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SofieWalden

Bewertungen

Insgesamt 623 Bewertungen
Bewertung vom 28.04.2021
Die Beichte einer Nacht
Philips, Marianne

Die Beichte einer Nacht


gut

Ein wiederentdeckter Roman aus seiner Zeit, der Dinge beim Namen nennt, sehr frei

1930 hat diese Geschichte das Licht der Welt erblickt, verfasst von einer Autorin, die als Politikerin und eben auch als Autorin Aufsehen erregte, dadurch, dass sie sich als Frau einmischte und einbrachte in die Domänen einer Männerwelt und der Sehnsucht und dem Bestreben der Frau nach einer eigenen Identität, einem nicht von außen reglementierten selbstbestimmten Leben, Vorreiterin war und eine Stimme gab.
Heleen befindet sich in einer Nervenklinik. Sie hat ein Leben gelebt, das zu erzählen es allemal wert ist und in den stillen dunklen und trotz der Nachtschwester eher einsamen Nächten erfasst sie das Bedürfnis, ihre Geschichte weiter zu geben. Es bricht regelrecht aus ihr heraus und sie beginnt, in monologischer Form, eher distanziert dem eigenen Erleben gegenüber, mit ihrer Erzählung. Die Nachtschwester ist dabei eher Staffage. Am Anfang ist diesen Sprechen noch eher nach außen gerichtet. Sie erzählt von ihrem Elternhaus, ihrem nicht wirklich vorhandenen Kindsein als die älteste von zehn Geschwistern und dem Entschluss, wegzugehen und sich den gesellschaftlichen Aufstieg zu erkämpfen, den sie anstrebt, um jeden Preis. Es geht um die große Liebe, die jüngere Schwester und Entscheidungen, Entscheidungen und ihre Konsequenzen.
Immer nach innen gewendeter verläuft dieser Monolog, aber es klingt auch ehrlicher sich selbst gegenüber, was Heleen da sagt. Und dabei zieht eine emotionale Kälte ein, die schon auffällt. Aber das ist wahrscheinlich für die Protagonistin der einzige Weg, sich all dem zu stellen und es auch auszusprechen, selbst wenn es weh tut.
Aber, obwohl dies zumindest so etwas wie Mitgefühl hervorrufen sollte, lässt diese Geschichte den Leser mit einer Distanziertheit, dieser Frau gegenüber zurück, die so nicht gewollt sein kann.
Ein, aus dem üblichen, herausfallendes Werk, damals auch so wahrgenommen und was ja nicht selbstverständlich ist, erfolgreich in seiner Zeit, gut geschrieben und mit einer Botschaft, aber, ganz persönlich auf mich bezogen, ist es nicht so richtig bei mir angekommen.
Aber lesen, lesen sollte man es auf jeden Fall, denn es hat natürlich jede Menge ganz individuelle Leseerfahrungen verdient.

Bewertung vom 22.04.2021
Die Toten vom Gare d'Austerlitz
Lloyd, Chris

Die Toten vom Gare d'Austerlitz


ausgezeichnet

Ein Thriller der Extraklasse, filigran eingebunden in die ersten Tage der Besatzung von Paris 1940

Es ist mitten im Krieg und genau am Tag der Besetzung von Paris durch die Deutschen geschieht ein Verbrechen, am Gare d'Austerlitz. Vier polnische Flüchtlinge werden, mit Kampfgas getötet, in einem Eisenbahnwaggon gefunden, der ihnen die Flucht aus der besetzen Hauptstadt ermöglichen sollte, so wurde es ihnen versprochen. Inspecteur Giral von der französischen Polizei ist der zuständige Ermittler in diesem Fall und es steht die Frage im Raum, ob diese Tat es überhaupt wert ist, untersucht zu werden. Was zählen diese vier Toten schon bei all den Opfern, die der Krieg selbst und die Gräueltaten der Nazis, bisher gefordert haben. Aber Giral sieht das anders, will es anders sehen. Er versucht verzweifelt, in diesen neuen Verhältnissen Normalität zu bewahren, den Wert der Gerechtigkeit hoch zu halten, für die Bevölkerung von Paris und ganz besonders auch für sich selbst, denn er trägt eine Menge kaputte Seele mit sich herum. Schon 'im Krieg davor' war er selbst, im Schützengraben, mit dabei, um für sein Land zu kämpfen und immer noch begleitet ihn dieser Albtraum fast jede Nacht. Aber erstaunlicherweise wird ihm sein Vorsatz, wie zuvor weiter zu machen, geradezu als Befehl auferlegt, von den deutschen Besatzern selbst, mit einem Major Hochstetter als Verbindungsmann bzw. als dem, der den Ton angibt.
Und so macht sich Giral, den alle nur Eddie nennen, an die Arbeit, die unter den gegebenen Umständen, so ganz anders ist und irgendwie manchmal nicht wirklich real erscheint, aber hier ist sie, die neue Wirklichkeit.
Und genau an diesem Punkt fragt man sich, kann das sein, funktioniert 'Krimi' inmitten der neu geschaffenen deutschen Wehrmachtsstrukturen im besetzten Paris. Ja, tut es und zwar einfach ganz großartig. Das feindliche Bollwerk der Kriegsbesatzung treibt diese hochspannende Geschichte geradezu faszinierend gut voran. Hier ist alles echt, bis aufs Kleinste sorgfältig recherchiert. Und so hat der Autor dieses Thriller mit seinem Roman ein tief berührendes und absolut packendes, noch lange nachklingendes Werk geschaffen.
Dieses Buch muss man einfach gelesen haben.

