Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
MaWiOr
Wohnort: 
Halle

Bewertungen

Insgesamt 3573 Bewertungen
Bewertung vom 17.09.2022
Leben am Meer. Entlang der Ostsee.
Kulinna, Martin

Leben am Meer. Entlang der Ostsee.


ausgezeichnet

Die Ostsee und ihre mannigfaltige Küstenlandschaft sind nicht nur ein gefragtes Urlaubsziel sondern auch ein beliebtes Fotomotiv. Den Fotografen Martin Kulinna (1962 in Waren a. d. Müritz geboren) interessieren aber weniger die Sehenswürdigkeiten und die üblichen Urlaubsmotive. Seit 30 Jahren zieht es ihn immer wieder an das Mare Baltikum. Ihn reizt das Spiel der Elemente: Wasser, Himmel, Erde … und vor allem interessieren ihn die Menschen, die hier leben und arbeiten. So zeigen zahlreiche Aufnahmen ihren Alltag.

Und so hat Kulinna nach der Wende 1989/90 alle Anrainerländer der Ostsee besucht und ausgewählte Orte und Motive mit der Kamera festgehalten und das ausschließlich in SW-Fotografien. Der vorliegende Bildband ist in Länder-Kapitel unterteilt, die jeweils mit einer zweisprachigen (dt./eng.) persönlichen Betrachtung eingeleitet werden – von Finnland über die baltischen Länder, Polen und Deutschland bis Schweden. Es sind meist Bilder von einer großen Ruhe und Kraft; sie zeigen den Charakter des jeweiligen Küstenabschnittes. Im Bildteil der Neuerscheinung tragen die Fotos keinen Titel, sie sprechen auch so für sich. Erst im abschließenden Index finden sich kurze Bildunterschriften.

Fazit: Der eindrucksvolle Bildband ermöglicht einen persönlichen Zugang zur Ostsee und ihrer Landschaft.

Bewertung vom 16.09.2022
Walter Kempowski
Hempel, Dirk

Walter Kempowski


ausgezeichnet

Der literarische Chronist Walter Kempowski (1929-2007) gehört seit Jahrzehnten zu den meistgelesenen deutschen Gegenwartsautoren. Bekannt wurde der Schriftsteller vor allem durch sein Werk „Echolot", das in zehn Bänden Tagebuchaufzeichnungen, Briefe und andere Dokumente aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs zu einer historischen Collage verdichtete. Dabei war Kempowskis Lebensweg exemplarisch für die deutsche Geschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Dirk Hempel, langjähriger Mitarbeiter von Walter Kempowski, hatte 2004 anlässlich des 75. Geburtstags Kempowskis eine „bürgerliche Biographie“ vorgelegt, die nun nach fast zwanzig Jahren dankenswerter Weise wieder im Pantheon Verlag erschienen ist. In elf Kapiteln erzählt Hempel von der Kindheit und Jugend in Rostock, von der Inhaftierung in Bautzen, wo Kempowski wegen angeblicher Spionage acht Jahre im berüchtigten DDR-Zuchthaus verbrachte, von der Übersiedlung in die Bundesrepublik nach seiner Begnadigung, wo er eine weitere Enttäuschung erlebt, denn der Status des politisch Verfolgten wird ihm aberkannt. 1956 beginnt Kempowski ein Studium an der pädagogischen Hochschule Göttingen, danach nimmt er eine Lehrertätigkeit in der niedersächsischen Provinz auf.

Parallel zu seinem Lehrerberuf treibt Kempowski in dieser Zeit auch seine schriftstellerischen Vorhaben voran. Als erstes literarisches Projekt wird 1969 der Haftbericht „Im Block“ veröffentlicht. Nebenbei betreibt er die Rekonstruktion der eigenen Familiengeschichte, ehe er mit seiner „Deutschen Chronik“ und dem „Echolot“-Projekt beginnt, für die er eine späte Anerkennung erhält. Auch mit dieser bemerkenswerten Biographie wird Kempowskis Rang in der deutschen Literaturgeschichte entsprechend gewürdigt.

