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⇢ Ich bin: Ex-Buchhändlerin, Leseratte, seit 2012 Buchbloggerin, vielseitig interessiert und chronisch neugierig. Bevorzugt lese ich das Genre Gegenwartsliteratur, bin aber auch in anderen Genres unterwegs. ⇢ 2020 und 2021: Teil der Jury des Buchpreises "Das Debüt" ⇢ 2022: Offizielle Buchpreisbloggerin des Deutschen Buchpreises

Bewertungen

Insgesamt 735 Bewertungen
Bewertung vom 20.03.2015
Die Schatten der Vergangenheit / Touched Bd.2
Jackson, Corrine

Die Schatten der Vergangenheit / Touched Bd.2


sehr gut

Schnell und spannend geht es weiter in Corrine Jacksons origineller Welt, in der seit Jahrhunderten ein verborgener Krieg tobt zwischen den "Heilern" und den "Beschützern". Ich fand auch in diesem Band die Ideen der Autorin wieder sehr packend und einfallsreich! Keine "stinknormalen" Vampire, Werwölfe und Dämonen weit und breit...

Das Tempo ist rasant, die Ereignisse überschlagen sich und spitzen sich immer weiter zu. Remy und ihre Familie schweben in tödlicher Gefahr, und beim Versuch, mehr über Remy und ihre besonderen Fähigkeiten herauszufinden, geraten Asher und Remy mitten hinein in noch unheilvollere Machenschaften. Sie müssen aufs Äußerste gehen, an den Rand dessen, was sie ertragen können - und darüber hinaus. Da konnte ich das Buch nur schlecht weglegen, um so unwichtige Dinge zu tun wie Essen, zur Arbeit Gehen oder Schlafen!

Remy benimmt sich wieder extrem selbstlos und aufopfernd, was ja eigentlich positive Eigenschaften sind, mir dieses Mal aber oft einfach zu weit ging, um für mich noch glaubhaft zu sein. (Oder hat sie einen Märtyrerkomplex?) Außerdem fand ich etwas verstörend, wie oft Remy Grausames erdulden muss - sie wird gewürgt, getreten, geschlagen, gefoltert; ihr werden Knochen gebrochen und die Haut zerschnitten. Das Buch suhlt sich für meinen Geschmack zu sehr in ihrer enormen Leidensfähigkeit! Ja, diese gehört zu ihren besonderen Fähigkeiten, aber dennoch hätte es doch nicht so genüsslich ausgewalzt werden müssen...? Ich persönlich möchte einfach nicht immer und immer wieder lesen, wie grausam die Hauptfigur gequält wird - es wird auf Dauer auch langweilig.

Trotzdem war mir Remy wieder sympathisch, und mir gefiel auch ihr trockener Humor nach wie vor sehr gut. Außerdem hatte ich wirklich den Eindruck, dass sie an ihren Erlebnissen wächst und eine starke junge Frau ist!

Asher blieb für mich ein bisschen blass, dafür gewann sein Bruder Gabe in diesem Buch deutlich an Persönlichkeit. Er gefiel mir von Kapitel zu Kapitel besser und ist jetzt sogar mein erklärter Lieblingscharakter, denn er entwickelt ganz ungeahnte Tiefen.

Die Liebesgeschichte fand ich wieder süß und rührend, auch wenn sie dieses Mal haarscharf an etwas vorbeischrappt, was ich normalerweise überhaupt nicht mag... Mehr will ich nicht sagen, um nicht zu viel zu verraten, aber ich denke, ihr werdet sehen, was ich meine!

Remys kleine Familie ist immer noch warmherzig und großartig, und als neuer Charakter wird in diesem Band Remys Großvater Franc eingeführt, den sie aufsucht, um mehr über ihre Fähigkeiten zu lernen. Über ihn will ich noch nicht zu viel erzählen, aber er ist ein komplexer Mann, der die ein oder andere unerwartete Wendung auslöst. (Ob zum Guten oder zum Bösen, das müsst ihr selber rausfinden!)

Der Schreibstil hat mir nicht mehr so gut gefallen wie im ersten Band. Ich hatte einfach den Eindruck, dass die Metaphern manchmal arg überstrapaziert werden und auch nicht immer stimmig sind. So kracht Remy zum Beispiel zu Boden wie ein Herbstblatt im Wind... Er las sich jedoch immer noch flüssig und angenehm.

