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La Calavera Catrina

Bewertungen

Insgesamt 649 Bewertungen
Bewertung vom 01.07.2022
Das Antiquariat der verlorenen Dinge
Mahr, Daphne

Das Antiquariat der verlorenen Dinge


ausgezeichnet

Es werden abenteuerliche Sommerferien für die 16-jährige Clara, als sie von München nach Lyon reist, um ein Praktikum in einem alten Antiquariat zu beginnen. Dort befindet sich nämlich die Buchbinderwerkstatt ihres verstorbenen Großvaters, der ihre Leidenschaft für alte Bücher entfachte. An diesem Ort fühlt sie sich wohl und mit ihm verbunden. Den 17-jährigen Théo, der bei seiner Tante zu Besuch ist, erlebt sie anfangs als verschlossen. Seine ganze Aufmerksamkeit gehört seinem Smartphone. Doch Clara weckt sein Interesse, als sie von ihren nächtlichen Beobachtungen berichtet und ein seltsames Prickeln erlebt, das sie zu einem magischen Geheimnis führt.

Besonders das erste Drittel hat es mir angetan. Ich mochte die verstaubte Atmosphäre des Antiquariats, die Einblicke in die Welt eines Buchbinders, die sympathische Tante Yvette und die geheimnisvollen Ereignisse, in dieser für Clara aufregenden Bücherwelt am Anfang eines Sommers. Die Ich-Perspektive von Clara ist genau richtig, um das Gefühl zu haben, man wäre dabei, was der anschauliche Schreibstil unterstreicht. Am Ende mancher Kapitel findet man Zitate und Briefe von verschiedenen Figuren aus dem Buch, die Geheimnisse preisgeben und von der Liebe zu Büchern erzählen. Sehr schöne Details, die das Buch wunderbar abrunden. Abgesehen vom Prolog wird die Geschichte geradlinig erzählt, was es ermöglicht, entspannt der Handlung zu folgen und einfach abzutauchen. Dabei wechseln sich spannende, romantische, erklärende und gedankenverlorenen Szenen mit Clara und Théo ab, während sie auf einem abenteuerlichen Trip durch Frankreich den magischen Geheimnissen auf die Spur kommen und versuchen, ihre Verfolger abzuschütteln. Ganz natürlich und erzählerisch mitreißend, überzeugt die Autorin Daphne Mahr mit magischer Kreativität rund um Bücher, französischem Flair, interessanten Charakteren, kurzen Kapiteln und einem runden Ende.

Bewertung vom 17.06.2022
Not all heroes wear capes
Brooks, Ben

Not all heroes wear capes


ausgezeichnet

Ben Brooks geht der Frage nach, was Helden und Heldinnen eigentlich ausmacht. Dafür hat er seine ganz eigene Definition gefunden: „Ein Held ist jemand, der in einer besseren Welt leben möchte und beschließt, selbst aktiv zu werden, um diesen Wunsch wahr zu machen.“ Dazu hat Brooks in elf Kapiteln zehn Ratschläge zusammengetragen, die für mutige Selbstentfaltung und soziales Engagement stehen. Ergänzt durch zahlreiche Heldengeschichten aus dem Leben, teilt er auch persönliche Anekdoten. Brooks berichtet, wie Kunst über Kriminalität triumphiert oder ein fast 100-jähriger Mann mit seinem Wohltätigkeits-Song die Charts dominiert.

Der Erzählstil ist locker, humorvoll und aufmunternd. Damit trifft Brooks den richtigen Ton, bei dem sich kleine Leser:innen auf Augenhöhe angesprochen fühlen. Mit Aussagen, wie „…niemand könnte jemals ein besseres Du sein als du“, findet Brooks ermutigend Worte, die das kindliche Selbstwertgefühl stärken. Die zahlreichen inspirierenden Geschichten eröffnen dann ganz neue Perspektiven, was alles möglich ist. Sie regen dazu an, sich der eigenen Talente und Stärken bewusst zu werden, Chancen zu erkennen, egal wie klein sie sind, und sich auszuprobieren, ohne das Ergebnis zu fürchten. Die Gestaltung ist abwechslungsreich und unterhält mit Comics und kreativen Schriftbildern, die zum Nachmachen einladen. Man fühlt sich beim Lesen angespornt, für einen guten Zweck aktiv zu werden und die vielen positiven Geschichten der Menschen geben Hoffnung. Brooks fördert gemeinschaftliches Denken, um sich einander zu helfen und die Welt ein Stückchen besser zu machen.