Bewertung vom 13.04.2021
Der Abstinent
McGuire, Ian

Der Abstinent


sehr gut

Ein Krimi wird zum Lonely Man und das Happy End ist ganz anders

Das Manchester um 1867, auch hier ist der Konflikt zwischen dem nach Unabhängigkeit strebenden Irland und der britischen Krone täglich zu spüren und nach dem eher versehentlich durch einige Fenians verursachten Tod eines Polizisten wird ein Exempel statuiert und drei Iren hängen. Mit aller Kraft versucht die englische Polizei, unter ihnen auch der aus Dublin stammende O'Connor, eine weitere Eskalation zu verhindern, aber trotz ihres redlichen Bemühens gibt es weitere Tote, und das Motiv ist, wie so oft, Rache und Vergeltung. Gerade O'Connor hat geradezu dafür gelebt, die Balance zu halten und Schlimmeres zu verhindern, aber jetzt empfindet er sich als auf ganzer Linie gescheitert und als man einen Sündenbock für die Geschehnisse braucht, ist auch er mit dabei. Er hält es aus, was man mit ihm macht, denn nun ist auch sein Ziel, Rache zu nehmen und danach ist sowieso alles egal.
Dieses Buch ist ein spannender Krimi seiner Zeit, präzise, authentisch und ein bisschen dunkel auch. Und die Menschen darin bekommen durchaus Raum, um sie wirklich zu sehen und zu verstehen. Da ist erstaunlich viel Redlichkeit und Anstand, gerade bei einem Teil der Polizei und auch die andere Seite, sie kann eben einfach nicht anders, aus durchaus nachvollziehbaren Motiven. Und dann, dann bekommt die Hauptperson, nämlich dieser besagte O'Connor, einen 'Durchhänger' und die Geschichte damit auch. Denkt man, doch daraus wird dann etwas ganz anders. Und es dauert etwas, bis man sich als Leser damit arrangiert. Aber es funktioniert.
Wohlfühlunterhaltung ist diese Geschichte nur sehr bedingt und da ist man noch nicht am Ende angekommen. Denn wenn einem der Autor wenige Seiten vor Schluss (vielleicht) auch noch das 'kleine Happy End' wegnehmen will, da ist tief durchatmen angesagt. Aber da muss man dann einfach durch, denn das ist wohl das echte Leben.
Ein forderndes besonders Buch und auf jeden Fall zu empfehlen.

Bewertung vom 06.04.2021
Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz
MacDonald, Andrew David

