Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Wedma

Bewertungen

Insgesamt 546 Bewertungen
Bewertung vom 12.03.2017
Das Europa der Könige
Horowski, Leonhard

Das Europa der Könige


ausgezeichnet

Von dem Werk von Leonhard Horowski „Das Europa der Könige“ habe ich einen sehr guten Eindruck gewonnen. Ich habe es gerne gelesen und empfehle es auch gerne weiter.
Sehr schön, dass Horowski gleich zu Anfang seine Gedanken über das Wie der Geschichtsschreibung mit seinen Lesern teilt, S. 51-53. Er spricht unter anderem „das Problem der Idee von relevanter und irrelevanter Geschichte“ an und erklärt anschaulich, warum es problematisch ist, die Geschichte unter diesem Blickwinkel zu betrachten. Vor diesem Hintergrund wird es klar, warum er „Das Europa der Könige“ in einer Art von Essaysammlung dem Leser präsentiert. Abgesehen davon, dass diese Erzählform eine eher ungewöhnliche Herangehensweise an die Schilderung der vergangenen Ereignisse darstellt, vermittelt sie mit einer bemerkenswerten Leichtigkeit und Dichte die Inhalte, für die man sonst etliche Bänder hätte durcharbeiten müssen.
Man bekommt detaillierte Einblicke in nahezu alle Bereiche des damaligen Lebens der (Hoch-) Adeligen in Europa, mit etlichen Beispielen untermalt. Liebe, Erotik, die allseits bekannten Liebschaften parallel zur Ehe insb. bei den Königen und ihren Mätressen, der Ehebruch und seine Folgen für Niederadeligen, Ehe/Familienleben insg., Kinderkriegen, etc. kommen in mehreren Kapiteln in unterschiedlichen Kontexten zur Sprache, denn bei den hohen Herrschaften geht es gleich um ein beachtliches Vermögen, Machtanspruch, etc. Der Autor weist auch auf den Wandel hin, der sich im Laufe der Zeit vollzog, z.B. was die Ehe oder Stellenwert von Sex angeht.
Auch zum Thema Krieg und Frieden gibt es hunderte von Seiten voller spannender Ausführungen, denn schon allein Frankreich hat etliche Kriege vom Zaun gebrochen, weil sich Ludwig XIV als Herrscher des Kontinents anschickte. Weiter im Osten gibt es ein nicht zu enden wollender Krieg zwischen Russland und dem osmanischen Reich. Ab 1711 wird auch aktiv nach Russland geheiratet. Der Autor liefert auch eine recht plausible Erklärung, warum und was sich die europäischen Herrscher davon erhofft haben.
Man kann mit den Ausführungen einverstanden sein, was bei den Darstellungen geschichtlicher Ereignisse keine Seltenheit ist, oder auch nicht ganz, aber es ist eine spannende Sicht der Dinge, die es zweifelsohne wert ist, sie kennenzulernen. Eine Bereicherung des bereits vorhandenen Wissens ist es allemal.
Horowski beweist sich auch als ein vorzüglicher Unterhalter: Sein Narrative, oft leicht ironisch, der sich wie ein gutes Gespräch unter Freunden liest, bereichert er mit anderen Erzählformen, die das Ganze gut auflockern: Mal gibt es nachgeahmte Dialoge der adeligen Kontrahenten, mal gibt es Szenen, die auch recht bekannte Figuren, wie Ludwig XIV, von einer sehr ungewöhnlichen und sehr persönlichen Seite zeigen, mal spricht der Autor den Leser direkt an und leitet ihn zum nächsten Thema. Das Lesen erfordert gewisse Konzentration, denn oft springt die Erzählung rein assoziativ zum anderen Thema oder anderem Adeligen und seiner Vorgeschichte/seiner Dynastie und den dort herrschenden Verhältnissen rüber, oder zur anderen Zeit, denn der Autor stellt auch gerne Vergleiche auch mit der heutigen Politik an. Aber einmal reingekommen, kann man nicht so leicht aufhören.
Das im Titel Versprochene bekommt man auf jeden Fall geliefert: Die einleuchtende Beschreibung des Werte- und politischen Systems, der Beweggründe, der verzwickten familiären Verbindungen und die daraus folgenden Handlungsmotive der Adeligen zunächst am Beispiel des Lebens am Hof des Ludwig XIV und später einigen anderen.

