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Benutzername: 
dorli
Wohnort: 
Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 878 Bewertungen
Bewertung vom 23.11.2016
Alles schläft, einer wacht!
Rodeit, Katrin

Alles schläft, einer wacht!


ausgezeichnet

Ulm. Tobias Kohler ist sich sicher, seine bei einem Tauchunfall ums Leben gekommene Frau in einem Fernsehbeitrag über den Ulmer Weihnachtsmarkt gesehen zu haben. Da die Polizei ihm nicht glaubt, wendet er sich voller Hoffnung an die Privatdetektivin Jule Flemming. Obwohl auch Jule der Meinung ist, dass Kohler sich irrt, übernimmt sie den Fall…

„Alles schläft, einer wacht!“ ist bereits der vierte Fall für die muntere Jule, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich. Auf den Leser wartet in diesem Weihnachtskrimi neben einer tollen Mischung aus Spannung, Humor und einer guten Prise Romantik auch eine herrlich winterliche Atmosphäre.

Katrin Rodeit versteht es mit ihrem lockeren und angenehm zu lesenden Schreibstil ausgezeichnet, den Leser in ihren Bann zu ziehen. Die Autorin erzählt die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven – neben Ich-Erzählerin Jule berichtet eine unbekannte „sie“ von ihren Vorhaben und Erlebnissen und auch ein rätselhafter „er“ kommt mehrfach zu Wort.

Die Figuren werden alle sehr gut charakterisiert und beleben mit ihren humorvoll dargestellten Eigenarten und Besonderheiten die Szenerie. Neben den altbekannten Personen aus Jules Umfeld treten auch ein paar Akteure auf, die Jule nicht nur wichtige Hinweise liefern, sondern mit ihrem außergewöhnlichen Gehabe eine Menge Witz in die Geschichte bringen. Die Dialoge sind zum Teil in Mundart geschrieben und bringen damit eine Extraportion Schwung in die Handlung.

Ganz hervorragend gelungen sind Katrin Rodeit die Beschreibungen der Handlungsorte - ich konnte mir die Schauplätze in und um Ulm sehr gut vorstellen.

Das Lesen und Mitermitteln hat mir großen Spaß gemacht - „Alles schläft, einer wacht!“ ist ein unterhaltsamer Krimi mit einer äußerst sympathischen Ermittlerin.

Bewertung vom 21.11.2016
Kalte Havel
Pieper, Tim

Kalte Havel


ausgezeichnet

Potsdam. Hauptkommissar Toni Sanftleben befindet sich eigentlich im unbezahlten Urlaub, doch als die befreundete Staatsanwältin Caren Winter ihn bittet, in den Dienst zurückzukehren, um ihren vermissten 16-jährigen Sohn Alexander zu finden sowie den Mord an dessen Freund Hendrik aufzuklären, zögert Toni nicht und übernimmt den Fall…

Tim Pieper hat mich mit „Kalte Havel“ von der ersten bis zur letzten Seite fest im Griff gehabt. Der Krimi wird flüssig und spannend erzählt und der gesamte Handlungsverlauf ist sehr gut durchdacht und ausgefeilt.

Der Autor erzählt die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven, so dass man das Geschehen nicht nur durch Sanftlebens Augen verfolgen kann, sondern auch Einblick in die Gedanken und Beweggründe des Täters bekommt. Zudem gibt es mehrere Rückblenden in die zurückliegenden Monate, in denen man das spätere Mordopfer und dessen Denkweise kennenlernt.

Sehr interessant sind auch die Handlungsorte, an denen Tim Pieper seinen Krimi spielen lässt. Ein Teil des Geschehens findet an Lost Places in Brandenburg statt. Schauplätze wie zum Beispiel die Beelitzer Heilstätten oder auch das ehemalige Olympische Dorf im Elstal verleihen der Handlung eine schaurige, geheimnisvolle Atmosphäre.

