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Wedma

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Insgesamt 549 Bewertungen
Bewertung vom 06.07.2017
Schampus, Küsschen, Räuberjagd
Kruse, Tatjana

Schampus, Küsschen, Räuberjagd


ausgezeichnet

Wer Pauline Miller liebt, wird hier seinen Spaß finden. Schräge Figuren, Situationskomik, Sprüche der Figuren und locker-leichter Erzählstil mit guter Portion Humor sorgen für nette Lesestunden mit Schmunzeleinheiten und gelegentlichem Auflachen.

Diesmal ist Pauline in Bayreuth und singt die schwerste Partie aller Zeiten. Aber das schafft sie locker nebenbei.

An allen Strängen, bekannt aus dem letzten Fall, gibt es weitere Entwicklungen. Pauline führt eine Fernbeziehung mit ihrem isländischen Dirigenten, der weitreichende Entscheidungen ohne sie trifft, Paulines Papa, so wie ihre verhasste Kollegin Hermännchen, die man aus „Glitzer, Glamour…“ kennt, sind auch hier aktiv dabei, wie auch Paulines Alles-Könner-Agentin Bröcki und ihr Verlobter, der Ermittler aus Wien, und natürlich der verkrachte Countertenor Yves, sowie der narkoleptische Boston Terrier Radames.
Schampus fließt in Strömen, Pauline ist voller Glamour wie eh und je und lässt sich zu skurrilen Aktionen hinreißen. Es geht um wertvolle Schmuckstücke, die ihren Besitzer (wieder)finden sollen.

Dieser Fall ist stärker als Teil 2 und liegt insg. etwas unter dem mordreichen Teil 1. Hier spielen eher Raubüberfälle und Entführung eine große Rolle.

Fazit: Eine schöne Sommerlektüre, die gute Laune und schöne Lesestunden schenkt. 4,5 Sterne, die ich auf 5 aufrunde.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.06.2017
Die den Sturm ernten
Lüders, Michael

Die den Sturm ernten


ausgezeichnet

Auf rund 160 Seiten, Vorwort plus 8 relativ kurze, aber inhaltsreiche Kapitel, erzählt Michael Luders wie der Konflikt in Syrien entstanden ist, stellt treibende Kräfte, ihre Interessen und ihre Taten, damals wie heute vor, und gibt im letzten Kap. den Ausblick.

Selbst wenn man sich mit der Thematik bereits beschäftigt hat, liefert dieses Buch doch einige neue Fakten, Details und Sichtweisen, und bringt erfüllte Lesestunden, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Die ersteren Kapitel beschreiben die Entstehung der heutigen Situation in Syrien und gehen kurz auf die Geschichte ein, z.B. wann CIA zum ersten Mal in der Region aufgetaucht war, was sie dort wollte und wie der Umgang mit den Einheimischen ausfiel.

Ab Kap. 4 geht es um die Gegenwart und diverse Aspekte des Syrienkonflikts, die Rolle von USA kommt da nicht zu kurz. In der Hinsicht ähnelt dieses Werk den „Schwarzen Flaggen“ von Joby Warrick, Pulitzer Preis 2016. Ferner auch dem Werk von Daniel Ganser „Illegale Kriege: Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren. Eine Chronik von Kuba bis Syrien.“ (2016). Oder auch „Wer beherrscht die Welt?: Die globalen Verwerfungen der amerikanischen Politik“ (2016) von Noam Chomsky.

Es ist ein Gespräch mit dem Leser auf einer Augenhöhe. M. Lüders spricht Klartext und nennt die Tatsachen beim Namen. Diese Fähigkeit durchzublicken und der aussagestarke, geradliniger Schreibstil, ohne Effekthascherei und Emotionsgedöns, erinnerten mich an Peter Scholl Latour, z.B. in „Der Fluch der bösen Tat(2015).

