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Benutzername: 
dorli
Wohnort: 
Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 884 Bewertungen
Bewertung vom 04.11.2016
Als der Teufel erwachte
Wind, Jennifer B.

Als der Teufel erwachte


ausgezeichnet

Wien. In einer Kfz-Werkstatt entdeckt ein Mechaniker im Kofferraum eines Autos zwei Leichen, die zahlreiche Verletzungen aufweisen. Die Halterin des Fahrzeugs ist geschockt und hat keine Erklärung dafür, wie die Toten in ihren Wagen gelangt sein könnten…

Jennifer B. Wind wartet in „Als der Teufel erwachte“ mit einem hochaktuellen Thema auf. Es geht um Flüchtlinge. Es geht um Menschen, die ihre Heimat verlassen, nicht nur, weil sie dort keinerlei Perspektive mehr für sich sehen, sondern weil sie der ständigen Gefahr für Leib und Leben entkommen wollen. Es geht auch um die Strapazen und die Risiken, die solch eine Flucht mit sich bringt. Und es geht um Menschen, die die Verzweiflung und die Hoffnung der Flüchtlinge gnadenlos ausnutzen, um die miese Geschäftemacherei der Schlepperbanden und die barbarischen Methoden, mit denen sie arbeiten.

Jennifer B. Wind versteht es mit ihrem angenehm zu lesenden Schreibstil ausgezeichnet, den Leser in ihren Bann zu ziehen. Schon der Prolog hat es in sich. Schnell hat mich der Bericht des 22-jährigen Medizinstudenten Samir gepackt, der gemeinsam mit seinem Vater die Flucht über das Mittelmeer wagt. Genauso mitreißend erzählt Samirs Mutter Nesrin im zweiten Teil des Buches vom Krieg in Syrien. Davon, wie schwer es ist, ohne ihren Mann mit den beiden jüngeren Kindern im zerbombten Aleppo auszuharren. Nesrin macht sich schließlich mit den Kindern und ihrer Mutter auf den Weg nach Österreich – die Brutalität, die sie unterwegs erlebt, macht sprachlos. Es gelingt der Autorin hervorragend, Nesrins Gedanken und Gefühle zu vermitteln. Man spürt ihre Angst, den Schmerz und die Verzweiflung und hofft und bangt mit ihr, dass die Reise für sie ein gutes Ende nehmen wird.

Ermittlerin Jutta Stern kann ihre Kollegen anfangs nicht bei den Ermittlungen unterstützen, da sie nicht in Wien ist, als die Leichen in dem Kofferraum gefunden werden. Jutta brauchte nach dem Tod ihres Mannes Simon eine Auszeit und ist nach Indien gereist, um sich auf die Suche nach ihrem Vater zu begeben. Auch dieser Part der Geschichte wird von Jennifer B. Wind sehr fesselnd geschildert. Jutta erlebt furchtbare Dinge und verlässt Indien fluchtartig.

Die Ermittlungen zu dem Kriminalfall rutschen durch Juttas Erlebnisse und den aufwühlenden Geschehnissen rund um Samir und Nesrin ein wenig in den Hintergrund, was aber nicht heißen soll, dass nicht ermittelt wird. Chefinspektor Georg Kunze und sein Kollege Tom Neumann unternehmen alles, um Licht in das Dunkel um die toten Flüchtlinge zu bringen. Die Spurensuche wird sogar richtig dramatisch und bringt Tom unversehens in große Gefahr.

„Als der Teufel erwachte“ hat mich rundum begeistert. Die abwechslungsreiche, gut durchdachte und vor allen Dingen realitätsnahe Handlung sorgt für spannende Lesestunden. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.11.2016
Bombennacht
Rausch, Roman

Bombennacht


ausgezeichnet

Würzburg. Der 16. März 1945 beginnt für die meisten Würzburger ähnlich wie auch die vergangenen Kriegstage. Die Stadt ist bisher von größeren Angriffen verschont geblieben und die Einwohner sind voller Hoffnung, dass es auch so bleibt. Dass sich an diesem Tag im englischen Morton Hall die Bomberstaffel Nr. 5 der Royal Air Force auf einen tödlichen Flächenangriff vorbereitet, ahnt an dem ruhigen Frühlingsmorgen in Würzburg niemand…

In „Bombennacht“ katapultiert Roman Rausch den Leser direkt in das Jahr 1945 und schildert sehr mitreißend und vor allen Dingen äußerst wirklichkeitsnah, was vor, während und nach dem Bombenangriff in der unterfränkischen Stadt geschah.
Ein kurzer Prolog gibt zunächst Auskunft über die Lage Würzburgs vor dem 16. März 1945. Im Folgenden erlebt man dann diesen für die Einwohner so grauenvoll endenden Tag im Stundentakt mit.

