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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
heinoko
Wohnort: 
Bad Krozingen

Bewertungen

Insgesamt 588 Bewertungen
Bewertung vom 07.04.2019
Deathland Dogs
Brooks, Kevin

Deathland Dogs


weniger gut

Sammlung langatmiger postapokalyptischer Grausamkeiten
Kälte, Hass, Grausamkeiten, Brutalität und keine Zeichensetzung – so sieht also ein Jugendbuch aus? Ich wüsste gerne, wie Vierzehnjährige urteilen, falls sie die 540 Seiten Finsternis und Langeweile überhaupt durchhalten.
Worum es geht: „Jeet ist ein sogenanntes »Dogchild«: Aufgewachsen bei den Deathland Dogs, lebt er seit einigen Jahren wieder unter den Menschen. Doch immer noch sind die Deathland Dogs für ihn seine eigentliche Familie, ihre Instinkte schlummern weiterhin in ihm. Als es zum Kampf zwischen seinen Leuten und dem benachbarten Clan der Dau kommt, soll Jeet sich mittels seiner als »Dogchild« erworbenen Fähigkeiten in die Siedlung der Dau einschleusen. Sein Auftrag: Material für den bevorstehenden Kampf sicherzustellen. Dadurch gerät er unversehens ins Zentrum des Konflikts und ist sich seines Lebens nicht mehr sicher. Doch für eine Flucht ist es bereits zu spät…“
Ja, es handelt sich um eine Dystopie, und zwar eine von der brutalsten Sorte. Die Geschichte spielt nach unserer Zeit, lange nach unserer Zeit. Die Welt, wie wir sie kennen, ist zerstört. Es gibt nur noch wenige Menschen, die sich im Überlebenskampf und auf der Suche nach Nahrung auf das Brutalste bekriegen. Und deren einziges Ziel erfolgreicher Kampf ist. Da mit der Zivilisation der Menschen auch jegliche Bildung verloren ging, können nur noch ganz wenige lesen und schreiben. Um dies „abzubilden“, wird im Buch auf jegliche Kommasetzung verzichtet. Naja, da kommt mir natürlich sofort der Gedanke, wer überhaupt noch heutzutage korrekte Zeichensetzung beherrscht… Abgesehen vom Inhalt bringen die etwas langatmige Erzählweise und die sehr detaillierten, jegliche Spannung vernichtenden Darstellungen keinerlei Lesespaß. Nein, diese Sammlung sinnfreier postapokalyptischer Überlebenskämpfe ohne Zeichensetzung ist kein Jugendbuch. Aber es ist auch kein Erwachsenenbuch. Es ist meiner Meinung ein Buch, das das Lesen nicht wert ist.

Bewertung vom 23.03.2019
Das Feuer der Erde
Aldan, Leo

Das Feuer der Erde


ausgezeichnet

Unermesslich spannender Reißer mit ernstem Kern
Das ist mir schon länger nicht passiert, nämlich ein Buch nahezu nonstop gelesen zu haben. Von Seite zu Seite stieg mein Puls – an Lesepause war gar nicht zu denken!
Den Inhalt gibt der Klappentext recht gut wieder: „Rund um die antarktische Platte registrieren Seismographen merkwürdige Schwingungen. Erdbeben erschüttern Neuseeland und Chile. Eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes kündigt sich an. Doch niemand, weder Wirtschaftsbosse noch Politiker, will Georginas Warnungen glauben. Mit einem Mal sieht sich die junge Wissenschaftlerin inmitten eines weltweiten Komplotts aus Machtgier und Manipulation. Jayden Turkov, ein skrupelloser Industrieboss, der den Energiesektor ganzer Kontinente beherrscht, setzt alle Hebel in Bewegung, um sie auszuschalten. Viel Zeit bleibt Georgina nicht, um die Umweltkatastrophe und damit den Tod von Millionen Menschen zu verhindern. Sie trifft eine folgenschwere Entscheidung …“
Das Buch kam mir vor wie einer der gut gemachten, immer nach gleichem Muster gestrickten amerikanischen Katastrophen-Filme, in denen ein Einzelschicksal gegen Urgewalten oder außer Kontrolle geratene Züge oder nicht mehr steuerbare Flugzeuge kämpft. Da wird dem Leser eine Protagonistin als sehr sympathisch und klug so sehr nahe gebracht, dass man mit ihr schmerzlich hofft und bangt. Und dann gibt es eine sich anbahnende, stetig näherrückende Katastrophe, der sich diese mutige Protagonistin als Einzige entgegenstellt. Und so finden sich allerlei Klischees in diesem Buch, wie zum Beispiel die fähige Sekretärin, die „hässlich wie ein Sumoringer“ ist, während die unfähigeren Damen eine Augenweide sind. Aber es gibt auch wunderschöne Beschreibungen, wie zum Beispiel sich aufbauende Wolken, die „wie eine Armee verärgerter Dschinns, die aus ihrer Flasche entweichen,“ aussehen. Auf jeden Fall ist das Buch gekonnt geschrieben, packend und unermesslich spannend, was durch das Stilmittel der knackig kurzen Kapitel noch intensiviert wird. Mit seinem unheilvollen Szenario in einer sehr nahen fiktiven Zukunft möchte es all denen, die nach wie vor glauben, wir könnten wie eh und je so weitermachen wie bisher, vor Augen führen, wie extrem gefährdet unsere Welt, wie wir sie kennen, ist.
Ein über die Maßen reißerisches Buch, ja, aber genau darin liegt seine Chance, auch die chronisch Uninteressierten zu erreichen.