M. Lüders schildert, wie aggressiv und skrupellos die USA ihre Außenpolitik betreiben, wie unter dem Deckmäntelchen der Verbreitung der demokratischen Werte etliche Länder angegriffen und Zivilisten getötet werden, und wie heuchlerisch, um 180 Grad gedreht und in emotionales Gedöns gewickelt, all die Gräueltaten entweder ganz verschwiegen oder als etwas Notwendiges und auf jeden Fall Gutes der westlichen Öffentlichkeit verkauft werden.

Für diejenigen, die ihre Meinung über die Geschehnisse in Syrien aus den Öffentlich-Rechtlichen speisen, mag das Buch ein Augenöffner werden. Komfortzone adé. Es ist in etwa so, als wenn man die billige, mit Geschmacksverstärkern versetzte Tiefkühlkost/Fastfood gewohnt ist, bekommt aber plötzlich eine richtig gute Mahlzeit, aus natürlichen Zutaten, von Meisterhand zubereitet. Welten liegen dazwischen. Wie zwischen Halbwahrheiten, ggf. Lügen, die tagein tagaus auf einen herabrieseln, und der adäquaten Schilderung der Tatsachen, samt Erläuterung der Hintergründe, die zwar kein schönes Gesicht hat und u.U. wehtut, aber echt und genau das ist, was man wissen sollte, wenn man die Situation für keine optimale hält. Auf die Schilderungen der Leitmedien geht der Autor auch an einigen Stellen ein und zeigt, was dort getextet wurde und was eigentlich der Kern der Sache war, z.B. wie die Presse die Giftgasangriffe in 2013 auf Ghouta, Syrien, an die Öffentlichkeit getragen hat, wer da gleich als Schuldige genannt wurde, und wer tatsächlich hinter diesen Anschlägen stand, und was diese Interessengruppen damit bezwecken wollten, uvm.

Im Ausblick fragt Lüders: „Wie geht man damit um, wenn das, was zu den größten Errungenschaften unserer Zeit gehört, nämlich Freiheit und Demokratie, in der Geopolitik zu purem Zynismus verkommt? Wie lässt sich angesichts der hier vorgetragenen Faktenlage allen Ernsten behaupten, westliche Politik stehe für „Werte“, im Gegensatz zu etwa russischer oder chinesischer?“ S. 163. Und liefert noch mehr Wahres.

Fazit: 5 besonders hell leuchtende Sterne. Unbedingt lesen!

