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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 1963 Bewertungen
Bewertung vom 10.01.2023
Das glückliche Geheimnis
Geiger, Arno

Das glückliche Geheimnis


ausgezeichnet

Hinsehen und Nachdenken

Arno Geiger schreibt in Das glückliche Geheimnis über sein Leben, seine Beziehungen und seinen literarischen Werdegang, und das macht er erstaunlich ehrlich.
Als Aufhänger dafür nimmt er seine Leidenschaft für sein Suchen in Altpapier.
Ich halte das gut lesbare Buch für interessant. Geigers Anfänge waren frei von Erfolg, dann schrieb er „Es geht uns gut“, das den deutschen Buchpreis gewann und er wurde zum Literaturstar.
Man folgt weiter Geigers Büchern, erfährt ein paar Hintergründe. Das ist spannend, wenn man wenigstens ein paar davon gelesen hat. Man trifft z.B. Arno Geigers Vater wieder, dem alten König im Exil.
Das Buch Der alte König im Exil und Das glückliche Geheimnis ähneln sich stilistisch und von der Wirkung.

Arno Geiger beobachtet auch seine eigene Entwicklung, nimmt Veränderungen wahr.

Hinsehen und Nachdenken ist Wesen des Autors, das prägt seine Stil und dieses ganze Buch.

Bewertung vom 09.01.2023
Eine Nebensache
Shibli, Adania

Eine Nebensache


ausgezeichnet

Ein Ereignis im Jahr 1949

Adania Shibli hat mit „Eine Nebensache“ ein Stück palästinensische Literatur vorgelegt, die den Leser nicht kalt lassen kann. Es ist gerade darum harte Kost, fast schon unerträglich. Aber nur so kann verdeutlicht werden, was da im Zusammenhang mit dem israel-palästinensische Konflikt passiert ist.
Vom ersten Satz an ist der Stil der Autorin bemerkenswert: eindrücklich und mit großer Genauigkeit, da verknappt. Nur so viel Wörter wie nötig.

Die Handlung ist in zwei Teile aufgeteilt, die zeitlich weit voneinander entfernt sind und sich doch aufeinander beziehen. 1949 wird eine junge Frau von Soldaten ermordet, der zweite Teil handelt in der Gegenwart.
Eine Hauptrolle spielt der Schauplatz, die Negevwüste, deren Weiten viel Atmosphäre aufbauen. Eine latente Bedrohung begleitet auch die Protagonistin des zweiten Teils.

Es ist die erste Veröffentlichung der Autorin in deutscher Übersetzung und es ist eine sehr überzeugende.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.01.2023
Gleich geht die Geschichte weiter, wir atmen nur aus
Maljartschuk, Tanja

Gleich geht die Geschichte weiter, wir atmen nur aus


weniger gut

Die Essays sind zum Teil von 2014 und des öfteren bezieht sich die Autorin auf lange zurückliegende Vergangenheit. Einige sind auch neuer.

Dieses Buch zeigt, wie wichtig es ist, wenn Essays auch von literarischen Schriftstellern geschrieben werden. Tanja Maljartschuk schreibt darüber, was die Ukrainer sich bei der Bedrohung von Rußland fühlen und mach Emotionen dadurch für die Leser fühlbar.

0 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.12.2022
Es ging immer nur um Liebe
Okwonga, Musa

Es ging immer nur um Liebe


ausgezeichnet

Eine Reise in drei Teilen

Musa Okwonga ist ein junger, hochgebildeter Mann aus Großbritannien mit Wurzeln aus Uganda, der nach Berlin geht und da ein nachvollziehbares, glaubwürdiges Stadtporträt schafft und zeigt, wie ein Immigrant sich fühlt. Sein Ziel ist es Schriftsteller zu werden,
Er erzählt außerdem viel von Beziehungen und z.B. wie sich seine Freundin von ihm getrennt hat. Auch Rassismus im Alltag ist Thema.
In erster Linie geht es aber darum, wie ein Mann zu sich selbst findet, fast schon ein Coming-of-Age. Einige Passagen wirken aber wie Selbsthilfe-Ratgeber-Prosa, das hat mir weniger gut gefallen.
Ich hatte ehrlich gesagt Probleme mit der Erzählform, die konsequent in der zweiten Person gehalten ist.
Nur weil es thematisch wichtig und relevant ist, bin ich dabeigeblieben. Belohnt werde ich im letzten Romanviertel durch eine Reise nach Uganda, der für mich beste Abschnitt.
Der Roman ist ein Beispiel für die Stärke des autofiktionalen Erzählens.

