Zwischen Erik und seiner neuen Freundin, die ihm das Haus neu einrichtet, gibt es weitere Entwicklungen und Beziehungsspannungen. Mamma Carlotta mag sie nicht wirklich leiden, da sie eine Veganerin ist. Und die Freunde, mit denen Mamma Carlotta auch sonst ihre Abenteuer erlebt und gerne mal ein Glas im T. Gris‘ Imbiss Rotwein trinkt, sind auch gut dabei und lassen sie nicht im Stich. Ganz im Gegenteil. Sonst wird es in alle Richtungen ermittelt. Mamma Carlotta wird zwar ordentlich hinters Licht geführt, findet aber doch heraus und warum auch eine junge Frau, die in Vogelkoje gefunden wird, sterben musste.
Ein wenig erinnert die Handlung an Vorabendserien. Es passiert nicht viel, wird aber das Wenige gewissenhaft von allen Seiten ausgeleuchtet, Zwischenmenschliches wird ans Licht gezogen und in den Leben andere Leute nach Motiven gesucht.
So wirklich neu ist es alles nicht, sowie das Motiv mit dem Leichenwagen und dem herausfallenden Leichnam. Aber gut, man kennt Mamma Carlotta Geschichten und freut sich mittlerweile aufs Wiedersehen.

Das Buch wurde sehr schön von Christiane Blumhoff gelesen. Mamma Carlotta Geschichten assoziiere ich nun fest mit ihrer Stimme. Auch Männer und Kinder finde ich gut gelungen präsentiert, man hört gleich heraus, welche Figur spricht.

Fazit: Ein ruhiger gemütlicher Krimi aus Sylt, Mamma Carlotta in guter Form. Als Hörbuch gefällt mir die Geschichte ganz gut. Etwas Urlaubsfeeling kommt dabei auch auf. Insgesamt: ganz nett als Unterhaltung nebenbei.
Hörbuch, Spieldauer: 17 St. 10 Min. Gelesen von Christiane Blumhoff.