Fazit: Ein tolles, informatives, absolut lesenswertes Werk. Ein Muss für alle Geschichteliebhaber. Als Geschenk zum Geburtstag oder zu einem anderen Anlass sehr gut geeignet. Fünf wohl verdiente Sterne.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.03.2017
Ikigai
Miralles, Francesc;García (Kirai), Héctor

Ikigai


sehr gut

Ich habe einen positiven Eindruck vom Ikigai-Buch gewonnen. Insb. für Einsteiger scheint es mir gut geeignet: eine leicht verständliche Lektüre, die sich wunderbar lesen lässt. Auch als Geschenk kann ich mir dieses Buch prima vorstellen.
Es sind ca. 210 Seiten in 9 Kapitel von 12 bis 35 Seiten unterteilt, plus 9 Seiten für Vorwort und Epilog.
Im Kap.1 wird die Philosophie des Ikigai vorgestellt und „die fünf Blauen Zonen“ beschrieben: Dort, wo die meisten langlebigsten Menschen leben. Auch die Prinzipien des langen Lebens, die diese Menschen den Wissenschaftlern zufolge teilen, sind aufgeführt.
Im Kap. 2 geht es um Anti-Aging-Gesetze oder „Alltagsfaktoren, die einen langen, angenehmen Weg begünstigen.“ Stress und seine Rolle werden hier unter die Lupe genommen. Zu jedem vorher aufgeführten Punkt gibt es Rat, wie man im Alltag paar Dinge anders macht, um z.B. dem zu vielen Sitzen entgegenzuwirken oder besser schlafen zu können.
Im Kap. 3 werden einige Supercentinarians beschrieben, sowie ihre Ratschläge. „Kunst, gleich welcher Art, ist ein Ikigai und kann als Glücksquelle und Lebensziel fungieren.“ S. 64.
Im Kap. 4 wird von der Wichtigkeit der Lebenssinesfindung gesprochen. Dabei ist von Psychoanalyse und Logotherapie die Rede. 10 Unterschiede zw. den beiden werden in einer Tabelle gegenübergestellt, um klarzumachen, dass/wie man Ikigai mithilfe von Logotherapie finden kann. Einige sehr gut beschriebene Beispiele aus dem Leben runden die Ausführungen ab. Weiter wird Morita-Therapie besprochen, deren Grundregeln auch zum langen, guten Leben beitragen können. Vietnamesischer Mönch Thich Nhat Hanh wird hier zitiert: „Hallo, Einsamkeit, wie geht es dir heute? Komm, setz dich zu mir, ich werde mich um dich kümmern.“ S. 86.
Im Kap. 5 „Bei jeder Tätigkeit im Flow sein“ wird von der Macht des Flow geredet, die 7 Voraussetzungen dafür aufgelistet und die Techniken, um Flow zu erreichen. Beispiele aus dem Leben, z.B. Flow bei japanischen Handwerkern, Künstlern untermalen die Ausführungen.
Kap. 6 beschreibt den Besuch der Autoren in Ogimi, „Dorf der Hundertjährigen“. Das Leben in der Gemeinschaft wird dem Leser bildhaft vor Augen geführt. Man wohnt einer Geburtstagsfeier bei, bei der eine Frau 99, die andere 94 und ein Mann 89 ihr Fest mit 17 weiteren Gemeindemitgliedern feiern. Es gibt auch Interviews mit Hundertjährigen, die ihre Weisheiten und ihre Meinung zum langen, glücklichen Leben teilen.
Kap. 7 beschäftigt sich kurz mit richtigem Essen und Trinken.
Kap. 8 beschreibt „Fernöstliche Bewegungsübungen zur Förderung von Gesundheit und Langlebigkeit“. Radio Tasio Übungen mit Zeichnungen sind als erstes aufgeführt, dann kommt Yoga und ihre Stile kurz erläutert, Anleitung zum Sonnengruß in 12 Schritten mit den Zeichnungen. Weiter gibt es Tai-Chi, ihre Stile, Grundprinzipien kurz. „Wolken nachahmen“ in 12 Schritten und Zeichnungen, anschließend fünf Elemente Qigong, auch mit Abbildungen, und Shiatsu ganz kurz.
Kap. 9 spricht von Resilienz und ihrer Rolle. Wabi-Sabi-Konzept, Antifragilität und die 3 Schritte, um sie zu erreichen, einige Beispiele und Ratschläge inkl., runden die Ausführungen ab.
Epilog listet 10 Ikigai-Regeln auf und schließt das Buch ab.
Zugegeben, nicht sehr viel Neues, wenn man sich bereits mit diesem Thema befasst hat, aber einiges doch neu und recht interessant. Nett, all dies in einer anderen Zusammensetzung, mit Beispielen aus den Blauen Zonen, überwiegend aber aus Japan locker leicht vor Augen geführt zu bekommen.
Die Quellen der Konzepte sind zwar im Text aufgeführt worden, aber ich hätte gerne mehr Quellenangaben und weiterführende Literatur gehabt. Auch mehr zu den Methoden des Ikigai-Findens wäre sehr schön gewesen und hätte das Buch doch sehr bereichert.
Fazit: Alles in allem ist es ein nettes, schön gemachtes, leicht zu lesendes Buch, das Potential hat, dem Leser zu helfen, das eigene Leben auf ein langes, zufriedenes Leben auszurichten.
Ich vergebe 3,5 Sterne, die ich auf 4 aufrunde.