Jeder Tag ist eine Schlacht, mein Herz


sehr gut

Eine Heldin in unserer Zeit

Zelda ist eine besondere junge Frau. Sie lebt mit ihrem Bruder Gert zusammen und eine Zeit lang hat auch AK47, eigentlich Annie, Gerts Freundin, hier gewohnt. Aber das hat nicht geklappt und jetzt ist Annie nur noch Zeldas superliebe beste Freundin, mit der sie über alles reden kann, auch wenn sie sich um ihren unvernünftigen Bruder, der in so manche schlechte Sache hineingerät, sorgt und die ihr auch sonst hilft, wo sie nur kann. Ihren Vater hat Zelda nie kennengelernt und ihre Mutter ist an Krebs gestorben, als sie noch klein war, aber jetzt, jetzt ist sie schon erwachsen und gerade 21 geworden. Eine Weile mussten Gert und sie bei ihrem Onkel wohnen, aber das war gar nicht gut. Und so hat Gert ihnen dann eine eigene Wohnung besorgt, das Sorgerecht für sie übernommen und seitdem passen sie eben gegenseitig auf einander auf, auch wenn Gert das sicherlich anders sieht, denn Zelda ist mit einer Fetalen Alkoholspektrumsstörung (FASD) auf die Welt gekommen. Aber sie kann trotzdem eine Menge, ist richtig klug und stellt sich dem Leben, jeden Tag. Nur laut und tumultig sollte es um sie herum nicht so zugehen, sonst bekommt sie Angst und kann nicht mehr so gut 'funktionieren'. Aber meistens bekommt sie das ganz gut hin, denn sie hat ja ihre Regeln und was ihr am allermeisten hilft, ist ihre Liebe zu den Wikingern. Die sind sehr ehrbar und kümmern sich um ihre Sippe, so wie Zelda um Gert. Sie sind sehr mutig, auch wie Zelda, ihr werdet es sehen und sie tragen alle zum gemeinsamen Silberhort bei und das macht Zelda auch, denn sie hat es tatsächlich geschafft und arbeitet jetzt in einer Bibliothek. Dass sie selbst natürlich auch ein Wikinger ist, ist ja selbstverständlich und das wird sie noch mehr wie beweisen. Einen Freund hat sie übrigens auch, Marxy, mit dem sie bald Sex haben möchte.
Also, Zelda ist wirklich besonders und eine Heldin in dieser Welt. Sie ist ungeheuer stark und ihre Geschichte ist es auch. Erst denkt man, dass sie es ja wirklich gut getroffen hat mit so viel netten verständnisvollen und unendlich toleranten Menschen überall um sie herum, egal, wo sie hinkommt und es kommt einem in den Sinn, das dies schon nicht so der Realität entspricht, aber dann erkennt man, es ist anders. Es ist Zelda, die mit ihrer so superauthentischen positiven Art aus uns ganz normalen Menschen ein bisschen bessere und nettere Menschen macht, meistens jedenfalls, denn ein paar böse oder zumindest einen gibt es hier auch, aber auch das wird man sehen.
Eine richtig gute Geschichte beherbergt dieses Buch und das Ende, ergreifend bis in die Haarspitzen, macht es zu einem 'the best'.
Es war mir wirklich eine Ehre, Zelda auf ihren Weg begleitet haben zu dürfen.

Bewertung vom 06.04.2021
Gefangen und frei
Sheff, David

Gefangen und frei


sehr gut

Ein Mann im Todestrakt und die Entwicklung eines freien Geistes

Jarvis Jay Masters, ein Mann und seine Geschichte im Todestrakt von Sankt Quentin, davon handelt dieses Buch, aber auf eine ganz andere Art und Weise, wie man das so allgemein erwarten würde.
Jarvis wurde im Alter von 19 Jahren wegen mehrerer Überfalle zu einer Haftstrafe verurteilt. Vier Jahre nach Beginn seiner Gefangenschaft beschuldigte man ihn der Mittäterschaft bei der Ermordung eines Wärters und er wurde zum Tode verurteilt, für einen Mord, an dem er in keinster Weise beteiligt war. Die ersten 20 Jahre der folgenden Zeit im Todestrakt erfolgte in Isolationshaft. Anschließend wurde Jarvis, nach langer beharrlicher Intervention durch viele Menschen, die sich auf verschiedenste Weise seines Falles angenommen hatten, auf eine 'normale Station' für zum Tode verurteilte Männer verlegt. Ein Anwaltsteam versucht über all die Jahre, ein Wiederaufnahmeverfahren zu erwirken. Die Mängel bei Jarvis erstem Prozezz waren eklatant und neue Erkenntnisse und wiederrufene Zeugenaussagen beflügelten seine Hoffnung auf eine Freilassung oder zumindest ein neues Verfahren, mehr wie einmal auf seinem Weg. Aber dies ist nur der Mantel, die Eckdaten des Lebens eines Mannes, der den überwiegenen Teil seines Lebenszeit hinter Gefängnismauern verbracht hat.
Dieses Eingesperrtsein, von den eigenen Gefühlen des Leids, der Wut und des Hasses gefangen in seinem tiefen inneren Wesen, dazu das Erleben der Verzweiflung, der Hoffnung und dann wieder der Hoffnungslosigkeit, nicht nur bei sich selbst, sondern auch bei den anderen Männer im Todestrakt, das hat bei den meisten zum Aufgeben geführt. Aggressivität gegen sich selbst und andere, innere Verrohung, Drogensucht und viele Selbstmorde in all den Jahren, das ist der Weg, den die meisten gehen, aber nicht so Jarvis. Er hat schon sehr früh Zugang zur Meditation gefunden, zur Schulung und Befreiung seines eigenen Geistes, dem Aufheben alter Verhaltensmuster und einer ganz neuen anderen Sicht auf die Menschen, auf alle Menschen. Und das dieses sich Anleiten lassen zu einem ganz neuen anderen Denken schließlich irgendwann zur Begrifflichkeit des Buddismus führte, das hat sich 'einfach so ergeben'. Jarvis Jay Masters hat dem Autor dieses Buch und damit auch uns Lesern erlaubt, Teil zu haben an diesem beschwerlichen keinesfalls gradlinigen Weg und uns zu zeigen, was unter der Kraft des Geistes zu verstehen ist und was sich daraus entwickeln kann.
Mich haben Jarvis Weg und all die Menschen, die ihn darin bis heute unterstützen, sehr beeindruckt. Es gab Ansätze, die einem sehr nah waren und jede Menge Aspekte, die einen selbst 'weitergebracht haben und vielleicht noch weiterbringen werden'. Und genau so soll es ja auch sein. Suche das heraus, was dir hilft und einem erlaubt, ein freieres Denken zu erfahren und sich den Menschen unvoreingenommener zuzuwenden, so versucht es Jarvis zu vermitteln und allein das finde ich sehr befreiend.
Ein sehr besonderes, lesenswertes Buch.

