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Benutzername: 
gagamaus
Wohnort: 
München

Bewertungen

Insgesamt 510 Bewertungen
Bewertung vom 26.07.2017
Tiefe Schuld / Toni Stieglitz Bd.2
Obermeier, Manuela

Tiefe Schuld / Toni Stieglitz Bd.2


gut

Die Autorin Manuela Obermeier war -oder ist - Polizeihauptkommissarin. Diese Kenntnisse können in einem Kriminalroman sicherlich von Vorteil sein. Deshalb hatte ich vor allem an den technisch korrekten Teil der Geschichte hohe Erwartungen. Außerdem verspricht der blutrote Wald auf dem Cover und der spannungsgeladene Klappentext einen guten Krimi. Solche Vorschusslorbeeren sind natürlich nicht immer förderlich, wenn man eine neue Autorin mit einem zweiten Band für sich entdecken will.
Vielleicht hat es daran auch bei mir etwas gehakt.

Zum einen fehlte mir wohl Vorwissen aus dem ersten Band. Das Privatleben der Hauptperson Toni Stieglitz ist zwar angerissen und das es einen rüden Ex-Lover gibt, wird ziemlich oft in den Ängsten der Kommissarin erwähnt. Aber irgendwie hätte ich noch zusätzliche Infos gebraucht denn so richtig schlau geworden bin ich nicht aus dem Privatleben der Polizistin. Alles erscheint etwas wirr und deprimierend obendrein. Allein schon das Verhalten ihrer Eltern, die dem Ex-Freund doch tatsächlich nachtrauern und sich wenig um die Gefühle ihrer Tochter scheren, ist grenzwertig. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass anteilsmäßig mehr von der Seelenpein als vom Kriminalfall berichtet wird. Der Fall an sich, der in Toni diese gemischten Gefühle auslöst, weil sie selber ähnliches erlebt hat, ist schnell erzählt, logisch aber ohne große Überraschungen aufgebaut.

Alles in allem ein vorhersehbarer und deshalb nur mäßig spannender Plot mit einer Heldin, die ich nicht ganz einschätzen konnte und die mir nicht wirklich sympathisch war. Nicht unbedingt eine Krimireihe, die ich weiterverfolgen werde. Ich hätte mich auch noch auf ein bisschen mehr Lokalkolorit gefreut.

Bewertung vom 17.07.2017
Sag kein Wort
Montes, Raphael

Sag kein Wort


ausgezeichnet

Téo Avelar ist Medizinstudent. Seine Leidenschaft gehört vor allem den Leichen im Seziersaal. Manchen von Ihnen fühlt er sich näher als den lebenden Menschen. Er hat wenig Bekannte, keine wirklichen Freunde. Zuhause wartet seine pflegebedürftige Mutter, die ihn mit ihrer Neugierde und ihrer Dominanz nervt und die er dennoch stillschweigend versorgt. Er ist introvertiert und reserviert gegenüber anderen und weiß, dass er anders ist als alle, die er kennt. Er sehnt sich nach Verständnis und nach etwas, das er Liebe nennt. Dann trifft er auf einer langweiligen Party ein Mädchen und er entbrennt in einer verzehrenden Leidenschaft zu ihr. Clarice aber hat kein Interesse. Vielleicht spürt sie, dass hinter seiner unscheinbaren Fassade etwas Ungeheuerliches lauert. Vielleicht sollte sie mehr Sorge und Angst vor ihm haben. Aber sie ist jung und fühlt sich stark und frei. Sie sieht nicht die Gefahr, die schnell und unaufhaltsam näher kommt. Und eines Tages macht Téo ernst und bringt das Mädchen in seine Gewalt. Er will sie mit allen Mitteln davon überzeugen, dass er der Richtige für sie ist und dass sie jetzt und für immer zu ihm gehören wird.