Bewertung vom 15.09.2022
Doktor Schiwago
Pasternak, Boris Leonidowitsch

Doktor Schiwago


ausgezeichnet

Der Roman „Doktor Schiwago“ erzählt die Lebensgeschichte des russischen Arztes und Dichters Juri Andrejewitsch Schiwago. Boris Pasternaks episches Liebesdrama gehört zu den bedeutendsten Romanen des 20. Jahrhunderts. Der Protagonist ist im Zarenreich aufgewachsen, erlebt in Moskau den Ausbruch der Revolution. Alle Hoffnungen auf eine Karriere werden von der neuen Ordnung zerstört, daher beschließt Schiwago, sich auf ein Landgut zurückzuziehen. Doch das Familienidyll gerät ins Wanken, als er die Krankenschwester Lara wiedertrifft, die er in einem Lazarett kennenlernt hatte. Er steht jetzt zwischen zwei Frauen, zwischen Tonja, die er von klein auf kennt und später geheiratet hat, und Lara, in die er sich leidenschaftlich verliebt und mit der er glückliche Tage im Ural verlebt.

Besonders eindrucksvoll ist die epische Schilderung der Weite und Schönheit der russischen Landschaft. 1958 wurde Pasternak der Literaturnobelpreis verliehen, den er jedoch aus politischen Gründen nicht annehmen konnte. Der Roman erschien 1957 auf italienisch; eine russische Ausgabe konnte erst 1989 veröffentlicht werden.

Die vorliegende Hörspielfassung (Laufzeit ca. 4 Std.) ist eine Gemeinschaftsproduktion von WDR, NDR, SWR und RIAS Berlin aus dem Jahr 1958. Als Erzähler fungiert Gert Westphal, während Ludwig Cremer die Rolle des Romanhelden spricht. Andere SprecherInnen sind u.a. Joana Maria Gorvin (Lara), Klausjürgen Wussow, Lola Müthel oder Bernhard Minetti. In dem 20seitigen Booklet beleuchtet die Schriftstellerin Katerina Poladjan, welche Fragen Pasternak mit seinem Roman der Gegenwart stellt. Die Slawistin Julia Kursell informiert zudem über die Biografie von Boris Pasternak.

Bewertung vom 13.09.2022
Buddenbrooks
Mann, Thomas

Buddenbrooks


ausgezeichnet

Der Roman „Buddenbrooks“ von Thomas Mann erzählt vom langsamen Niedergang einer ursprünglich wohlhabenden und angesehenen Lübecker Kaufmannsfamilie. Das Buch trägt daher den Untertitel „Verfall einer Familie“. Über vier Generationen hinweg verfolgt der Autor und spätere Nobelpreisträger die Geschichte der Patrizierfamilie, ihren Weg vom blühenden Getreidehandelshaus bis zum Untergang mit dem Tod des letzten männlichen Nachkommens, des schwächlichen kleinen Hanno, der seinem Wesen nach kein Kaufmann, sondern eine Künstlernatur ist. Am Beispiel dieser Familie wird die Entwicklung des deutschen Bürgertums von der Zeit der Aufklärung bis zum Spätkapitalismus der Gründerzeit eingefangen. Die „Buddenbrooks“ ist einer der erfolgreichsten und meist übersetzten deutschsprachigen Romane.

Die vorliegende Hörspielfassung (Laufzeit ca. 8 Std.) aus dem Jahr 1965 ist eine Produk-tion des Hessischen Rundfunks und Radio Bremens (Regie Wolfgang Liebeneiner). Als Erzähler fungiert der bekannte Sprecher Gert Westphal und als Sprecher sind u.a. Hans Tügel, Lotte Brackebusch, Dieter Borsche oder Horst Tappert zu hören. Das 28seitige Booklet vermittelt hilfreiche Informationen zur damaligen Produktion, zum Autor, Regisseur und den SprecherInnen. Abschließend gibt der Literaturwissenschaftler Burkhard Moennighoff eine Einführung in den Roman. Ergänzt wird die Neuerscheinung durch einen Stammbaum der Familie Buddenbrook, was den Überblick über die weit verzweigte Familie erleichtert.