Bewertung vom 24.03.2021
Der Baum und der Vogel
Bickford-Smith, Coralie

Der Baum und der Vogel


ausgezeichnet

Ein Kleinod, das man gern sein Eigen nennt

Dies ist ein wunderbares Buch.
Man streicht über den herrlichen Leineneinband, bestaunt das Cover, schlägt es dann auf und die Reise beginnt. Ein Schwarm kleiner Vögel lässt sich auf einem großen hochherrschalftlichen Baum nieder und verharrt dort eine Weile. Dann setzt er seinen Flug fort. Nur einer der Vögel, ein kleiner rot gefiederter Kerl, will noch ein wenig länger bleiben. Und dann erlebt er in den Zweigen des mächtigen Baums ein paar ganz besondere Stunden, mit vielen neuen Eindrücken rund um die Tiere des Waldes, die hier für die Nacht ebenfalls eine Heimstatt gefunden haben.
Das ist eine schöne kleine Geschichte, die bei den Jüngsten in ihrer direkten einfachen Art gut ankommt und für die Erwachsenen herrlich sinnstiftend an die Türe klopft. Und dann, dann ist da die absolut gigantische Bildgewalt dieses Buches, diese kunstvollen Zeichnungen in ihrem ganz eigenen Stil, von einer solchen Farbenpracht, immer der Geschichte und dem Stand der Stunden folgend. Beim ersten Hineinsehen kommt einem der Gedanke, dass die überragende Visualität die Geschichte selbst vielleicht ein wenig erdrücken könnte, doch das ist nicht der Fall. Es passt alles, einfach genau richtig, zusammen.
Und, dies ist ein wunderbares Buch.

Bewertung vom 16.03.2021
Genug
Dalsgaard, Louise Juhl

Genug


gut

Gedanken und dazu ein bisschen Leben, eingehüllt in eine sehr lyrische Prosa

Eine junge Frau hat unbändige Lust auf das Leben. Gerade hat sie ihr Abitur gemacht und nun soll es los gehen. Und weil das alles noch nicht wirklich greifbar ist, fängt sie ganz klein an und beschließt, abzunehmen. Und das tut sie dann auch, diszipliniert und unbeugsam, und das führt dazu, dass sie dabei fast vergeht und genau das verliert, was sie doch feiern wollte, das Leben.
Dies ist ein Roman, der nicht faktisch den Dingen folgt, sondern ganz bestimmt ist von den Gedanken und den Empfindungen dieser jungen Frau, die diese Krankheit so viele Jahre mit sich trägt, nicht nur einmal fast daran stirbt, versucht zu funktionieren und zu leben, wie es all die anderen tun und doch gefangen ist in sich selbst. Da ist die verzweifelte Frage nach dem warum, das Nachdenken über ihre Kindheit und die Menschen, die darin wichtig waren und das immer wiederkehrende Empfinden, nicht mehr dasein zu wollen, tot zu sein und im selben Augenblick das wilde Aufbegehren, das Leben auf gar keinen Fall aufzugeben. Über das alles sinniert sie vor sich hin, wie auf einer Wolke schwebt sie durch die Zeit, die Gefühle sind leise und wir, die Leser, man weiß gar nicht so genau warum, aber man tut es einfach, wir begleiten sie dabei, ohne immer zu wissen, wo in ihren Erinnerungen die Protagonistin gerade weilt.
Aber ganz am Ende, der letzte Satz, der zeigt, das sie sie auf einem Weg ist, wie weit, weiß nur sie.
'… Aber heute Morgen plückte ich im Innenhof den letzten Ananasapfel vom Baum, und da konnte ich sie plötzlich spüren. Und mich.'

