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sleepwalker

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Insgesamt 467 Bewertungen
Bewertung vom 22.05.2019
Strandkörbchen und Wellenfunkeln / Lichterhaven Bd.3
Schier, Petra

Strandkörbchen und Wellenfunkeln / Lichterhaven Bd.3


weniger gut

Über die Geschichte an sich ist gar nicht viel zu sagen:

Junger Mann findet verletzten Hundewelpen, rettet ihn mithilfe der Frau, die er vor Jahren verlassen hat. Der Rest der Geschichte ist eine Mischung aus Liebesgeschichte und ähm, Liebesgeschichte. Sehr viel on-off-Beziehung und für einen Roman vielleicht zu ausführlich geschilderten erotischen Liebeszenen.

Sehr niedlich zu lesen sind die Passagen, in denen das gerettete Hundebaby (ihr neues Herrchen nennt sie Jolie) zu „Wort“ kommt. Aber damit endet für mich der Lesegenuss und wird anhand von so viel Sex, Gefühlswirrungen und Durcheinander eher zum Lese-Frust. Eine Prise Romantik, eine Prise Drama, dazu der immer wiederkehrende Strandkorb. Ich kann mir das Buch sehr gut als Urlaubslektüre im Strandkorb vorstellen, aber auch nur dort.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.04.2019
Tote Asche
Walter, Patricia

Tote Asche


ausgezeichnet

Fesselnder Thriller mit Überraschungen aber zu plötzlichem Schluss

Was, wenn man sich und seinen Wahrnehmungen plötzlich selbst nicht mehr trauen kann? Wenn man sich verfolgt und bedroht fühlt und plötzlich die ganze Welt aus den Fugen zu geraten scheint?
Kira Roth, die Protagonistin von Patricia Walters „Tote Asche“ erlebt eben dies.
Kurz nach dem Tod ihrer Mutter wird ihre so mühsam nach einer Psychose wieder erlangte psychische Stabilität auf eine harte Probe gestellt. Eines Abends findet sie in ihrer Wohnung die ausgegrabene Urne mit der Asche ihrer Mutter, dazu ein Zettel mit der Aufschrift „Sie war nicht deine Mutter. Und du verdienst es nicht zu leben!“ Dazu ihr eigenes Todesdatum in nur fünf Tagen.
Und damit gerät Kira und auch der Leser in einen Strudel aus rasant aufeinander folgenden Ereignissen, die Kira an ihrem Verstand und ihrer Herkunft zweifeln lassen. Dem Leser werden mit ihrem Bruder Ben, ihrer Freundin Sarah, ihrem Kollegen Jens, ihrer Nachbarin und noch ein paar anderen reichlich Verdächtige präsentiert, denn irgendwie verhält sich jeder auf eine andere Weise verdächtig.
Das Buch war mein erster Thriller von Patricia Walter, aber er hat mich von der ersten Seite an gefesselt und ich habe ihn in einer Nacht durchgelesen, so gespannt war ich auf sein Ende. Und ich wurde nicht enttäuscht. Naja, vielleicht ein bisschen, da das Ende dann doch ziemlich abrupt kam, aber es löst sich wirklich alles auf, es bleiben keine losen Enden.
Für mich eine ganz klare Lese-Empfehlung für Krimi-Fans mit starken Nerven. Und die mit weniger starken Nerven lassen dann halt nachts das Licht brennen.