Bewertung vom 18.03.2019
1793 / Winge und Cardell ermitteln Bd.1
Natt och Dag, Niklas

1793 / Winge und Cardell ermitteln Bd.1


sehr gut

Gewalt, Ekel und Abscheu im Übermaß
Das Cover verheißt ein besonderes Buch. Und das ist es in der Tat, ein besonderes Buch. Es gibt Bücher, die liebt man. Und es gibt Bücher, die bewundert man, weil sie „besonders“ sind, aber man liebt sie nicht. So erging es mir mit der vorliegenden Geschichte. Ich war tief beeindruckt von der immensen Kraft, die in den Zeilen steckt, von der gewaltigen Ausdrucksstärke des Autors, die so intensiv war, dass ich mich dabei ertappte, wie ich szenenweise nur noch durch den Mund atmete, um nicht dem beschriebenen Gestank ausgesetzt zu sein.
Cecil, der unheilbar an Tuberkulose erkrankte geniale Ermittler, und sein traumatisierter einarmiger Mitstreiter Jean Michael scheinen in diesem Roman die einzig Guten zu sein in einer Welt, die nur Abschaum beherbergt, in der Brutalität, Ausbeutung und Bestechung die geltende Währung darstellen und in deren Abgründen man nichts als stinkende Exkremente zu finden scheint. Der Kriminalfall, der nicht sonderlich spannend ist, tritt in den Hintergrund, denn die schier grenzenlose Brutalität, die Gewalt in all ihren Erscheinungsformen nimmt den größten, beeindruckend abstoßenden Raum ein, doch außer grenzenlosem Ekel bleibt beim Leser nicht viel in Erinnerung. Ich hätte mir mehr differenzierte Atmosphäre gewünscht, denn auch diese brutale Zeit hatte sicher mehr zu bieten als nur bestialisch stinkende Abgründe in den Straßen und in den Köpfen. Beim Lesen fühlte ich mich, als sei ich in unterirdischen, gefährlich dunklen Katakomben unterwegs, deren abzweigende Gänge immer wieder neue Geschichten der Brutalität eröffneten, sodass ich Mühe hatte, mich darin nicht hoffnungslos zu verirren. Und letztlich war ich erleichtert, als das Buch beendet war und ich wieder frische Luft atmen konnte…

