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vielleser18
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Hessen
Über mich: 
Ich lese querbeet, am liebsten aus den Bereichen Historisch, Krimi/Thriller, Frauen und Fantasy

Bewertungen

Insgesamt 808 Bewertungen
Bewertung vom 10.07.2017
Wo der Regenbogen anfängt (Liebe, Drama)
Bohndorf, Julia

Wo der Regenbogen anfängt (Liebe, Drama)


sehr gut

Maeve ist erst Anfang zwanzig, doch sie trägt seit dem Tod ihrer Eltern die Verantwortung und die Sorge um ihre kleine 11 jährige Schwester Niamh, die seit ein paar Monaten im Krankenhaus liegt mit ALL (akute lymphatische Leukämie). Bisher gibt es keinen Knochenmarkspender, Niamh bekommt wöchentlich Chemo, trotz aller schlechten Phasen ist sie dennoch ein fröhliches Mädchen.
Maeve organisiert eine kurze Auszeit - eine gemeinsame Reise von Deutschland über Rotterdam und London nach Irland, zu ihren Verwandten. Dort, in Dublin, soll Niamhs Behandlung dann fortgesetzt werden.

Das Buch ist eine Mischung aus Familienroman, Liebesroman und hat auch einen Hauch von Mysthik, hinzu kommt noch ein kleines Geheimnis, dass erst nach und nach aufgelöst wird.
Der Roman behandelt das Thema Leukämie und Knochenmarkspende, es geht am Rande auch um die Knochenmarkspendedatei und die Möglichkeiten der Registrierung. Am Ende gibt es dazu aber noch ein ausführliches Nachwort.

Julia Bohndorf hat einen abwechslungsreichen, lebhaften Schreibstil, der vor allem Gefühle und Emotionen gut ausdrücken kann. Gerade die liebevolle Beziehung zwischen den Geschwistern, die nicht nur durch das Leid geprägt ist, sondern auch Humor, wurde sehr gut beschrieben. Die Geschichte wird aus Sicht der älteren Maeve beschrieben, so dass man sich gut in sie hinein versetzen kann. Am Ende jeden Kapitels sind in Form von Tagebucheinträgen Niamhs Gefühle ausgedrückt. Sie rekapituliert darin ihre Sicht des Tagesablaufes. Das ergänzt das Kapitel, zeigt aber manchmal auch, dass Niamh manche Dinge anders sieht als ihre große Schwester.

Die Reise der Beiden ist so gut beschrieben, so dass man gerne diese Tour mit unternommen hätte. Nur manchmal fehlte mir bei all der Details doch etwas der Spannungsbogen.
Das Ende hat sich schon früh angedeutet und am Schluß ging es sehr schnell - das sind aber auch meine einzigen kleinen Kritikpunkte, denn ansonsten habe ich mich beim Lesen des Romans sehr wohl gefühlt, auch wenn es natürlich auch um eine ernstes Thema geht.
Aber die Autorin hat es geschafft, dass man mit den Personen mitfühlt und mithofft.

Fazit:
Lebendiger Erzählstil, warmherzige Protagonisten, ernstes Thema - ein Roman zum Mitfühlen

Bewertung vom 21.06.2017
Gescheiterte Flucht
Meinert, Michael

Gescheiterte Flucht


ausgezeichnet

1850, Schlesien. Oberförster Albert Grüning lebt in seinem einsam im Wald gelegenen Forsthaus, er gilt als Sonderling im Dorf. Er scheut Kontakt zu Freunden und Mitmenschen, seine Hausangestellte Trine hat es nicht leicht mit dem meist wortkargen und grantigen Chef.
Die Ruhe, in der Albert Grüning lebt, beginnt zu bröckeln, als ein Wilddieb in seinem Revier für Ärger sorgt. Immer wieder wird eines der Tiere in seinem Bezirk niedergeschossen, aber einfach liegen gelassen. Nur Spuren von genagelten Schuhen bleiben.
Und dann ist da auch noch die Sommerurlauberin Rahel von Bredow, die viel jüngere, gläubige Frau, ist die Erste, die ihn unvoreingenommen begegnet, nicht gleich abgeschreckt wird von seiner Art. Albert fühlt sich angezogen von ihr, das erste Mal seit den schlimmen Vorkommnissen in seiner Vergangenheit fängt er wieder an tiefe Gefühle zu entwickeln. Und just in diesem Moment taucht auch sein Erzfeind von früher wieder auf - von beiden Seiten ist der Rachedurst noch riesengroß.