Der Kriminalfall ist kompliziert und lässt den gewissenhaften, gründlich arbeitenden Ermittler Sanftleben fast verzweifeln, denn obwohl es schnell mehrere Verdächtige gibt, auf die alle Kriterien für eine Täterschaft zutreffen, bleibt die Suche nach dem wahren Täter lange Zeit erfolglos.

Auch privat läuft es für den trockenen Alkoholiker nicht so, wie er es sich erträumt hat. Seine Frau Sofie ist zwar wieder bei ihm, aber sie braucht Zeit und Raum, um sich nach vielen Jahren im Koma selbst zu finden.

„Kalte Havel“ hat mich durchweg begeistert. Die spannende, abwechslungsreiche Handlung hat mich nicht nur ausgezeichnet unterhalten, sondern hat mir auch viel Platz zum Mitgrübeln und Miträtseln über Täter, Motive, Zusammenhänge und Hintergründe gegeben.

Bewertung vom 21.11.2016
Neckarsturm
Scheurer, Thilo

Neckarsturm


ausgezeichnet

Rottweil. Am Fuß des sich im Bau befindlichen Aufzugstestturms wird ein toter Bauarbeiter gefunden. Schnell entpuppt sich der vermeintliche Arbeitsunfall als hinterhältiger Mord…

„Neckarsturm“ ist bereits der vierte Fall für das Ermittlerduo Wolfgang Treidler und Carina Melchior, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände bestens verständlich.

Thilo Scheurer versteht es mit seinem lockeren, angenehm zu lesenden Schreibstil ausgezeichnet, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Auch in seinem vierten Kriminalroman wartet der Autor wieder mit einer tollen Mischung aus Spannung und Humor auf.

Der Kriminalfall ist knifflig und mit einigen Wendungen und Überraschungen gespickt. Geschickt lenkt der Autor den Blick des Lesers auf unterschiedliche Verdächtige, so dass man prima über die Identität des eigentlichen Täters miträtseln und mitgrübeln kann.

Nicht nur der spannende Kriminalfall hat mich schnell gepackt, auch das Personal, das Thilo Scheurer ins Rennen schickt, hat mich wieder begeistert. Besonders Treidler belebt einmal mehr mit seinen Eigenarten, seinem manchmal dreisten Verhalten und seinen markigen Sprüchen die Szenerie und sorgt so durchweg für beste Unterhaltung.

Die Rottweiler Kommissare bekommen diesmal einen italienischen Kollegen zur Seite gestellt – auch wenn der Einsatz von Commissario Bertusi auf drei Monate befristet ist, macht Treidler keinen Hehl daraus, dass er über den Zuwachs in seiner Abteilung alles andere als begeistert ist. Es ist äußerst unterhaltsam, das Miteinander und besonders das Gegeneinander der Akteure zu beobachten.

„Neckarsturm“ ist ein schwungvoll erzählter Krimi, der mir mit seiner spannenden und humorvollen Handlung ein paar kurzweilige Lesestunden beschert hat.

Bewertung vom 14.11.2016
Das Untier von Aachen
Krieger, Günter

Das Untier von Aachen


ausgezeichnet

Aachen 1605. Innerhalb kurzer Zeit werden mehrere Männer nach einem Besuch im Wirtshaus auf ihrem Heimweg von einem angsteinflößenden Ungeheuer angefallen. Als auch der Oheim des Goldschmieds Paul Kalkberner Opfer eines nächtlichen Überfalls wird, will der junge Mann den Dingen auf den Grund gehen…

Günter Krieger hat seinen historischen Roman „Das Untier von Aachen“ auf Grundlage der Sage vom Bahkauv (Bachkalb) geschrieben. Eine Sage, die ich bisher nicht kannte, dessen interessante und lebendige Umsetzung mich aber durchweg gefesselt und sehr gut unterhalten hat.

Das Bahkauv, eine schuppenbedeckte Kreatur mit scharfen Zähnen und langen Krallen, soll in den unterirdischen Höhlen der Thermalquellen gelebt und am Büchel sein Unwesen getrieben haben. Vornehmliches Ziel des Untiers waren spät in der Nacht heimkehrende Trunkenbolde.