Klare 5 Sterne

Bewertung vom 09.04.2019
Wo wir zu Hause sind
Leo, Maxim

Wo wir zu Hause sind


ausgezeichnet

Ich gestehe, ich kannte den Namen Maxim Leo nicht – jetzt werde ich ihn wohl nie wieder vergessen. Von der ersten Seite an hat mich sein Buch gefesselt und ich habe es sicher nicht zum letzten Mal gelesen. Viel zu vielschichtig ist die Geschichte seiner Familie, in die er selbst wie ein Forscher eintaucht und den Leser mitnimmt.
„Wo wir zu Hause sind: Die Geschichte meiner verschwundenen Familie“ ist für mich eine in gekonnt gewählte Worte gefasste Chronik, eine Mischung aus Geschichte und Geschichten, Historie und Familien-Historie.
Leo recherchiert die Geschichte seiner teilweise jüdischen Familie ab 1933, aus eigenem Interesse, etwas über die Familie zu erfahren (und dadurch auch über sich selbst und seine Herkunft und damit auch seinen Kindern die Wurzeln zu zeigen), aber damit hat er auch ein mahnendes Dokument geschaffen, in Zeiten, in denen derselbe Rechtsruck und die zunehmende Radikalisierung spürbar ist und, da ein Teil der Familie in Großbritannien lebt, bleibt auch die Brexit-Problematik nicht außen vor.
Mich hat die Geschichte von Irmgard und Hans (Nina und Hanan) in Palästina sehr berührt. Aber am meisten beeindruckt hat mich André, der Sohn von Hilde und Fritz Fränkel, der mit seiner Mutter erst nach Frankreich und dann nach England ausgewandert ist. Auch die Schilderungen der Bücherverbrennung machte mich schaudern, vor Angst und vor allem aus meiner eigenen eher unrühmlichen Familiengeschichte heraus.
Maxim Leo bereist gemeinsam mit seinen Lesern Stationen, die seine Familie ebenfalls durchlaufen hat: Berlin, England, Frankreich, Österreich und Israel. Nimmt sein Publikum mit ins Kibbuz, ins Lager Gurs und nach Oxford. Man trifft auf hoch-intellektuelle Menschen (ein Großteil seiner Verwandten waren/sind Juristen oder Naturwissenschaftler/Mediziner), die viel erlebt haben, viel erdulden mussten, aber oft auch ein Quäntchen mehr Glück hatten, als andere.
Der Begriff „Heimat“ bekommt in alldem eine sehr interessante Bedeutung, woraus auch der Leser eventuell etwas für sich selbst mitnehmen kann. Und, wie Maxim Leo selbst gestehen muss, muss eventuell auch der Leser sein Bild von „Exil“ und der „Flucht“ revidieren: es ist nicht immer nur dunkel und grau.
Maxim Leo schafft es, den Leser auf eine fesselnde, (be-)rührende Reise in seine Vergangenheit mitzunehmen, man bekommt das Gefühl, seine Verwandten gemeinsam mit ihm ein bisschen kennenlernen zu dürfen. Für mich ein ganz wundervolles Buch.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.04.2019
Die Schneetoten / Kanada Krimi Bd.2
Fradkin, Barbara