Bewertung vom 06.03.2017
Wenn ich jetzt nicht gehe
Dueñas, María

Wenn ich jetzt nicht gehe


gut

„Wenn ich jetzt nicht gehe“ ist ein guter Frauenroman, bei dem insb. die überlebensgroßen Figuren und die authentische Geschichte vorteilhaft ins Gewicht fallen.
Der deutsche Titel erscheint mir glücklicher gewählt als der Originaltitel „La Templanza“ (Die Mäßigung). Das Coverbild ist ein wahrer Hingucker und passt wunderbar zum Inhalt.
Der Einstieg fiel mir aber nicht leicht. Die Bilder der Armut und Elend im mexikanischen Hinterland des 19 Jh. konnten mich kaum packen. Da wurde zwar auf Mitleid plädiert, aber so recht überzeugen konnte mich das alles nicht. Solche Stellen gab es auch im weiteren Verlauf des Romans, wie z.B. die Schilderung des Billardspiels: klobig, gewollt, sprachlich eher holprig. Das Plappern des allwissenden Erzählers, der mal aus Mauros mal aus der Perspektive seines Gegners etliche Erklärungen losließ, half auch kaum weiter. Einzig die gut eingebauten überraschenden Wendungen retteten oft das Ganze und ließen weiterlesen. Nach etwa 80 Seiten kam die Geschichte in Bewegung. Mauro, der mit Silberminen als junger Mann reich geworden war und nun Jahre später sein Hab und Gut wieder verkaufen und seine schwangere Tochter bei ihrer neuen Familie zurücklassen musste, erreichte Havanna in der Hoffnung, zu Geld zu kommen, um sein Kredit wieder zurückzahlen zu können. Obwohl er gleich zwei Optionen angeboten bekam, nahmen seine Abenteuer eine ganz andere Wendung. Weitere Reise führte ihn nach Jerez, Andalusien, wo er ein Weingut und das dazugehörige Anwesen verkaufen wollte. Er plante bloß Geld zu machen und wieder zu seinem alten Leben zurückzukehren. Sein Schicksal wollte es aber anders.
Die Verwicklungen in Jerez, angereichert mit Familiengeschichte des alten Winzerclans, fand ich authentisch. Mir war aber die Handlung etwas zu konstruiert, eindimensional, manches unglaubwürdig. Man ist immer in einem Handlungsstrang beim Mauro, der versucht, in der Fremde Probleme zu bewältigen und im Leben wieder Fuss zu fassen. Im Großen und Ganzen war der Ausgang der Story doch recht voraussehbar.
Die Geschichte las sich sonst ganz gut, wären da nicht diese viele unnötige Erklärungen und behauptete Emotionen. Es war leider oft so, dass kaum ein Dialog/ eine Szene angefangen hatte, schon sprang die allwissende Erzählerin um die Ecke und fing an eifrig zu erklären, je nach Situation in abwechselnden Perspektiven, wer, was dabei gedacht/ früher angestellt hatte und warum und wie jetzt das alles aufzunehmen wäre. Die Fähigkeit der Leserschaft selbständig zu denken war hier wohl nicht vorausgesetzt, weshalb eine Flut von Fertigbrei die Geschichte zukleiserte, das Vorankommen erschwerte und mir den Spaß am Lesen nahm. Diese Erklärungswut setzte sich leider bis zum Ende durch, was mich etliche Male das Buch beiseitelegen ließ.
Die Figuren, insb. Soledad, standen mir lebendig vor Augen und erzählten ihre Geschichten und zum Schluss auch ihre Geheimnisse. Eine Figur ist abgebrühter als die andere. Was Gut von Böse unterscheidet ist der Grund und die Absicht. Eine Frauenfigur kam mir jedoch schlicht überzeichnet vor, die Beschreibungen ihres Verhaltens mal unbeholfen, mal gekünstelt. Aber insg. war auch sie es wert, sie und ihre Beweggründe kennenzulernen.
Viele Themen wie Familienzusammenhalt, Liebe, Freundschaft sind ein fester Bestandteil des Romans, auch Umgang mit Demenz, mit Leibeigenen, Sklavenhandel sind prima hineingewoben worden.
Die Liebesgeschichte zwischen Mauro, einem sympathischen Kerl mit dem Herzen auf dem rechten Fleck, der zwei erwachsene Kinder hat, und Soledad, der letzten Frau aus dem alten Winzerclan, die was vom Geschäft versteht und schwer um die Reste ihres Vermögens kämpft, ist doch recht gut geworden. Viele Verwicklungen: die Beiden mussten vieles meistern und etliches bewältigen.
Fazit: Wer Familiengeschichten mit ihren alten Geheimnissen liebt, wird hier fündig. Ich habe auf etwas mehr Kunstfertigkeit gehofft.