Bewertung vom 10.03.2019
Cainstorm Island - Der Gejagte
Golien, Marie

Cainstorm Island - Der Gejagte


sehr gut

Dieses Buch lässt mich unschlüssig zurück. Gekonnt geschrieben, das ja. Aber will ich wirklich mit diesen Kopfbildern einer entsetzlichen Welt, grausam, gnadenlos, chancenlos, gefährlich meine raren Lesestunden verbringen?
Die Handlung wird vom Verlag sehr umfassend dargestellt: Emilios Welt ist geteilt. Auf der einen Seite das reiche Asaria. Auf der anderen Seite Cainstorm Island, überbevölkert, arm und von Gewalt zerfressen. Dort kämpft der 17-Jährige, umgeben von brutalen Gangs, gegen die Schulden seiner Familie. Eines Tages spricht ihn ein Mitarbeiter von Eyevision an und bietet Emilio einen Deal. Emilio willigt ein, sich einen Chip in den Kopf implantieren zu lassen. Dieser Chip ist an seinen Sehnerv angeschlossen und überträgt jeden Tag eine halbe Stunde lang, was Emilio sieht. Seine Videos, waghalsige Kletter- und Trainsurf-Aktionen, kommen an, die Zuschauerzahlen steigen langsam. Bis sein Leben eine unvorhergesehene Wendung nimmt: Emilio gerät in das Gebiet einer Gang und tötet einen der Anführer in Notwehr. Live und auf Sendung. Das Video verbreitet sich rasend schnell und Emilio wird zum Gejagten. Und zwar nicht nur von der Gang, sondern auch von Eyevision, die sehr eigene Pläne mit Emilio haben.
Dramatisch ist das Buch und atemlos-spannend ist sein Beginn. Aber je weiter das Geschehen fortschreitet, umso mehr flacht es meinem Gefühl nach ab. Denn die Autorin packt zuviel auf einmal in das Buch und lässt den Leser letztlich doch mit dem offenen Ende im Leeren stehen. Die deutliche Absicht, Serien-Junkies auf diese Weise anzufixen, ist offenkundig und somit ärgerlich. Die Handlung lässt nichts aus, was man sich an finstersten Szenarien mit bitterer Armut, Dreck und Gestank, an temporeichen Verfolgungsjagden, an Gemeinheiten und Hinterhältigkeiten, an Katastrophen, an unvorhersehbaren Wendungen denken kann. Soziale Konflikte müssen genauso herhalten wie beängstigende Zukunftstechnologien. Ein argloser Protagonist ist all dieser Dramatik naiv ausgeliefert. Und dazu wird noch eine Schippe Freundschaft und Liebe darübergestreut. Zuviel, zuviel, zuviel von allem!

Bewertung vom 25.02.2019
I can see U
Morgenroth, Matthias

I can see U


ausgezeichnet

Eine Fiktion, die vielleicht bald keine mehr ist
Ein Jugendbuch, dessen Fiktion so nah an der Realität ist, dass es gleichermaßen packt, erschreckt und warnt. Ein Jugendbuch, das auch Erwachsene unbedingt lesen sollten!
Da kommt ein neuer Mitschüler in die Klasse, so wie man ihn sich wünscht. Ben sieht gut aus, weiß immens viel, ist immer freundlich, lächelt stets, und Marie erliegt ihm mit Haut und Haaren. Denn er hat scheinbar die gleichen Wünsche wie Marie, denkt wie Marie, und Marie fühlt sich von Ben ernst genommen. Wir erleben, wie die digitale Welt die Jugendlichen fest im Griff hat. So werden z. B. Menüs gekocht, nur um sie zu fotografieren und ins Netz zu stellen. Der digitale Assistent im Haus spricht manchmal mehr mit als gewollt. Der Vater entwickelt selbstfahrende Autos. Bei Ebay werden Abonnenten gekauft, um mehr Likes zu erhalten. Die Familie hat einen Smartshopping-Dienst abonniert, bei dem ein Algorithmus auswählt, was man geliefert bekommt. Dennoch glauben alle, alles im Griff zu haben, bis plötzlich erschreckende Fake-Bilder im Klassenchat kursieren, bestgehütete Geheimnisse sich wie Lauffeuer verbreiten, ein bisher sehr gewissenhafter Lehrer gerät unter einen schlimmen Verdacht gerät…
Das Buch ist lebendig, jugendlich-frisch, humorvoll und sehr, sehr spannend geschrieben. Die Geschichte ist so erschreckend, weil sie näher an der Realität ist, wie wir glauben wollen. Ich möchte das Buch wegen der Wichtigkeit des Grundthemas als Klassenlektüre empfehlen, wobei meiner Meinung nach das vom Verlag empfohlene Lesealter durchaus etwas herabgesetzt werden dürfte. Das offene Ende der Geschichte ist ein genialer Einfall des Autors, denn genau damit unterstreicht er sein warnendes Anliegen, nicht allzu leichtfertig im Umgang mit den digitalen Medien zu sein. Denn die Geister, die wir rufen, sind nicht mehr löschbar…

