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TochterAlice
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 1396 Bewertungen
Bewertung vom 02.12.2021
Mach dich locker
Berg, Ellen

Mach dich locker


ausgezeichnet

Vom Helikopter ist schwer runterkommen!

Marie ist nämlich eine Helikopter-Alles: Helikopter-Mutter, Helikopter-Hausfrau, Helikopter-Ehefrau, Helikopter-Mitarbeiter, Helikopter-Kollegin und noch so manches mehr. Sie kann so gar nicht verstehen, dass es doch tatsächlich Menschen gibt, die ganz anders ticken und dass diese offensichtlich sogar die Mehrheit bilden. Und mehr und mehr wird deutlich, dass sie diese nicht einmal mehr in der eigenen Familie hält - ein Schock für sie!

Vor allem, als sie mitbekommt, wie ihr Mann Alex auf Babette, die größte Schlampe unter den Mitschülern ihrer Kinder Robin und Lilli, reagiert. Für sie fühlt es sich so an, als ob er schon mehr oder weniger dabei ist, zu ihr umzuziehen!

Und dann passiert der Supergau: Marie wird krank und zwar so sehr, dass sie das Bett hüten muss. Und Axel hat nichts Besseres zu tun, als seine Mutter ins Haus zu holen. Natürlich versucht Marie wieder einmal, alles selbst zu lösen....

Autorin Ellen Berg ist hier wieder einmal ein überaus unterhaltsamer und vor allem humorvoller Roman, der so einige Alltagsprobleme auf die Schippe nimmt.

Sehr zu empfehlen sowohl für die Perfektionisten als auch die Schlampigen unter uns, denn hier kann jeder etwas lernen, denn auch an tiefergehenden Erkenntnissen mangelt es hier nicht. Den Roman können Sie also getrost allen Mitmenschen schenken, mit denen Sie es gut meinen (und bei denen Sie sicher sind, dass diese ihn noch nicht kennen!

Bewertung vom 29.11.2021
Unsere Zeit ist immer
Cousens, Sophie

Unsere Zeit ist immer


ausgezeichnet

Minnie ist ein rechter Pechvogel - und das bereits seit ihrer Geburt am 1. Januar 1990. Sie hatte beste Chancen, das erste Londoner Baby mit einer Neun vor der Null im Geburtsjahr zu werden, aber tatsächlich war die Bettnachbarin ihrer Mutter schneller. Und zwar, weil diese ihr geholfen hatte: Connie Cooper hatte Tara Hamilton, so hieß die elegante Schönheit, mit diversen Plaudereien entspannnt und aufgelockert. Mit dem Resultat, dass Tara ihr nicht nur die 50.000 Pfund, die für das erste 90er-Baby der Stadt ausgelobt worden waren, vor der Nase wegschnappte, sondern auch den von ihr ausgesuchten Vornamen, nämlich Quinn.

Der passt nämlich sowohl für Jungs als auch für Mädchen. Und so lief Quinn Hamilton als Glückskind durchs Leben, während Minnie Cooper von Geburt an eine Witzfigur war! Dachte sie - und lernte prompt am gemeinsamen 30. Geburtstag selbigen Quinn kennen - auf seiner Geburtstagsparty wohlgemerkt, auf der sie sich selbst in der Toilette eingesperrt hatte.

Es zeigt sich, dass das Leben genau so mit Quinn umgegangen ist, wie Minnie es immer angenommen hat: er arbeitet als Unternehmensberater, hat einen Haufen Geld, sieht super aus und überhaupt....

Minnie hingegen ist gerade dabei, ihr erstes eigenes Business - ein Catering für Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens alt geworden sind, an die Wand zu fahren. Und da zeigt sich, dass Quinn nicht nur unglaublich schön und erfolgreich, sondern auch menschlich voll in Ordnung ist. Einfach zu gut, um wahr zu sein - für Minnie jedenfalls?