Es gab meines Erachtens ein paar kleinere inhaltliche Ungereimtheiten, die ich aber nicht sehr störend fand.

Fazit:
Im zweiten Band der "Touched"-Trilogie spitzen sich die Ereignisse dramatisch zu, und Remy begibt sich auf der Suche nach Antworten in ungeahnte Gefahr. Mir war sie in diesem Band oft zu übertrieben selbstlos - fast schon mehr Fußmatte als die starke junge Frau, die sie eigentlich ist... Auch der Schreibstil hat mich nicht mehr ganz so überzeugt wie im ersten Teil, aber dennoch fand ich das Buch spannend, unterhaltsam und gut zu lesen.

Bewertung vom 20.03.2015
Malala. Meine Geschichte
Yousafzai, Malala;McCormick, Patricia

Malala. Meine Geschichte


ausgezeichnet

Wer nicht gänzlich die Augen und Ohren vor der Welt verschlossen hat, weiß, wer sie ist, diese intelligente, tapfere junge Frau: Malala Yousafzai, die jüngste Friedensnobelpreisträgerin der Geschichte.

Schon als Kind aktivierte sie sich für die Bildungsrechte der Frauen. Im zarten Alter von 11 Jahren führte sie für den BBC ein Internettagebuch, in dem sie über das Terror-Regime der Taliban im SWAT-Tal berichtete.

Im Oktober 2011 richteten sich dann endgültig die Augen der Welt auf die damals 15-jährige, als sie auf dem Weg zur Schule von Taliban-Kämpfern in den Kopf geschossen wurde. Es sollte eine öffentliche Exekution sein, eine gnadenlose Bestrafung, eine abschreckende Demonstration der Macht des Terrors. Malalas "Verbrechen" bestand alleine darin, dass sie als Mädchen auf ihrem Recht auf Bildung bestand und dieses Recht öffentlich für alle Mädchen einforderte, und diese Hinrichtung sollte der Welt zeigen, dass der Taliban das niemals dulden würde.

Doch Malala überlebte, und mehr noch, sie versteckte sich nicht verängstigt, sondern führte ihren Kampf für Bildung weiter. Was der Taliban als Vernichtungsschlag geplant hatte, führte nur dazu, dass Malalas Stimme umso lauter auf der ganzen Welt gehört wurde.

Nun aber zum Hörbuch:

Die Sprecherin ist sehr gut gewählt - ihre Stimme ist eindringlich, vermittelt wunderbar Malalas jugendlichen Elan, ihren Humor und ihre für ein junges Mädchen so beeindruckende Weisheit.

Und Malalas Geschichte verdient es, gehört zu werden, in ihren eigenen Worten. Man hört in den Nachrichten so viel über den Terror, das Schreckensregime des Taliban... Das hat mich schon immer betroffen, wütend und ratlos gemacht, aber erst durch Malalas Erzählungen habe ich wirklich einen lebendigen Eindruck vom tagtäglichen Leben der Menschen gewonnen, die unter dem Schatten dieses Terrors leben müssen.

Denn trotz allem ist Malala doch auch einfach nur ein Mädchen, das ein Recht hatte auf eine unbeschwerte Kindheit - das mit seinen Freundinnen lieber über Bella und Edward geplaudert hätte als über den Terror. Ihre Worte haben sie mir sehr nahe gebracht, gerade weil sie so deutlich zeigen, dass Malala keine politische Gallionsfigur ist, sondern eine echte junge Frau aus Fleisch und Blut, die die gleichen Träume und Hoffnungen hat wie Mädchen auf der ganzen Welt.

Ihre Geschichte bringt dem Zuhörer eindringlich nahe, dass sie es nicht verdient hat, diese Träume und Hoffnungen nicht ausleben zu dürfen - und dass kein Mädchen das verdient hat, egal welcher Kultur, welcher Religion, welcher Hautfarbe, welcher Staatsangehörigkeit.

Fazit:
Malalas Geschichte ist es mehr als wert, gehört zu werden, und der Verlag hat sie auch wunderbar als Hörbuch umgesetzt. Das ist mehr als nur Politik oder Geschichte, das ist ein Stück Leben, erzählt von einer mutigen, intelligenten jungen Frau.

Bewertung vom 18.03.2015
Devil's River
Thiemeyer, Thomas

Devil's River


sehr gut

Thomas Thiemeyer erzählt in diesem Buch eine sehr originelle, komplexe Geschichte und verbindet dabei Thrillerspannung mit einem Hauch Fantasy, mehr als einer Prise Horror und viel indianischer Mythologie. Sowas kann fürchterlich schiefgehen, ergibt hier aber in meinen Augen eine großartige, stimmige Mischung! (Jedenfalls meistens, aber dazu gleich mehr.)