Von der ersten Seite an spürt man beim Lesen den Horror, der zwischen den Zeilen ganz unmerklich wächst. Téo ist ein hochgradig kranker Mann. Ein Psychopath, der sich nur scheinbar unter Kontrolle hat. Ein Mensch, der keinerlei Empathie für andere empfindet und dessen Universum sich nur um ihn selber dreht. Anfangs hofft man vielleicht noch, dass er seine Gefühle steuern könnte. Das alles nicht so schlimm werden wird. Aber der Wunsch ist trügerisch und man merkt auch schnell, dass dies keine lustige Geschichte wird und keine, bei der man sich wohlfühlen soll. Aber die Sogwirkung ist immens und einmal angefangen, kann man das Buch kaum zur Seite legen, da man wissen möchte wie es weitergeht. Das Grauen wird schnell größer. Téos psychopathische Natur entfaltet sich nach und nach und trifft auf sein Opfer Clarice, die ungeahnte Stärke besitzt und sich ihm hartnäckig widersetzt. Aber wohl gerade dadurch wird sein Wahn noch befeuert und das Unheil nimmt Seite für Seite seinen Lauf. Über das Ende möchte ich nichts verraten. Das sollte jeder Leser für sich selber entdecken und einordnen.

Ich bin jetzt kein unbedingter Horror-Fan. Aber ich mag Stephen King. Und mit dem wird Ralphael Montes durchaus zu Recht verglichen. Ich musste immer wieder an die King-Verfilmung „Misery“ denken, in der eine Frau einen von ihr angehimmelten Schriftsteller einsperrt und quält. Hier gibt es positive Parallelen was Thema und Qualität betreffen. Der Autor schreibt nah dran an seinem Täter. Man taucht tief ab in dessen Psyche und erkennt seine kranken Gehirnwindungen und dennoch wird man vom Plot immer wieder überrascht, denn Téo ist nicht kalkulierbar. Seit langem mal wieder ein Psychopath, der an einen Hannibal Lektor durchaus rankommt mit seinem komplexen aber durchaus auf perfide Weise faszinierenden Wesen.

Ein sehr spannender und sehr gut geschriebener Psychothriller.

Bewertung vom 16.07.2017
Liebe findet uns
Monninger, Joseph P.

Liebe findet uns


sehr gut

„Liebe findet uns“ besticht zuerst einmal mit einem wunderschönen Cover. Es ist fast samtig weich und die Liebe und Gefühle sind wie ein Feuerwerkt um das abgebildete Paar. So beginnt auch die Beziehung von Heather und Jack. In einem Zugabteil lernen die beiden Amerikaner sich kennen. Beide machen aus unterschiedlichen Gründen eine Europareise. Bei beiden funkt es gewaltig und sie beschließen, gemeinsam die Städte zu entdecken und auf den Pfaden von Jacks Großvater zu reisen. Zuerst wird der Leser also in Sicherheit gewiegt und freut sich an der Liebesgeschichte. Aber es bleibt nicht so harmonisch. Jack verschwindet und damit beginnt eigentlich der interessante Teil der Geschichte.
Der Autor, J.P. Monninger, war mir vorher nicht bekannt. Er bedient sich eines gut lesbaren Erzählstils und versucht, seine Charaktere durch Ecken und Kanten realistischer zu machen. Vor allem die Dialoge haben mir sehr gut gefallen. Gefallen hat mir auch die Art, wie die beiden zusammen Reisen und die verschiedenen Städte und Länder erleben. Die Spontanität und einige interessante Begegnungen mit neuen Menschen machen das Flair in der Geschichte aus. Mir war das Buch fast etwas zu kurz geraten. Sowohl die Liebesbeziehung, als auch die Auflösung von Jacks Verschwinden waren ziemlich schnell und abrupt. Dennoch wurde ich gut unterhalten.