Bewertung vom 23.06.2017
Die Genies der Lüfte
Ackerman, Jennifer

Die Genies der Lüfte


ausgezeichnet

Auf rund 349 Seiten reinen Textes, auf 8 Kapitel aufgeteilt, plus Einleitung (19S.), Danksagung (5 S.), Anmerkungen (74 S.), Register (13S.) erzählt Jennifer Ackermann faszinierende Geschichten über die Genies der Lüfte.
Jedes Kapitel ist ein Schmuckstück und Fülle an Informationen über diverse Arten von Vögeln, ob es um „Soziales Talent geht“, Kap. 4, oder „Ästhetische Artistik“, Kap. 6, oder auch „Räumliche (und zeitliche) Findigkeit“, Kap. 7.
Das Lesen dieses Buches ähnelt dem Gespräch mit einer Freundin, die vieles über Vögel zu berichten weiß. J. Ackermanns Begeisterung, die im weiteren Verlauf auf die Leser rüber springt, ist schon fast mit den Händen zu greifen. Mit ihrer schönen Art zu erzählen und dem profunden Wissen, hat sie mich absolut überzeugt.
J. Ackermann nimmt ihre Leser mal nach Australien, mal zum Äquator, mal in die nördlicheren Gefilde mit. Man reist um die Welt und lernt Vogelarten kennen, ihr typisches und atypisches Verhalten in Kernbereichen des Lebens wie Familiengründung, Nachwuchserziehung, Treue in der Ehe oder gut verstecktes Fremdgehen. So verhilft sie zu einem besseren Verständnis und zur Bewunderung dieser Genies der Lüfte.
Viele Experimente, die die Intelligenz, soziale Kompetenz, etc. der Vögel testen, wurden beschrieben, dabei die intelligentesten und die dümmsten Vogelarten genannt. Da man sich den Vögeln von der Warte der menschlichen Intelligenz nähert, erfährt man einiges auch zu ihrer Forschung. Im weiteren Verlauf wurden immer wieder Parallelen zum menschlichen Verhalten gezogen. Die Krähen wurden als eine der intelligentesten Vorgelarten genannt. Es wurde z.B. beobachtet, dass sie Menschen, die sie regelmäßig füttern, mit Geschenken bedenken: mal eine glitzernde Glasscherbe, mal ein schillerndes Herz aus Blech oder auch ein LOVE Anhänger.
Dass Vögel voneinander lernen, um besser ans Futter zu kommen oder sich den geänderten Umständen anpassen, ist vllt noch zu erwarten, aber dass Vögel soziale Netzwerke haben, die prima funktionieren, um den Alltag zu bewältigen, oder dass „der einzelne Vogel im Schwarm, mit bis zu sieben engen Nachbarn interagiert und individuellen Bewegungsentscheidungen trifft, bei denen er die allgemeine Geschwindigkeit und den Abstand zu Schwarmmitgliedern berücksichtigt und darauf achtet, wie scharf ein Nachbar wendet“ ist schon erstaunlich. Dass die Vögel trösten und trauern wurde auch sehr schön und bildhaft dargestellt.
Oder auch, dass die Vögel Menschen problemlos erkennen können, selbst wenn man sich sehr gut verkleidet, dass Vögel, diejenigen, die sie mal bedrängt haben, auch nach Jahren wiedererkennen und versuchen, solche Personen anzugreifen und zu bestrafen. Vögel können sofort „den sozialen Status eines Fremden erschließen, indem sie beobachten, wie andere Vögel sich verhalten, was ihnen unnötige Konflikte erspart – und eventuelle Verletzungen.“ S. 143.
Auch über andere Tierarten ist oft die Rede, z.B. beim Lernverhalten wurden die Erdmännchen beschrieben, wie sie ihren Nachwuchs zu jagen lehren. Oder auch es wird berichtet, was Ameisen tun, um ihr Wissen weiterzugeben. Dann folgen Vergleiche mit Vögeln, es werden einige Parallelen und Schlüsse gezogen.
Besonders unterhaltsam waren die Beschreibungen des unorthodoxen Verhaltens der Vögel, da gibt es viele Beispiele, auch anekdotenhafte Vorfälle, die fürs Schmunzeln sorgen und den Spaßfaktor erhöhen.
Paar englische Sprichwörter lernt man auch dazu, sie sind erst in der Originalversion, dann in dt Übersetzung da. Ähnlich ist es mit den Namen: Erst folgt lateinischer Begriff, dann die engl. Bezeichnung und anschl. dt Äquivalent, oder manchmal nur lat. Begriff und die dt Bezeichnung.

Das Buch ist sehr schön gemacht: gebunden, Einband in tiefem Blau, Lesebändchen im gleichen Ton, Umschlagblatt. Für Freunde und Familienmitglieder, die sich für das Thema begeistern oder die Vögel erst kennenlernen wollen, ist ein sehr schönes Geschenk. 5 wohl verdiente Sterne und eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 22.06.2017
Propaganda als Machtinstrument
Bleyer, Alexandra

Propaganda als Machtinstrument


ausgezeichnet

„Propaganda als Machtinstrument“ von Alexsandra Bleyer habe ich sehr gerne gelesen und empfehle es auch gerne weiter. Das Buch hält, was Klappentext und Vorwort versprechen, und liefert beachtliche Menge an Wissen, interessante, einleuchtenden Beispielen hpts. aus der Geschichte, treffenden Zitaten aus anderen Werken, die sich mit dem Thema befasst haben, uvm.

Das Werk ist für breites Publikum geschrieben, sehr zugänglich, sehr ansprechend, sodass wenn man vorher keinen Plan von Propaganda hat, kann hier gerne zugreifen, man wird nach der Lektüre um einiges in der Hinsicht schlauer.