Das Hörbuch wird von Benito Baus gelesen und er ist ganz okay.

Bewertung vom 21.12.2022
Ich ist ein anderer
Fosse, Jon

Ich ist ein anderer


ausgezeichnet

Der Norweger Jon Fosse ist eine Ausnahmeerscheinung. Hier ist jetzt aus seiner Heptalogie Teil III bis V als Hörbuch. Das Buch ist von dem preisgekrönten Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel aus dem Norwegischen übersetzt und der deutsche Text macht einen authentischen Eindruck.

Ich ist ein anderer ist ein konzentrierter, anspruchsvoller Text, der vom Sprecher Max von Pufendorf sorgfältig eingelesen wird. Das bewirkt, dass auch Kleinigkeiten des Textes ihre Wirkung entfalten.
Im Mittelpunkt der Maler Asle. Erinnerungen spielen eine große Rolle, so entstehen neben Gegenwart auch Szenen der Vergangenheit, Kindheit und Jugend. Das sind die stärksten Passagen im Buch und zeigt die Bedeutung verschiedener Lebensabschnitte und Asles Weg als Künstler.
Fosse fügt auch noch ein rätselhaftes Doppelgängermotiv ein, das andeutet, wie unterschiedliche Lebensentwürfe hätten verlaufen können.
Ich bin von dem Buch und seiner Form beeindruckt.

Max von Pufendorfs Stimme nimmt in seiner ruhigen, aber eindringlichen Art den Leser gefangen. Die Stimmlage Bariton empfinde ich als sehr angenehm für ein Hörbuch.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.12.2022
Die Rote Insel / Fräulein Gold Bd.5 (1 MP3-CD)
Stern, Anne

Die Rote Insel / Fräulein Gold Bd.5 (1 MP3-CD)


sehr gut

Die Berliner Autorin Anna Stern hat mit ihrer Fräulein Gold-Reihe einen Maßstab im Genre gesetzt .

Es ist der fünfte Teil der Reihe. Streckenweise ist die Luft irgendwie raus, dennoch hat das ganze noch Niveau.

Die Sprecherin Anna Thalbach prägt mit ihrer außergewöhnlichen Stimme das Hörbuch, dass knapp 7 Stunden geht. Eine gute Länge für ein Hörbuch, das aber auch gekürzt ist
Interessant an „Die rote Insel“ ist die Darstellung der Zeit 1926.
Es ist eine ungemütliche Zeit mit gefährlichen Stimmungen
Die Hebamme Hulda Gold ist schwanger und arbeitet für die Ärztin Grete.

Es gibt einige Elemente, die auch noch gut funktionieren, z.B. die Nebenfiguren wie die Apothekerin Jette oder der Zeitungsverkäufer Bert, die immer noch Witz haben, Und dann gibt es natürlich noch den Detektiv Karl.
Auch das Cover ist wieder großartig und trägt bei, die Atmosphäre zu erzeugen.

Bewertung vom 13.12.2022
Von Frauen und Salz
Garcia, Gabriela

Von Frauen und Salz


weniger gut

In Gabriela Garcias Debütroman „Von Frauen und Salz“ schreibt sie über mehrere Frauen in verschiedenen Zeiten. Es wird episodenhaft und kaleidoskopartig erzählt und es reicht von 1866 bis 2019.
Die Autorin ist in Miami aufgewachsen, hat aber kubanische und mexikanische Wurzeln.
Ihr zentrales Thema ist die Einwanderung in die USA
Im Gegenwartsplot ist Jeanette in Miami im Mittelpunkt. Es gibt auch starke Vergangenheitspassagen, zum Beispiel mit Maria Isabel, 1866 in Kuba.
Mit Gloria und Carmen, Maydelis und Dolores und zum Schluss Ana kommen weitere Frauen ins Spiel.

Man erfährt von Erfahrungen dieser Frauen und das kann so gut nur Literatur vermitteln.