Die Schneetoten / Kanada Krimi Bd.2


weniger gut

Viel Potenzial – wenig draus gemacht
Ich habe mich sehr auf den zweiten Band um die ehemalige Entwicklungshelferin Amanda Doucette gefreut, in dem sie mit einer Gruppe Jugendlicher (zumeist Flüchtlinge, vor allem aus dem Nahen Osten) eine Art „Abenteuercamp“ in der kanadischen Wildnis plant. Kurzfristig meldet eine Mutter noch ihren Sohn Luc an, den einzigen Kanadier in der Gruppe, der allerdings eine Drogen-Vergangenheit samt Gefängnisaufenthalt mitbringt.
Von Anfang an gibt es in der Gruppe Reibereien, vor allem unter den männlichen Teilnehmern und speziell Luc kann in der Gruppe nicht Fuß fassen. Und auch bei den Teilnehmerinnen an der Veranstaltung treffen sehr unterschiedliche Kulturen und unterschiedliche Ansichten aufeinander.
Und dann verschwindet Luc, kurz darauf auch noch Yasmina, eine junge Frau aus einem Wissenschaftler-Haushalt, deren Eltern aus dem Irak geflüchtet sind.
Und damit befinden sich Amanda und ihr Team mitten in einer Mischung aus Suche und Verfolgungsjagd, wobei sie, ebenso wie der Leser, keine Ahnung haben, worauf sie sich da eingelassen haben. Nur so viel wissen alle: Yasmina stammt aus dem Irak und ihre Eltern sind Wissenschaftler. Der Leser stellt sich praktisch dieselben Fragen, wie die Haupt-Akteure des Buchs: ist Yasmina radikalisiert aus ihrem Ägypten-Aufenthalt zurückgekommen? Welche Rolle spielen Luc und der ominöse Zidane? Und dann wird auch noch der erste Tote gefunden.
Insgesamt ist der Grundstock des Buchs sehr gut. Aber da hörte bei mir der Spaß leider auch schon auf. Das Buch ist stellenweise sehr schlecht und holprig übersetzt, einiges ist zu plakativ geschildert und zum Teil hat das Buch extreme Längen. Und ich finde auch den Titel eher irreführend, denn um die Toten im Schnee geht es eigentlich eher peripher. Und die deutsche Übersetzung in „Die Schneetoten“ hat auch mit dem englischen Titel „The Trickster’s Lullaby“ nichts zu tun.
Vieles in dem Buch fand ich dagegen sehr gut. Die Einstellung von Yasminas Eltern gegenüber ihrer neuen Heimat Kanada. Die Darstellung der Hauptcharaktere, wobei die Neben-Figuren sehr knapp und kurz beschrieben werden und praktisch nur Papp-Kameraden, also mehr „Mittel zum Zweck der Erzählung“ in der Geschichte sind. Tatsächlich ist der kanadische Winter ein besser beschriebener Hauptdarsteller des Buchs, als so mancher Teilnehmer am Camp.
Zu knapp finde ich dagegen die Schilderung, wie und wieso Jugendliche den radikalisierenden Rattenfängern ins Netz gehen, ein Thema, das aktueller ist, denn je. Spannend finde ich das Aufeinanderprallen von zwei im tiefsten Inneren radikalen Welten: dem Gutmenschentum von Amanda, die einerseits hofft, mit dem Campaufenthalt die Welt ein bisschen besser machen zu können, andererseits aber mit ihrem eigenen Trauma und sich selbst eigentlich noch genug zu tun hat - und Welt (und Welt-Anschauung) radikaler Islamisten.
Die Autorin zeichnet ein sehr anschauliches Bild der kanadischen Winterlandschaft, auch die Naturbeschreibungen kommen nicht zu kurz – ob die in einem Krimi ihre Daseinsberechtigung haben weiß ich nicht. Klar, viele der Verfolgungsjagden wären ohne den stetigen Schneefall, die bergige Landschaft oder den Wind nicht so spannend. Aber es sorgt auch für extreme Längen.
Der Schluss wiederum hat mich richtig überrascht und die letzten etwa 50 Seiten haben mich ernsthaft gefesselt. Schade, dass der Rest des Buchs das nicht auch getan hat. Leider nur 2 Punkte.

Bewertung vom 04.03.2019
Der Turm der blauen Pferde / Kunstdetektei von Schleewitz Bd.1
Jaumann, Bernhard

Der Turm der blauen Pferde / Kunstdetektei von Schleewitz Bd.1


ausgezeichnet

Der Turm der blauen Pferde ist wohl eines der bekanntesten Gemälde des deutschen Expressionisten Franz Marc. Berühmt nicht allein deshalb, weil es seit 1937 als verschollen gilt. Damals wurde es von den Nazis zur „entarteten Kunst“ erklärt und beschlagnahmt. Danach verlor sich jede Spur. So viel ist an dem Roman von Bernhard Jaumann historisch belegt.
Und jetzt ist es wieder da. Ein Sammler hat das Gemälde von einem Unbekannten gekauft und möchte nun von der Münchner Detektei Schleewitz einen Echtheitsnachweis. Die Detektei hat sich auf Provenienznachweise spezialisiert und soll den Verbleib des Bildes seit 1945 erforschen.
Und so macht sich außer Rupert von Schleewitz noch die Kunsthistorikerin Klara Ivanovic an die Ermittlungen, unterstützt vom Archivar und Rechercheur Max Müller.
Insgesamt ist es ein psychologisch interessantes Werk über Besessenheit in verschiedenen Ausprägungen. Angefangen von den beiden Hitlerjungen, die 1945 das Bild finden (einerseits besessen von der Vorstellung, das Reich zu retten, dann aber wird Ludwig vom Gemälde so in seinen Bann gezogen, dass den Rest seines Lebens nichts anderes mehr wirklich wichtig ist), bis hin zum Schraubenfabrikanten Egon Schwarzer, der das Bild unbedingt besitzen will und dafür drei Millionen Euro bezahlt.
Das Buch ist flüssig und zum Teil spannend geschrieben, mit Sprachwitz und Ironie gewürzt und manche Wendungen sind einfach nur so überraschend, dass sie völlig absurd sind, aber zu 100 Prozent konnte es mich nicht fesseln. Das lag vermutlich an den Längen, über das das Buch sich zum Teil quält und die den Leser manchmal etwas ratlos zurücklassen. Natürlich haben die Hauptcharaktere ein Privatleben, aber vielleicht müsste es nicht so ausgeschmückt ausgewalzt werden? Im Vergleich zu den familiären Problemen von Detektei-Mitarbeiter Max Müller, sind Szenen mit Klaras Vater ein echter Beitrag zur Handlung, denn der an Parkinson erkrankte Aktions-Künstler führt zum Teil einerseits die Kunstwelt ad absurdum, durch ihn erfuhr ich aber viel Interessantes. Und ich habe auf jeden Fall auf dem Gebiet der (Kunst-) Geschichte einiges dazugelernt.