Neben der Aufklärung der rätselhaften Anschläge hat Paul noch eine weitere Mission: er ist in die Wirtstochter Magdalena verliebt und möchte ihr Herz gewinnen – leider zeigt sie nur wenig Interesse.
In beiden Angelegenheiten steht Paul seine 12-jährige Schwester Trudi beratend zur Seite. Trudi bringt eine große Portion Witz in die Geschichte. Sie ist auf eine so liebenswerte Art frech und ausgebufft, es macht einfach Spaß, sie bei ihrem Tun zu beobachten.

Zusätzlich zu der Sage um das Bahkauv lässt Günter Krieger auch weitere Begebenheiten aus dem frühen 17. Jahrhundert in den Roman einfließen. Die Auseinandersetzungen zwischen den katholischen und evangelischen Bürgern Aachens sind genauso ein Thema, wie der Fall der angeblichen Hexe Maroy Kroiseti.

„Das Untier von Aachen“ ist eine gelungene Mischung aus Historie, Spannung und einer Prise Romantik. Das Buch lässt sich angenehm flott lesen und weiß nicht nur mit einer fesselnden Handlung zu begeistern, sondern kann darüber hinaus mit einem äußerst überraschenden Ende punkten.

Bewertung vom 04.11.2016
Als der Teufel erwachte
Wind, Jennifer B.

Als der Teufel erwachte


ausgezeichnet

Wien. In einer Kfz-Werkstatt entdeckt ein Mechaniker im Kofferraum eines Autos zwei Leichen, die zahlreiche Verletzungen aufweisen. Die Halterin des Fahrzeugs ist geschockt und hat keine Erklärung dafür, wie die Toten in ihren Wagen gelangt sein könnten…

Jennifer B. Wind wartet in „Als der Teufel erwachte“ mit einem hochaktuellen Thema auf. Es geht um Flüchtlinge. Es geht um Menschen, die ihre Heimat verlassen, nicht nur, weil sie dort keinerlei Perspektive mehr für sich sehen, sondern weil sie der ständigen Gefahr für Leib und Leben entkommen wollen. Es geht auch um die Strapazen und die Risiken, die solch eine Flucht mit sich bringt. Und es geht um Menschen, die die Verzweiflung und die Hoffnung der Flüchtlinge gnadenlos ausnutzen, um die miese Geschäftemacherei der Schlepperbanden und die barbarischen Methoden, mit denen sie arbeiten.

Jennifer B. Wind versteht es mit ihrem angenehm zu lesenden Schreibstil ausgezeichnet, den Leser in ihren Bann zu ziehen. Schon der Prolog hat es in sich. Schnell hat mich der Bericht des 22-jährigen Medizinstudenten Samir gepackt, der gemeinsam mit seinem Vater die Flucht über das Mittelmeer wagt. Genauso mitreißend erzählt Samirs Mutter Nesrin im zweiten Teil des Buches vom Krieg in Syrien. Davon, wie schwer es ist, ohne ihren Mann mit den beiden jüngeren Kindern im zerbombten Aleppo auszuharren. Nesrin macht sich schließlich mit den Kindern und ihrer Mutter auf den Weg nach Österreich – die Brutalität, die sie unterwegs erlebt, macht sprachlos. Es gelingt der Autorin hervorragend, Nesrins Gedanken und Gefühle zu vermitteln. Man spürt ihre Angst, den Schmerz und die Verzweiflung und hofft und bangt mit ihr, dass die Reise für sie ein gutes Ende nehmen wird.

Ermittlerin Jutta Stern kann ihre Kollegen anfangs nicht bei den Ermittlungen unterstützen, da sie nicht in Wien ist, als die Leichen in dem Kofferraum gefunden werden. Jutta brauchte nach dem Tod ihres Mannes Simon eine Auszeit und ist nach Indien gereist, um sich auf die Suche nach ihrem Vater zu begeben. Auch dieser Part der Geschichte wird von Jennifer B. Wind sehr fesselnd geschildert. Jutta erlebt furchtbare Dinge und verlässt Indien fluchtartig.