Fazit: Ein bestärkendes Buch für Kinder, das zum Nachdenken anregt und dazu ermutigt, selbst etwas zu bewirken. Unterhaltsam geschrieben und anschaulich gestaltet - absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 17.06.2022
Flug 416
Newman, T. J.

Flug 416


sehr gut

Kapitän Bill Hoffman übernimmt kurzfristig den Coastal Airways Flug 416 von Los Angeles und ahnt noch nichts von der dramatischen Entwicklung seines Fluges, als er die Maschine betritt. Terroristen drohen per Anruf seine Familie zu töten, sollte er sich weigern, das Flugzeug zum Absturz zu bringen. Doch hat Bill wirklich eine Wahl? Oder haben die Entführer einen Plan B, falls Bill nicht mitspielt? Das Vertrauen sinkt, die Angst steigt und schließlich lässt sich das Drama auch vor den Passagieren nicht mehr verbergen.

Klingt spannend? Ist es auch! Der Spannungsbogen steigt stetig an und greift auf klassisch konstruierte Mittel zurück, wie einem Albtraum, der als Einsteig dient oder sich ausdehnende Sekunden vor einem Ereignis. Erzählt wird aus drei abwechslungsreichen Perspektiven. Dadurch erhält man Einblicke in das Geschehen an Bord der Maschine und das Verhalten der Crew, sowie der Entführung von Bill`s Familie und den Ermittlungen am Boden. Mir hat gefallen, dass es nicht ganz so patriotisch wurde, wie ich es aus zahlreichen Hollywoodfilmen gewohnt bin, in denen es um Flugzeugentführung und Terrorismus geht. Der Handlungsrahmen bleibt allerdings eingeschränkt. Wenige Personen stehen mit ihren Gefühlen im Mittelpunkt. Die Emotionen und Gedanken der Passagiere hätten vermutlich den Rahmen gesprengt. Die Figuren sind angemessen oberflächlich und außergewöhnlich gefasst. Die hohe Spannung mit ihren überraschenden Twists hält konstant das Lesevergnügen.

Fazit: Ein nervenaufreibender Thriller mit angespannter Atmosphäre und hohem Spannungsniveau, den man mit großer Wahrscheinlichkeit nicht aus der Hand legen kann.

Bewertung vom 03.06.2022
Billy Backe und der Wilde Süden / Billy Backe Bd.3
Orths, Markus

Billy Backe und der Wilde Süden / Billy Backe Bd.3


ausgezeichnet

Markus Orths begeistert mit seinen Büchern Kinder und Erwachsene gleichermaßen, denn nicht nur seine, vor Wortwitz und Fantasie sprühenden, Kinderbücher erreichen Groß und Klein. Deshalb waren wir sehr gespannt auf "Billy Backe und der wilde Süden“ - unser Einstieg in die Reihe und bereits der dritte Band.

Die kleine Personenvorstellung und der Hinweis auf vergangene Abenteuer reichte völlig aus, um in die Geschichte einzusteigen. Die skurrilen Figuren sind großartig und sorgen für viel Gelächter. Zum Schluss waren wir uns sowieso einig, die Anfänge von Billy Backe unbedingt nachzulesen. Neben den bekannten Figuren, gibt es auch eine Vielzahl neuer skurriler Gestalten, denen Billy Backe und seine Freunden, bei ihren verrückten Abenteuern, begegnen. In der ersten Geschichte verfällt der Schrönk in einen tiefen Schlaf und seine Freunde unternehmen alles, um ihren schlummernden Freund wieder aufzuwecken. Auch in der zweiten Geschichte spielt der Schrönk die zentrale Rolle: von Heimweh geplagt, macht er sich mit seinen tapferen Freunden auf den Weg in den Wilden Süden, um seinen Opa zu finden.

Der Schreibstil ist eine großartige Spielerei aus Worten und unterstreicht den tollen Humor, der sich auch in zahlreichen Anspielungen finden lässt. Ein paar lustige Reime, fantasievolle Namen sowie tolle farbige Illustrationen sorgen für Abwechslung. Und Billy Backe glänzt als Ich-Erzähler in einem lockeren und vertrautem Ton. Die Handlung ist spannend und lustig. Zusammenhalt und Abenteuerlust werden im Walle-Wacke-Land großgeschrieben. Das Vorlesen macht großen Spaß, wenn man sich nicht an neuen Wortkreationen stört, wie Trost-Brot oder Quaddeldipapp.