In mehreren Handlungssträngen lernt man ganz unterschiedliche Menschen kennen – ihre Lebensumstände und ihren Alltag, ihre Pläne, ihre Ängste und Sorgen und auch ihre Hoffnungen, Wünsche und Träume.
Die Stimmung in der Stadt ist nicht die beste, die Bevölkerung leidet unter der schlechten Versorgung. Die Lage ist zudem aufgrund der Unterbringung unzähliger Flüchtlinge aus anderen Regionen und tausender Kriegsversehrter angespannt.

Als dann die Katastrophe über Würzburg hereinbricht, werden die Beschreibungen des Autors noch intensiver. Der Bombenhagel, der Funkenregen, der Feuersturm – man fühlt sich mittendrin in diesem grausigen Geschehen, sieht die mit Geröll und Schutt blockierten Keller und die lichterloh brennenden Straßen vor sich und kann das Entsetzen und die Todesangst der Menschen spüren.
Als besonders gut gelungen habe ich hier den schnellen Wechsel zwischen den einzelnen Perspektiven empfunden - man erlebt die schrecklichen Minuten während des Bombenabwurfs mit fast jedem der Akteure mit. Dass man zu diesem Zeitpunkt noch nichts über ihr weiteres Schicksal erfährt, treibt die Spannung im letzten Drittel des Romans enorm in die Höhe, man fliegt fast atemlos durch die Seiten, stets darauf hoffend, dass die liebgewonnen Figuren die Tragödie gesund überstehen werden.

Neben den Vorkommnissen während der letzten 24 Stunden des alten Würzburgs beinhaltet dieser Roman noch ein weiteres Thema, bei dem es mir eiskalt den Rücken runter gelaufen ist. Es geht dabei um ein abscheuliches Verbrechen in der Nazizeit, der sogenannten Aktion T4, bei der zigtausende Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen systematisch ermordet wurden.
Eine zentrale Figur in diesem Part der Geschichte ist die Krankenschwester Fanny. Die Entwicklung, die sie durchläuft, war für mich besonders interessant. Zunächst sehr naiv, sieht sie zu Professor Werner auf, hält den Leiter der Nervenheilanstalt für eine Koryphäe in seinem Beruf und für einen Gutmenschen, der nur das Wohl seiner Patienten im Sinn hat. Bis einige Hinweise ihr die Augen öffnen und sie erkennt, dass der Professor hinter seiner freundlichen Maske ein wahres Monster ist und willkürlich über das Leben und Sterben tausender Menschen entscheidet.

„Bombennacht“ lässt mich tief beeindruckt zurück. Diese mitreißende, spannend erzählte Geschichte hat mir Einblicke in die dramatischen und tragischen Momente einer bombardierten Stadt im Zweiten Weltkrieg ermöglicht und mich intensiv an dem Schicksal der einzelnen Akteure teilhaben lassen. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.11.2016
Tod am Wörthersee
Nagele, Andrea

Tod am Wörthersee


ausgezeichnet

Alice Winter hatte eine grausame Kindheit. Einzige Vertraute seit damals ist Ännchen Ogris. Eines Tages wird Ännchen tot am Ufer des Wörthersees aufgefunden – ermordet, wie schnell feststeht. Alice vermutet, dass Ännchens neuer Freund etwas mit der Tat zu tun haben muss, doch die Suche nach dem Mann erweist sich als äußerst schwierig, da niemand weiß, wer er ist. Dann gerät auch Alice in das Visier des Mörders…

In „Tod am Wörthersee“ hat nicht nur Hauptfigur Alice mit den Dämonen ihrer Vergangenheit zu kämpfen, auch der mit den Ermittlungen betraute Chefinspektor Simon Rosner sowie der Mörder haben in ihrem bisherigen Leben einiges durchmachen müssen. Um den anhaltenden Schmerz ihrer traumatischen Erlebnisse zu betäuben, wählt jeder der drei einen anderen Weg. Alice sucht Ablenkung in gewagten erotischen Abenteuern und ritzt sich, Rosner ertränkt seinen Kummer in Alkohol und der Mörder ahndet das in seiner Kindheit Geschehene, indem er Frauen erwürgt.