Eine Liebesgeschichte, die es tausendfach gegeben hat? Nun, sie endet zugegebenermaßen nicht ganz unvorhersehbar, aber alles andere stimmt nicht. Dieser Roman ist witzig, spritzig - und vor allem ist er kein bisschen oberflächlich! Einfach ein toller Unterhaltungsroman mit originellen Ideen und scharfsinnigen Dialogen, absolut klasse gezeichneten Figuren und einigen Umwegen, die beim besten Willen nicht erwartet werden können.

Ein Buch, das man der besten Freundin zu Weihnachten schenkt, damit sie sich auf allerhöchstem Niveau entspannen kann! Und auch noch nächstes Jahr um die selbe Zeit weiß, was sie da gelesen hat und zwar in allen Einzelheiten. Denn dieser Roman ist einfach zu gut, um in Vergessenheit zu geraten!

Bewertung vom 28.11.2021
Die Winterkönigin und andere Träume
Morris, Jackie

Die Winterkönigin und andere Träume


gut

Alles beginnt mit einer Teekanne

Was mich als begeisterte Teetrinkerin dazu bringt, weiterzublättern , denn diese Kanne ist "nur" eine Zeichnung unter der Widmung und verrät noch nichts von den Atmosphäre des Buches.

Dieses ist voll von Geschichten und voll von Tieren. Ich komme mit dem gedichteten Format nicht so ganz klar, es hält mich eher auf Abstand, als dass es mir Nähe suggerieren würde.

Und ich muss leider sagen, dass dieses Gefühl der Entfremdung im Verlauf der Lektüre eher zu- als abnimmt. auch die Bilder sagen mir nur teilweise zu.

Die Winterkönigin in enger Umarmung mit den unterschiedlichsten Tieren bringt in mir keine Wärme, sondern eher Entfremdung hervor, auch die Texte neigen dazu, mehr und mehr zu verschlüsseln als dass sie das Buch dem Leser öffnen.

Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass dieses Buch nichts für mich ist - andere mögen sich dafür begeistern, ich hingegen finde keinen Zugang. Mir kommt es düster, schwermütig und kalt vor - kein Buch, das ich gerne verschenken oder mit anderen teilen möchte, so detailverliebt die Zeichnungen auch gefertigt sind.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.11.2021
Der Himmel über Bay City
Mavrikakis, Catherine

Der Himmel über Bay City


sehr gut

Wir erfahren Amys Geschichte aus erster Hand; nämlich aus ihrer eigenen. Sie wächst in Bay City, einem kleinen Ort in Michigan in einem Blechhaus auf - ungeliebt von einer Mutter, die immer noch an ihrer ersten, während der Geburt verstorbenen Tochter hängt.

Im Prinzip wird Amy von Babette, der jüngeren Schwester ihrer Mutter aufgezogen. Die Schwestern kamen aus Frankreich in die Staaten, um zu vergessen: zu vergessen, dass ihre Eltern sowie viele andere Verwandte in Auschwitz oder anderen Lagern ums Leben kamen, von Nationalsozialisten verbrannt wurden.

Doch kann Babette das nicht vergessen und Amy kann es auch nicht. Es wird nicht deutlich, in welcher Form dieses so schmerzvolle Erbe an Amy weitergeben wird. Viel gesprochen wird nicht darüber, doch ist die nonverbale Kommunikation im Hause eine unglaublich starke und so sehen irgendwann sowohl Babette als auch Amy die Großeltern im Haus - die doch eigentlich in Auschwitz ermordet wurden.

Amy erzählt sehr spröde und knapp von ihrem Leben, einem Leben, das sie nicht lieb, von dem sie sich gleichwohl nimmt, was sie möchte: Sex zum Beispiel und Drogen. Und immer wieder wird deutlich, wie sie unter der Abneigung ihrer Mutter leidet. Sie selbst wirkt gleichgültig, ab und zu wird ihre Abneigung gegen eine Person oder eine Angelegenheit deutlich, Positives ist selten zu spüren, aber es ist da.

Nach einer Katastrophe, die Amy laut eigeiner Aussage selbst verschuldet hat, verlässt sie Michigan und landet irgendwann nach Station in Indien in New Mexiko, wird Mutter einer Tochter - Heaven. Diese will sie unter allen Umständen von einem Schicksal wie dem ihrigen oder dem ihrer Tante Babette schützen.