Unbedingt erwähnenswert ist auch das atmosphärische Cover.

Bewertung vom 09.12.2022
Der längste, strahlendste Tag
Myers, Benjamin

Der längste, strahlendste Tag


ausgezeichnet

Eine starke poetische Stimme
 
Benjamin Myers, der Autor von Offene See, hat mit „“Der längste, strahlendste Tag“ ein beeindruckendes Erzählungsband vorgelegt.
Es enthält auch einige Kurzgeschichten, die nur 1-2 Seiten lang sind.
Hier ist die poetische Stimme ganz im Vordergrund, dennoch handelt der Autor einiges auch in diesem geringen Raum ab.
Weiterhin überzeugen gerade die etwas längeren Texte aufgrund der Themen und Originalität.
Das spürt man schon in der ersten Story Tausend Morgen englische Erde, die gleichermaßen Mensch und Maschine wie Tier und Natur betrachtet.
Auch die Titelgeschichte ist unbedingt erwähnenswert.
Oft sind die Erzählungen nicht sehr handlungsreich, aber sie entwickeln schnell ihren eigenen Zauber.
Auch in den anderen Geschichten werden immer wieder besondere Momente von Bedeutung herausgearbeitet.
Viele Sätze sind auch hier wie reinste Poesie.
Dazu passt auch, dass das Buch insgesamt schön und sauber gestaltet ist, z.B. mit dem malerischen Cover.

Bewertung vom 30.11.2022
Wir und die Flüchtlinge
Knaus, Gerald

Wir und die Flüchtlinge


ausgezeichnet

Klare Analyse

Wir und die Flüchtlinge ist in der Reihe Auf dem Punkt! erschienen und erfüllt dieses Aspekt voll und ganz.

Der russische Angriffskrieg könnte und wird wahrscheinlich zu einer steigenden Flüchtlingszahl diesen Winter führen. Damit muss Europa umgehen, eine Strategie finden und sich vorbereiten.

Das Buch ist informativ, spannend wie bedrückend. Es arbeitet mit klaren Fragestellungen und wendet Szenen wie in einem Film an.
Durch Interviewauszüge mit diversen Politikern zum Thema bringt der Autor Nachweise und stellt Bezüge her.

Diese Ansätze des Migrationsforschers Gerald Knaus halte ich für zwingend.

Bewertung vom 30.11.2022
Für die Sterne bestimmt / Lady Astronaut Bd.2
Kowal, Mary Robinette

Für die Sterne bestimmt / Lady Astronaut Bd.2


sehr gut

Lady Astronaut 2

Für die Sterne bestimmt ist der zweite Teil der sehr erfolgreichen Lady Astronaut-Reihe von Mary Robinette Kowal, aber man kann auch problemlos mit diesem Teil anfangen. Die Handlung ist im Jahr 1961 angekommen, aber es ist ein alternatives Universum, d.h. es gibt Abweichungen von der Realität wie wir sie kennen, zum Beispiel den anhaltenden Erfolg der US-Raumfahrt, andere Themen sind vergleichbar, wie der zu der Zeit noch zögerliche Feminismus.
Das zeigt sich daran, das weibliche Astronauten nicht von jedem akzeptiert sind und auch eine Bürgerrechtsbewegung gibt es.
Die Erde leidet noch unter dem Meteoriteneinschlag vor 10 Jahren.

Elma Yorks Weg führt sie über den Mond hinaus Richtung Mars. Eine lange Reise, nicht ohne Gefahren.
Das bedeute aber ihren Ehemann für min. 3 Jahre zurückzulassen.
Interessant, wie Elma häufig innerlich und ihrem Verhalten schwankt, einerseits sehnt sie sich nach einem angepassten bürgerlichen Leben, andererseits ist sie auch ehrgeizig.

Am Anfang gibt es eine starke Episode, bei der Elma York sogar als Geisel genommen wird.
Aber ansonsten ist das Erzähltempo eher slow. Das trägt bei, dass sich eine ganz eigene Atmosphäre entfaltet.

Die Reise zum Mars nimmt den Großteil der Handlung ein und wirkt durchgehend glaubhaft. Das ist eine Stärke des Buches.