Andrea Nagele versteht es ausgezeichnet, die Gedanken und Gefühle, die Ängste, die beklemmenden Erinnerungen und die Albträume ihrer Figuren mitreißend zu schildern.
Besonders die enorme Last, die Ich-Erzählerin Alice mit sich herumträgt, kann man sehr gut nachempfinden. Alice wird regelrecht von den Erinnerungen und den Emotionen überflutet. Als Leser fragt man sich schnell, wie Alice den Verlust ihrer einzigen Freundin verkraften wird. Lenkt die Suche nach dem Mörder sie von ihren eigenen Problemen ab? Oder stürzt die aktuelle Situation sie in noch tiefere Verzweiflung?
Auch der Mörder kommt immer wieder zu Wort. Man erfährt, was ihm in jungen Jahren widerfahren ist und wie er so wurde, wie er heute ist.

Nicht nur die Charaktere sind interessant, auch der Kriminalfall ist spannend und wird im Verlauf er Handlung immer dramatischer. Sehr gut gelungen sind Andrea Nagele die falschen Fährten – geschickt lenkt die Autorin den Blick des Lesers auf unterschiedliche Verdächtige, so dass man prima über die Identität des eigentlichen Täters miträtseln und mitgrübeln kann.

„Tod am Wörthersee“ hat mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert – ein psychologisch ausgefeilter Krimi, der nicht nur spannende Unterhaltung bietet, sondern durch das bewegende Thema besonders intensiv zu fesseln weiß. Absolute Leseempfehlung!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.10.2016
Elbschuld
Wollschlaeger, Nicole

Elbschuld


sehr gut

Hauptkommissar Philip Goldberg hat vor kurzem seine neue Stelle in dem beschaulichen Kophusen in der Elbmarsch angetreten und muss sich gleich mit einem kuriosen Fall befassen. Die Obsthofbesitzerin Hilde Deterding fühlt sich bedroht – sie ist der Meinung, dass ihr verstorbener Mann Arthur ihr nach dem Leben trachtet…

Anders als in den meistens Krimis geht es in „Elbschuld“ nicht darum, einen Mord aufzuklären, hier setzen die Ermittler alles daran, einen Mord zu verhindern - noch dazu einen Mord, der auf den ersten Blick aussieht, wie das Hirngespinst einer alten Frau.

Während Goldberg der Sache nachgehen will, reagieren seine Kollegen Hauke Thomsen und Peter Brandt eher zögerlich. Als jedoch an Hildes vergifteten Hund Spuren menschlicher Asche festgestellt werden, sehen auch Brandt und Thomsen ein, dass Nachforschungen dringend erforderlich sind. Schnell wird klar, dass hier jemand ganz grausame Psychospielchen mit der alten Dame spielt.

Die Verknüpfung von Spannung und Humor ist Nicole Wollschlaeger hervorragend gelungen, so dass ich mich in diesem Krimi von der ersten bis zur letzten Seite richtig wohl gefühlt habe. Besonders gut gefallen hat mir, dass in diesem Krimi deutlich wird, wie viel Ermittlungsarbeit heutzutage einfach vom Schreitisch aus erledigt werden kann. Internet und soziale Netzwerke bieten eine Fülle von Hinweisen. Ohne die fleißigen Recherchen von Brandt und Thomsen wären dem wenig technikbegeisterten Goldberg einige Informationen und Verbindungen verborgen geblieben.
Die zunächst ruhig verlaufenden Ermittlungen werden zum Ende hin richtig dramatisch und nicht nur Hilde rutscht in eine brenzlige Situation, auch Goldberg gerät in größte Gefahr.

Die Figuren werden alle sehr gut charakterisiert und beleben mit ihren Eigenarten und Besonderheiten die Szenerie. Kleine Geheimnisse und Unvollkommenheiten machen die Akteure dabei sympathisch und glaubwürdig. Der bedacht zu Werke gehende Goldberg, der manchmal übereifrige Thomsen und der oft misstrauische Brandt werden im Verlauf der Handlung zu einem tollen Gespann.

Das Lesen und Mitermitteln hat mir großen Spaß gemacht - „Elbschuld“ ist ein sehr unterhaltsamer Krimi mit einem äußerst sympathischen Ermittlertrio.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.10.2016
Frankfurter Kaddisch
Aurass, Dieter

Frankfurter Kaddisch


sehr gut

Dieter Aurass beginnt seinen Kriminalroman „Frankfurter Kaddisch“ mit einem äußerst spannenden, sehr neugierig machenden Prolog – drei ältere namhafte Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Frankfurt stürzen sich in den Tod, während sie selbst davon überzeugt sind, etwas ganz anderes zu tun.