Bewertung vom 12.07.2017
Das Imperium der Masken / Die Verräterin Bd.1
Dickinson, Seth

Das Imperium der Masken / Die Verräterin Bd.1


sehr gut

Baru Kormoran ist noch ein Kind, als ihre Heimat vom Imperium der Masken erobert wird. Schnell greifen die strengen Sittlichkeitsgesetze der Besatzermacht, die unter anderem Homosexualität unter schwere Strafe stellen und eine Lehre verbreiten, die mit Vererbungslehre und genetischen Langzeitplänen das Volk unterdrückt. Baru, die mit zwei Vätern und einer Mutter aufwuchs, erfährt einen einschneidenden Verlust, als einer ihrer Väter plötzlich verschwindet und sie annehmen muss, dass er bestraft und getötet wurde. In ihrem tiefsten Innern wächst der Wunsch nach Rache und Rebellion aber wohlweislich verbirgt sie ihre wahren Gefühle und versteht es, sich durch Intelligenz und herausragende Leistungen in der Verwaltungshierarchie der „Masken“ hochzudienen um bald einen wichtigen Posten in der Provinz zu bekommen. In ihr schlummert immerfort der Plan, ihr Volk zu befreien und sie beginnt handfeste Pläne zu schmieden und nach Verbündeten zu suchen.

Das Buch wird in der Werbung als legitimer Nachfolger von „Game of Thrones“ angepriesen. Sorry, ich finde das einen sehr unpassenden Vergleich. Weder die Story noch der Erzählstil haben meiner Meinung nach irgendetwas damit zu tun. Wenn überhaupt, dass drängt sich mir der Vergleich von „Elantis“ und „Sturmklänge“ von Brandon Sanderson auf, denn hier wie dort besticht die Geschichte durch ein Höchstmaß an politischen Ränken und raffinierten Intrigen. Geschildet wird dies alles aus der Sicht von Baru. Die beschriebene Welt ist hochkomplex und sehr kompliziert. Man muss vor allem im ersten Dritten sehr aufmerksam lesen, um alle Zusammenhänge zu verstehen und die Gesamtheit der Zusammenhänge zu erkennen. Wäre es keine Fantasy wäre es streckenweise fast ein Politthriller mit wenig fantastischen Elementen außer dem, dass es eine fiktive Welt ist.

Die Spannung entwickelt sich zögerlich. Es ist ein typischer Auftaktband, der durch Raffinesse besticht aber gerne etwas mehr Tempo hätte haben können. Dennoch hat mir das Buch Spaß gemacht, denn es widersetzt sich den meisten der gängigen Genrevorgaben und besticht mit einer Heldin, die so klug und listig agiert, wie – und hier der einzige für mich sinnvolle Vergleich mit GoT – der geschätzte Tyrion Lannister.

Bewertung vom 09.07.2017
Stell dir vor, dass ich dich liebe
Niven, Jennifer

Stell dir vor, dass ich dich liebe


sehr gut

Mit ihrem ersten Roman hatte mich Jennifer Niven vor gut einem Jahr voll und ganz überzeugt und ich war wirklich gespannt, ob sie das Niveau auch im zweiten Roman halten kann.

Das Cover ist wieder ein Scherenschnitt und gefällt mir ausnehmend gut. Und es ist wieder die Geschichte um die Annäherung zweier Teenager, von denen jeder sein Scherflein zu tragen hat.

Da ist zum einen Jack, der an einer ausgesprochen seltenen Gehirnanomalie leidet, die es ihm verwehrt, dass er Gesichter wiedererkennt. Auch gute Freunde kann er schon nach wenigen Minuten nicht mehr als solche erkennen, geschweige denn seine Mitschüler oder Nachbarn. Ein ums andere Mal ergeben sich daraus peinliche oder sogar beängstigende Situationen. Aber er möchte niemandem, nicht mal der eigenen Familie, sagen, dass er schon einige Zeit unter dieser Krankheit leidet.

Zum anderen ist da Libby, die unter starkem Übergewicht leidet und darum ringt, ihr Selbstbewusstsein dennoch nicht zu verlieren. Sie überspielt ihre Probleme mit Intelligenz und Witz und erobert deshalb auch das Herz von Jack ziemlich schnell.

Das Buch hat all meine Erwartungen erfüllt und sich als guter Vertreter der Gattung Jugendbuch mit Liebe und Niveau bewährt. Die Geschichte hat alles, was das Herz der Leserinnen begehrt. Liebe und Charme, zwei sympathische Helden, eine zarte Liebesgeschichte mit einigen dramatischen Wendungen, mit Missverständnissen, Tränen, Lachen und Versöhnung. Außerdem werden die Probleme der beiden einfühlsam dargestellt und erzählt, wie beide langsam reifer und erwachsener werden und lernen mit ihren Fehlern zu leben.

