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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2182 Bewertungen
Bewertung vom 27.12.2023
Lamberti, Frieda

Die Eisfischerin vom Helgasjön (eBook, ePUB)


gut

Leichte Unterhaltung

Frieda Lamberti ist eine Vielschreiberin. Das merkt man dem Roman Die Eisfischerin von Helgasjön auch an. Die Autorin macht keine literarischen Klimmzüge. Dafür spürt man aber doch eine Routine, die sich in einer flüssigen Schreibweise und einem kompakten Plot auszahlt.
Im Mittelpunkt steht Rieke, die eine Beziehungskrise gerät. Das merkt sie erst, als sie und ihr Freund Marco getrennt in Urlaub fahren. Marco betrügt sie. Eine ganze Weile zögert Rieke sich endgültig zu trennen, zumal sie im Urlaub ihren Jugendfreund Theo wiedergetroffen hat, der aber anscheinend verheiratet ist.

Rieke ist eine typische Hauptfigur dieses Genres, eigentlich tough und sympathisch, aber teilweise auch naiv. Als Protagonistin funktioniert sie aber gut und man folgt ihr gerne durch die Handlung.
Etwas enttäuschend war für mich der Schwedenbezug. Es gibt Passagen in Lappland, aber viel Eindruck haben sie nicht hinterlassen.
Es ist ein Roman, der okay ist, den man aber auch nicht unbedingt gelesen haben muss.

Bewertung vom 30.11.2023
März, Ursula

Verfehlungen und Verbrechen (eBook, ePUB)


sehr gut

Geschichten aus dem Alltag

Ursula März berichtet von Gerichtsfällen und den Umständen, wie es in den einzelnen Fällen zu den tragischen Vorfällen kommt.
Einige der Reportagen sind schon vorher erschienen, z.B. in der ZEIT und in dem 2011 erschienen Buch Fast schon kriminell.

Es sind kleine menschliche Tragödien, die dahinter stecken. Die Art, wie über die Fälle geschrieben wird, weckt Empathie und Anteilnahme.
Immer geraten die Protagonisten mehr oder weniger mit dem Gesetz in Konflikt und vor Gericht. Es sind meistens kleine Leute. Auffallend ist die Sachlichkeit, die die Autorin anwendet und letztlich so auch immer die Würde ihrer Figuren wahrt.
März schreibt eindeutig und zeigt dabei Schwächen und Ticks ihrer Protagonisten, sie dabei jedoch nicht verurteilt.

Das Niveau eigentlich aller Reportagen bleibt gleichmäßig hoch.

Bewertung vom 29.11.2023
Reibert, Jörg

Im Gleichschritt stark


sehr gut

Kommissar Franz Reinicke

Jörg Reibert hat seine Reihe um Kommissar Franz Reinicke schon einige Jahre in Gange. Dies ist der dritte Teil. Der erste war 2017 erschienen.
Damit gehört Reibert ähnlich wie Volker Kutscher zu den Pionieren als Autoren von Krimis, die in der Zeit des Nationalsozialismus handeln.
Der Erfolg von Bayblon Berlin dürfte weiteres Interesse an Büchern dieser Art geweckt habe.

Jörg Reibert schreibt geradlinig und sorgfältig. Das ist gut gemacht.
Es ist das Jahr 1935. Im Mittelpunkt stehen der ermittelnde Kommissar Franz Reinicke und der SA-Mann Emil Bachmann, ein begnadigter Mörder.

Eine junge Arbeiterin wird ermordet aufgefunden. Der Kommissar ermittelt mit seinem Team.

Das Milieu und die Stimmungen der Zeit werden intensiv transportiert. Dazu gehört auch die Gewaltbereitschaft und der Judenhass. Ich halte diese Beschreibungen für glaubhaft und da kann man froh sein, dass man nicht in dieser Zeit leben musste.
Wer sich für diese Zeit interessiert, findet hier ein lesenswertes Buch.