Im Folgenden lernt man Kriminalhauptkommissar Gregor Mandelbaum und sein Team kennen. Gregor ist ein außergewöhnlicher Protagonist. Er leidet am Asperger-Syndrom und zeigt die für diese Form des Autismus charakteristischen Verhaltensweisen. Dank seiner besonderen Stärken ist er unglaublich schnell die Karriereleiter heraufgeklettert – eine Tatsache, die den 29-Jährigen im Kollegenkreis nicht gerade beliebt macht. Da Gregor auch mit den für Asperger typischen Beeinträchtigungen zu kämpfen hat und seine Kollegen zudem nichts von seinen Besonderheiten wissen, verläuft die Zusammenarbeit nicht immer reibungslos.

Der Kriminalfall ist knifflig. Gregor erkennt schnell, dass es sich bei den rätselhaften Selbstmorden um die Taten eines Serienmörders handelt. Gemeinsam mit der Gerichtsmedizinerin Dr. Sonja Savoyen findet er zwar heraus, dass den Opfern ein besonderer Drogencocktail verabreicht wurde und sie hypnotisiert wurden, dennoch erweist es sich als außerordentlich schwierig, dem Täter auf die Spur zu kommen, da es an weiteren Hinweisen mangelt und weder Motiv noch Hintergründe zu den Morden für die Ermittler erkennbar sind.

Dieter Aurass hat in die aktuelle Handlung immer wieder Ausflüge in die 1930er und 40er Jahre eingeflochten. Die damaligen Ereignisse sind interessant und werden vom Autor sehr spannend geschildert. Man bekommt eine Ahnung, was den Täter im heutigen Frankfurt antreibt und kann wunderbar spekulieren, wer seine Finger im Spiel haben könnte.

Insgesamt hat mir der Krimi gut gefallen. Die Geschichte lässt sich angenehm flott lesen und bietet spannende Unterhaltung, außerdem gibt es humorvolle und ganz besonders zum Schluss auch einige actionreiche Szenen. Aber es gibt auch ein paar Kleinigkeiten, die mich gestört haben. Ich bin im Grunde genommen ein Freund von detailreichen Beschreibungen, aber in diesem Krimi gibt es einfach zu viele und vor allen Dingen zu umfangreiche bzw. zu ausführliche Erklärungen und Erläuterungen. Das gilt besonders für Gregors Eigenarten und seine Verhaltensweisen – es ist interessant ihn und seinen nicht ganz einfachen Alltag kennenzulernen, aber die Darstellung seiner Fähigkeiten und Defizite nimmt viel zu viel Raum ein. Hinzu kommen dann auch noch einige inhaltliche Wiederholungen. All diese Dinge nehmen für meinen Geschmack zu oft den Schwung aus der eigentlichen Krimihandlung. (3,5)

Bewertung vom 25.10.2016
Büchermorde - Mordsbücher
Kniesche, Thomas

Büchermorde - Mordsbücher


sehr gut

In „Büchermorde – Mordsbücher“ beleuchtet Thomas Kniesche die mörderischen Seiten der Bücherwelten.

Thomas Kniesche geht in diesem Büchlein nicht nur der Frage nach, warum Kriminalromane so beliebt sind, sondern stellt auch Varianten der Bibliomanie vor und macht den Leser mit historischen Büchermördern bekannt. Der Autor erklärt, warum so manch Bibliophiler vor Mord nicht zurückschreckt und Buchhändler die besten Detektive sind. Er erläutert den Einsatz von Büchern als Mordwerkzeug und legt dar, warum eine Bibliothek als Tatort eine ganz besondere Atmosphäre innehat. Und auch auf die Verbreitung der digitalen Medien und dem damit möglicherweise einhergehenden Aussterben des Buches kommt der Autor zu sprechen.

Thomas Kniesche gibt zu den jeweiligen Kapiteln passende Buchtipps und wirft zudem einen intensiven Blick hinter die Kulissen einiger Romane der Kriminalliteratur.

Die interessanten und vielfältigen Informationen rund um die Verbindungen zwischen Buch und Verbrechen haben mir sehr gut gefallen. Die gut verständlichen Inhalte sind spannend, informativ und unterhaltsam, hätten allerdings für meinen Geschmack etwas ansprechender präsentiert werden können. Statt eines fortlaufenden Textes und vielen kleinen Abbildungen (Bluttropfen, Fingerabdrücke, Fußspuren, Mordwerkzeuge etc.) hätte ich mir eine übersichtlichere Gestaltung innerhalb der Kapitel gewünscht. Auch die im Anhang zu findenden Anmerkungen und Ergänzungen hätten mir als Fußnoten an entsprechender Stelle im Buch besser gefallen.