Falls Sie - im wahrsten Sinne des Wortes - Blut geleckt haben: machen Sie sich bewusst, dass dies extrem schwere Kost ist. Ich habe Ewigkeiten gebraucht, um mich durch diesen Roman zu wühlen, ihn sozusagen zu erobern. Und auch er hat mich gewissermaßen erobert: durch den Schmerz und auch durch die Ohnmacht, die quasi aus jeder Zeile spricht. Ein Roman, der nur bei wenigen ankommen wird, gleichwohl jedoch aus meiner Sicht wichtig ist.

Bewertung vom 24.11.2021
Oh, William!
Strout, Elizabeth

Oh, William!


sehr gut

Lucy Barton, Strout-Fans bereits aus zwei Vorgängerbänden bekannt, beschäftigt sich hier mit ihrem ersten Mann William. Er ist ein der Vater ihrer beiden Töchter - ein verständlicher Grund, warum der Kontakt bestehen blieb. Und das, obwohl er Lucy sehr enttäuscht hat - es zeigte sich nämlich, dass er während ihrer etwa zwanzig Jahre währenden Ehe eine ganze Reihe von Affären gehabt hatte.

Dennoch entstand mit den Jahren eine gute Freundschaft zwischen ihnen - vielleicht gerade, weil beide wieder geheiratet hatten: William zum zweiten und zum dritten Mal, wogegen Lucy in dem Cellisten David ihre große Liebe fand. Leider hatte ihre glückliche Ehe nicht allzulang Bestand, da David erkrankte und binnen eines Jahres verstarb.

Lucy ist es, an die sich William wendet, als ihm etwas unerwartet Furchtbares passiert und sie ist es auch, die er nach einer weiteren verstörenden Nachricht darum bittet, mit ihm in seine Vergangenheit zu reisen, eine Vergangenheit, die in Maine ihren Anfang nahm. Und Lucy fühlt sich nicht nur einmal bemüßigt, "Oh, William" zu sagen bzw. zu denken. Wie einst....

Elizabeth Strout gelingt es einmal mehr, ihrer Protagonistin eine Stimme, einen eigenen Charakter zu verleihen. Hier residiert Lucy Barton, ein ganz anderer Mensch, als es Olive Kitteridge aus "Mit Blick aufs Meer" und "Die langen Abende" ist. Sie ist deutlich beständiger, nicht so widersprüchlich und deutlich duldsamer und kann mich vielleicht gerade deswegen nicht ganz so packen, wie es Olive tat. Was möglicherweise unfair ist ihr gegenüber, denn auch sie macht sich so ihre Gedanken über das Leben im Allgemeinen und ihr Umfeld im Besonderen und sie sind genauso lesenswert wie die von Olive.

Ich glaube, es liegt daran, dass Strouts Charaktere Leben: sie bleiben nicht auf den Seiten des Buches, sondern steigen daraus hervor, begleiten den Leser während der Lektüre und da ist es eben so wie im wahren Leben: ich lasse mich lieber von Olive und den ihrigen unterhalten als von Lucy.

Das ist aber kein Grund, "Oh, William" nicht zu lesen - ich mochte beide Bücher und genieße den stets leicht sarkastischen, manchmal gar zynischen Stil der Autorin, die es einfach drauf hat: nämlich mir unterhaltsame, lehrreiche, witzige und sehr berührende Lesestunden zu bereiten!

Bewertung vom 24.11.2021
Sehnsucht nach Shanghai
Lingyuan, Luo

Sehnsucht nach Shanghai


sehr gut

Eine Frau mit starkem Willen
Das ist Emily Hahn, eine amerikanische Journalistin und Autorin. Und eigentlich ist sie mit ihren Wertvorstellungen und Zielen ihrer Zeit schon lange voraus! Einerseits - denn auf der anderen Seite hat sie keine Probleme damit, durch Männer - verschiedene Männer - angebotene Vorteile uneingeschränkt zu nutzen. Im Klartext: Emily ist eine Frau, die sich ihren Teil vom Kuchen des Lebens nimmt.