Bewertung vom 03.03.2017
Die verschleierte Gefahr
Ramadani, Zana

Die verschleierte Gefahr


ausgezeichnet

Der Klappentext spiegelt den Inhalt des Buches sehr treffend wider. Zana Ramadani wurde in Skopje geboren. 1991 kam sie als Siebenjährige mit ihren Eltern nach Deutschland. Seit 2009 ist sie deutsche Staatsbürgerin und Mitglied der CDU. „Wenn ich heute von Heimat spreche, meine ich Deutschland. Dieses Land, das so anders war und ist als jenes, das wir damals verlassen hatten. Doch seit einigen Jahren holt mich diese verbohrte Beschränktheit, die ich dort erlebt hatte, wieder ein, mitten in Deutschland.“ S. 28. „Es müsste offen und ohne Tabus darüber gesprochen werden, weshalb der Islamismus sich in unseren westlichen, europäischen Staaten breitmachen konnte.“ S. 22. „Den Mittelalter-Islam oder den politischen Islam als kulturelle Eigenart zu verharmlosen ist falsch verstandene Toleranz oder Traumtänzer-Nostalgie. Wenn wir es nicht wagen, dem politischen Islam und der zunehmenden Radikalisierung entschlossen entgegenzutreten, weil wie Angst vor dem Vorwurf der Intoleranz oder des Rassismus haben, dann ist das Feigheit… Von dem französischen Schriftsteller und Philosophen Albert Camus ist der Satz überliefert: ‚Wer die Dinge beim falschen Namen nennt, trägt zum Unglück der Welt bei.‘ Ich will dazu nicht beitragen.“ S. 23.
Und ganz im Sinne von diesen Zeilen liefert Zana Ramadani ihre Sicht der Dinge, etliche Fälle aus dem Leben, ihre Erfahrungen, was die gelebten Werte in muslimischen Familien angeht, und findet sehr klare Worte, um dies zu schildern. Es sind erschütternde Zustände, die die Leser kaum unberührt lassen können.
Die Autorin liefert zunächst die Bestandaufnahme der heutigen Situation, was Verbreitung des Islams in Deutschland angeht: „In einer Studie stimmte fast die Hälfte von 1200 Zuwanderern aus der Türkei und ihre Nachkommen der Aussage zu, ‚die Befolgung der Gebote meiner Religion ist wichtiger als die Gesetze des Staates, in dem ich lebe.‘ Ein Drittel wünscht sich die Gesellschaftsordnung aus Mohammeds Zeiten zurück. 13 Prozent haben ein verfestigtes fundamentalistisches Weltbild.“ Sehr erfreulich, dass an allen Stellen, an denen ich mir Quellenangaben gewünscht habe, waren sie auch da.
Man sieht, dass das Thema der Autorin sehr nahegeht. Der Ton wird zunehmend aufgebrachter, insb. wenn es um die Situationen geht, die mit den Werten des heutigen Lebens im Westen kaum zu vereinbaren sind, z.B. wenn es um die Rolle der Frauen und deren körperliche Züchtigung geht. Wenn man über die geschilderten Zustände in den Familien liest, trifft man Gewalt, wohin das Auge reicht: Vom Mann zur Frau, von Frau zu ihren Töchtern. Die Söhne haben ihre Sonderstellung. Es ist auch plausibel erklärt, warum. Auch zur Verhüllung der Frauen gibt es eine kurze Bestandaufnahme und klare Worte, s. S. 75.
Es gibt insg. 8 Kapitel auf 236 Seiten reinen Textes verteilt. Sehr gut, aussagestarke Sprache, liest sich wunderbar. Der Stoff hat es aber in sich. Zu allen anfangs aufgeführten Punkten ist einzigartiger Inhalt geliefert, kurz und prägnant dargelegt. Im Kap. 5 „Eine gewalttätige Religion“ und Kap. 6, darin „Imame und Verbände fördern Radikalisierung“ geht es hpts. um Männer. In Kap. 7 „Willkommenskultur ja – aber mit Verstand.“ und Kap. 8 „Aus Fehlern lernen“ geht es um die Rolle der deutschen Politik und wie man die Lage bessern könnte. Zum Schluss gibt es „Meine Vision. Ein Neustart kann gelingen“. Dort schildert die Autorin ihre Ansätze zur Lösung des Problems.
Fazit: Das Buch sollte jede(r) gelesen haben, dem das Leben nach den westlichen Werten lieb und teuer ist. Es schockiert und rüttelt auf, ein lautstarker Appell an die Gesellschafft, aufzuwachen und gegen die Entwicklungen, die gegen die Werte der Freiheit gehen, effektiv gegenzusteuern. Man liest bei Zana Ramadani Dinge, die man in Leitmedien kaum finden wird.
Danke an die Autorin für dieses offene und mutige Buch. Danke auch an Europa Verlag. Solche Bücher braucht unsere Gesellschaft.
Von mir gibt es wohl verdiente fünf Sterne und klare eine Leseempfehlung!