„Büchermorde – Mordsbücher“ ist ein spannendes Sachbuch - sehr empfehlenswert für alle, die sich etwas ausführlicher mit den zahlreichen Verknüpfungen zwischen Buch und Bluttat beschäftigen möchten.

Bewertung vom 15.10.2016
Wie zwei Inseln im Meer
Mallery, Susan

Wie zwei Inseln im Meer


ausgezeichnet

Blackberry Island. 10 Jahre ist es her, dass Michelle Sanderson die Insel verlassen hat. Ein böser Fehltritt und der damit verbundene Bruch ihrer Freundschaft zu Carly haben Michelle in die Army getrieben. Nach Einsätzen im Irak und in Afghanistan kehrt sie körperlich und psychisch versehrt auf ihre Heimatinsel zurück.
Doch statt der ersehnten Ruhe findet sie dort, wo sie Vertrautes erwartet hat, alles verändert vor. Nicht nur, dass sich das Erscheinungsbild des Hotel, das Michelles Mutter Brenda bis zu ihrem Tod treuhänderisch für sie verwaltet hat, total verändert hat, das Blackberry Island Inn ist mittlerweile hoch verschuldet, eine Zwangsvollstreckung droht. Zudem steht ihr ausgerechnet Carly als derzeitige Leiterin des Hotels gegenüber…

Carly Williams hat es die letzen Jahre nicht leicht gehabt. Irgendwie hat jeder, dem sie vertraut hat, sie hintergangen und ausgenutzt. Michelle hat sie betrogen. Ihr Mann Allen hat sich mit ihren Ersparnissen aus dem Staub gemacht und sie hochschwanger zurückgelassen. Brenda hat ihr Anteile am Hotel versprochen, obwohl sie gar nicht berechtigt war, darüber zu verfügen. Und jetzt ist Michelle zurück und Carly muss um ihren Arbeitsplatz und damit um ihre Existenzgrundlage bangen…

„Wie zwei Inseln im Meer“ hat mich positiv überrascht. Der Roman ist so ganz anders, als ich es erwartet habe. Susan Mallery lässt hier zwei ehemals beste Freundinnen aufeinanderprallen, die heute kaum noch etwas verbindet. Ich habe damit gerechnet, dass ihre erzwungene Zusammenarbeit in Gezanke und Zickenkrieg abdriftet und war auf fiese Machenschaften und boshafte Hinterhältigkeiten gefasst. Doch das passiert nicht. Susan Mallery lässt Michelle und Carly wie zwei erwachsene Frauen handeln, die sich bewusst sind, dass ihrer beider Zukunft von einem funktionierenden Hotelbetrieb abhängig ist und die genau wissen, dass sie dieses Ziel nur gemeinsam erreichen können.

Das heißt aber nicht, dass zwischen den beiden eitel Sonnenschein herrscht. Beide beäugen den jeweils anderen misstrauisch. Auch wenn ab und an kurze Momente der alten Vertrautheit aufblitzen, gibt es zahlreiche Probleme, Differenzen und Missverständnisse, die es zu überwinden gilt – ein steiniger Weg, der zusätzlich mit Gerüchten, Lügen und Intrigen gepflastert ist, denn es gibt Menschen in ihrem Umfeld, die wollen, dass die beiden scheitern und daher alles tun, damit sich die Kluft zwischen Michelle und Carly verbreitert.

Susan Mallery schreibt frisch und lebendig, die Geschichte ist fesselnd und voller Emotionen. Die Figuren haben Persönlichkeit und Ausstrahlung und geben der Handlung von Anfang an Schwung. Es ist interessant und unterhaltsam, das Miteinander und Gegeneinander der Akteure zu beobachten, man kann ausgezeichnet mit ihnen mitfühlen und mitfiebern.