"Gescheiterte Flucht" ist der Auftakt einer Romanreihe, die in Schlesien spielt und sich von 1850 bis ins Jahr 1920 ziehen wird. Erschienen sind bereits die Bände 1-4 der Hochwald-Saga, zwei weitere sollen noch folgen. Jedes Buch ist aber eine in sich abgeschlossene Geschichte, zusammen ergibt die Reihe eine Familienchronik.

Ich habe mit Band IV angefangen und habe nun - weil ich einfach begeistert von Schreibstil und Spannung, zusammen mit der Vermittlung des christlichen Glaubens war - angefangen, die Reihe von Beginn an zu lesen. Auch wenn (außer Rahel) alle Protagonisten hier völlig andere waren, ist es die Umgebung, das Forsthaus, das Wissen um eine Familienchronik in Verbindung mit dem Glauben, das was diese Hochwald-Saga eint.

Michael Meinert schafft es, dass die Protagonisten mehr sind als nur Worte in einem Buch, ich konnte sie mir sehr gut vorstellen, sie wirken lebendig und passen auch in die Zeit des 19. Jahrhunderts. Der ganze Kontext passt zum Zeitgeschehen. Man fliegt nur durch den Roman, denn es ist immer durch verschiedene Szenewechsel, durch Geheimnisse und spannenden Aktionen Bewegung mit im Geschehen. Die Protagonisten entwickeln und verändern sich - manche in die eine, mancher in die andere Richtung - alles bleibt authentisch. Nicht alles ist von Anfang an klar, vieles erklärt sich erst im Laufe des Lesens, auch das erhöht den Spannungsfaktor, genauso wie so manche lebensbedrohliche Situation. Es besteht bei der Hochwald-Saga eindeutig Suchtgefahr ! ;)

Vor allem die Vermittlung vom christlichen Glauben spielt bei den Büchern von Michael Meinert eine wichtige Rolle, so schafft er es lebendige Dialoge mit einzubauen, die auch dem Leser viel vermitteln können, Kraft geben und den Glauben stärken.

Fazit:
Spannung, abwechslungsreicher, lebendiger Schreibstil und gut charaktisierte Protogonisten machen den christlichen Roman zu einem Lesevergnügen !

Bewertung vom 14.06.2017
Everland
Hunt, Rebecca

Everland


ausgezeichnet

"Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns mit ihnen" (S. 170)

2 Expeditionen, die nach Everland, einer kleinen Insel in der Antarktis führen. Hundert Jahre, die dazwischen liegen. Auf den ersten Blick scheinen die Bedingungen komplett anders zu sein, doch im Laufe der Geschichte zeigt sich eines, die Menschen, die gezwungen sind auf engstem Raum zusammen zu leben, fangen an sich zu verändern. Abgeschiedenheit, Einsamkeit, Gefahren ..... am Ende zeigt sich, wie weit der Einzelne bereit ist sich für die anderen einzusetzen oder das eigenen Leben zu schützen.

1913 erkunden drei Männer die Insel, Napps, Millet-Bass und Dinners. Schon nach dem Verlassen des Mutterschiffes geraten die drei mit ihrem Boot in einen Sturm, der sie entkräftet. Sie schaffen es aber dennoch bis nach Everland. Doch das Schiff, dass sie verlassen haben, muss nach dem Sturm zur Reparatur und kommt erst nach vielen Wochen wieder. Den Überlebungskampf, den die drei führen werden, wird sie herausfordern, sie an alle Grenzen führen und als endlich das ersehnte Schiff wieder kommt, wird nur noch einer der Männer gefunden werden.
2012 sind es zwei Frauen, Jess und Brix, und ein Mann, Decker, die Everland für zwei Monate erkunden werden. Der Aufenthalt läuft geplanter ab, mit vielem technischem Equipment und mit Funkverbindung. MIt der Möglichkeit jederzeit zurück zu kehren. Im Kopf haben sie die Geschichten des Kapitäns des damaligen Mutterschiffes, der die Geschichte der drei Männer auf Everland überliefert hat und dessen Logbuch und Buch zu etlichen weiteren Büchern und Filmen als Vorlagen gedient haben.
Doch auch diese drei stoßen bald an ihre Grenzen und dann zeigt sich, wer wie reagiert.