Die Ermittlungen zu dem Kriminalfall rutschen durch Juttas Erlebnisse und den aufwühlenden Geschehnissen rund um Samir und Nesrin ein wenig in den Hintergrund, was aber nicht heißen soll, dass nicht ermittelt wird. Chefinspektor Georg Kunze und sein Kollege Tom Neumann unternehmen alles, um Licht in das Dunkel um die toten Flüchtlinge zu bringen. Die Spurensuche wird sogar richtig dramatisch und bringt Tom unversehens in große Gefahr.

„Als der Teufel erwachte“ hat mich rundum begeistert. Die abwechslungsreiche, gut durchdachte und vor allen Dingen realitätsnahe Handlung sorgt für spannende Lesestunden. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.11.2016
Bombennacht
Rausch, Roman

Bombennacht


ausgezeichnet

Würzburg. Der 16. März 1945 beginnt für die meisten Würzburger ähnlich wie auch die vergangenen Kriegstage. Die Stadt ist bisher von größeren Angriffen verschont geblieben und die Einwohner sind voller Hoffnung, dass es auch so bleibt. Dass sich an diesem Tag im englischen Morton Hall die Bomberstaffel Nr. 5 der Royal Air Force auf einen tödlichen Flächenangriff vorbereitet, ahnt an dem ruhigen Frühlingsmorgen in Würzburg niemand…

In „Bombennacht“ katapultiert Roman Rausch den Leser direkt in das Jahr 1945 und schildert sehr mitreißend und vor allen Dingen äußerst wirklichkeitsnah, was vor, während und nach dem Bombenangriff in der unterfränkischen Stadt geschah.
Ein kurzer Prolog gibt zunächst Auskunft über die Lage Würzburgs vor dem 16. März 1945. Im Folgenden erlebt man dann diesen für die Einwohner so grauenvoll endenden Tag im Stundentakt mit.

In mehreren Handlungssträngen lernt man ganz unterschiedliche Menschen kennen – ihre Lebensumstände und ihren Alltag, ihre Pläne, ihre Ängste und Sorgen und auch ihre Hoffnungen, Wünsche und Träume.
Die Stimmung in der Stadt ist nicht die beste, die Bevölkerung leidet unter der schlechten Versorgung. Die Lage ist zudem aufgrund der Unterbringung unzähliger Flüchtlinge aus anderen Regionen und tausender Kriegsversehrter angespannt.

Als dann die Katastrophe über Würzburg hereinbricht, werden die Beschreibungen des Autors noch intensiver. Der Bombenhagel, der Funkenregen, der Feuersturm – man fühlt sich mittendrin in diesem grausigen Geschehen, sieht die mit Geröll und Schutt blockierten Keller und die lichterloh brennenden Straßen vor sich und kann das Entsetzen und die Todesangst der Menschen spüren.
Als besonders gut gelungen habe ich hier den schnellen Wechsel zwischen den einzelnen Perspektiven empfunden - man erlebt die schrecklichen Minuten während des Bombenabwurfs mit fast jedem der Akteure mit. Dass man zu diesem Zeitpunkt noch nichts über ihr weiteres Schicksal erfährt, treibt die Spannung im letzten Drittel des Romans enorm in die Höhe, man fliegt fast atemlos durch die Seiten, stets darauf hoffend, dass die liebgewonnen Figuren die Tragödie gesund überstehen werden.