Ganz kommt es nicht an den Vorgänger heran, für mich aber dennoch ein schönes Leseerlebnis und eine Buchempfehlung.

Bewertung vom 05.07.2017
Die Fährte des Wolfes / Zack Herry Bd.1
Kallentoft, Mons;Lutteman, Markus

Die Fährte des Wolfes / Zack Herry Bd.1


sehr gut

Neue skandinavische Thriller-Autoren werden gerne mal mit den großen des Genres verglichen um den Büchern auf die Sprünge zu helfen. Namen wie Nesbo, Adler-Olsen oder Mankell machen sich einfach gut auf einem Klappentext. Aber gegen diese Bestsellerautoren muss man erst mal bestehen und oft sind die angekündigten Ähnlichkeiten in Stil und Spannung nicht mehr als Schall und Rauch. Ich war also neugierig, wie es sich beim Erstling „Die Spur des Wolfes“ des Schriftstellerduos Kallentoft/Luttemann verhält.

Wie in vielen Thrillern so sind auch die zwei Hauptermittler Menschen mit einer schwierigen Vergangenheit und Suchtproblemen im Alltag. Zack Herry kommt aus ärmlichen Verhältnissen und hat sich schon sehr jung zum Kommissar hochgearbeitet. Stress und psychologische Probleme bekämpft er mit diversen Drogen. Deshalb nennt er auch einen Drogendealer seinen besten, wenn nicht gar einzigen Freund. Seine Partnerin Deniz ist türkischer Herkunft, wuchs ohne Eltern auf, weiß nicht, wo ihr kleiner Bruder abgeblieben ist und hat mit einer schmerzhaften Knieverletzung zu kämpfen. Sie sind ein gut funktionierendes Ermittlerduo, welches aber schon mal über die Grenzen des Zulässigen hinausgeht. (Ja, das klingt alles ein bisschen nach Harry Hole und Lisbeth Salander. Aber nur ein bisschen.)

Der Fall an sich ist meiner Meinung nach typisch skandinavisch – sehr blutige, brutale Morde und geprägt von Rassenhass und Immigrationsproblemen. Die Ermittlungen sind interessant und logisch aufgebaut. Die Autoren versuchen auch die ein oder andere falsche Fährte zu legen, über die Wahlweise die Kommissare oder die Leser stolpern sollen.

Der Schreibstil ist gut lesbar allerdings für meinen Geschmack haben die Autoren sich manchmal etwas verplaudert und nehmen das Tempo durch langatmige Erklärungen oder Abschweifungen in die Vergangenheit immer wieder an der falschen Stelle heraus, so dass es sich für mich in einigen Abschnitten etwas gezogen hat und fast etwas langweilig war. Trotz der Längen habe ich das Buch aber zügig durchgelesen, einfach weil ich wissen wollte, wie dieser Fall sich auflöst.

Über das Ende möchte ich nichts erzählen, damit jeder sich ein eigenes Bild machen kann. Die actiongeladene Spannung, mit der das Buch angepriesen wird, ist meiner Meinung nach nur ansatzweise zu spüren aber die Kommissare geben sich redlich Mühe und es kommt auch zu einem Showdown. Für mich 3,5 von 5 Sternen. Ich werde sicher auch den zweiten Band lesen, so es denn einen geben sollte.

Fazit: Der Klappentext ist mal wieder etwas dick aufgetragen aber es ist ein solider Skandinavien-Thriller.