Bewertung vom 04.03.2019
Gieriger Zorn / DCI Matilda Darke Bd.2
Wood, Michael

Gieriger Zorn / DCI Matilda Darke Bd.2


sehr gut

„Gieriger Zorn“ ist der zweite Teil von Michael Woods Krimireihe um die Polizistin Mathilda Darke, man kann der Handlung aber auch ohne Vorkenntnisse aus dem Vorgänger „Stumme Wut“ sehr gut folgen.

Die Geschichte beginnt mit einem seltsamen Fall: ein Mann wird brutal ermordet, seine Begleiterin vergewaltigt und schwer verletzt. Allerdings ist sie, wie sich herausstellt, nicht seine Ehefrau. Und nicht nur dieser grausame Fall beschäftigt DCI Darke. Ihre Abteilung steht vor dem Aus, sie kämpft tapfer gegen ihre eigenen Dämonen (Trauer um ihren verstorbenen Mann, Alkoholsucht und Depressionen), dazu bekommt sie Drohungen und fühlt sich verfolgt. Hat das mit dem Fall des kleinen Carl zu tun, dessen Verschwinden sich jährt? Schließlich hatte sie damals bei der Geldübergabe versagt, was die Presse jetzt, zum Jahrestag des Verschwindens des Achtjährigen zum Anlass nimmt, den Fall noch einmal aufzugreifen.

Ein widerkehrender Fels in der Brandung ist (außer dem running Gag mit Sians Süßigkeitenschublade) die Gerichtsmedizinerin und Mathildas gute Freundin Adele. Von ihr kommen auch die wenigen lustigen Passagen in diesem Krimi, denn ihr trockener Humor und ihr Sprachwitz haben mich mehrfach zum Lachen gebracht.

Sonst ist der Krimi sehr flüssig und packend geschrieben. Mit einem Paukenschlag in die Handlung geworfen, kommt der Leser kaum zum Luftholen, so rasant ist die Handlung erzählt. Einzig die unzähligen Personen (obwohl zum Teil sehr lebendig und authentisch beschrieben) bremsen den Lesefluss etwas aus, auch die abgekürzten Bezeichnungen der Dienstgrade innerhalb der englischen Polizei sind sicher für den einen oder anderen gewöhnungsbedürftig.

Der Schluss kommt zwar überraschend aber leider etwas sehr stark konstruiert daher, löst aber wirklich alle Baustellen auf, lässt aber natürlich die Option für den nächsten Teil offen. Für mich eine klare Lese-Empfehlung mit 4 Sternen.