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Bewertung vom 14.03.2021
Der tote Rittmeister / Viktoria Berg Bd.2
Dix, Elsa

Der tote Rittmeister / Viktoria Berg Bd.2


sehr gut

Seebadflair zur Kaiserzeit und ein Krimi, der einen sehr gut unterhält

Norderney, die herrliche Seebadinsel, wunderbar im heute und so hochherrschaftlich mondän zu Zeiten des Kaiserreichs. Es ist das Jahr 1913 und dieser Sommer hat etwas besonderes zu bieten, das große Thronjubiläum mit einer Menge Festivitäten und einem großen Pferderennen, das dem Sieger sehr zur Ehre gereifen wird. Auch Victoria, eine Tochter aus bestem Hause, verbringt hier ihre Sommerferien, in einem der ersten Hotels der Insel, dafüt hat ihr Vater gesorgt. Sie ist eine ungewöhnliche junge Frau, denn sie hat sich durchgesetzt und entgegen der allgemeinen Gepfolgenheiten dieser feinen Gesellschaftsschicht einen Beruf ergriffen. Sie ist Lehrerin geworden und mit großen Ambitionen darum bemüht, Kindern aus ärmern Familien eine Schulbildung zu ermöglichen. Nun freut sie sich auf eine unbeschwerte schöne Zeit, obwohl sie gerade hier schon ab und zu an einen Mann denkt, den Journalisten Christian Hinrichs, mit dem sie im Jahr zuvor doch recht gut bekannt war. An ihrem ersten Tag auf der Insel besucht sie eine ihrer Schülerinnen, die im Seehospiz liegt und erfährt dort, das deren beste Freundin letzte Nacht verschwunden ist. Sie verspricht dem totkranken Mädchen, ihre Rieke zu finden. Und dann geht es Knall auf Fall. Bei dem Pferderennen wird ein hochangesehener Rittmeister ermordet im Dünensand gefunden, bei sich ein Spielzeug des vermissten Kindes. Victorias Freund, der Journalist, gerade mit einer Reportage für seine Zeitschrift fertig, wird, eher zufällig, zum Hilfspolizisten ernannt, um beim Aufklären des Falles zu helfen. Und daraufhin, ehe es sich Christian und Victoria versehen, sind die beiden auf gemeinsamer Ermittlermission.
Eine sehr spannende Kriminalgeschichte aus einer Zeit, die wirklich noch ganz anders war, mit einer erfrischend modernen jungen Frau, die nie aufgibt und den Fall unbedingt lösen will und an ihrer Seite, zwar mit kleinen zwischenmenschlichen Problemchen, natürlich ihr Journalist. Und wo der Fall letztendlich hinführt, das wird man dann ja sehen und was aus dem ungewöhnlichen Ermittlerpärchen wird, auch.
Ein Buch, das zu lesen, viel Spaß gemacht hat.