"Er war wild, optimistisch und unbesiegbar gewesen, und er hatte nicht geahnt, dass diese sonnigen Tage...mit zu den glücklichsten seines Lebens gehören würden.Er hatte ihnen keinen Wert beigemessen. Andere Tage würden kommen, unzählige andere mehr. Er hatte nicht gewusst, dass alles, was man geben und nehmen konnte, einen Wert hatte, so wie die eigene Kraft oder das Versprechen auf Zeit." (S. 324f)

Die Männer der ersten Expedition sind sich schnell im Klaren, dass sie in diesem Überlebungskampf nur minimale Chancen haben. Diese Gewissheit fordert sie nicht nur körperlich heraus, sondern auch ihre Gedanken, Gefühle und ihr Miteinander. Diesen Kampf als Leser mitzuerleben, ist nicht immer leicht, die Geschichte berührt.


Abwechselnd erzählt die Autorin die Geschichte der beiden Expeditionen. Nach und nach enfaltet sich der gesamte Hintergrund. Der Überlebungskampf der ersten Expeditionen, die zwischenmenschlichen Reibereien und Probleme, aber auch die Hintergründe der Konstellationen beider Gruppen. Unterschwellig ist immer eine Spannung spürbar. Die Protagonisten sind psychologisch sehr gut angelegt worden, man fühlt und leidet mit ihnen. Man fragt sich automatisch, wie weit wäre man selbst gegangen ?

Einerseits ist die Geschichte sehr faszinierend, andereseits aber auch beklemmend. Grandios erzählt die Autorin, zeigt, dass vieles nichts so ist wie es scheint.
Das Buch hat mich gepackt, durch die wechslenden Erzählstränge bleibt es immer abwechslungsreich. Die vorhandenen Parallelen kristallisieren sich erst nach und nach heraus.

"Die Schwachen werden nicht von den Starken getragen, sondern reißen sie mit in die Tiefe" (S. 68),
aber manchmal entwickeln die Schwachen eine ungeahnte Stärke und die Starken zeigen Schwäche. Dies darzustellen - und zwar glaubhaft- ist eine Kunst, die die Autorin beherrscht.

Durch viele Dialoge und beschriebenen Aktionen entsteht ein flüssiger Erzählstil, der mich gepackt hat, so dass ich die über 400 Seiten schnell gelesen hatte.

Fazit:
Der Roman ist tiefgründig, spannend, facettenreich, überraschend, unterhaltsam, fesselnd und fordert auch den Leser heraus über so einiges Nachzudenken. Für mich ist das Buch eines meiner Lesehighlights 2017!

Bewertung vom 13.06.2017
Paradise Valley 1
Meier, Carlo;ZoomCrew

Paradise Valley 1


sehr gut

Lena ist gerade 16 geworden. An ihrem Geburtstag händigt ihr ein Notar ein seltsames Kästchen mit einem Brief und einem Amulett ihrer Mutter aus. Doch bevor Lena näheres in Erfahrung bringen kann, wird ihr das Amulett gestohlen. Gut, dass Tom mit seiner Filmkamera in der Nähe war und zufällig alles gefilmt hat. Tom ist hilfsbereit, zwar kennt er Lena bis dato noch nicht, aber für steht sofort fest, dass er helfen muss. Zusammen mit seiner Filmcrew, weiteren Jugendlichen, versucht er nicht nur das Amulett und den Räuber zu finden, sondern hilfte Lena auch das Geheimnis des Briefes und der Videokassette zu lüften.

Die Geschichte wirft viele Fragen auf, die nicht nur die Hauptprotagonistin beschäftigen, sondern auch den Leser. Warum ist Lena´s Mutter vor 12 Jahren verschwunden und hat Mann und ihre zwei Töchter zurück gelassen? Warum wird das Amulett gestohlen ? Was hat das Amulett für eine Bedeutung ?