Bewertung vom 25.06.2017
Die Treibjagd
Varenne, Antonin

Die Treibjagd


ausgezeichnet

„Die Treibjagd“ von Antonin Varenne spielt im Massif Central, einem Gebirge in der Mitte des südlichen Frankreichs. Aber es könnte tatsächlich überall anders auf der Welt spielen, wo die Gegebenheiten ähnlich sind. Die Ausgangssituation erinnert mich an andere Romane, die ich im letzten Jahr gelesen habe. Z.B. Monteperdido (Spanien) oder The Dry(Australien).
Es ist eine ländliche abgelegene Gegend, in der die Natur hart und unerbittlich ist und wenige Reiche das Land und die Macht unter sich aufteilen wollen. Die Menschen sind ein Abbild ihrer Lebensumstände. Rauh und spröde, wortkarg und von äußeren und inneren Narben versehrt. Rémi Parrot ist der örtliche Revierjäger. Auf gewisse Weise ist er ein Eigenbrödler. Durch einen schweren Unfall entstellt, lebt er in einer Hütte am Waldrand. Seine große Liebe Michèle hatte vor Jahren das Dorf verlassen. Unerwartet kehrt sie zurück und eröffnet einen kleinen Laden. Ihr Bruder versucht, wie früher, eine Beziehung der beiden mit allen Mitteln zu verhindern und gerät sofort mit Rémi aneinander. Aber bald ist das Nebensache, denn der Forstinspektor Philippe verschwindet unter ungeklärten Umständen im Wald und was die Männer nach tagelanger Suche finden wirft die Frage auf, wer wollte ihn mundtot machen und warum. Der tote Freund hat Rémy einen Stapel Unterlagen hinterlassen, weil er bereits um sein Leben fürchtete. Und daraus geht hervor, dass einer der mächtigsten Grundbesitzer der Gegend in einen Umweltskandal verwickelt sein könnte. Ist dies das Mordmotiv? Bald ist auch hinter Rémy jemand her.
Ich mag Bücher wie „Die Treibjagd“. Neben starken Haupt- und Nebencharakteren spielt auch die Natur eine wichtige Rolle und der Mensch kämpft nicht nur gegen Seinesgleichen sondern ebenso gegen Kälte und Hitze, karstige Bergregionen, wütende Wildschweine und ähnliches. Es ist ein Kampf ums Überleben. Und ein Kampf eben FÜR diese Natur, die andere ausbeuten und zerstören wollen. Rémy ist ein adäquater Held, der integer und mutig ist, sich nicht um seine Vorgesetzten oder Drohungen schert und doch ein ganz normaler Mensch mit all seinen Schwächen und Fehlern bleibt.
Hervorragend passt das Cover zur Geschichte und der Erzählstil ist kraftvoll und intensiv, verlangt nach der Aufmerksamkeit des Lesers und schenkt dafür Bilder und Eindrücke, die das Kopfkino aufs Vortrefflichste befeuern. Ich wurde in einen spannenden Sog gezogen und kann das Buch nur wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 16.06.2017
Der Gaukler und die Tänzerin
Steyer, Nicole

Der Gaukler und die Tänzerin


gut

Als sechsjährige muss Magdalena überstürzt von Zuhause fliehen, da ihre Mutter, eine der Mätressen des hessischen Landgrafen, eines unnatürlichen Todes gestorben ist und sie den Mord beobachtet hat. Zigeuner retten ihr Leben und nehmen sie bei sich auf. Und aus ihr wird das Zigeunermädchen Suni, das als Tänzerin ihren Lebensunterhalt verdient und die Geschehnisse in ihrer Kindkeit verdrängt hat. Aber als sie wieder in ihre Heimatstadt zurückkehr überstürzen sich die Ereignisse, denn sie sieht ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten aus und es gibt Menschen, die sie töten wollen. Gut, dass ihr Kinderfreund Mathis sie findet und ihr hilft.

Es war mein erstes Buch von Nicole Steyer. Beworben wird das Buch als Sittengemälde des 18. Jahrhunderts und als Streitschrift gegen Diskriminierung. Ich finde das etwas zu hoch gegriffen. Ja, es geht um Zigeunerhass und Verfolgung dieser Volksgruppe. Allerdings tut speziell der Graf dies, weil er glaubt, sie hätten seiner Tochter etwas zu Leide getan, das verwässert meiner Meinung nach den Begriff Diskriminierung. Mathis hingegen wird meiner Meinung nach nicht besser oder schlechter behandelt trotz seiner dunklen Hautfarbe. Meistens habe ich diese sogar ganz vergessen. Das ist wohl auch den Verlagsverantwortlichen bei der Covergestaltung so gegangen, denn ich verstehe nicht, wie ich einem Buch den Titel „Der Gaukler und die Tänzerin“ geben kann und der Mohr dann nicht als solcher auf dem Cover abgebildet wird. Das finde ich fast ein bisschen diskriminierend.