8 von 10 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.02.2017
Das kleine Buch von der Seele
Haug, Achim

Das kleine Buch von der Seele


ausgezeichnet

„ Das kleine Buch von der Seele“ ist ein sehr gut geschriebenes Werk, leicht verständlich, prima für alle, die sich für das Thema interessieren und sich ein adäquates Grundwissen aneignen wollen.

Man hat den Eindruck, man unterhält sich mit einem älteren Freund, der sein profundes Wissen und seine langjährige Erfahrung auf dem Gebiet mit dem Leser teilt. Man erfährt viele nützliche Dinge, z.B. Was ist eine psychische Erkrankung? Wie werden diese heute behandelt? Wie schaut eine psychotherapeutische Behandlung aus? Er erklärt auch, was ein Psychotherapeut können sollte. Der Autor sagt ferner, was Menschen in einer psychiatrischen Klinik erwartet. Er beschreibt auch, welcher Art Präparate gibt es und wie eine Behandlung mit Medikamenten ausschaut. Beim Lesen bekommt man ein klares, adäquates Bild. Hier erzählt ein Profi und räumt viele Vorurteile und Mythen beiseite, z.B. „Einmal Psychiatrie- immer Psychiatrie?“ S. 90 ff. oder ob Psychopharmaka gesundheitsschädlich sind, usw.

Sehr gut hat mir auch gefallen, dass der Autor anfangs über die Definitionen nachgedacht und die oft vorkommenden psychischen Erkrankungen nach einem anerkannten Manual (ICD 10) beschrieben hat. So wissen die Leser nach der Lektüre, wie man eine bipolare Störung erkennt und diese z.B. von Schizophrenie unterscheidet. Auch von Demenz und Depression ist hier die Rede, alles ganz easy, wunderbar verständlich besprochen. Es ist die Art von Einfachheit, die durch sehr viel Arbeit und viel Wissen entsteht.

Besonders gut hat mir gefallen, dass man zum Schluss erklärt bekommt: Wie die Psychopharmaka wirken, was man bei der Wahl der Medikamente berücksichtigen soll, um das Richtige zu finden. Der Autor sagt auch ganz klar, dass es hier um Versuch und Irrtum geht, solange man nicht das Optimale hat und erklärt auch, warum es so ist. Zum Punkt, wie lange man Medikamente nehmen soll, erklärte Achim Haug einige wichtige Dinge und beantwortete die oft gestellte Frage, ob man derselbe sein wird wie vorher.

Die Buchgestaltung passt wunderbar zum Inhalt. Es ist ein hellblauer, fester Umschlag, schön gebunden. Eine Freude, das Buch in die Hände zu nehmen. Es ist auch prima zum Mitnehmen: recht leicht und handlich. Die Kapitel sind nicht so lang, sodass man das Buch auch wunderbar auf dem Weg zur Arbeit im öffentlichen Verkehr, im Zug, usw. lesen kann. Von dieser Seiltänzerin, die man auf dem Umschlag sieht, kommt der Autor zum Schluss zu sprechen, um das Fazit von dem Gesagten zu ziehen.

Fazit: Ein sehr gutes Buch voller nützlicher Informationen, die einem eine adäquate Vorstellung von der Psyche und ihren grundlegenden Erkrankungen ermöglichen, samt den Tipps, wie man optimalerweise damit umgeht.
Das Buch habe ich sehr gerne gelesen, daher vergebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung insb. für diejenigen, die in der nächsten Umgebung oder in der Familie Menschen mit psychischen Problemen haben. Für Einsteiger ist es schlicht ein Muss. Natürlich wird man in dem einen oder andern Gebiet zur weiterführenden Literatur greifen, aber diese gute Grundlage, sie darf einfach nicht fehlen.