Neben den Vorkommnissen während der letzten 24 Stunden des alten Würzburgs beinhaltet dieser Roman noch ein weiteres Thema, bei dem es mir eiskalt den Rücken runter gelaufen ist. Es geht dabei um ein abscheuliches Verbrechen in der Nazizeit, der sogenannten Aktion T4, bei der zigtausende Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen systematisch ermordet wurden.
Eine zentrale Figur in diesem Part der Geschichte ist die Krankenschwester Fanny. Die Entwicklung, die sie durchläuft, war für mich besonders interessant. Zunächst sehr naiv, sieht sie zu Professor Werner auf, hält den Leiter der Nervenheilanstalt für eine Koryphäe in seinem Beruf und für einen Gutmenschen, der nur das Wohl seiner Patienten im Sinn hat. Bis einige Hinweise ihr die Augen öffnen und sie erkennt, dass der Professor hinter seiner freundlichen Maske ein wahres Monster ist und willkürlich über das Leben und Sterben tausender Menschen entscheidet.

„Bombennacht“ lässt mich tief beeindruckt zurück. Diese mitreißende, spannend erzählte Geschichte hat mir Einblicke in die dramatischen und tragischen Momente einer bombardierten Stadt im Zweiten Weltkrieg ermöglicht und mich intensiv an dem Schicksal der einzelnen Akteure teilhaben lassen. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.11.2016
Tod am Wörthersee
Nagele, Andrea

Tod am Wörthersee


ausgezeichnet

Alice Winter hatte eine grausame Kindheit. Einzige Vertraute seit damals ist Ännchen Ogris. Eines Tages wird Ännchen tot am Ufer des Wörthersees aufgefunden – ermordet, wie schnell feststeht. Alice vermutet, dass Ännchens neuer Freund etwas mit der Tat zu tun haben muss, doch die Suche nach dem Mann erweist sich als äußerst schwierig, da niemand weiß, wer er ist. Dann gerät auch Alice in das Visier des Mörders…

In „Tod am Wörthersee“ hat nicht nur Hauptfigur Alice mit den Dämonen ihrer Vergangenheit zu kämpfen, auch der mit den Ermittlungen betraute Chefinspektor Simon Rosner sowie der Mörder haben in ihrem bisherigen Leben einiges durchmachen müssen. Um den anhaltenden Schmerz ihrer traumatischen Erlebnisse zu betäuben, wählt jeder der drei einen anderen Weg. Alice sucht Ablenkung in gewagten erotischen Abenteuern und ritzt sich, Rosner ertränkt seinen Kummer in Alkohol und der Mörder ahndet das in seiner Kindheit Geschehene, indem er Frauen erwürgt.

Andrea Nagele versteht es ausgezeichnet, die Gedanken und Gefühle, die Ängste, die beklemmenden Erinnerungen und die Albträume ihrer Figuren mitreißend zu schildern.
Besonders die enorme Last, die Ich-Erzählerin Alice mit sich herumträgt, kann man sehr gut nachempfinden. Alice wird regelrecht von den Erinnerungen und den Emotionen überflutet. Als Leser fragt man sich schnell, wie Alice den Verlust ihrer einzigen Freundin verkraften wird. Lenkt die Suche nach dem Mörder sie von ihren eigenen Problemen ab? Oder stürzt die aktuelle Situation sie in noch tiefere Verzweiflung?
Auch der Mörder kommt immer wieder zu Wort. Man erfährt, was ihm in jungen Jahren widerfahren ist und wie er so wurde, wie er heute ist.

Nicht nur die Charaktere sind interessant, auch der Kriminalfall ist spannend und wird im Verlauf er Handlung immer dramatischer. Sehr gut gelungen sind Andrea Nagele die falschen Fährten – geschickt lenkt die Autorin den Blick des Lesers auf unterschiedliche Verdächtige, so dass man prima über die Identität des eigentlichen Täters miträtseln und mitgrübeln kann.