Bewertung vom 04.03.2019
Ein zögerndes Blau
Sammer, Claudia

Ein zögerndes Blau


gut

Beim ersten Lesen empfand ich das Buch als ein ziemliches Chaos. Wirklichen Ein- und Durchblick gewann ich dann beim zweiten Lesen. Zwar beschreibt die Geschichte das Leben der beiden Hauptfiguren, aber nicht wirklich chronologisch geordnet und auch die vielen Nebenschauplätze und Neben-Handlungsstränge waren beim ersten Lesen verwirrend.
Aber dadurch wird das Chaos, das in Leons Leben herrscht, verdeutlicht. Mit 9 Jahren findet er sich in einem fremden Land wieder, kennt keinen, kann sich nicht verständigen und muss ständig um sein Leben und Überleben kämpfen. Teres geht es genauso, gemeinsam kommen sie bei einer Familie unter, bekommen neue Namen, neue Identitäten, neue Leben. Aber beiden fehlen die Wurzeln ihrer Herkunft, mit diesem Verlust eines wichtigen Teils ihres Ichs gehen die beiden den Rest ihres Lebens lang sehr unterschiedlich um.
Das Buch ist sehr schlicht und einfach geschrieben. Die verwendeten Metaphern sind zum Teil etwas holprig und nicht immer 100 Prozent stimmig, aber insgesamt ist das Buch enorm anschaulich und bildhaft geschrieben, auch der Titel des Buchs erklärt sich aus einer winzigen Passage (er bezieht sich auf die Morgendämmerung).
Wenn man sich auf den Fluss der Geschichte einlässt und sie einfach auf sich wirken lässt, stört einen die zum Teil fehlende Struktur und der fehlende rote Faden auch weniger, oft hilft es auch, einfach noch einmal zurück zu blättern und einen Teil der Geschichte einfach noch einmal zu lesen. Die (Haupt-)Geschichte der beiden gestrandeten Kinder ist dann einfach nur mitreißend, traurig und aufgrund der momentanen politischen Situation verstörend aktuell. Die Neben-Handlungsstränge waren dann für mich eben das: nebensächlich.
Wegen der vielen schönen Metaphern und teilweise sprachakrobatisch interessanten Finessen wohlwollende 3 Sterne.

Bewertung vom 04.03.2019
Invincible - Ich geb dich niemals auf (eBook, ePUB)
Reardon, Stuart; Harvey-Berrick, Jane

Invincible - Ich geb dich niemals auf (eBook, ePUB)


gut

Invincible - Ich geb dich niemals auf von Stuart Reardon und Jane Harvey-Berrick
Ganz untypisch für mich, einen Liebesroman zu lesen. Aber es war auf jeden Fall nicht die falsche Entscheidung, dass ich mir „Invincible – ich geb dich niemals auf“ ausgesucht habe. Rugby ist für mich allerdings auch nach der Lektüre ein Buch mit sieben Siegeln, trotz meines Studiums in England habe ich die Regeln nie verinnerlichen können und da hat mir das Buch auch nicht weitergeholfen, es ist und bleibt halt eher eine SportROMANZE als ein SportROMAN. Ein Buch, was dann entsteht, wenn sich die Autorin von Liebesromanen mit einem ehemaligen Rugby-Profi, Model und Fitness-Trainer zusammentut.

Kitschig? Zum Teil.

Plakativ? Absolut. Der gutaussehender, durchtrainierter Sportler Nick verliert nach einem Unfall praktisch alles, was sein Leben vorher ausgemacht hat und trifft auf die intelligente (und nicht unattraktive und ebenfalls vom Leben gezeichnete) Psychologin Anna, mit der er alles wiederfindet, was er verloren hat. Außerdem ist da dann noch die gutaussehende, intrigante spätere Ex-Verlobte (wie eine der hübschen Hexen in Kindermärchen). In der heutigen Zeit darf natürlich ein Shitstorm samt Dreckschlacht in allen (nicht nur den sozialen) Medien nicht fehlen.

Vorhersehbar? Natürlich! Eine Intrige hier, Shitstorm da, persönliche Probleme und reichlich Zufälle ziehen sich durch die ganze Geschichte.

Lesenswert? Absolut! Als Feierabend- oder Urlaubslektüre unbedingt empfehlenswert. Seicht ist die Unterhaltung nicht, wer sucht, findet vermutlich auch psychologischen Tiefgang. Aber die Liebesgeschichte (es gibt auch ein paar Sex-Szenen) überwiegt doch bei weitem.

Die beiden Hauptcharaktere sind gut und lebendig beschrieben. Vor allem Nick ist ein sehr vielschichtiger Charakter, so viel mehr, als der durchtrainierte Sportler und ehemalige Fabrikarbeiter. Er erweist sich als sensibler, liebevoller, verlässlicher und sehr selbstkritischer Mann. Anna ist einerseits die intellektuelle Ärztin, die trotz ihrer „Verkopftheit“ und Intelligenz, wenn sie verliebt ist, ihre Zurückhaltung verliert und dabei in der Vergangenheit schon einmal beinahe alles verloren hätte.