Bewertung vom 17.02.2017
Pontifex
Reinhardt, Volker

Pontifex


ausgezeichnet

„Pontifex“ von Volker Reinhardt ist ein opulentes Werk von 928 Seiten mit 109 schwarz-weiß Abbildungen und 4 Karten.
Die äußere Gestaltung passt prima zum Inhalt: Fester Einband, einfarbig in dunkel bordeaux gehalten. Ein Lesebändchen, in der Farbe des Einbands, ist auch dabei.
Aufbau: Nach einer 10-Seitigen Einleitung folgen 14 Kapitel, je ca. 40-60 S., darin wird jeder Papst und sein Wirken auf ca. 3-13 Seiten beschrieben. Anschließend gibt es Karten auf 5 S., Liste der Päpste und Gegenpäpste auf 5 S., Literaturhinweise 3 S., Bildnachweis 2 S., Personenregister 15 S., Bibliographie 23 S., dabei sind viele Quellen außer Deutsch, auf Englisch und Italienisch. Jedes Kapitel hat Fotos, die z.B. Portraits der Päpste, ehemalige Papstpaläste, Fresken und andere Kunstwerke zeigen. Darunter gibt es Kurztexte, die diese Bilder erklären.
Die Päpste und ihr Wirken sind chronologisch aufbereitet, von 309/310 im ersten Kapitel bis zu unserer Zeit. Einige Beispiele: Kapitel 11. „Nepotenherrlichkeit und barocke Prachtentfaltung“ beschreibt auf 46 Seiten 6 Päpste von „Paul V. bis Clemens X. (1605-1676)“, darin: „Verflechtung und Ängstlichkeit: Paul V.“ (S. 603-612); „Aktives Intermezzo: Gregor XV.“ (S. 612-618); „Der Kosmos der Barberini: Urban VIII.“ (S. 618-630); „Die ‚Päpstin‘ und ihre Skandale: Innozenz X.“ (S. 630-640); „Den Sonnenkönig im Nacken: Alexander VII.“ (S. 640-649); „Maß und Maßlosigkeit: Clemens IX., Clemens X.“ (S. 649-654). Kapitel 14: „Schwankende Haltungen zur Gegenwart. Von Benedikt XV. bis Franziskus I. (1949 bis heute)“ behandelt auf 51 Seiten 7 Päpste, darin: „Zwischen den Fronten: Benedict XV.“ (S.821-826); „Mussolinis Papst: Pius XI.“ (S. 826-836); „Der letzte Papst im alten Stil: Pius XII.“ (S. 836-846); „Aufbruch in die Gegenwart: Johannes XXIII.“ (S. 846-851); „Das Konzil und die Folgen: Paul VI., Johannes Paul I.“ (S. 851-860); „Polen in Rom: Johannes Paul II.“ (S. 860-866); „Disziplin und Fürsorge: Benedikt XVI., Franziskus I.“ (S. 866-872). Kapitel 13, S. 743-812: „Selbstabschließung und Sackgasse. Von Pius VII. bis Pius X. (1800-1914); Kapitel 12, S. 655-737: „Wider den Geist der Zeit. Von Innozenz XI. bis Pius VI. (1676-1799), etc.
In der Einleitung beschreibt Volker Reinhardt zunächst das Amt eines Papstes, seine wichtigsten Funktionen und sagt anschließend: „Keine andere Institution der Geschichte hat ihre eigene Geschichte so oft und so kreativ neu erfunden und einen so umfassenden und häufigen Gestaltwandel erlebt wie das Papstum.“ S. 20. Gleich im ersten Kapitel, „Das Petrus-Problem“ räumt er mit manchen Mythen auf, z.B. ob Petrus unter dem Petersdom in Rom begraben liegt, ob er, als Fischers Sohn, der erste Bischof von Rom wurde, etc.
Zu seiner Vorgehensweise schreibt der Autor: „Als wissenschaftliche Darstellung der Papstgeschichte behandelt das vorliegende Buch alle Fragen des Glaubens als reine Ideen und Vorstellungen… Auch wer mit der Geschichte der Päpste höhere, transzendente Wahrheiten verknüpft, sollte an dieser Beschränkung keinen Anstoß nehmen: Als Wissenschaft vom Menschen ist die Geschichte im Sinne Voltaires die Summe menschlicher Erfahrungen…“S. 19.
Ein weiterer Moment, auf den der Autor hinweist, ist, dass es hier um die öffentlichen Profile der Päpste geht, da der privat-menschliche Aspekt kaum greifbar ist. Alles, was ein Kardinal macht, ist öffentlich und somit Gegenstand der Inszenierung. „Die Kurie ist früh eine höfische Gesellschaft, in der die Akteure Masken tragen. Der Historiker kann diese Inszenierungen beschreiben und deuten… in das „Wesen“, das „Ich“, das dahintersteht, hat er jedoch kaum je Einblick.“ S. 21.
Fazit: Ein Werk, in dem sichtbar Jahre intensiver Arbeit wie Recherche, Aufbereitung, Analyse, etc. stecken, dass das Wirken der Päpste von Petrus bis Franziskus I. aus der Sicht eines objektiv und oft kritisch schildernden Historikers darlegt. Anspruchsvoll und lesenswert.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.02.2017
Gefährliche Ernte / Perez Bd.2
Sola, Yann