Billy Backe aus dem Walle-Wacke-Land lädt zu einem neuen Abenteuer mit einer bomben Stimmung ein. Das dürfen sich alle „Freunde der knallenden Hosen“ nicht entgehen lassen. Hier stehen neben der Handlung auch die Möglichkeiten der Sprache im Vordergrund, das ermutigt Kinder zu einem kreativen Umgang mit Worten. Sehr empfehlenswert. Besonders gut zum gemeinsamen Vorlesen geeignet. Lesespaß garantiert!

Bewertung vom 03.06.2022
Ein unendlich kurzer Sommer
Pfister, Kristina

Ein unendlich kurzer Sommer


ausgezeichnet

Wer einen sommerlichen Roman sucht, der das Sommerfeeling beim Lesen weckt und eine gefühlvolle Geschichte über Freundschaft und Liebe verspricht, ist mit dem Roman „Ein unendlich kurzer Sommer“ nicht nur für den nächsten Sommerurlaub bestens gewappnet.

Dich erwartet eine bewegende Geschichte, über Veränderung im Leben, das Loslassen und wie das Schicksal Menschen zusammenführt und zusammenhält - berührend, aber nicht deprimierend. Aus mehreren Perspektiven geschrieben, in einem mitreißendem und vielfältigem Stil, schließt man die Protagonisten ins Herz und kommt fließend durch die Handlung, die ihren Fokus auf Menschlichkeit und stimmige Atmosphäre setzt. Passender Humor und beinahe poetische Sprache runden diesen Roman ab, dessen Handlung sich durch eine ruhige Erzählweise und Authentizität hervortut. Es sind die einzelnen Schicksale, ihre inneren Spuren der Vergangenheit und das Potential, was daraus entsteht, sowie das wendungsreiche Geschehen, was das Buch so lesenswert macht.

Ich mochte die Geschichte sehr - auch das Ende - und fühlte mich beim Lesen an die Sommer auf dem Campingplatz versetzt. Auch nach dem Beenden des Buches, blieben die Protagonisten und ihre Eigenarten in meinen Gedanken. Ein Roman der, trotz schwerer Themen, sommerliche Leichtigkeit versprüht und sich für alle Jahreszeiten eignet. Wirklich sehr empfehlenswert.

Bewertung vom 03.06.2022
Unser Sommer am See
Huppertz, Nikola

Unser Sommer am See


ausgezeichnet

Die Familie Emmerich macht Sommerurlaub auf dem Krähenriegel in einem abgeschiedenem Ferienhaus im Bayrischen Wald. Es ist das erste Mal für den nachdenklich Vater Claus, dass er ohne seine kontrollsüchtige Ex-Frau, mit den Kindern wegfährt und natürlich geht schief, was schiefgehen kann. Agda ist die Große und eine zukünftige Wing Tsun-Kämpferin. Ihr Bruder Nick liebt Abenteuer und kann die wilde und freie Zeit kaum erwarten. Jula ist die jüngste der Kinder und eine Quell zauberhafter Fantasie. Es wird ein bisschen skurril, witzig, spannend und geheimnisvoll. Die Geschwister erwartet ein Urlaub voller Überraschungen, neuer Freunde und Mutproben.

Nikola Huppertz erschafft durch die abwechslungsreiche Erzählweise ein lebendiges Bild der ganzen Familie und wechselt gekonnt zwischen zeitgleichen Szenen, was die Spannung noch erhöht. Sie nutzt anschauliche Metaphern, um die Gedankenentwicklung ihrer Protagonisten darzustellen, und lässt mit ihrer bildlichen Sprache den Sommer lesend erspüren und erleben. Diese Vielfalt zeigt das Geschehen nicht nur aus Kindersicht, sonder bezieht auch die Erwachsenen-Blickwinkel mit ein, was das Buch auch für Ältere interessant macht.

Schöne regional authentisch bayrische Sommergeschichte über drei Geschwister, ihren verpeilten Vater und einen unvergesslichen Urlaub im Bayrischen Wald. Mehr wird nicht verraten - lest selbst.