Bewertung vom 13.09.2022
Zeichnen im Zeitalter Goethes

Zeichnen im Zeitalter Goethes


ausgezeichnet

Mit dem Erwerb des Goethe-Hauses in Frankfurt/M. durch das Freie Deutsche Hochstift im Jahr 1863 begann auch der Aufbau einer Kunstsammlung. Zunächst war es eine unsystematische Ansammlung von Büchern, Bildern und Erinnerungsstücken an Goethe und umfasste auch dessen künstlerische Arbeiten auf Papier. Die Zeugnisse der bildenden Kunst wurden erworben, um die Epoche Goethes umfassend dokumentieren zu können. Heute umfasst die Graphische Sammlung rund 16.000 Blatt, wobei sie einen spezifischen Bezug zu Goethe und seiner Zeit aufweist.

Anlässlich der großen Sonderausstellung „Zeichnen im Zeitalter Goethes macht das Freie Deutsche Hochstift im Deutschen Romantik-Museum vom 27. August bis 6. November 2022 einige Schätze dieser Sammlung aus dem Depot sichtbar. Zeichnungen und Aquarelle von über 60 Künstlern und Künstlerinnen machen mit dem faszinierenden Ideenreichtum sowie der technischen und motivischen Vielfalt der Zeichenkunst um 1800 bekannt.

Im Hirmer Verlag ist der reich illustrierte Begleitkatalog zu dieser bemerkenswerten Ausstellung erschienen. Im Essayteil beleuchten renommierte KunstwissenschaftlerInnen zunächst die erstaunliche Bandbreite der zeichnerischen Ausdrucksformen im 18. und 19. Jahrhundert. So verweist der Kunsthistoriker Johannes Grave auf die enge Verwandtschaft der Kulturtechnik des Zeichnens und Schreibens hin, während sich der Kunsthistoriker Steffen Egle mit den Zeichenanleitungen der Goethezeit beschäftigt. Um 1800 überschwemmte eine ganze Flut dieser Publikationen den Buchmarkt.

Im Katalogteil werden dann die 110 Ausstellungsstücke in ganzseitigen Abbildungen und in kompakten Informationen vorgestellt – aufgeteilt in acht thematische Kapitel. Die Spannweite der Künstler reicht dabei von Johann Heinrich Lips (1791 porträtierte der Schweizer Kupferstecher Goethe in Weimar), über Moritz von Schwind, Johann Ludwig Ernst Morgenstern (u.a. Porträt von Cornelia Goethe), Adam Friedrich Oeser, Johann Christian Reinhart, Daniel Nikolaus Chodowiecki, Ludwig Richter bis hin zu Lovis Corinth – und natürlich Johann Wolfgang von Goethe.

Fazit: Ein grandioser Katalog mit wissenschaftlicher Fundierung.

Bewertung vom 12.09.2022
Die Gesellschaft des Abendsterns / Fabelheim Bd.2
Mull, Brandon

Die Gesellschaft des Abendsterns / Fabelheim Bd.2


ausgezeichnet

Im zweiten Band der neuen Fantasy-Reihe erleben die beiden Geschwister Kendra und Seth weitere außergewöhnliche Ereignisse. Auch außerhalb von Fabelheim werden sie von der geheimnisvollen „Gesellschaft des Abendsterns“ beobachtet. Die mystische Gesellschaft will unbedingt das mächtige magische Artefakt rauben, das in den Tiefen der Wälder von Fabelheim verborgen ist. Und damit ist es erneut an den mutigen Geschwistern, Fabelheim zu verteidigen – und das drohende Ende der Welt abzuwenden!

Der zweite Band ist wieder fesselnd geschrieben. Es treten jede Menge interessante Figuren auf und zum Ende hin kommt es noch zu einem großen Showdown, der es wirklich in sich hat. Dem Autor ist es gelungen, immer wieder unerwartete Wendungen in das Buch einzubauen und auch wieder mit neuen und frischen Ideen aufzuwarten.