Paradise Valley 1 ist der Auftakt einer neuen Jugendbuchreihe des Autors Carlo Meier. Diese Reihe hat er in Zusammenarbeit mit einer jungen Clique, die sich "Zoomcrew" nennt, entwickelt. Man merkt dem Werk seine jugendlichen Facetten an, es ist mit und für Jugendliche geschrieben worden.

Der Roman ist im Präsens geschrieben. Teilweise gibt es Passagen mit sehr kurzen Sätzen, manchmal lassen sich Sätze wie ein Drehbuch lesen. Manchmal gibt es aber auch rasante Actionszenen. Dazu ein Mix aus Spannung, Geheimnissen, Patchwork-Famiien-Problemen, Verliebtheit, Neugier, ein Hauch von kirchlichem Hintergrund, christlichen Werten, Filmdreh-Elementen und vielem mehr.

Das Buch ist nur der Auftakt einer Reihe, nicht alle Geheimnisse werden sofort gelöst. Dadurch wird die Lust und die Neugier auf die weiteren Bände geweckt.

Die Geschichte lässt sich flott lesen, nachdem man hinein gefunden hat, in die Protagonisten und den Erzählstil. Die Handlung ist von Anfang an spannend und so ist das 233 starke Werk, das gerade mal die Handlung von zwei Tagen umfasst, schnell gelesen.

Zielgruppe sind vor allem jugendliche Leser - und hier vor allem die, die vielleicht keine allzu dicken Schmöker lesen wollen. Hier sind die Sätze nicht verschachtelt, es wird mit knapper Sprache Spannung und Action erzeugt. Es umfasst die Genre Thriller und Mysterie und das ganz im jugendlichen Stil .

Das Buch wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.
Viele Infos zur Geschichte und rund um das kreative Team gibt es auch im Internet unter zoomcrew.net .

Bewertung vom 11.06.2017
Biete Krise, suche Glück
Foenkinos, David

Biete Krise, suche Glück


sehr gut

Bernhard ist 50 Jahre alt und steht vor dem Nichts. Seine Ehe ist gescheitert, sein Chef setzt ihn vor die Tür. Nachdem er eine Weile im Hotel gelebt hat, ist dies mangels Geldes auch keine Option mehr, wieder geht es ein Stück in seiner Abwärtsspirale hinunter, als er notgedrungen wieder bei seinen Eltern einzieht.

David Foenkinos hat es wunderbar geschafft diese tragische Geschichte mit Humor und wunderbaren Erzählwitz zu beschreiben, ohne dass sie ins Lächerliche abrutscht. Er schafft es diese gelungene Mischung aus Ernsthaftigkeit gepaart mit Slapstick, aus Tragik und Humor, aus Niederlagen, Überlebenswillen, Hoffnung und Neuanfang meisterhaft zu erzählen.

Bernhard steht dabei im Mittelpunkt. Aus seiner Sicht, in der Ich-Erzählperspektive, beschreibt Foenkinos die Gedanken, die Reaktionen, das Verdrängen, die Unfähigkeit. Immer mehr rutscht der Banker, der sich lange im Leben nur treiben lies, der keinerlei Eigeninitiative zeigte, der im Berufs- und Familienleben keinerlei Biss zeigte, wie schnell es gehen kann, wie schnell man aus allem rausgekickt werden kann. Und Bernhard kann sich nicht wehren. Es ist ein langer Prozess für ihn um das zu Lernen. Aber auch ein wichtiger Prozess. Er muss lernen das Leben wieder zu geniessen, eigene Wünsche zu haben, eigene Vorstellungen vom Leben und auch das Lachen und die Freude wieder zu entdecken.
Öfters habe ich über seine Art einfach nur den Kopf geschüttelt, manchmal laut gelacht, manchmal ihn bedauert oder einfach wollte man ihn einfach nur wachrütteln...Bernhard, der als Protagonist so erstarrt wirkt, weckt Gefühle und Emotionen beim Leser. Tolles Kopfkino vom Autoren, der diese Geschichte so wunderbar lebendig erzählt. Wenn man meint, es geht nicht noch schlimmer abwärts, dann setzt er noch eine Schippe obendrauf und dennoch schafft er es auch hinterher ein zufriedenstellendes Ende zu finden.