Der Schreibstil ist flüssig und leicht zu lesen, passend zur leichten Lektüre halt. Die Übersetzung hat einige Schwächen, ich muss aber gestehen, dass ich in der Beziehung sehr kritisch bin. Schon der Untertitel „Ich gebe dich niemals auf“ wird dem englischen „Invincible“ (= unbesiegbar) nicht wirklich gerecht.

Aber trotzdem, es war ein gut zu lesender, teilweise psychologisch interessanter Liebesroman. Für den Roman aus dem für mich untypischen Genre wohlwollende drei Sterne, weil er mich wirklich sehr gut unterhalten hat.

Bewertung vom 04.03.2019
Lazarus / Kommissar Linna Bd.7
Kepler, Lars

Lazarus / Kommissar Linna Bd.7


ausgezeichnet

Zu allererst muss ich sagen, dass „Lazarus“ von Lars Kepler wohl von allen Thrillern, die ich je in meinem Leben gelesen habe (und das sind eine Menge!) der mit den meisten Leichen ist. Und der, in dem die Morde und Tatorte vermutlich am präzisesten beschrieben sind. In jeder grausamen Einzelheit.

Und dennoch (oder deswegen?) fand ich den siebten Fall um den schwedischen Ermittler Joona Linna unglaublich spannend, ich konnte ihn kaum aus der Hand legen. Zwar kannte ich die Vorgänger und die Vorgeschichte, die Linna, seine Familie und Kollegen über die Jahre mit Jurek Walter verbindet, nicht, aber auch ohne diese Vorkenntnisse kam ich mit dem Buch gut zurecht.
Von der ersten bis zur letzten Seite hat mich das Buch unglaublich gefesselt. Denn: Jurek Walter ist doch tot, oder etwa nicht? Linnas Kollegin Saga Berger hatte auf ihn geschossen und er fiel von Kugeln durchsiebt ins Wasser. So was überlebt kein Mensch. Oder?

Fest steht: ein Massenmörder treibt sein Unwesen. Nicht nur in Schweden, nein, es gibt ähnliche Morde in ganz Europa, deren Verbindung nur dem geübtesten Ermittler auffällt. Getrieben zwischen Verfolgungswahn, Verschwörungstheorien und nackten Tatsachen muss Linna handeln: er muss seine Tochter Lumi, seine Lebensgefährtin, seine Kollegen und vor allem sich selbst schützen und retten, vor einem irren Killer, dessen Weg mit Leichen gepflastert ist.
Der Thriller bietet alles: psychologische Finessen, brutalste Mordszenen, Grausamkeiten, aber auch Ermittlergeschick, Intelligenz, Freundschaft, Vertrauen und Liebe.

Das Buch ist so rasant geschrieben, dass ich mich zum Teil mit angehaltenem Atem wiederfand. Aber es ist absolut nichts für schwache Nerven und schwache Mägen.

Kritikpunkte für mich eigentlich nur, dass die Handlung zum Teil etwas sehr konstruiert und unrealistisch ist. Alle Beteiligten haben praktisch unbegrenzte Möglichkeiten. Jeder kommt an Waffen und Geld, zum Teil in extrem kurzer Zeit, es ist kein Problem, irgendwo hin zu fahren, zu fliegen und sich Autos zu mieten.

Und auf dem Weg nach Weert, wo Linna bei seinem ehemaligen Militär-Ausbilder Rinus Unterschlupf findet, fährt er durch Waldfeucht. Gut gemeint, aber schlecht gemacht: das ist keine Stadt, sondern eine Gemeinde mit nicht mal 9000 Einwohnern, verteilt auf 11 Ortschaften. Die Stadt in der Gegend ist Heinsberg.

Dennoch: extrem spannend, extrem gut zu lesen, extrem brutal und anschaulich geschildert. Klare 5 Sterne und ich habe mir einen der Vorgänger gekauft.

Bewertung vom 31.01.2019
Der Apfelbaum
Berkel, Christian

Der Apfelbaum


ausgezeichnet

Bewegende und bewegte Familiengeschichte

Er fühlte sich als Kind wohl als nichts Ganzes und nichts Halbes, so kommt es einem vor, wenn man in die Lebens- und Familiengeschichte des Schauspielers Christian Berkel einsteigt. Und er nimmt den Leser mit auf eine Reise in seine Vergangenheit, die Vergangenheit seiner Eltern, auf die Suche nach seinen Wurzeln und seiner Identität.