Bewertung vom 19.02.2019
Liebes Kind
Hausmann, Romy

Liebes Kind


ausgezeichnet

Ein genial durchkomponierter Thriller
Ein Thriller der besonderen Art! So viel Spannung, so viel direkte und indirekte Grausamkeit, so viel Überraschendes! Dieses Buch lässt dem Leser keinen Moment der Erholung. Man jagt durch die Seiten und liegt mit all seinen Gedanken und Vermutungen regelmäßig falsch.
Ausnahmsweise erscheint es mir geradezu unmöglich, irgendetwas über die Handlung zu erzählen, ohne Wesentliches zu verraten.
Das Buch ist ein genial durchkomponierter Thriller, und zwar ist er komponiert wie ein Gesang, wie ein Kanon, in den immer mehr Stimmen einfallen, immer mehr Sichtweisen, Meinungen, Deutungen, bis er zu einem perfekten Musikstück herangereift ist, zu einer Sinfonie des Entsetzlichen, Unvorstellbaren und der Leser mittendrin. Dass die Protagonisten wechselnd selbst erzählen, vom Geschehen ebenso wie von ihren Empfindungen, lässt emotionale Nähe entstehen. Ein sehr geschickter Dreh der Autorin, denn gerade durch die berührenden Schilderungen wird der Leser noch viel stärker in die Handlung hineingezogen, kann sich des Grauens kaum mehr erwehren. Unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 18.02.2019
Ran an das Fett
Fleck, Anne

Ran an das Fett


gut

Geschickt vermarktet, locker lesbar, aber letztlich nur heiße Luft
Also wieder ein Buch zum Thema Ernährung, das in seinem Untertitel „Heilen mit dem Gesundmacher Fett“ auch noch Heilung verspricht. Das provoziert, denn wir alle haben irgendwie irgendwo gelernt, dass wir Fett reduzieren oder gar vermeiden sollten, dass Fett böse ist, dass es uns dick und krank macht. Und genau diese Provokation soll das Buch verkaufen helfen. Der Verlag zieht alle Register, um das Buch an den Mann bzw. an die Frau zu bekommen. Lesen Sie selbst den Ankündigungstext auf dem Buchrücken: „Ein weit verbreiteter Irrtum lautet: Wer gesund und schlank sein will, sollte sich fettiges Essen verkneifen. Unter dem Fettarm-Dogma hat sich die größte Übergewichtsepidemie aller Zeiten entwickelt und die weltweite Explosion chronischer Krankheiten verursacht. Dr. Anne Fleck, Deutschlands renommierte Präventiv- und Ernährungsmedizinerin, Pionierin auf dem Gebiet der Ganzheitsmedizin, läuft Sturm gegen veraltetes Wissen und liefert eine leidenschaftliche, wissenschaftlich fundierte Lösung, mit der Sie Ihre Gesundheit revolutionieren können. Denn Fett, clever eingesetzt, besitzt das geheime Potenzial, chronischen Krankheiten – u.a. Herz-Kreislauf-Krankheit, Übergewicht, Depression, Alzheimer und Krebs – vorzubeugen, sie zu lindern und sogar zu heilen. Dr. Anne Fleck erklärt, wie der Fettschwindel in unsere Köpfe kam und wie wir selbst ganz einfach mit gesundem Fett unseren Körper stärken und heilen können.“
Die Autorin ist also „Pionierin der Ganzheitsmedizin“ (gab es wirklich niemanden vor ihr?). Und was ist überhaupt Ganzheitsmedizin? „Richtung der Medizin, die den erkrankten Menschen in seiner körperlichen und psychischen Gesamtverfassung zu erfassen und zu behandeln sucht… Also gehört doch noch ein wenig mehr dazu als das Thema Fett, nicht wahr? Es wird eine wissenschaftlich fundierte Lösung versprochen, mit der der Leser seine Gesundheit revolutionieren kann. Wie kann man Gesundheit „revolutionieren“? Was ist das? Revolutionieren = umgestalten, verändern. Wie kann ich Gesundheit umgestalten bzw. verändern? Und warum sollte ich das tun? Ach ja, und das geheime Potenzial, das Fett besitzt, kann sogar Alzheimer und Krebs lindern oder gar heilen. Ja, das „geheime“(!) Potenzial – gut, dass Anne Fleck dieses Geheimnis kennt und uns offenbart. Wenn solche Aussagen auftauchen, sollte man als Leser sehr, sehr vorsichtig sein. Misstrauisch bin ich ganz grundsätzlich gegenüber medizinischen Autoren, die durchs Fernsehen tingeln, um sich selbst zu promoten und die sich berufen fühlen, Laien ihre Sicht der Welt zu erklären, dabei tatsächlich nicht vor Heilsversprechungen zurückschrecken. Und dieses Buch funktioniert wie so viele „Ratgeber“, indem es ein Feindbild ausmacht und dann im Umkehrschluss die eigenen Thesen als die einzig wahren und wirklichen Erkenntnisse entwickelt.
Um es kurz zu machen: Das Buch ist zugegebenermaßen sehr lesefreundlich und locker geschrieben. Es enthält auch eine Fülle von richtig wiedergegebenen Informationen und Geschichten aus der Medizinhistorie. Dennoch sind nicht alle Folgerungen bzw. „Lösungen“, die Anne Fleck ableitet, zwingend korrekt, vor allen Dingen von ihr nirgends „wissenschaftlich belegt“, wie der Verlag behauptet. Verwunderlich ist insbesondere, dass ich im Buch nichts finden konnte, was auf den aktuellen Ernährungsbericht der DGE hinweist. Der ist zwar nicht so unterhaltsam zu lesen, aber er offenbart doch, dass wir, was das Fett-Essverhalten angeht, gar nicht so schlecht dastehen. Das Buch ist also, insbesondere was seine Panikmache betrifft, absolut unnötig.