Es ist trotz aller ernsten Themen kein düsteres Buch, im Gegenteil. Gefallen haben mir die Wortspielereien, die gut beobachteten und analysierten Begebenheiten, die Menschenkenntnis, die Situationskomiken, die bildhaften Darstellungen, die Entwicklung der Protagonisten....eben einfach alles.
Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und hatte viel Vergnügen beim Lesen, auch wenn der Roman auch viel Stoff zum Nachdenken bietet.

"Biete Krise, suche Glück" ist eine Neuauflage des bereits unter dem Titel "Zurück auf los" erschienen Buches.

Fazit:

Gelungene Mischung aus Tragik und Humor, ein Roman mit ernstem Hintergrund vom Scheitern und Neuanfang - sehr gut erzählt!

Bewertung vom 31.05.2017
Das Leben fällt, wohin es will / Hamburg-Reihe Bd.4
Hülsmann, Petra

Das Leben fällt, wohin es will / Hamburg-Reihe Bd.4


ausgezeichnet

Marie ist das schwarze Schaf der Familie. Sie lebt nur in den Tag hinein, arbeitet mal hier mal da, zieht mit ihren Freunden gerne, oft und lang über den Kiez und mit der familieeigenen Werft will sie nichts zu tun haben. Doch einmal im Jahr - beim alljährlichen Frühlingsfest der Werft- erscheint auch sie, notgedrungen und zu spät. Nachdem ihr Vater, als Besitzer der Werft, sich nach gesundheitlichen Problemen weitgehend aus dem Firmenalltag herauszieht, leitet ihre Schwester Christine mit dem Geschäftsführer Daniel Behnecke die Firma. Maries Auftritt auf dem Frühlingsfest ist (fast) wie jedes Jahr: schrill, auffallend und einfach unmöglich.
Noch ahnt Marie nicht, wie schnell sich ihr Leben schon in der nächsten Woche ändern wird. Denn Christine erzählt ihr von ihrer Krebserkrankung. Sie braucht Marie jetzt für ihre Kinder Max und Antonia und in der Firma. So gerne Marie auch Christine zu Hause helfen will, in die Ahrenswerft geht sie nur widerwillig - gerade weil ihr Vater sie da auch nur haben will, damit sie "einfach nur repräsentiert" und nicht um Entscheidungen zu treffen.
Aber auch mit den Kindern und der kranken Christine läuft es nicht so einfach, wie Marie es sich gedacht hat. Und in der Firma setzt sie einfach auf stur und macht sich dort nicht nur beim Geschäftsführer Daniel so richtig unbeliebt.

Schon von Anfang an wird man von diesem neuen Roman von Petra Hülsmann gefesselt. Marie ist am Anfang auch für den Leser eher unsymphatisch, erst nach und nach blickt man bei ihr hinter die Fassade und lernt sie zu verstehen. Und Marie beginnt sich zu verändern und sich immer mehr und mehr zu öffnen. Doch wenn man glaubt, dass alles einfach, leicht und glatt vonstatten geht, der täuscht. Es bleibt immer spannend und abwechslungsreich.
Es gibt so viele Emotionen in diesem Buch, so vieles, was einen beim Lesen fesselt und man kann mit dem Lesen einfach nicht aufhören. Die Geschichte ist ein Wechsbad der Gefühle, sie strotzt vor Humor zum Lachen, aber es gibt auch viel Herzschmerz, Familien- und Freunde-Zwist, vielen Momenten, die auf die Tränendrüsen drücken und dazu ist der Roman noch abwechslungsreich geschrieben , mit diesem besonderen Erzählstil der Autorin, der mich immer wieder gefangen nimmt. Einmal angefangen, möchte man gar nicht mehr aufhören zu lesen !!! Die Bücher von Petra Hülsmann sind immer etwas ganz besonderes und dieses ist für mich eindeutig das Allerbeste !

Fazit:
Emotionen pur, abwechslungsreich, spannend. Ein Wohlfühlroman, der aber auch auf die Tränendrüsen drückt, Protagonisten, die so toll charakterisiert und beschrieben wurden, dass man nicht glauben kann, dass sie eigentlich nicht existieren.
Hundertzwanzig-Prozent Leseempfehlung !