Der Autor schmeißt den Leser direkt mitten rein in die Geschichte, und er holt aus jeder Situation das Höchstmaß an Spannung heraus. Dabei hat er ein besonderes Gespür dafür, leisen, prickelnden Grusel aufzubauen, der auch ohne viel Gemetzel auskommt. Was nicht heißen soll, dass es nicht manchmal auch blutig wird, denn das wird es...

Die Geschehnisse wirkten auch mich meist sehr echt und lebendig - meist.

Denn für mich funktionierte der Teil der Geschichte, der in der Vergangenheit spielt, deutlich besser als der Handlungsstrang in der Gegenwart. Mehr als einmal habe ich mich dabei ertappt, dass ich einen enttäuschten Stoßseufzer ausstieß, wenn ich in der Kapitelüberschrift die Jahreszahl 2015 las - ich wollte eigentlich immer nur wissen, wie es 1878 weitergeht, und zwar sofort!

Und das lag sicher größtenteils an den Charakteren, die mir in der Vergangenheit deutlich abwechslungsreicher und stimmiger erschienen als in der Gegenwart.

1878 folgen wir River, einer sehr starken, sympathischen jungen Frau, die entschlossen ihren eigenen Weg geht, obwohl sie als Weiße unter Indianern nie vollständig akzeptiert wurde. Durch sie lernen wir die indianische Kultur ein wenig kennen, was mir sehr gut gefallen hat.

Sie hat mich immer wieder damit überrascht, dass sie mutige, ungewöhnliche Entscheidungen trifft - wie z.B. die, sich einen drogensüchtigen Massenmörder als Reisegefährten zu erwählen!

Tja, und Nathan, der besagte Massenmörder... Er ist interessant, komplex, widersprüchlich, gequält, und der Autor schafft es, einem ein Stück weit Verständnis und vielleicht sogar Mitgefühl für ihn abzuringen - was meines Erachtens ein Beweis dafür ist, dass er wirklich gut schreiben kann.

In der Gegenwart haben wir dagegen Eve, die junge Studentin, die in den Aufzeichnungen ihrer Großmutter über Rivers Geschichte liest. Sie ist eher schwach und unentschlossen, sie sitzt alles nur aus, statt zu handeln. Sie ist mit einem Mann verlobt, für den sie nur lauwarme Gefühle hat (und für den ich als Leser ebenfalls nur lauwarme Gefühle hatte), sie leidet unter ihrer herrischen Mutter, lässt sich dann aber doch immer wieder von ihr unterbuttern...

Diese ist ein zutiefst unsympathischer Charakter - selbstherrlich, engstirnig und oberflächlich, und dabei in meinen Augen etwas eindimensional.

Erste gegen Ende des Buches durchleben Eve und ihre Mutter eine Wandlung, eine Weiterentwicklung, aber das war für mich einfach zu wenig, zu spät.

Für mich hätte das Buch genauso gut, wenn nicht sogar besser, funktioniert, wenn es sich ausschließlich auf Rivers Geschichte konzentriert hätte - denn die ist großartig! Aber auch so hat mir das Buch im Ganzen sehr gut gefallen, denn die Geschehnisse 1878 bieten alleine schon genug Interessantes und Spannendes.

Der Schreibstil ist sehr angenehm, einfallsreich und bildlich. Der Autor ist grandios darin, eine bedrohliche Atmosphäre aufzubauen, und er hat ein Auge für interessante Details, die eine Szene richtig zum Leben erwecken.

Fazit:
Im Jahr 1878: die junge River, die unter Indianern aufgewachsen ist, zieht los, ihren Stamm zu rächen, und wird dabei unterstützt von dem drogensüchtigen Massenmörder Nathan. Im Jahr 2015: die junge Eve erbt die Aufzeichnungen ihrer Großmutter, die Rivers Geschichte erzählen, und lernt dabei auch mehr über ihre Familie und sich selbst.