Bewertung vom 29.11.2023
Flamm, Peter

Ich?


ausgezeichnet

Die Frage der Identität

Das Besondere an dem packenden Roman ist, dass man als Leser von Anfang an dicht an der Figur und seinen Gedanken ist. Seine Perspektive dominiert das ganze Buch.
Er ist ein Kriegsheimkehrer, der an der Front die Papiere eines Gefallenen nimmt und dessen Identität annimmt. Aber ist das wirklich so? Bei seiner Heimkehr wird er von Frau, Freunden und Mutter sofort akzeptiert. Es gibt keinen Zweifel an seiner Identität, nur der Hund erkennt ihn nicht.
Der Protagonist ist traumatisiert und hoch verwirrt. Als Leser ist man sich nicht sicher, was jetzt stimmt.Das ist das Spannungsfeld.

Der Roman ist 1926 geschrieben. Die psychologische Note und die Dichte lassen ihn aber modern erscheinen. An der Art wie geredet wird, erkennt man dann aber doch das zeitbezogene, aber auch das ist interessant.

Bewertung vom 25.11.2023
Lando, Veronica

Der flüsternde Abgrund


sehr gut

Der wispernde Wind
Es handelt sich bei „Der flüsternde Abgrund“ um einen sehr atmosphärischen Roman, der auch sehr geheimnisvoll ist.
Der Protagonist heißt Callum. Aus Anlaß des Todes eines Mannes kehrt er nach 30 Jahren nach Granite Creek zurück. Hier ist er aufgewachsen und die Vergangenheit lässt ihn nicht los. Callum ist Journalist, aber hier ist er persönlich involviert.
Der Leser wird bei der Stange gehalten, indem nur häppchenweise berichtet wird, was vor 30 Jahren eigentlich passiert ist. In diesen Passagen wechselt die Perspektive in die erste Person, während sonst in der dritten Person erzählt wird. Das trägt dazu bei, den Plot noch intensiver zu machen und es folgen noch ein paar Überraschungen.
Das Buch hat mit der australischen Umgebung inklusive dem Regenwald einen reizvollen Schauplatz.
Veronica Lando ist eine Autorin, die man sich merken muss.

Bewertung vom 25.11.2023
Zimmermann, Birgit

Am Ende des Seils


gut

Am Ende des Seils verspricht ein Drama 1936, also in schweren Zeiten im Setting der Berge und der Bergsteiger, die die Eigernordwand erklimmen wollen.
Das hält der Roman auch weitgehend. Das erwartbare wird bedient.  Die Figurenkonstellation ist interessant gemacht. Doch die Figuren selbst sind etwas flach. Da hätte mehr Tiefe gutgetan. Die Sprache von Birgit Zimmermann bleibt auch mehr im belletristisch gemütlichen.
Was für das Buch spricht ist, dass die Befindlichkeiten der Menschen damals deutlich wird und wie schmal der Grat zur Mitläuferschaft war.
Ich hätte mir mehr und detailliertere Bergsteigerszenen gewünscht.
Es gibt bessere und schlechtere Romane . Ich bewerte mit 3,5 Sternen von 5.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.11.2023
Spiller, Carlo Leone

In Wahrheit war es schön


gut

Ein freies Leben

Ein Buch über Kindheit und Jugend eines Schweizers.
Es geht gleich mit ordentlich Tempo los, ohne dass der Autor erklärt, warum man sich gerade für sein Leben interessieren sollte. Davon abgesehen sind einige Episoden ganz unterhaltsam.
Der Protagonist Carlo ist reichlich chaotisch.

Einen Bruch im Buch gibt es, wenn der Erzähler als junger Mann für einige Zeit nach Buenes Aires geht. Da gibt es einige gut gemachte Formulierungen.
Carlo hat ein paar zu viele Frauengeschichten, die doch letztlich belanglos bleiben. Das gibt ihm etwas oberflächliches.