Gefährliche Ernte / Perez Bd.2


ausgezeichnet

„Gefährliche Ernte“ ist ein guter Regio-Krimi mit ruhiger Spannung, mit dem man ein verregnetes Wochenende wunderbar überbrücken kann. Anfangs ist es eher ein Genusskrimi mit all den dazugehörigen Zutaten: atmosphärischen Naturbeschreibungen, gutem französischen Essen, das Haziem, Perez‘ Koch, für ihn und seine Freunde kredenzt, dem Creus, den sagenumwobenen Wein, den Perez für 222 Euro die Flasche nur an besonders würdige Empfänger verkauft, etc. Dazu kommen familiäre Verwicklungen: die Offenbarung von Perez‘ Tochter, dass sie einen jungen Mann heiraten will, der nach Meinung ihrer Eltern keine gute Partie für sie ist. Die leicht humorig-ironische Note, die bei dem Strang mitschwingt, tut dem Ganzen sehr gut.
Perez ist ein sympathischer Kerl an die sechzig, ein echter Banylenc, dem das Wohlergehen der Menschen in seinem Heimatort sehr wichtig ist. Auch deshalb ermittelt er auf die eigene Faust. Auf diesem Wege kann er dem einen oder anderen Schäfchen wieder auf den rechten Weg verhelfen, oft jedoch nicht ohne Eigennutz.
Themen wie Liebe, Freundschaft, Familie, Familienzusammenhalt, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe spielen eine große Rolle. Das Verhalten der Einheimischen im Alltag wird geschildert und es mit dem der Zugezogenen verglichen. Bis zur Hälfte des Romans ist Urlaubsfeeling garantiert.
In der zweiten Hälfte wird das Thema Flüchtlinge ganz gut präsent. Hier kommt Gesellschaftkritik gut durch. Perez spricht mit den Ankömmlingen, die bei Banylus-sur-Meer untergebracht wurden. Die Schilderung der unmenschlichen Bedingungen, in denen diese Menschen dort hausen, und die Rolle der lokalen Politik lassen keine Zweifel daran, dass Perez diese Umstände gar nicht gutheißt. Er findet dazu auch sehr klare Worte. Das Geschäftsmodel, das hinter dem Menschenhandel steckt, ist ebenfalls sehr deutlich vor Augen der Leser geführt worden. Perez und seine Freundin Marianne denken über die Situation nach: „Die Gesellschaft rückt nach rechts. Je schlechter die wirtschaftliche Lage, desto weniger Bereitschaft, sich gesittet zu verhalten. Und zusätzlich gilt heute: Muslim gleich Terrorist. Muslim gleich Problem. Schwere Zeiten gebären gefährlich simple Lösungsansätze.“ S. 237.
Im letzten Drittel wird es ernst. Perez‘ Ermittlungen führen ins Drogen- und Menschenhandel Milieu. Und es wird immer klarer, was FN (Front National) mit all dem zu tun hat. Insg. kommt die Partei von Marine Le Pen in dem Roman nicht besonders gut weg.
Begrüßenswert fand ich, dass die Ergebnisse der Recherchen Perez dazu bringen, das eigene Verhalten gegenüber der Tochter und ihrem Verlobten zu überdenken. Situationskomik, Perez ironisch-abgeklärte Darlegung des Geschehens lockern hier und dort das Geschehen auf.
Weniger gut dagegen kam bei mir an, was zum Schluss mit einem jungen Nordafrikaner passiert, v.a. wie Perez dies zur Sprache bringt. Da hat er einige Sympathiepunkte eingebüßt.

Fazit: „Gefährliche Ernte“ ist ein gut komponierter Regio-Krimi, den man in einem Rutsch auslesen kann, mit allem, was dazu gehört, Bezug zu den aktuellen Themen inklusive. Die Sprache fand ich angenehm einfach, die Geschichte las sich flüssig und leicht. Ein würdiger Nachfolger des ersten Falls mit Perez „Tödlicher Tramontane“. Ich bin auf Fall 3 gespannt und vergebe gute vier Sterne und eine Leseempfehlung für die Fans der Südfrankreich-Krimis.