Der Autor erzählt das Ganze originell und spannend in Form eines stimmungsvollen Mystery-Thrillers, mit einem großartigen Schreibstil und viel Gänsehautgefühl. Trotz kleiner Kritikpunkte eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 11.03.2015
Nachruf auf den Mond
Filer, Nathan

Nachruf auf den Mond


ausgezeichnet

Als Erstes möchte ich direkt sagen: "Nachruf auf den Mond" ist ein Juwel. Ein ungewöhnliches, außergewöhnliches Buch, das den Leser fordert, ihm aber auch viel bietet und dabei auch noch unterhaltsam ist.

Matthew erzählt seine Geschichte ungefiltert und authentisch, oft spricht er den Leser dabei sogar direkt an - eine Erzähltechnik, die ich normalerweise nicht mag, die Nathan Filer aber meisterhaft einsetzt und die hier einfach stimmig ist. Matt wiederholt sich, er drückt sich oft unbeholfen aus, vorsichtig und penibel, aber der Schreibstil hat dadurch etwas fast schon Hypnotisches. Ich fand ihn grandios.

"Ich kann jetzt nicht darüber sprechen. Ich habe nur eine Chance, es richtig darzustellen. Ich muss aufpassen. Ich muss es sorgfältig auspacken, nach und nach, damit ich es schnell wieder zusammenfalten und einstecken kann, falls es mir zuviel wird."

Wenn er über andere Menschen spricht, weist Matthew immer wieder darauf hin, dass er nicht mit Sicherheit wissen kann, was sie in einer Situation gedacht oder gefühlt haben. Freimütig gibt er zu, dass der Leser die Geschichte aus einer sehr subjektiven Perspektive erzählt bekommt, noch dazu von jemandem, dessen Wahrnehmung der Welt durch seine Schizophrenie stark verzerrt ist.

Er springt zwischen den Zeiten, als wäre er sich selber nicht sicher, was Vergangenheit ist und was Gegenwart. Und auch das funktioniert einfach, denn es versetzt den Leser unmittelbar in Matthews Leben, in seine einzigartige Sicht der Ereignisse. Eindringlicher und fesselnder kann man meiner Meinung nach über eine psychische Erkrankung nicht schreiben.

Dabei fand ich sehr bedrückend, was für ein Bild der Autor vom Gesundheitssystem zeichnet - wie herabwürdigend das Leben für jemanden sein kann, der sozusagen durch das Netzt gefallen und jetzt auf Institutionen angewiesen ist, die chronisch unterbesetzt sind und gar nicht mehr die Möglichkeit haben, auf jeden Patienten wirklich einzugehen.

Matthew ist sicher kein einfacher Mensch, aber ich hatte immer den Eindruck, dass er - soweit es ihm möglich ist! -, mitfühlend, hilfsbereit und liebevoll handelt, und dass es nur die Krankheit und die Trauer sind, die ihn manchmal dazu bringen, sich zornig und verletzend zu verhalten. Deswegen bin ich ihm gerne durch seine Erinnerungen gefolgt, auch durch die schmerzlichen, und ich war immer auf seiner Seite und habe ihn im Stillen angefeuert.

Auch die anderen Charaktere fand ich sehr interessant und komplex, wie zum Beispiel die Mutter, die gefangen scheint zwischen dem Wunsch, Matthew zu umsorgen, und einem unterschwelligen Groll gegen ihn, weil er überlebt hat und sein Bruder nicht.

Sehr interessant fand ich auch die Aufmachung des Buches, denn immer mal wieder benutzt der Autor Schriftart und Formatierung, um einen Gedanken auch bildlich darzustellen.

Fazit:
"Nachruf auf den Mond" ist ein eindringliches Buch über Trauer, Schuld und eine heimtückische psychische Erkrankung - aber es ist auch ein hoffnungsvolles Buch über Liebe, Vergebung und das Weiterleben. Der Schreibstil hat etwas Magisches, und Matthew ist ein Protagonist, dem man einfach gebannt zuhören muss.

Es ist sicher ein anspruchsvolles Buch, aber davon muss sich niemand abschrecken lassen, denn es ist auch sehr unterhaltsam und flüssig zu lesen. Die Geschichte lebt von ihren Gefühlen, von Matthews emotionalem Wachstum, aber das ist alles andere als langweilig - ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen.

Bewertung vom 09.03.2015
Zimtküsse
Selek, Deniz

Zimtküsse


gut

Sahra fühlt sich gefangen zwischen zwei Kulturen, denn ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater dagegen Türke. Sie kommt sich immer nur vor wie etwas Halbes, nie etwas Ganzes - irgendwie immer wie eine Außenseiterin, ob jetzt in Köln oder Istanbul.