6 von 7 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.02.2019
Frauen und Bäume
Binkert, Dörthe

Frauen und Bäume


ausgezeichnet

Eine faszinierend-kluge Bilderreise

Diese Buchreihe aus dem Thiele Verlag ist für mich eine der schönsten, die ich kenne. Es sind Bücher, die man im Regal quer stellt, weil das Cover jeweils so schön ist, dass man es stets vor Augen haben möchte. Es sind Bücher, die man immer und immer wieder in die Hand nimmt, darin blättert und jedes Mal etwas Neues entdeckt. Bücher, die uns auf schwindelnd schnelle Zeitreisen in die Welt der Kunst schicken. Und deren Texte uns lehren, genau und noch genauer hinzuschauen.
Nun habe ich ein weiteres unglaublich schönes, die Sinne berührendes Buch aus dieser Reihe seit Wochen bei mir: Frauen und Bäume. So viel sperriger als „Frauen und ihre Katzen“ oder „Frauen und Rosen“, dachte ich. Schwieriger, so glaubte ich, weil hier Weibliches und Männliches zusammen kommt. Der Überbegriff Baum: maskulin, rau, stark. Der Unterbegriff Weide, Linde, Ulme: weiblich, feingliedrig, differenziert. Beim Vertiefen in das Buch, in den wie immer außerordentlich klugen, wissensreichen Text von Dörthe Binkert, verstand ich jedoch schnell die besondere Faszination der Kombination Frau und Baum. Denn gerade die verschiedenen mythischen, märchenhaften, geheimnisvollen, symbolischen Bedeutungen des Baumes waren reicher schöpferischer Quell der Künstler durch die Zeiten hinweg. Es gelingt der Autorin perfekt, die Stärke der Bäume in Verbindung zu setzen mit den besonderen Stärken der Frauen, mit Eva im Paradies, mit den Nymphen und Feen, mit sich in Bäume verwandelnde Frauen, mit Frauen, die sich mehr und mehr in das Grün, in die Natur, in träumerische Zeiten verlieren. Aber auch die Frucht tragenden Bäume bergen eine den Frauen verwandte Symbolik in sich. Der Baum als Schutz und Geborgenheit gebend, als Tröster, als verschwiegener Freund, als Bewahrer besonderer Verbindungen durch eingeritzte Initialen – schier unerschöpfliche Möglichkeiten der künstlerischen Gestaltung werden in diesem Buch offenbar. Jedes der vielen gezeigten Bilder spricht eine andere Sprache, lässt uns eine andere Facette des Themas schauen, ruft eine andere Stimmung hervor. Nicht zu vergessen die Deutung C.G. Jungs, den Baum als Mutter- bzw. Wiedergeburtssymbol zu sehen. Und wer sich mit Peter Wohlleben beschäftigt, weiß auch, dass Bäume miteinander kommunizieren, ein unsichtbares Netzwerk bilden. All dies und noch viel mehr erlebe ich in diesem Buch, schauend und lesend. Immer wieder.
Doch genug geschrieben: Blättern Sie selbst in diesem Buch, tauchen Sie ein, entdecken Sie, genießen Sie…

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.02.2019
Ein wirklich erstaunliches Ding
Green, Hank