Inhaltsverzeichnis verschafft einen prima Überblick der Inhalte und, was heute eher selten ist, es wird mehr als versprochen geliefert. Die vielen Tricks und Griffe der Massenmanipulation werden im Kapitel 5 vor Augen der Leser geführt. Über die Rolle und der Funktion der Medien wird ebenso einleuchtend berichtet wie über „das Publikum im Visier der Propagandisten“, Kapitel 4, wie auch über „‘Klassiker‘ der Kriegsbegründung“, Kapitel 7, wie auch über die Repressiven Maßnahmen wie Zensur, Kapitel 8. Sonnenklar werden die Zusammenhänge verdeutlicht und anhand der Beispiele oft aus dem 2.ten Weltkrieg oder auch noch weiter zurückliegender historischer Ereignisse, hier und da aus der Gegenwart, illustriert.
Das Buch ist wunderbar leichtfüßig geschrieben, was bei diesem Thema keine Selbstverständlichkeit ist und viel Können und Wissen voraussetzt. Es hat viel Spaß gemacht, das Propaganda-Werk von Alexandra Bleyer zu lesen, die Seiten flogen nur so dahin. Es war wie ein Gespräch mit einer guten Freundin, die einiges zum Thema Propaganda zu sagen hat.

Die Seiten meines Exemplars sind voll von bunten Klebezetteln, mit und ohne Kommentare, Ausrufezeichen, etc., die gute Stellen und tolle Zitate im Buch markieren. Manche Seiten führen gar zwei Zettel, und davon gibt es nicht wenige. Wie der bekannte Spruch lautet: Ein gutes Buch ist gut auf jeder Seite. Hier trifft es voll zu.

Fazit: Ein sehr gutes, informatives, toll geschriebenes Werk, das Propaganda als Machtinstrument eingehend beleuchtet. Insb. für Einsteiger ist das Werk sehr gut geeignet. Nach der Lektüre hat man genug Wissen und Rüstzeug in der Hand, um die Propagandisten im heutigen politischen und wirtschaftlichen Geschehen erkennen und sich deren Einflüssen widersetzen zu können. „Denn Propaganda funktioniert nur, solange sie nicht als solche erkannt wird“, so die Autorin im Vorwort.

Ich vergebe fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung. Nach der Lektüre ist man um Etliches schlauer und hat zudem schöne, spannende und erfüllte Lesestunden gehabt.

Bewertung vom 22.06.2017
Fürchtet euch und folgt uns
Laczynski, Michael

Fürchtet euch und folgt uns


sehr gut

Klappentext beschreibt den Inhalt sehr treffend.

Auf rund 200 Seiten, recht eng bedruckt und mit viel Text versehen, in acht Kapitel aufgeteilt, erzählt uns der Autor seine Sicht der Dinge, was Populisten und ihre Politik angeht. Er liefert nicht nur tiefergehende Analysen des politischen Geschehens in der jüngsten Vergangenheit und heute in Europa und z.T. USA, sondern auch seine Erklärungen, warum die Populisten heute so einen beachtlichen Zulauf genießen.
Am Anfang gibt es eine gute Definition, gefolgt von Merkmalen des Populismus. Auch die Kernthemen, mithilfe deren die Populisten die Massen in Angst und Schrecken versetzen und hinter sich scharren, wie Zuwanderung, Terror, Verlust der nationalen Identität, Verhältnis zu andern Nationen, (In-)Toleranz ggü. anderen Kulturen und Religionen, Feminismus, Homosexualität, usw. sind eingehend, anhand von etlichen Beispielen beschreiben und analysiert worden. Zielgruppen, die Populisten ansteuern, wurden ausführlich dargelegt, auch eine Art Erklärung geboten, warum gerade diese Menschen: männlich, kaum Bildung, erfolglos im Beruf, unzufrieden im Leben, etc., geneigt sind, den Populisten ihre Stimme zu geben.

Die Rolle der Populisten beim Zustandekommen des Brexit wurden ebenso eingehend analysiert wie der Erfolg der Populisten in Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Niederlanden, Polen, etc.