Bewertung vom 13.02.2017
Do you speak Psychopath? (eBook, ePUB)
Siegfried, Stephan

Do you speak Psychopath? (eBook, ePUB)


sehr gut

„Do you speak Psychopath“ ist ein nützlicher Ratgeber für den Alltag, der nicht nur das Verhalten von Psychopathen und dessen Auswirkungen auf ihre Umwelt klar und deutlich beschreibt, sondern den Leser auf das toxische Verhalten solcher Personen sensibilisiert. Um nicht eines Tages einem charismatischen Menschenmanipulator zum Opfer zu fallen, sollte man dieses Werk lesen.
Auszug aus dem Klappentext: „Im Buch erklärt der Autor anhand realer Fälle, nach welchen erkennbaren Mustern die gewissenlosen Täter ihre Opfer manipulieren. Das Buch demaskiert Psychopathen, wie sie in verschiedensten Formen auftreten, sei es als charmante Betrüger, hinterlistige Mobber, vertrauensvolle Finanzberater oder sprachgewandte Immobilienverkäufer. Ein besonderes Augenmerk legt der Autor auf die spezifische Ausdrucksweise (schwarze Rhetorik) und Sprache, welche diese Menschen verwenden…“
Die ersten zwei Kapitel, ca. 17 Seiten, beschreiben Psychopathen und ihre Opfer. Typische Merkmale wurden genannt, die Psychopathen auszeichnen. Dabei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Psychopathen vor allem durch ihre Sprache, verbal wie non-verbal, auffallen. Wie man sie erkennt, verriet uns Kapitel 2. Drei Phasen, die das typische Verhalten der Psychopathen auszeichnen, stehen einem klar vor Augen. In der ersten Phase wurden die typischen Opfer kategorisiert und erklärt, weshalb sich solche Menschen für diese Rolle qualifizieren, in der dritten Phase wurden die wohl bekannten Verhaltensweisen der Psychopathen anhand von bullet points wie in einer Präsentation zusammengefasst, auch die typischen Konsequenzen für die Opfer wie Mobbing, Geldverschwendung der Firma, der Opfer, erhöhte Arbeitsbelastung, etc. aufgeführt.
Im dritten, dem umfangreichsten Kapitel des Buches, gibt es etliche Beispiele, die die Sprache der Psychopathen analysieren: anhand der E-Mails, die diese an ihre Opfer verschickt haben, lassen sich bestimmte Merkmale erkennen. Erklärungen, warum diese Sprache so typisch für Psychopathen ist, folgen nach jeder Passage aus paar Sätzen. Das vierte Kapitel fasst sprachliche Besonderheiten nochmals kurz und prägnant zusammen. Kapitel 5, auch nur paar Seiten, zieht Fazit für den Alltag. Hier wurden fünf Phasen nach Babiak &Hare aufgeführt, die das Verhalten der Psychopathen und dessen Auswirkungen in größeren Organisationen beschreiben. Urheberverzeichnis und Quellen samt Glossar, das die im Text verwendeten Begriffe wie Dark Triad, Gaslighting, Projektion, Persönlichkeitsstörung, paranoid, etc. erklärt, schließen das Werk ab.
Am Ende aller Kapitel gibt es schöne Zitate, z.B. von Horaz, Konfuzius, Aristoteles, die die Inhalte wunderbar untermalen.
Dieses Büchlein, 149 Seiten reinen Textes, liefert sowohl die Grundlagen zur Erkennung von Psychopathen, als auch etliche Bespiele, die helfen können, sich die für die Verhaltensmuster solcher Personen zu sensibilisieren. Das Augenmerk liegt also auf der Praxis, auf der (Früh-)Erkennung mit dem Ziel, sich nicht in Abhängigkeit von solchen Machern zu begeben, um nicht ihr nächstes Opfer zu werden. Andere Lösungen sind vom Fall zu Fall unterschiedlich und oft schwierig, da gibt es keine Pauschallösungen.
Das Buch lässt sich gut lesen. Aussagestarker Schreibstil ohne Schnörkel und die Art der Stoffdarbietung: anschaulich, mit konkreten, klar ausgearbeiteten Punkten, fast wie in einer Präsentation, ermöglichen effiziente Wissensvermittlung und Spaß am Lesen. Ausnahme sind die Originaltexte der Psychopathen, aber sie sind gerade dazu da, um diese Personen mittels ihrer Sprache erkennen zu können.

Fazit: Der Inhalt hält, was der Klappentext verspricht. Nach der Lektüre ist man durchaus imstande, Psychopathen im Alltag als solche zu erkennen, besser/ effektiver über solche Personen zu kommunizieren und eigene Entscheidungen entsprechend zu treffen. Das Buch sollte jede(r) gelesen haben, um unerwünschte Dinge vermeiden zu können.