6 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.05.2017
The Girl Before
Delaney, J. P.

The Girl Before


sehr gut

Ein Haus mit Regeln und Vorschriften.Nicht nur eine, sondern hunderte. Spartanisch, hoch technisiert und absolut hochwertig eingerichtet und ausgestattet. Der Besitzer, Architekt und Erbauer, Edward Monkford, wählt seine Mieter nach einem streng geregelten Bewerbungsverfahren selber aus.
Jane ist eine davon. Nach einer Totgeburt braucht sie dringend räumliche Veränderungen und vor allem eine, die sich sich leisten kann. Sie bewirbt sich für das Haus und wird genommen. Erst nach und nach erfährt sie, was vor drei Jahren in eben diesem Haus geschehen ist. Eine junge Frau, Emma, ist hier zu Tode gekommen. Mord, Selbstmord , Unfall ? Jane ähnelt jedenfalls der verstorbenen Emma äußerlich sehr und genauso wie Emma beginnt sie eine Affäre mit dem Besitzer. Immer größer wird die Gefahr für Jane genauso zu enden wie Emma.

Interessant und gut gemacht ist der abwechselnde Erzählstil. Immer wieder werden ähnliche Erlebnisse aus den verschiedenesten Lebenssituationen - abwechselnd aus Sicht von (damals) Emma und (jetzt) Jane erzählt. Auch wenn die Autorin die beiden Protagonistinen völlig unterschiedlich reagieren und agieren lässt, werden sie doch beide in die selben Erlebnisse verstrickt. Beide ähneln sich nur äußerlich, sie sind vom Charakter und der Handlungsweise und dem Hintergrund völlig verschieden. Doch sie beide wohnen bzw. wohnten in dem gleichen Haus und seitdem sind auch ihre agierenden Mitmenschen fast die selben. Wie sie ihre Schwerpunkte setzen, die verschiedenen Ereignisse einstufen, wie sie agieren - das wird hier sehr gut von der Autorin erzählt, da beides aus Sicht der jeweiligen Frauen erzählt wird. JP Delaney hat die beiden Frauen sich unterschiedlichen entwickeln lassen, in verschiedene Richtungen und das nicht zu offensichtlich für den Leser, immer nur ganz allmählich wird die Vergangenheit und die Geheimnisse dahinter gelüftet.

Der Schreibstil zwischen den jeweiligen Kapiteln der jeweiligen Protagonisten wechselt. So ist es z.B. bei Emma ein Fließtext ohne Anführungszeichen bei wörtlichen Reden, bei Jane sind die Dialoge gekennzeichnet.

Eine Grundspannung ist von Anfang an vorhanden. Je weiter die Geschichte voran schreitet, desto bedrohlicher und düsterer wird das Geschehen und dadurch steigt auch die Spannung. Von Anfang an ist nicht klar, was genau passiert ist und weshalb.
Erst am Ende wird das ganze Ausmaß aufgelöst. Auch wenn ich mit dem Schluß nicht ganz so 100 %ig zufrieden bin, habe ich das Buch sehr gerne und mit Spannung gelesen. Die abwechselnden Sichtweisen, die immer wieder überraschenden Wendungen, die aber logisch aufgebaut worden sind, haben den Krimi sehr unterhaltsam gemacht. Ob es ein Thriller ist, sei dahingestellt. Inhaltlich geht es nicht um viele Tote und viel Blut, aber es geht um psychologische Spiele, Geheimnisse und Spannung. Daher mag jeder Leser selber das Genre zuordnen .

Fazit;
Gute Unterhaltung mit einer guten Portion Spannung. Ein Buch, das ich sehr gerne gelesen habe.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.05.2017
Marschmusik
Becker, Martin

Marschmusik


ausgezeichnet

Erinnerungen an eine Kindheit und Jugendzeit. An eine Zeit, in der die Familie noch intakt war, der Vater am Leben und die Mutter noch nicht dement. Erinnerungen an eine Zeit mit großen Träumen und hohen Zielen. Als der Wunsch einst ein berühmter Posaunist zu werden noch den Alltag bestimmte und die Marschmusik im Musikzug nur der Anfang sein sollte. Erinnerungen an eine Zeit, als viele Menschen im Ruhrpott noch im Kohletagebau arbeiteten, bevor nach und nach die Zechen schlossen. Spurensuche in der Heimat, Spurensuche nach den Geschichten aus der Vergangenheit - bevor es zu spät ist.