Akribisch und analytisch, neutral und nie wertend springt der Autor durch die Jahre vor seiner Geburt, dokumentiert die Erinnerungen seiner Mutter, der einzigen, die sich daran noch erinnern kann. Aber dabei ist es auch ein Wettlauf gegen die Zeit. Seine Mutter ist zu dem Zeitpunkt, als er anfängt zu schreiben schon hochbetagt und zunehmend dement.
Aber mit ihrer Hilfe (und der Recherche in Archiven und Schriftwechseln) schafft Christian Berkel ein großes Werk. Keine Biographie und keine Autobiographie. Sondern ein Familien-Epos, zusammengestrickt wie ein Flickenteppich aus bruchstückhaften Erinnerungen der Mutter (die sich an vieles gar nicht mehr erinnern will, an vieles aber nicht erinnern kann) zu einem stimmigen Ganzen und dann auch noch in einer äußerst ansprechende Form formuliert.
Natürlich kennt der Leser den Schluss. Denn es ist die Geschichte des Autoren, Jahrgang 1957 - also müssen die beiden Hauptfiguren Sala und Otto irgendwann irgendwie zusammenkommen. Aber der Weg ist ein bewegter und bewegender.

Seine Mutter Sala lernt 1932 mit 13 Jahren, den vier Jahre älteren Otto kennen, als dieser in ihr Elternhaus einbricht. Später kreuzen sich ihre Wege, als ihr Vater den mittellosen Otto unter seine Fittiche nimmt und ihm eine Welt aus Büchern und Bildung eröffnet, die der wissbegierige junge Mann nur zu gerne betritt. Schließlich bringt Otto, der Junge aus dem Berliner Hinterhaus, es sogar zum Arzt.

Danach trennten sich ihre Wege. Die Halbjüdin Sala verlässt 1938 Deutschland, Otto zieht als Arzt in den Krieg und endet in russischer Kriegsgefangenschaft. Sala ist jahrelang auf der Flucht. Über Spanien und Frankreich endet sie im Internierungslager Camp de Gurs. Aber in der ganzen Zeit können Sala und Otto einander nicht vergessen. Fast unglaublich, dass sie sich nach vielen Jahren wiederfinden (Sala, inzwischen Mutter der gemeinsamen Tochter, lebte nach dem Krieg einige Zeit in Argentinien, Otto kehrte nach der Gefangenschaft nach Berlin zurück) und ihren Lebensweg danach bis zu Ottos Tod gemeinsam gehen.

Interessant fand ich auch, welchen illustren Umgang die Familie über die Jahrzehnte so pflegte. Eine Tante Salas war Modedesignerin in Paris und Ausstatterin der Duchess of Windsor, ihr Vater gehörte zum Dunstkreis von Erich Mühsam, Sigmund Freud und Hermann Hesse.
Das Buch ist keine leichte Kost. Inhaltlich nicht und sprachlich ganz sicher auch nicht. Berkel wechelt die verschiedenen Zeitebenen flüssig und schon allein dadurch ist das Buch nichts für „nebenher“, sondern bedarf Konzentration und man muss sich auf die Geschichte einlassen. Aber wenn einem das gelingt, dann lebt man das im Buch geschilderte Leben der Personen ein Stück weit mit, die Charaktere werden so authentisch, lebensnah, liebenswert und dreidimensional geschildert. Und die Geschichte ist auch heute, in Zeiten, in denen die Gesellschaft sich wieder nach rechts bewegt, erschreckend aktuell. Es ist eine Geschichte über wahre und unendliche Liebe gegen alle Widrigkeiten, Standes- und Landesgrenzen hinweg, über Glück und Zufälle, erzählt mit einem Augenzwinkern und oft einer Träne im Knopfloch.

Sollte Christian Berkel, ebenso wie seine Ehefrau Andrea Sawatzki, Gefallen an der Schriftstellerei gefunden haben, hat er sich selbst die Messlatte mit diesem Buch extrem hochgelegt. An dieses Werk heranzukommen wird schwierig.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.