Einige Ausführungen waren besonders interessant. Dänemark als Flaggschiff der Entwicklungen in Sachen Integration fürs ganze Europa: Wie die Einheimischen durch ihren Zusammenhalt und Solidarität den Problemen der heutigen Zeit trotzen, aber auch gleichzeitig schwer für die Einwanderer machen, sich zu integrieren und Fuß in dieser Gesellschaft zu fassen. Und einige Gruppen der Einwanderer, die zwar die Vorteile des dänischen sozialen Netzes genießen, die das Land jedoch verachten. Wenn das die Vorlage zur gesamteuropäischen Entwicklung sein soll…

Der Schreibstil ist wohl geübt und angenehm, aber die Inhalte sind schon auf so einem Niveau, dass man da gern in Volkswirtschaft, Statistik und Politik bewandert sein müsste, um in vollen Genuss der Ausführungen zu kommen. Manchmal sind die Ergebnisse der Befragungen oder andere Auswertungen der politischen Natur so ausführlich mit all den Prozentangaben dargelegt worden, oder gerne in die Geschichte, zu Marx, Keynes &Co., zur wirtschaftlichen Entwicklung von USA abgeschweift, dass man gerne Pause einlegen möchte. Es ist kein Nachteil, denn bei so einem Stoff sind Pausen eine Notwendigkeit, um die Frische der Wahrnehmung wieder zu erlangen.

Zum Schluss gibt es kurze Unterkapitel „Was tun gegen Populismus“ und „Die Kraft des Pragmatismus“. Dort wurden zarte Versuche unternommen, Antworten zu den o.g. Punkten zu finden.

Fazit: Wer sich für das Thema Populismus in Europa interessiert, kann hier gut zugreifen. Das Buch hält, was Klappentext verspricht, größtenteils. Es wurden einige gewichtige Faktoren nicht untersucht oder nicht (im erforderlichen Umfang) angesprochen, die aber durchaus bei der Verbreitung des Populismus eine Rolle spielen und im Zusammenhang mit anderen, im Buch genannten Faktoren, eine solide Grundlage für die geschickten Selbstdarsteller bilden. Aber alles in allem ist es ein gutes Werk, als Einstieg ins das Thema prima geeignet.

Bewertung vom 22.06.2017
Narzissmus, Verführung und Macht in Politik und Gesellschaft
Wardetzki, Bärbel

Narzissmus, Verführung und Macht in Politik und Gesellschaft


sehr gut

Auf rund 140 Seiten reinen Textes, aufgeteilt in 5 Kapitel: Narzissmus (23Seiten), Verführung (12S.), Macht (20S.), Die dunkle Seite der Macht (50S.), Gegenposition zum Narzissmus (20S.), die wiederum in kleinere Unterkapitel nach Themen wie Diktatoren oder maligner Narzissmus, Manipulation und Gaslighting, Narzisstische Kränkung und Rache, etc. plus Vorwort und Schlusswort, erzählt Bärbel Wardetzki über Narzissten und gibt Beispiele aus dem aktuellen politischen Geschehen als Untermalung ihrer Thesen.

Das Buch ist in einfachen Worten für breites Publikum geschrieben. Man bekommt eine klare Vorstellung davon, was Narzissten sind, wie man sie erkennt, wie sie sich typischerweise verhalten und was sie im Leben der Mitmenschen anrichten können, wenn man sie lässt. Der Mechanismus der Unterwerfung der „normalen“ Bürger ist sehr zugänglich ausgearbeitet und bildhaft präsentiert worden. Auch die Rolle der Massen wurde klar beschrieben, denn zu Machtspielen gehören stets zwei Seiten: die Narzissten und das Publikum, das den geschickten Selbstdarsteller bewundert und sich ihm unterwirft.