„Du fährst in die Welt und weißt Bescheid, sagte Hartmann, schade nur, dass du nicht weißt, wie man die eigene Haustür aufschließt.“ (Zitat S. 27).

Der (namenlose) Protagonist fühlt sich wohlsituiert, glücklich, er hat alles was man zum täglichen Leben braucht. Doch er scheint zu "schweben", im fehlt die Bodenhaftung. Die Familie in der er groß wurde, hat sich "auserzählt" - glaubt er. Doch dann kommt Hans Hartmann, ein früherer Freund und Kollege seines Vaters und überzeugt ihn nachzuforschen, zu hinterfragen, sich Bilder anzuschauen und Geschichten zu hören.

Der Ich-Erzähler berichtet, erzählt. Man fühlt sich als Leser wie, als würde man ein persönliches Tagebuch lesen, in dem Protagonist festgehalten hat, wie alles begann, wie es dazu kam und was geschah und warum, nachdem er sich entschlossen hatte seine eigenen Wurzeln zu suchen.

Das Buch ist in drei Teile gegliedert, „Unter Tage“, „Im Schacht“ und „Über Tage“.

Während sich der erste Teil vor allem in der Jetzt-Zeit abspielt, in der der Protagonist, der anders als seine seine Brüder vor der Heimat und dem Rest der Familie geflohen ist, erzählt, wie er sich aufrafft um für einige Tage die Mutter zu besuchen. Dabei zählt er die Tage, die Stunden bis er wieder entfliehen kann. Es geht um die Jugendzeit der Eltern, der Kohletagebau, aber auch um die eigenen Träume.

Im zweiten Teil geht es um den Besuch unter Tage, das Kennenlernen des Schachts, wie war es, was bleibt ? Eine Ära, die in Deutschland zu Ende geht.

Im dritten Teil erzählt der Autor linearer, hier geht es vor allem um die Kindheit und Jugendzeit, beginnt mit der Geburt des Protagonisten und endet aber auch wieder in der Jetzt-Zeit.Manches wiederholt sich in diesem Abschnitt, gerade eine Szene kurz vor der Geburt des Erzählers scheint mir vollständig gedoppelt.

„Was meinst du, sage ich, wird in einigen Jahren noch sein ? Wenn es das Haus nicht mehr gibt ? Was bleibt uns dann noch ? Wenn alles weg ist außer den Fotos und außer den Geschichten ?“ (Zitat S. 272). Fragen, die sich viele stellen. Ein Lauf der Zeit, der nicht aufzuhalten ist. Der Protagonist ist auf die Suche gegangen, bevor es zu spät war.

Jeder Teil hat seinen eigenen Klang, seinen eigenen Rhytmus. Zusammen bilden sie die Geschichte , sie passen zueinander. Einmal eingelesen passt auch die Erzählweise. Man muss sich einlesen auf den Fließtext, in dem wörtliche Rede nicht in Anführungszeichen gesetzt wurde, indem - gerade im ersten Abschnitt - die Zeiten zwischen Jetzt-Zeit und Vergangenheit häufig und nur durch einen kurzen Absatz getrennt, wechseln. Aber dran bleiben an der Geschichte lohnt sich.

Es ist Roman, der sich viel mit Vergangenheit beschäftigt, mit Wurzeln, eine Zeitreise zurück in die 80er und 90er Jahre. Der Protagonist ist im Roman 1982 geboren worden, genauso wie der Autor, der in einem Interview mit der WAZ sagt: „Das Buch hat schon sehr viel mit mir zu tun. Zugleich ist es aber auch ein wunderbares Spiel. An den entscheidenden Stellen ist es ein Roman.“ (WAZ, 08.03.2017).

Fazit:

Ein Roman der leisen, doch tiefen Töne. Ein Buch, bei dem man sich selbst erinnert. Eine Geschichte, die in vielen Bereichen doch fast jeden von uns beschäftigt. Heimat. Familie. Vergangenheit und das was bleibt.