"Dreckstürken" sagt sie einmal, und schließt sich selber direkt in das Schimpfwort mit ein.

Die Autorin beschreibt eindringlich und überzeugend Sahras Gefühlswirrwarr, der nur noch schlimmer wird, als sich auch noch ihre Eltern trennen und sie sich von ihrer besten Freundin verraten fühlt.

Für mich war Sahra eine sehr glaubhafte, authentische Hauptfigur, und ich fand sie auch sehr sympathisch. Ja, manchmal kann sie ein bisschen zickig sein, aber sie ist ja auch ein Teenager in einer schwierigen Situation! Da fand ich das ganz normal und auch verzeihlich.

Auch viele von den anderen Charakteren haben mir gut gefallen, wie zum Beispiel Sahras Großmutter. Diese ist noch sehr verwurzelt in alten Traditionen und mehr als nur ein bisschen abergläubisch, aber auch warmherzig, intelligent und einfühlsam genug, um Sahra genau die Anstöße zu geben, die sie in ihrem Gefühlschaos braucht.

Die Mutter kommt meiner Meinung nach zu kurz. Ich hätte gerne mehr darüber gelesen, wie es dazu kam, wie sich jetzt dabei fühlt, wie sie sich die Zukunft vorstellt...


Mir hat gut gefallen, wie viele Details über das alltägliche Leben in der Türkei die Autorin einfließen lässt; man bekommt einen lebhaften, bunten Einblick in eine ganz andere Kultur.

Sie schneidet aber auch ganz andere Themen an, von normalen Teenagersorgen bis hin zu außergewöhnlichen Problemen. Pickel, Liebeskummer, lesbische Mutter... Eine originelle Mischung, die dennoch authentisch und glaubwürdig bleibt.


Allerdings machte die Geschichte in meinen Augen nach einem dichten, temporeichen Start erstmal eine Vollbremsung und dümpelte danach lange Zeit vor sich hin... Ich hatte den Eindruck, dass die eigentliche Handlung sich auf Anfang und Ende konzentriert, und sich die Geschichte im Mittelteil etwas zieht.

Der Schreibstil hat zwischendurch immer mal wieder leise, poetische Momente wie diesen:

Zitat:
"Langsam drehe ich meinen Kopf zur Schlafzimmertür. Sehe meine Mutter weinend auf dem Bett sitzen. Mit einer Hand die Tränen wegwischen, die unter ihren geschminkten Augen zu dunklen Schlieren werden. Schlussstriche im Gesicht."

Gerade die Szenen in Istanbul sind oft sehr bildhaft und atmosphärisch geschrieben, und dabei kein bisschen schwülstig oder übertrieben. Ich konnte die Szenen immer gut vor meinem inneren Auge sehen!

Und dennoch ist der Schreibstil mein größter Kritikpunkt, denn so schön und poetisch er sein kann, so abgehackt und geradezu nüchtern ist er auch über lange Passagen, mit extrem kurzen, einfachen Sätzen.

Die Liebesgeschichte steht eigentlich gar nicht im Mittelpunkt, denn im Grunde geht es ja um Sahras Probleme mit ihren Eltern und ihre kulturelle Zerrissenheit. Aber ich fand sehr glaubwürdig, wie unsicher Sahra sich über ihre eigenen Gefühle ist, denn so ist das in dem Alter eben...

Richtig berühren konnte mich die Liebesgeschichte allerdings nicht; sie wirkte auch mich etwas konstruiert und vor allem das Ende wirkte auch mich zu bemüht und aufgesetzt.

Fazit:
Eine Geschichte über ein Mädchen, das seinen Platz im Leben noch nicht gefunden hat - unsicher bahnt sie sich ihren Weg zwischen zwei ganz unterschiedlichen Kulturen und hat dabei noch ganz andere Sorgen. Krach mit der besten Freundin, eine Mutter, die auf einmal eine Frau liebt... Die Autorin erzählt Sahras Erlebnisse authentisch und lebensnah, mit vielen lebendigen Einblicken in die türkische Kultur.

Leider hatte ich meine Schwierigkeiten mit den oft extrem kurzen, einfachen Sätzen und der lauwarmen Liebesgeschichte, dennoch würde ich das Buch jungen Leserinnen zwischen 12 und 16 Jahren empfehlen, die gerne einmal etwas über türkische Kultur erfahren wollen oder vielleicht selber einen Migrationshintergrund haben.