Die Autorin gibt auch Tipps, wie man mit Narzissten optimalerweise umgeht, welche manipulativen Muster zu erkennen sind und wie man sich dem Einfluss der Machtausübung der Narzissten ggf. entziehen kann.
Die Ausführungen um Unterkapitel 40, Weisheit und Rechthaben, hier werden weise Menschen mit Narzissten verglichen, liefern ein Kontrastprogramm, das das Wesen der Narzissten noch stärker verdeutlicht. Und im Unterkapitel 41, Was verbindet uns mit Narzissten?, bekommt man Antworten auf diese Frage aus psychologischer Sicht.
Oft genug war mir, als ob ich ein Buch über Psychopathen las. So steht nicht im Klartext, aber die Parallelen ließen sich durchaus erkennen: diese emotionale Abgestumpftheit, Abkoppelung vom eigenen wahren Kern, etc., ließen mich oft an Psychopathen und ihr typisches Verhalten denken.

Die psychologische Seite des Buches, was Narzissten und Umgang mit ihnen anging, fand ich prima, denn man bekommt gutes Rüstzeug zur Erkennung und Abwehr gegen narzisstische Übergriffe.

Aber bei manchen Beispielen aus der heutigen Politik, z.B. was militärische Präsenz großer Mächte in Syrien angeht, ist Vorsicht geboten, denn hier wurde: a) die vertrackte Situation mit vielen Beteiligten stark vereinfacht dargestellt; b) ein Versuch unternommen, komplexe politische Probleme hpts. über die Psychologie zu erklären. Dies führt m.E. zum verzerrten Bild und Fehleinschätzung der Situation, denn vielmehr geopolitische Interessen stellen die Handlungsgrundlage der Akteure dar. Über die psychologische Dimension des Konflikts dürften sich die Machtinhaber im Westen wie im Osten Klaren sein, soweit, dass den persönlichen Ressentiments bewusst viel weniger Bedeutung eingeräumt werden kann, als hier behauptet wurde. Die psychologische Seite spielt eine Rolle, jedoch keine führende.

Das Buch ist schön gestaltet. Gebunden, dennoch recht leicht und handlich, prima zum Mitnehmen. Da die Unterkapitel recht kurz und in einfachem Stil verfasst sind, kann man sie durchaus zwischen paar Stationen im öffentlichen Verkehr oder im Wartezimmer lesen.

Fazit: Ein gutes, lesenswertes Buch, wenn man mehr über Narzissten, ihr typisches Verhalten und optimalen Umgang mit ihnen erfahren möchte. Die politische Seite der Ausführungen basiert auf der Meinung der Mainstreammedien und offenbart, dass diese nicht die stärkste Seite dieses Werkes ist.

Bewertung vom 09.06.2017
Ferngespräch
Zambra, Alejandro

Ferngespräch


ausgezeichnet

In elf Erzählungen erzählt Zambra nicht nur über sich selbst, sein Aufwachsen in Pinochet Chile, seine Freunde, dessen Kindheit und Jugend, wie das Leben insg., zum Opfer des Regimes gefallen waren, über seine sinnfreie Brotjobs nach dem Literaturstudium, oder über all die Frauen und die Affären. Er erzählt vielmehr über sein Land und die Menschen, die sich Chilenen nennen, über ihre Träume und Ängste, über ihr angeschlagenes Selbstwertgefühl, über ihre Suche nach dem richtigen Platz im Leben, über die scheinbare Unmöglichkeit glücklich im eigenen Land zu werden und die Unfähigkeit das Glück im Ausland zu finden, uvm. Er zeigt seine Landleute so, wie sie sind, wie sie die Welt und ihr Leben sehen, was sie bewegt, was ihnen wichtig erscheint, und warum sie das tun, was sie tun.

Dass Zambra toll erzählen und das Wesen seiner Protagonisten den Lesern spielerisch leicht nahebringen kann, hat er auch in „Bonsai“ bewiesen. Mit präzisen Worten schafft er klare, eindrucksvolle Bilder, die noch eine Weile nachhallen. Auch im „Ferngespräch“ offenbart er seine Meisterschaft und zeigt sich weltgewandt, lebenslustig, experimentierfreudig, draufgängerisch, wortgewaltig und verdammt talentiert.