Bewertung vom 12.09.2022
Fabelheim Bd.1
Mull, Brandon

Fabelheim Bd.1


sehr gut

Die Geschichte um Fabelheim ist der Auftaktband einer neuen Fantasy-Reihe. Die beiden Geschwister Seth und Kendra sollen ihren Sommerurlaub bei ihren Großeltern verbringen. Ihre Freude hält sich allerdings in Grenzen, denn beide befürchten so richtig langweilige Ferien. Als die beiden in Fabelheim, so heißt das Gut der Großeltern, ankommen, scheint sich ihr erster Eindruck zu bestätigen.

Doch dann soll sich alles ändern. Bald nach ihrer Ankunft tauchen sie in die magische Welt von Fabelheim ein, eines der letzten Refugien vom Aussterben bedrohter magischer Wesen. Fabelheim ist gewissermaßen ein Asyl für magische Wesen, die hier endlich friedlich miteinander leben. Die Großeltern sind die Verwalter des Anwesens und sorgen für einen reibungslosen Ablauf und für Schutz. Hilfe und Unterstützung bekommen sie dabei von der Haushälterin Lena und dem Knecht Dale. Seth und Kendra schließen sogar Freundschaft mit einigen mystischen Gestalten.

Der Auftakt der neuen Fantasy-Reihe (für LeserInnen ab zwölf Jahre) ist vielversprechend und so darf man auf die Fortsetzung gespannt sein.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.09.2022
Hinter dem Schnee
Fombelle, Timothée de

Hinter dem Schnee


ausgezeichnet

Es sind seltsame und doch berührende Zufälle, die an diesem Weihnachtsabend zwei Menschen und eine Schwalbe zusammenführen. Da ist der einsame Eiswagenfahrer Freddy mit frischer Ware von Italien nach England unterwegs. Am selben Abend macht sich eine Schwalbe aus Afrika auf den weiten Weg in die Kälte des Nordens. Durch Zufall, die Schwalbe hatte einen Stromausfall bewirkt. entdeckt Freddy im Laderaum seines Lasters einen Flüchtling, der sich dort bei minus zwanzig Grad versteckt hat. Schließlich sitzen sie bei Kerzenschein und einer Dose Ravioli gemeinsam am Tisch.

Eine ungewöhnliche und doch aktuelle Weihnachtsgeschichte, die mit farbenkräftigen Bildern von Thomas Campi illustriert ist.

Bewertung vom 11.09.2022
zu sein / das haus / auf dem weg
abramowski, günter

zu sein / das haus / auf dem weg


ausgezeichnet

Günter Abramowski hat bereits mehrere Lyrikbände veröffentlicht – fast im Jahrestakt. Nun mit der Neuerscheinung „zu sein das haus auf dem Weg“ Gedichte, die präzise und eindringlich sind und manchmal an philosophische Gedanken erinnern. Die Gedichte mit der bildhaften Sprache spiegeln die Lebenserfahrungen des Autors wider und gewähren dem Leser zugleich einen ungewöhnlich tiefen Blick in das Seelenleben des lyrischen Ichs. Immer wieder wandelt Abramowski mit seinen Gedichten auf dem schmalen, zerbrechlichen Grat unseres Daseins, zwischen Glück und Niedergeschlagenheit, Sein und Vergänglichkeit – so in dem Gedicht „heimat“:

die ereignisse meines lebens mir
unsere geheimen wahrheiten & lügen
bewusstsein führt vor
wissen des alten im kinde
erinnerte liebe heimat
wo soll ich hin mit dir

Es finden sich aber auch Naturbeschreibungen und Gesellschaftskritik in seinen Gedichten, die sich durch Zeitlosigkeit und zeitgemäße Aktualität auszeichnen. Meist sind es jedoch leise und nachdenkliche Töne, die angeschlagen werden. Hier ist Schreiben Befreiung und Sinnsuche zugleich. Man kann das schmale Gedichtbändchen auf jeder Seite aufschlagen, stets findet man einen Anstoß zum Sinnieren und Bedenken.