Sprachlich war ich nicht sehr beeindruckt. Schlecht geschrieben ist es aber auch nicht.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.11.2023
Bones, Antje

Nebenan ist doch weit weg


ausgezeichnet

Veränderungen

Es ist ein Buch über Veränderungen. Für die 12jährige Edith ist es eine Herausforderung, mit ihren Eltern von Berlin nach Polen zu ziehen. Sie vermisst ihre Freundinnen und die polnische Sprache muss sie erst lernen. Sie ist anfangs voller Zweifel, doch mit der Zeit lebt sie sich ein, findet Freundinnen und lernt einiges über das nicht gerade einfache, durch die Vergangenheit belastete Verhältnis zwischen Deutschen und Polen.
Es gelingt der aus Berlin Kreuzberg stammenden Autorin Antje Boones gut, Ediths wechselnde Gefühlslage zu verdeutlichen. Man kann sich gut in sie hineinfühlen und viele Emotionen teilen.
Der Plot des Romans ist stark genug, dass die Autorin auf gekünsteltes Beiwerk verzichten kann. Das hat mich sehr überzeugt.
Unbedingt erwähnenswert sind auch noch die Illustrationen von Michael Szyszka, die das Buch begleiten und bereichern.

Bewertung vom 02.11.2023
Di Lorenzo, Giovanni

Vom Leben und anderen Zumutungen


sehr gut

Interviews mit Substanz

Giovanni di Lorenzo ist bekannt durch 3nach9 und seine vielen Interviews. Ich schätze die Art seiner Gesprächsführung, die ihm auch bei schwierigen Zeitgenossen gelingt.
Dieses Interviewbuch hat eine interessante Auswahl an Interviewpartner. Da sind Politiker wie Merkel, Habeck, aber auch ein Diktator.
Es fehlen neben Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auch die aus dem Showgeschäft nicht wie z.B. Udo Jürgens, Bully Herbig und dem Papst.

Das Erdogan-Interview ist wirklich bitter. Es wurde zu der geführt, als Deniz Yucel in der Türkei in Haft war und zeigt Erdogans Haltung unverhüllt.

Aufschlussreich die beiden sehr unterschiedlichen Interviews mit Robert Habeck, eins 2018, eins dieses Jahr.

Was mich an dem Buch begeistert ist, dass sehr viele der Gesprächspartner bereit sind, auch sehr persönliches zu schildern.
Zu den schönsten Interviews gehört dann schließlich eins, das nicht mit einem Prominenten, sondern mit einem 8jährigen Mädchen geführt wurde.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.10.2023
Pollatschek, Nele

Kleine Probleme


sehr gut

Die Liste

Ein kurzer Roman, komplett aus der gedanklichen Ichperspektive eines mittelalten Mannes erzählt.

Lars, ist alleine im Haus. Seine Frau Johann hat zur Zeit eine sechsmonatige Ehepause eingelegt, die Tochter Lina ist in England.
Und Lars hat eine lange Liste angelegt, was er heute noch alles erledigen will. Das geht über putzen, Steuererklärung machen und Linas Bett aufbauen bis hin zum Plan, sein Meisterwerk zu schreiben.
Irgendwie ist von Anfang an klar, das er niemals alles schaffen kann.

Seine Gedanken sind so philosophisch wie selbstironisch. Das lädt ein, sich mit dem Protagonisten, wenigsten teilweise, zu identifizieren.

Es ist ein sehr amüsanter Roman, das heißt aber nicht, dass nicht durchaus wichtige Themen behandelt werden. Die Meisterschaft der Autorin liegt darin, eine Leichtigkeit dafür zu schaffen. Es ist ein wirklich guter Roman.
Allerdings habe ich das Buch auch mit einigen Unterbrechungen von mehreren Tagen gelesen. Man wird also auch nicht unbedingt als Leser an das Buch gefesselt.