„Wie zwei Inseln im Meer“ ist eine facettenreiche, mitreißende Geschichte über zwei Frauen, die sich sehr intensiv mit ihren Ängsten und Problemen auseinandersetzen müssen und die gezwungen sind, trotz vieler Widrigkeiten an einem Strang zu ziehen. Absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 12.10.2016
Die Farben des Mörders
Rademacher, Miriam

Die Farben des Mörders


ausgezeichnet

Ein kleines Dorf in Mittelengland. Ex-Tanzlehrer Colin Duffot hat mal wieder gegen Pfarrer Jasper Johnson ein Dartduell verloren. Wie immer ging es bei dem Spiel nicht um Geld, sondern um eine gemeinnützige Tätigkeit; diesmal Colin hat Tanztherapiestunden im Seniorenheim „Hodge House“ aufs Auge gedrückt bekommen. Eine unliebsame Aufgabe, für die Colin sich rächt – volltrunken verliert auch Jasper eine Partie Dart und muss dafür im Hodge House Malstunden geben. Die erste Therapiestunde hat noch nicht einmal richtig angefangen, da entdeckt Colin zwischen Gartenabfällen eine nicht mehr ganz frische Leiche – und schwupps! stecken Colin und Jasper mitten in einem neuen Mordfall…

„Die Farben des Mörders“ ist bereits der zweite Fall für die unerschrockenen Amateurdetektive, der Krimi ist aber auch ohne Kenntnis des ersten Bandes bestens verständlich.

Der Clou in diesem Krimi sind die herrlichen und zum Teil recht skurrilen Figuren – alle werden hervorragend charakterisiert und beleben mit ihren Eigenarten und Besonderheiten die Szenerie. Neben Colin und Jasper sind auch die kleinwüchsige Krankenschwester Norma und Colins Freundin Lucy wieder mit von der Partie. Und auch die weiteren Akteure bringen viel Witz in die Geschichte – die alten Herrschaften im Hodge House haben alle irgendwelche liebenswürdigen Macken und Schrullen und tragen damit prima zur Unterhaltung bei.

Der Kriminalfall ist verzwickt. Ein Seniorenheim voller Verdächtiger - Colin und Jasper merken schnell, dass nicht alle Bewohner so harmlos sind, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Ein zweiter Mord gibt dann noch größere Rätsel auf, besonders, wo doch der vermeintliche Täter des ersten Mordes spurlos verschwunden ist. Selbst Jasper, anfangs Feuer und Flamme für die Ermittlungen, ist irgendwann dem Aufgeben nah, weil sich nicht der kleinste Ermittlungserfolg einstellen will.

„Die Farben des Mörders“ hat mir sehr gut gefallen. Unvorhersehbare Wendungen und so manche Überraschung lassen keine Langeweile aufkommen. Das Lesen und Mitermitteln hat mir großen Spaß gemacht - ein sehr humorvoller Krimi mit einem äußerst sympathischen Ermittlerteam.

Bewertung vom 12.10.2016
Die Jutta saugt nicht mehr
Minck, Lotte

Die Jutta saugt nicht mehr


ausgezeichnet

„Die Jutta saugt nicht mehr“ ist bereits die siebente Rohrpott-Krimödie rund um die sympathische Callcenter-Mitarbeiterin Loretta Luchs und ihre muntere Ermittlertruppe.

In diesem Abenteuer steht neben Loretta hauptsächlich Erwin im Mittelpunkt des Geschehens - Erwin hat eine Detektei gegründet, natürlich mit Loretta als tatkräftige Mitarbeiterin.
Mit Waltraud Berger rauscht der erste interessante Fall in das Ermittlungsbüro. Frau Berger sorgt sich um ihre Freundin und Nachbarin Jutta Dengelmann. Diese ist seit drei Wochen spurlos verschwunden und Frau Berger vermutet, dass Juttas herrischer, kontrollfreakiger Ehemann Gerhard seine Finger im Spiel hat. Um Gerhard auf den Zahn zu fühlen und in der Dengelmannschen Wohnung nach Spuren zu suchen, wird Loretta bei ihm als Putzfrau eingeschleust.

Der Fall erweist sich als sehr knifflig. Es scheint, als wenn jeder neue Hinweis für immer weniger Durchblick sorgt. Immer neue Rätsel lassen nicht nur Loretta und Co. zu neuerlicher Höchstform auflaufen, sondern laden auch den Leser zum mitgrübeln ein.

Auch der frisch-fröhliche Humor hat mich wieder rundum begeistert. Die Akteure beleben mit ihren Eigenarten die Szenerie und sorgen mit vielen frechen Sprüchen für eine Menge Schwung und beste Unterhaltung.

„Die Jutta saugt nicht mehr“ ist ein tolles, kurzweiliges Lesevergnügen. Leseempfehlung für alle, die Krimis mit einer großzügigen Portion Humor mögen.