„Tod am Wörthersee“ hat mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert – ein psychologisch ausgefeilter Krimi, der nicht nur spannende Unterhaltung bietet, sondern durch das bewegende Thema besonders intensiv zu fesseln weiß. Absolute Leseempfehlung!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.10.2016
Elbschuld
Wollschlaeger, Nicole

Elbschuld


sehr gut

Hauptkommissar Philip Goldberg hat vor kurzem seine neue Stelle in dem beschaulichen Kophusen in der Elbmarsch angetreten und muss sich gleich mit einem kuriosen Fall befassen. Die Obsthofbesitzerin Hilde Deterding fühlt sich bedroht – sie ist der Meinung, dass ihr verstorbener Mann Arthur ihr nach dem Leben trachtet…

Anders als in den meistens Krimis geht es in „Elbschuld“ nicht darum, einen Mord aufzuklären, hier setzen die Ermittler alles daran, einen Mord zu verhindern - noch dazu einen Mord, der auf den ersten Blick aussieht, wie das Hirngespinst einer alten Frau.

Während Goldberg der Sache nachgehen will, reagieren seine Kollegen Hauke Thomsen und Peter Brandt eher zögerlich. Als jedoch an Hildes vergifteten Hund Spuren menschlicher Asche festgestellt werden, sehen auch Brandt und Thomsen ein, dass Nachforschungen dringend erforderlich sind. Schnell wird klar, dass hier jemand ganz grausame Psychospielchen mit der alten Dame spielt.

Die Verknüpfung von Spannung und Humor ist Nicole Wollschlaeger hervorragend gelungen, so dass ich mich in diesem Krimi von der ersten bis zur letzten Seite richtig wohl gefühlt habe. Besonders gut gefallen hat mir, dass in diesem Krimi deutlich wird, wie viel Ermittlungsarbeit heutzutage einfach vom Schreitisch aus erledigt werden kann. Internet und soziale Netzwerke bieten eine Fülle von Hinweisen. Ohne die fleißigen Recherchen von Brandt und Thomsen wären dem wenig technikbegeisterten Goldberg einige Informationen und Verbindungen verborgen geblieben.
Die zunächst ruhig verlaufenden Ermittlungen werden zum Ende hin richtig dramatisch und nicht nur Hilde rutscht in eine brenzlige Situation, auch Goldberg gerät in größte Gefahr.

Die Figuren werden alle sehr gut charakterisiert und beleben mit ihren Eigenarten und Besonderheiten die Szenerie. Kleine Geheimnisse und Unvollkommenheiten machen die Akteure dabei sympathisch und glaubwürdig. Der bedacht zu Werke gehende Goldberg, der manchmal übereifrige Thomsen und der oft misstrauische Brandt werden im Verlauf der Handlung zu einem tollen Gespann.

Das Lesen und Mitermitteln hat mir großen Spaß gemacht - „Elbschuld“ ist ein sehr unterhaltsamer Krimi mit einem äußerst sympathischen Ermittlertrio.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.10.2016
Frankfurter Kaddisch
Aurass, Dieter

Frankfurter Kaddisch


sehr gut

Dieter Aurass beginnt seinen Kriminalroman „Frankfurter Kaddisch“ mit einem äußerst spannenden, sehr neugierig machenden Prolog – drei ältere namhafte Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Frankfurt stürzen sich in den Tod, während sie selbst davon überzeugt sind, etwas ganz anderes zu tun.

Im Folgenden lernt man Kriminalhauptkommissar Gregor Mandelbaum und sein Team kennen. Gregor ist ein außergewöhnlicher Protagonist. Er leidet am Asperger-Syndrom und zeigt die für diese Form des Autismus charakteristischen Verhaltensweisen. Dank seiner besonderen Stärken ist er unglaublich schnell die Karriereleiter heraufgeklettert – eine Tatsache, die den 29-Jährigen im Kollegenkreis nicht gerade beliebt macht. Da Gregor auch mit den für Asperger typischen Beeinträchtigungen zu kämpfen hat und seine Kollegen zudem nichts von seinen Besonderheiten wissen, verläuft die Zusammenarbeit nicht immer reibungslos.