Bewertung vom 07.03.2021
Calypsos Irrfahrt
Franz, Cornelia

Calypsos Irrfahrt


sehr gut

Zwei Kinder, gerettet aus dem Meer und schon bald ist da ganz viel Nähe

Es gibt Kinder, deren Zuhause ist ein Land, in dem zu leben gar nicht leicht ist. Da kann es Krieg geben oder man hat nicht genug zu essen, man kann nicht in die Schule gehen oder die eigenen Eltern werden unschuldig ins Gefängnis gesteckt. Es gibt viele schlimme Gründe dafür, das man dann versuchen muss, aus seiner eigenen Heimat wegzugehen, um irgendwo anders sicher leben zu können. Und wenn man dann ganz viel Glück hat und auf die richtigen Menschen trifft, dann kann daraus diese Geschichte werden.
Oscar verbringt seine Ferien dieses Jahr mit seinen Eltern auf der Calypso, einem Segelschiff, mit dem die drei plus Lucy, ihrem Hund, durchs Mittelmeer schippern, vier Wochen lang. Oscar schaut gerade, ziemlich gelangweilt, übers Meer, als er da in der Ferne etwas schwimmen sieht, einen Rettungsring und daran hält sich jemand fest. Sofort schlägt er Alarm und seine Eltern reagieren sehr schnell und ziehen da tatsächlich zwei Kinder aus dem Wasser, in buchstäblich letzter Sekunde. Das Mädchen, ungefähr in Oscars Alter, und der um einiges jüngere Junge sind vollkommen erschöpft und einen Augenblick hat Oscar Angst, sie wären tot. Nachdem sich die beiden etwas erholt haben, stellt sich heraus, dass Nala und Moh aus dem Kongo kommen und von einem Flüchtlingsboot ins Meer gefallen sind. Bis zum nächsten Anlegepunkt dauert es noch etwas und so können sich die drei Kinder ein wenig kennenlernen. Oscar tut alles, um das Vertrauen der beiden zu erlangen und sich mit ihnen irgendwie, mit Händen und Füßen, zu verständigen, denn sie sprechen ja nicht die gleiche Sprache. Im nächsten Hafen können Naila und Moh dann, so denken die Eltern, an die entsprechende Behörde übergeben werden, die sich sicherlich gut um sie kümmern wird. Doch es kommt anders. Nicht nur an den Anlegepunkten in Griechenland, sondern später auch in Italien, will die beiden Flüchtlingskinder keiner haben. Regelrecht aggressiv wird die Familie mit ihrem Anliegen abgewiesen und sie müssen weiter segeln. Daraus wird eine wahre Irrfahrt, während der die fünf und besonders die Kinder anfangen, sich sehr zu mögen und sich richtig miteinander verbunden zu fühlen. Was aus dieser schlimmen Situation wird, soll hier nicht verraten werden, aber es geht auf jeden Fall sehr abenteuerlich und dramatisch zu.
Das Buch erzählt von einem sehr ernsten Thema und man erlebt hautnah, was den Menschen, die man jetzt ja auch schon ein bisschen kennengelernt hat, da widerfährt. Und das erfolgt, ganz aus dem Empfinden der Kinder heraus, absolut auf Augenhöhe der eigentlichen Leserschaft.
Eine berührende Geschichte, die noch lange nachhallt und sehr viel Gesprächsstoff bietet.

Bewertung vom 06.03.2021
Mission Hollercamp Band 1 - Der unheimliche Fremde
Hach, Lena

Mission Hollercamp Band 1 - Der unheimliche Fremde


gut

Urlaub auf dem Campingplatz und diesmal wird richtig ermittelt

Endlich Ferien und Leon freut sich riesig. Wie jedes Jahr fahren seine Eltern, Mia, seine Schwester und er mit ihrem Wohnmobil zum Hollercamp, ihrem Stammcampingplatz. Dort trifft er endlich seine Freunde wieder, Jakub und Emily. Wie schon so viele Male zuvor, liegt wieder eine tolle Zeit vor ihnen. Sie werden schwimmen gehen, durch den Wald stromern und einfach ganz viel Spaß miteinander haben. Das zumindest ist der Plan. Doch vom ersten Tag an passieren ungewöhnliche und gar nicht lustige Dinge an ihrem Lieblingsort. Da werden ihnen beim Baden die Kleider geklaut, dann bekommen einige Gäste richtig schlimme Pusteln, ihr Boot geht unter und die Freude am traditionellen Lagerfeuer wird einem auch genommen. Irgendjemand ist für all das verantwortlich, ganz klar. Aber ist wirklich 'der Fremde', den das ganze Camp sofort in Verdacht hat, der Schuldige, ein stets barfüßiger Mann, der hier irgendwo in der Nähe sein Lager aufgeschlagen hat. Auch die Freunde glauben zuerst an das Offensichtliche. Oder steckt da doch jemand ganz anderes dahinter. Das müssen sie unbedingt herausfinden, denn sie sind ja doch sehr persönlich davon betroffen und außerdem soll auch niemand falsch verdächtigt werden.
Es ist schon richtig abenteuerlich, was die drei, eigentlich ja vier, denn Charlie, Leons Cousine, macht die Ermittlertruppe dann noch komplett, da so erleben und wo das Ganze hinführt.
Das ist eine nette Geschichte, flott erzählt, voll auf Augenhöhe und einfach ein richtig gelungener Lesespaß, für Jungen und Mädchen gleichermaßen.