Bewertung vom 13.05.2022
Einsamkeit überwinden - Freunde gewinnen
Weinig, Silke

Einsamkeit überwinden - Freunde gewinnen


ausgezeichnet

Was erwartet einen konkret?
Im ersten Teil geht es darum, das Gefühl der Einsamkeit und das Bedürfnis dahinter besser zu verstehen. Daran knüpft der zweite Teil an, der zur Selbstreflexion dient: das Selbstmitgefühl stärken, selbstführsorglicher mit sich umgehen und herausfinden, was man verändern möchte. Hier sorgen Tests für Abwechslung, die zeigen, wie man die eigene Einsamkeit einordnen kann und was einen als Freund oder Freundin auszeichnet. Man muss also erstmal bei sich selbst anfangen, bevor es um andere geht. Der dritte Teil behandelt ausführlich das EASE-Programm, indem es u.a. um eine optimistische Haltung und konkrete Handlungsschritte geht. Silke Weinig setzt auf Authentizität, Selbstbewusstsein, Zuversicht und Vertrauen, um den Grundstein für bereichernde Begegnungen zu legen.

Meine persönliche Meinung:
Besonders gefällt mir die übersichtliche Gliederung, die hohe Qualität von Buch und Inhalt und der ermutigende Schreibstil. Es wird einfühlsam auf die Individualität der Wahrnehmung von Einsamkeit eingegangen und es geht nicht darum, sich zu optimieren. Die kompakte Darstellung umfassender Zusammenhänge lädt zum erneuten Nachschlagen ein und man fühlt sich motiviert, aktiv zu werden. Außerdem kann man die erlernten Methoden und Praktiken auch auf andere Bereiche des Lebens anwenden, was das Buch zu einer wertvollen Quelle macht, bei dessen Lektüre man sich verstanden und gestärkt fühlt. Es ist auch toll, dass auf die Wiederbelebung von alten Freundschaften eingegangen wird und die Bedeutung von Small Talk einen positiven Anstrich erhält.

Fazit:
Es geht darum, von innen heraus stärker zu werden und aus sich raus zu kommen. Der Ratgeber ist ein toller Anschubser, auch für Schüchterne und Introvertierte, die in den letzen Jahren aufgrund von Lebensumständen oder der Pandemie aus der Übung sind, Kontakt aufzunehmen. Dann ist dieser ermutigende Ratgeber eine wertvolle Unterstützung, für die eigene Bestandsaufnahme und Überwindung der Einsamkeit.

Bewertung vom 13.05.2022
Gefundenes Fressen
Haebel, Fabio;Hrdlicka, Jan;Deharde, Olaf

Gefundenes Fressen


ausgezeichnet

„Rausgehen, die Natur genießen und ihre Schätze auf den Teller holen.“

Die drei sympathischen Freunde Fabio, Olaf und Jan haben ein inspirierendes Kochbuch in lockerem Stil für alle vier Jahreszeiten geschrieben, indem sie ihre Begeisterung für die Natur, genussvolle Rezepte und nachhaltigen Konsum teilen. Sie möchten ihre gesammelten Erfahrungen weitergeben, nachhaltige Beschaffungsmöglichkeiten aufzeigen und für den Weg vom Lebewesen zum Lebensmittel sensibilisieren. Das Sammeln, Jagen und Zubereiten von Kräutern, Pilzen, Fisch und Fleisch steht dabei im Vordergrund. Man lernt das Bevorraten, Trocknen, Einsalzen, Fermentieren, Mazerieren und Einkochen, findet viele weiterführende Tipps und Webseiten, tolle Fotografien und kurze Infoguides zu Pilzen oder Wildpflanzen.

Ich mag die persönliche Note und hochwertige Ausstattung des Buches sehr. Die bebilderten Rezeptvorschläge überzeugen bereits optisch. Die 60 Gerichte und alkoholischen Getränke eignen sich prima für den besonderen Anlass und sind mit ihrem leichten Schwierigkeitsgrad auch für Anfänger machbar.

Fazit: Ein edle Geschenkidee für Genussmenschen und Kochbegeisterte Jäger und Angler, alle mit genügend Eigeninitiative, die bewusst nachhaltige Lebensmittel konsumieren möchten und nach außergewöhnlichen Rezepten und Inspiration suchen. Lädt zum Schmökern und Genießen ein und macht bereits beim Durchblättern viel Freunde.