Das Buch ist schön gemacht: Festeinband in Rot, Umschlagblatt aus glattem, festem Papier. Es liegt gut in der Hand, hat angenehmes Format, ist leicht, lässt sich gut mitnehmen. Ein Prima Geschenk für Freunde und Familie.

Fazit: Ein schönes Stück Literatur. Auf dem Umschlag liest man:„Wenn ich an Zambra denke, freue ich mich einfach für die Zukunft der Literatur.“ The Guardian. Das sehe ich auch so.

Bewertung vom 09.06.2017
Tanztee / Das geheime Tagebuch des Hendrik Groen Bd.2 (MP3-Download)
Groen, Hendrik

Tanztee / Das geheime Tagebuch des Hendrik Groen Bd.2 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Das Hörbuch habe ich sehr gerne gehört, musste paar Mal auflachen, denn Hendrik besitzt einen trockenen Humor, der pfeilgenau aufs Korn der Sache geht. Hendrik schreibt in seinem Tagebuch über Gott und die Welt, über seinen Alltag im Altenheim, über seine Einwohner, die längst nicht alle gütig und weise sind, über die karrieregeile Leiterin, die die Alten bevormundet und alles verbietet, wo möglich, was nur ansatzweise noch dem Leben so etwas wie Spaß verleiht und es noch lebenswert macht, darüber, wie Alanito Mitglieder versuchen, ihre Machenschaften in Grenzen zu halten und ihr die Stirn bieten, uvm. Auch über manche politischen Ereignisse des Jahres 2015 in Niederlanden und im Ausland, und wie sie im Altenheim diskutiert werden, lässt er die Leser/Hörer wissen.

Hendrik versucht, die Strapazen des Alltags eines 85-Jährigen Mannes mit Humor und guter Portion Demut zu nehmen, wobei er mit Gott übereingekommen ist, dass sie einander, wie er es zum Ausdruck bringt, nicht nerven. Er schreibt auch über seine Freunde aus dem Alanito Club, wie sie mit dem Alter fertigwerden, wie ihre Ausflüge ausschauen, in welchem Restaurant sie nun schön gegessen und worüber sie gelacht haben, was sie sonst planen zu unternehmen, was er auf seinen Ausflügen mit dem fahrbaren Untersatz erlebt hat, alles mit guter Portion Selbstironie und Humor.

Teil zwei, Tanztee, fand ich viel schöner, unterhaltsamer als Teil eins, Eierlikörtage, denn hier ist alles etwas humoriger, leichter, Hendrik kommt viel sympathischer rüber, man kann mit ihm lachen und weinen und sich dabei über das eigene Altwerden Gedanken machen. Hier geht das Thema Sterbehilfe als roter Faden durch die Geschichte. Das Thema Demenz, das im Teil eins eingehend behandelt wurde, ist zwar auch noch präsent, da Hendrik seine dement gewordene Freundin aus dem Alanito Club hin und wieder besucht, hält sich aber eher im Hintergrund. Auch andere Themen wie Umgang mit Verlusten, mit dem Tod bester Freunde, aber auch Freundschaft, Liebe, Familienzusammenhalt und was sie für die Alten bedeuten, sind gekonnt in den Erzählteppich eingewoben worden. Nach diesem Buch hat man viel mehr Verständnis für ältere Leute, man kann sich besser vorstellen, wie es ihnen ergeht, was sie bewegt, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben, etc. All dies hilft jüngeren Menschen bestimmt gut weiter.

Fazit: Eins schönes, humorvolles, kluges Buch, das man unbedingt kennenlernen sollte. Ich habe es als Hörbuch genossen. Felix von Manteuffel hat wunderbar gelesen. Seine Stimme, wie seine Art das Buch vorzutragen, passt prima zum Inhalt und bringt Hendrik und seine Freunde den Hörern näher, lassen sie vorm inneren Auge aufleben und viel Hörvergnügen dabei haben. Ich vergebe gerne fünf wohl verdiente Sterne und eine unbedingte Lese-/Hörempfehlung!