Ich fand den Schreibstil etwas aufgebläht und langatmig. Alle Gefühle und Geschehnisse werden extrem durchgekaut und dem Leser wird wenig Spielraum für eigene Gedanken gelassen. Auch ist es einer der historischen Romane, die die Historie mehr als Rahmen benutzen ohne dass ihr richtige Tiefe gegeben wird. Ich habe nichts wirklich Neues über das damalige Leben und die geschichtlichen Fakten erfahren. Das war mir etwas dünn, nachdem ich vorher den aktuellen Gablé genossen hatte.

Ein netter Roman über ein tapferes Mädchen und einen Jugendfreund, mit dessen Hilfe sie zu ihrem Recht und ein paar Übeltäter zu ihrer gerechten Strafe kommen. Mit viel Gefühl und ein bisschen Herzschmerz. Für mich leider zu belanglos – trotz der dramatischen Geschehnisse.

Bewertung vom 26.05.2017
Die Schwestern / Der schwarze Thron Bd.1
Blake, Kendare

Die Schwestern / Der schwarze Thron Bd.1


sehr gut

Die Grundidee fand ich wirklich Klasse. Es sind Drillingsmädchen, die hier die Hauptrollen spielen. Als Kleinkinder wurden sie voneinander getrennt und zu verschiedenen magischen Völkern geschickt, die sie aufziehen und den Mädchen ihre unterschiedlichen Künste lehren sollten. An ihrem 16.ten Geburtstag müssen alle drei gegeneinander antreten, um herauszufinden, wer die zukünftige Königin von ganz Fennbirn wird.

Katharine wird zur Giftmischerin ausgebildet und steht gerade vor ihrer schwersten Prüfung, in der es um Leben und Tod gehen wird. Mirabella ist eine Elementenwandlerin geworden und Arsinoe soll eigentlich die Natur beherrschen. Nicht jede von ihnen scheint schon reif zu sein für den großen Kampf um die Krone. Und die Mädchen werden von einer Vielzahl von mehr oder weniger wichtigen Nebendarstellern umschwirrt, die nicht alle nur Gutes mit ihnen im Sinn haben.

Man merkt dem Buch an, dass es sich um einen ersten Teil handelt und die Autorin ein paar, für mich typische, Fehler macht. Sie hat eine komplexe Welt erschaffen und versucht sie dem Leser auf spannende Weise näherzubringen. Aber dabei findet sie nicht immer das richtige Maß für die Fülle an Informationen und das Tempo, in dem die Geschichte dabei dennoch fortschreiten sollte. Einerseits lässt sie sich sehr viel Zeit und es zieht sich etwas, bis die Spannung ab der Mitte langsam in Gang kommt. Andererseits lässt sie ziemlich viele Fragen unbeantwortet und nicht alle Strukturen in Fennbirn und Handlungen der Protagonisten sind für mich klar und nachvollziehbar.

Die Idee von drei gleichwertigen Hauptdarstellerinnen weckt den Wunsch, dass auch alle drei gleichwertig in der Handlung eingesetzt werden. Dadurch zerfasert die Geschichte aber zwangsläufig und die Mädchen bleiben etwas blass in diesem ersten Band. Hervorheben muss man positiv , dass der Roman versucht, die gröbsten Stereotypen solcher Geschichten zu umschiffen. Ich möchte hier nicht zu viel verraten, aber die Art und Weise, wie hier Herzensangelegenheiten erzählt werden, ist überraschend und vielversprechend zugleich.