Bewertung vom 13.05.2022
Sei wie ein Baum!
Gianferrari, Maria

Sei wie ein Baum!


ausgezeichnet

Die Autorin Maria Gianferrari wurde zu "Sei wie ein Baum!" von dem Buch "Das geheime Leben der Bäume"von Peter Wohlleben inspiriert. Herausgekommen ist eine wunderschöne Hommage an Bäume und
das Ökosystem des Waldes, begleitet von der Frage: Was können wir als Gesellschaft von den Bäumen lernen? Damit beginnt eine spannende Reise, bei der man sich auf jedes Umblättern freut, in großer Erwartung, was als nächstes kommt: anmutig füllen die Bäume die Seiten, begleitet von Kindern oder Tieren, die für Gemeinsamkeiten stehen, die Anwesenheit der knorrigen Riesen genießen oder die Umgebung entdecken. Ergänzt werden die eindrucksvollen Bilder von Texten, die manchmal etwas holprig geraten sind, aber mit wenigen Worte alles Wichtige vermitteln.
Felicita Sala hat es geschafft, das waldige Netzwerk kreativ lebendig werden zu lassen, die vielfältige Schönheit der unterschiedlichsten Bäume einzufangen und ein warmes Gefühl vom Miteinander zu erzeugen. Dabei inspiriert sie mit harmonischer Farbwahl und dichter Atmosphäre. Auf den letzen Seiten findet man, neben einer Anmerkung der Autorin, u.a. Tipps, um Bäume zu schützen und es wird die Anatomie eines Baum erklärt, ergänzt, mit Literatur und Webseiten zum Weiterlesen. Die hochwertige Qualität des Buches, insbesondere die stabile Papierauswahl und einer Doppelseite zum Ausklappen, runden das positive Lesehighlight ab. Ich finde das Ergebnis zauberhaft und kann dieses gelungene Bilderbuch nur empfehlen.

Bewertung vom 13.05.2022
Auf dem Gipfel wachsen Chinanudeln
Tienti, Benjamin;Kiefer, Sebastian

Auf dem Gipfel wachsen Chinanudeln


sehr gut

Der elfjährige Elmo ist ein interessanter Charakter und trägt die Geschichte. Man hat ein bisschen Mitleid mit ihm, weil er soviel Pech zu haben scheint, obwohl sich meistens alles zum Guten fügt. Aber er ist clever, zielstrebig, fantasievoll und hat mit seiner Schwester Nelly jemanden, die ihm den Rücken frei hält, wenn die Mutter wieder Überstunden in ihrem Späti macht. Nach Monaten der Trauer verlässt Elmo das Bett, lernt Idefix, einen ganz besonderen Hund kennen, dessen Gedanken er in seinem Kopf zu hören scheint, und begegnet daraufhin ungewöhnlichen Menschen und bekommt schließlich seinen ersten richtigen Fall. Das ist fortan seine Mission, die perfekte Ablenkung, um seinem Vorbild, Meisterermittler Rufus Rockefeller nachzueifern und die erlernte Recherchekunst anzuwenden.

Mir hat gut gefallen, wie das Thema Tod und Trauer so sensibel eingeflochten wurde. Es steht nicht im Fokus, spielt aber eine entscheidende Rolle. Elmo verarbeitet den Tod seines Bruders und bekommt Panikattacken, immer wenn er am Unfallort vorbeikommt. Etwas Besonderes, insbesondere in Kombination mit einer Detektivgeschichte. Sogar eine Behinderung wird thematisiert. Doch es ist zu keiner Zeit deprimierend, sondern eher interessant zu beobachten, wie Elmo damit umgeht und Unterstützung bekommt. Dabei ist Elmo auch ein Vorbild, wenn es darum geht, sich einzugestehen, dass man einen Gang zurückschalten muss, wenn sich eine emotionale Notlage einstellt: „Ich glaube, ich klink mich mal ganz kurz aus.“

Der Erzählstil ist herrlich erfrischend, punkig, spielerisch und regional authentisch. Das Autoren-Duo Sebastian Kiefer und Benjamin Tienti zoomen aus Szenen heraus, wodurch sich erst nach und nach ein erzählerisches Bild aufbaut. Das macht das Lesen abwechslungsreich und spannend. Obwohl eigentlich noch garnicht so viel passiert, gibt es eine Menge zu erfahren. Die Nebenfiguren sind interessant und lebendig. Die Dialoge sind witzig und frech. Da mir die Geschichte gut gefallen hat, finde ich den Schluss sehr schade. Leider wird nicht ersichtlich, dass es sich überhaupt um den Auftakt einer Reihe handelt. Dafür sind die letzten Seiten dann ein ordentlicher Cliffhanger. Erzählerisch zwar spannend inszeniert, aber bietet nur ein unbefriedigendes Ende. Ich bin aber sehr gespannt auf die Fortsetzung und mochte die erfrischenden Figuren und Ideen. Es macht wahrscheinlich mehr Spaß, mit der Reihe zu beginnen, wenn die Fortsetzung schon erschienen ist, und man alles am Stück lesen kann.