Der Kriminalfall ist knifflig. Gregor erkennt schnell, dass es sich bei den rätselhaften Selbstmorden um die Taten eines Serienmörders handelt. Gemeinsam mit der Gerichtsmedizinerin Dr. Sonja Savoyen findet er zwar heraus, dass den Opfern ein besonderer Drogencocktail verabreicht wurde und sie hypnotisiert wurden, dennoch erweist es sich als außerordentlich schwierig, dem Täter auf die Spur zu kommen, da es an weiteren Hinweisen mangelt und weder Motiv noch Hintergründe zu den Morden für die Ermittler erkennbar sind.

Dieter Aurass hat in die aktuelle Handlung immer wieder Ausflüge in die 1930er und 40er Jahre eingeflochten. Die damaligen Ereignisse sind interessant und werden vom Autor sehr spannend geschildert. Man bekommt eine Ahnung, was den Täter im heutigen Frankfurt antreibt und kann wunderbar spekulieren, wer seine Finger im Spiel haben könnte.

Insgesamt hat mir der Krimi gut gefallen. Die Geschichte lässt sich angenehm flott lesen und bietet spannende Unterhaltung, außerdem gibt es humorvolle und ganz besonders zum Schluss auch einige actionreiche Szenen. Aber es gibt auch ein paar Kleinigkeiten, die mich gestört haben. Ich bin im Grunde genommen ein Freund von detailreichen Beschreibungen, aber in diesem Krimi gibt es einfach zu viele und vor allen Dingen zu umfangreiche bzw. zu ausführliche Erklärungen und Erläuterungen. Das gilt besonders für Gregors Eigenarten und seine Verhaltensweisen – es ist interessant ihn und seinen nicht ganz einfachen Alltag kennenzulernen, aber die Darstellung seiner Fähigkeiten und Defizite nimmt viel zu viel Raum ein. Hinzu kommen dann auch noch einige inhaltliche Wiederholungen. All diese Dinge nehmen für meinen Geschmack zu oft den Schwung aus der eigentlichen Krimihandlung. (3,5)

Bewertung vom 25.10.2016
Büchermorde - Mordsbücher
Kniesche, Thomas

Büchermorde - Mordsbücher


sehr gut

In „Büchermorde – Mordsbücher“ beleuchtet Thomas Kniesche die mörderischen Seiten der Bücherwelten.

Thomas Kniesche geht in diesem Büchlein nicht nur der Frage nach, warum Kriminalromane so beliebt sind, sondern stellt auch Varianten der Bibliomanie vor und macht den Leser mit historischen Büchermördern bekannt. Der Autor erklärt, warum so manch Bibliophiler vor Mord nicht zurückschreckt und Buchhändler die besten Detektive sind. Er erläutert den Einsatz von Büchern als Mordwerkzeug und legt dar, warum eine Bibliothek als Tatort eine ganz besondere Atmosphäre innehat. Und auch auf die Verbreitung der digitalen Medien und dem damit möglicherweise einhergehenden Aussterben des Buches kommt der Autor zu sprechen.

Thomas Kniesche gibt zu den jeweiligen Kapiteln passende Buchtipps und wirft zudem einen intensiven Blick hinter die Kulissen einiger Romane der Kriminalliteratur.

Die interessanten und vielfältigen Informationen rund um die Verbindungen zwischen Buch und Verbrechen haben mir sehr gut gefallen. Die gut verständlichen Inhalte sind spannend, informativ und unterhaltsam, hätten allerdings für meinen Geschmack etwas ansprechender präsentiert werden können. Statt eines fortlaufenden Textes und vielen kleinen Abbildungen (Bluttropfen, Fingerabdrücke, Fußspuren, Mordwerkzeuge etc.) hätte ich mir eine übersichtlichere Gestaltung innerhalb der Kapitel gewünscht. Auch die im Anhang zu findenden Anmerkungen und Ergänzungen hätten mir als Fußnoten an entsprechender Stelle im Buch besser gefallen.

„Büchermorde – Mordsbücher“ ist ein spannendes Sachbuch - sehr empfehlenswert für alle, die sich etwas ausführlicher mit den zahlreichen Verknüpfungen zwischen Buch und Bluttat beschäftigen möchten.