Ein wirklich erstaunliches Ding


weniger gut

Keine Ahnung, wozu dieses Buch gut sein soll

Tja, was soll ich zu diesem Buch sagen? Dass ich nicht weiß, wozu man es lesen sollte? Dass ich es nach anfänglichen ernsthaften Versuchen des Lesens nur mehr quergelesen habe? Dass ich es schließlich ratlos weggelegt habe?
Der Einfachheit nutze ich als Einführung den Klappentext: „Ein paar Klicks, ein kurzer Film, eine spontane nächtliche Aktion – und Aprils Leben steht auf dem Kopf. Eigentlich hatte sie nur eine mysteriöse, aber beeindruckende Roboter-Skulptur gefilmt und ins Netz gestellt und ihr aus Spaß den Namen CARL gegeben – nichts Besonderes eigentlich, doch als sie am nächsten Morgen aufwacht, ist sie berühmt. Überall auf der Welt sind Carls aufgetaucht, niemand weiß, woher sie kommen, niemand weiß, wofür sie gut sind. April wird zur Carl-Expertin, die Medien stürzen sich auf sie, ihre Videos verbreiten sich millionenfach. Doch im Zentrum der weltweiten Hysterie erntet sie nicht nur Likes...“
Kurzweilig ist es geschrieben, das muss man sagen. Leicht lesbar ist es auch. Nicht schön ist die Sprache, oftmals eher ordinär oder primitiv, immer eher Umgangssprache. Das mag ich nicht. Und unverständliche Wörter, die vielleicht manche Jugendliche kennen oder Nerds, mag ich auch nicht. Vielleicht könnte man das Buch auch streckenweise als witzig und schräg bezeichnen, mag sein. Aber letztlich bleibt die ratlose Frage übrig: Wozu soll man es lesen? Dass es möglich ist, das fiktive Leben in der Social-Media-Welt als (Pseudo-)Realität zu erleben? Dass es möglich ist, finanziellen und persönlichen Wert aus der Zahl der Likes und Followers zu ziehen. Wissen wir. Ja, und? Also: Warum überhaupt dieses Buch? Ich habe absolut keine Ahnung.

Bewertung vom 29.01.2019
Die Farben des Feuers / Die Kinder der Katastrophe Bd.2
Lemaître, Pierre

Die Farben des Feuers / Die Kinder der Katastrophe Bd.2


sehr gut

Fordert volle Aufmerksamkeit

Ein Buch, das mich einerseits faszinierte, mich fesselte, aber auch streckenweise langweilte. Ein Buch, das es mir einerseits schwer machte, es zu mögen, andererseits hinreißende Szenen enthielt. Ein Buch, das viel Zeit und die volle Aufmerksamkeit des Lesers fordert.
Zentrum allen Geschehens ist Madeleine, Tochter und Alleinerbin des berühmten französischen Bankiers Marcel Péricourt. Am Tag der Beerdigung von Marcel Péricourt stürzt Madeleines Sohn Paul aus dem 2. Stock. Er überlebt, bleibt aber gelähmt. Madeleine liebt ihren Sohn abgöttisch und unternimmt alles Erdenkliche, um ihm sein Schicksal zu erleichtern. Doch sie ist von Neidern umgeben. Im Jahr 1927, am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, bestimmen Habgier, Börsenskandale und politische Wirrnisse die Geschehnisse. Und so gelingt es tatsächlich diesen Neidern, das Bankimperium zu Fall zu bringen und damit Madeleine und ihren Sohn in die Armut zu stürzen.. Doch Madeleine zieht für ihren Sohn auf einen raffinierten Rachefeldzug.
Die Erzählweise des Autors ist streckenweise nicht ganz einfach zu lesen. Lange Sätze schildern oft ganze Welten, meist innere Welten, in einer überaus gepflegten Sprache, in die man sich einlesen muss. Kleine eingestreute Bosheiten, ein fein-entblößender Humor würzen das Geschehen. Viele Namen tauchen auf, die teils verwirren. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass ich immer wieder neu nach dem roten Faden angeln musste. Durch die Fülle der Namen, der Liebschaften, der Intrigen und der wirtschaftlich-politischen Exkurse ging mir dieser rote Faden oftmals verloren, tauchte dann unerwartet plötzlich wieder auf, intensiv und beeindruckend. Die Protagonisten blieben mir leider irgendwie fern. Sie agieren wie in einem Historienfilm, kostümiert, etwas blutleer, in übergestülpten Rollen. Lebendig-fesselnde Schilderungen wechseln ab mit mich etwas ermüdenden trocken-politischen Ausführungen.
Als Fazit ausgedrückt wirkte das Buch auf mich wie ein großer, mit viel Aufwand und akribischer Recherche ausgearbeiteter historischer Film, in dem es eine Fülle von außerordentlich malerischen Szenen mit geistreichen Dialogen zu bewundern gilt, der aber letztlich keine Emotionen hervorruft und den Leser in einer distanzierten bewundernden Achtungshaltung zurücklässt.

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