Das Cover ist sehr ansprechend und der Sprachstil passend für die Zielgruppe junger Erwachsener. Auch wenn ich nicht so rund rum zufrieden war, so habe ich die Geschichte doch gerne gelesen und möchte unbedingt wissen, wie es mit den drei Schwestern weitergeht.

Bewertung vom 25.05.2017
Das Haus der schönen Dinge
Rehn, Heidi

Das Haus der schönen Dinge


gut

„Das Haus der schönen Dinge“ war mein erstes Buch von Heidi Rehn. Ich konnte einfach nicht widerstehen, da es in meiner Heimatstadt spielt und zu einer Zeit, die mich immer besonders interessiert.

Die fiktive jüdische Familie Hirschvogel betreibt 1897 ein angesehenes „Kaufhaus“ in der Münchner Innenstadt. Thea und ihr Mann Jakob leiten die Firma mit viel Herzblut und Engagement. Sie und ihre Familie gehören zu den angesehenen Unternehmern der bayerischen Landeshauptstadt, sind gestandene Münchner und schon seit vielen Generationen tief verwurzelt in der deutschen Kultur. Vor allem Thea ist es, die mit Modernisierungen und zukunftsweisenden Entwicklungen das Kaufhaus in den nächsten Jahren zu einem florierenden und stetig wachsenden Betrieb macht. Nicht nur die neueste Mode aus England und Paris liegt ihr am Herzen, sondern auch das Wohlergehen ihrer Angestellten und die Zufriedenheit der Kundschaft. Aber als Leser weiß man natürlich, dass die Tage der jüdischen Firmeninhaber im Deutschen Reich bereits gezählt sind und auch die Hirschvogels bald in Gefahr schweben.

Die Geschichte wird über drei Generationen und 5 Jahrzehnte erzählt. Zwangsläufig musste die Autorin also Zeitsprünge einbauen, um all das abzudecken, was sie erzählen wollte. Eben diese Zeitsprünge waren es aber leider auch, die mir überhaupt nicht gefallen haben. Mir war das Tempo, in dem hier durch die Jahrzehnte erzählt wurde zu groß. Ich hatte mehr als einmal das Gefühl, dass die Geschichte etwas zusammengestaucht ist. Mir passiert das nicht so oft, aber ich bin der Meinung, die Familie und ihre Erlebnisse hätten noch mindestens 200 Seiten mehr gebraucht, um angemessen Raum zu bekommen. Es waren ja auch sehr viele Lebensgeschichten, die hier erzählt wurden. Viele Beziehungen, viele dramatische Entwicklungen. Zwangsläufig konnte viele Dinge nur in einem Rückblick oder einer Zusammenfassung erzählt werden und einige wichtige Ereignisse wurden dabei mit wenigen Sätzen abgehandelt, was ich schade fand. Dadurch fiel es mir schwer, die große Schar an Protagonisten richtig kennen zu lernen und die meisten Personen konnten mich gefühlsmäßig nicht erreichen. Auch nahm die reale Zeitgeschichte und die geschichtlichen Fakten einen großen Raum ein. Das fand ich zwar positiv aber ich hatte dabei das Gefühl, dass die menschlichen Dinge zurückstehen mussten, weil einfach nicht genug Seiten dafür waren.

Unbedingt zu erwähnen ist die herausragende Recherchearbeit von Heidi Rehn. Akribisch und genau beschreibt sie, wie die Kaufhäuser sich von kleinen Gemischtwarenläden zu richtigen mehrstöckigen Warenhäusern mauserten. Wie sie durch immer neue Ideen und Innovationen die Menschen in ihren Bann zogen. Wie in den Geschäftsräumen durch Konzerte und Lesungen und Bibliotheken die Kultur gefördert wurde. Auch die Entwicklungen von Arbeitsrecht und Unternehmertum und natürlich die Anfänge des Dritten Reiches werden anschaulich erzählt. Viele kleine und große Details gibt es hier zu entdecken und für einen Münchner ist das Lokalkolorit und der Münchner Dialekt sicherlich ein weiteres Schmankerl.

Mein Fazit:
Historisch hat mich das Buch voll und ganz überzeugt. Die Menschen blieben mir darüber aber leider fremd.