So entscheidet sie sich 1935 dazu, in Shanghai zu bleiben, als ihre ältere Schwester die Stadt wie geplant nach einigen Wochen in Richtung Heimat verlässt. Dort gibt es für sie als schaffenden Menschen so viele Anregungen und nicht zuletzt den unglaublich attraktiven Verleger Zau Sinmay!

Emily bleibt also - und zwar jahrelang - und schreibt, auch wieder ihrer Zeit voraus, Reportagen zu China für den "New Yorker": eine Art Auslandskorrespondentin der besonderen Art. Und wird zur langjährigen Geliebten des verheirateten Sinmay, später sogar zu seiner Zweitfrau - und zwar mit Billigung der ersten Frau. Insgesamt bleibt sie über fünf Jahre und als sie Shanghai verlässt, ist nichts mehr so, wie es war - weder in Bezug auf die Stadt noch auf Emily selbst.

Denn Emily wirft sich mit aller Macht in ihr asiatisches Leben - sie zaudert auch nicht, als es schwer wird, als alle ihre Vorteile zu schwinden drohen und als der Krieg und vor allem Kräfte aus China sich Shanghais bemächtigt und die in den 1930ern strahlende, blühende Stadt versinkt.

Eine Frau wie ein Orkan und auf ihre Weise sicher ähnlich bemerkenswert wie Lee Miller oder auch Martha Gellhorn, ihre Kolleginnen als Auslands- und Kriegsjournalistinnen. Vorliegender Roman zielt meines Erachtens etwas zu stark darauf ab, ihre weibliche Seite hervorzuheben und zwar in jeder Lebenslage! Dennoch habe ich diesen Roman sehr gerne gelesen und freue mich darauf, mich weiterhin mit der Person Emily Hahn sowie mit ihrem Umfeld zu beschäftigen!

Bewertung vom 23.11.2021
Goldenes Gift / Xavier Kieffer Bd.7
Hillenbrand, Tom

Goldenes Gift / Xavier Kieffer Bd.7


gut

Das musste doch wieder so richtig abgehen bei diesem Krimi, zumal die Hauptrolle wieder einmal von Xavier Kieffer übernommen wird, der auch einmal mehr von seinen üblichen Sekundant*innen eskortiert wird: seinem golden Girl Valerie Gabin und dem offensichtlich unentbehrlichen finnischen Vielfraß, -trinker und Schwerenöter Pekka Vatanen sekundiert wird.

Ich liebe Krimis mit Ausflügen in wissenschaftliche Gefilde, manchmal sogar dann, wenn sie sich mit wirtschaftlichen Interessen vermengen - und ich liebe Xavier Kieffer, den luxemburgischen Koch! In diesem Krimi hat man beides zusammen und stellenweise wird es auch spannend, aber leider nur selten unterhaltsam und so richtig informativ. Es wird schon früh deutlich, dass es um Honig geht und dass offenbar so manch einer krumme Geschäfte damit treibt. Dem kommen sowohl Xavier im heimischen Luxembourg als auch Valerie auf einer Dienstreise nach Kalifornien auf die Schliche - doch wird daraus in Kombination kein wirklich packender und faszinierender Krimi, sondern ein wirres Hin- und Hergerenne, das zwar hauptsächlich von Valerie verursacht wird, an dem aber auch Xavier nicht ganz unschuldig ist. Irgendwie wirken ihre Handlungen häufig kopflos - als ob die beiden weiterfahnden würden, ohne den Leser überhaupt mitzunehmen und ohne ihm die weiteren Charaktere überhaupt vorzustellen. Die nämlich wirken häufig blass und austauschbar: ein Phänomen, dem ich bereits in zahlreichen Krimis begegnet bin, nicht aber in der Kieffer-Reihe. Jetzt hoffe ich sehr, dass dies nur ein Ausrutscher ist und dass es nicht in diese Richtung weitergeht. Denn ich wünsche mir noch ganz, ganz viele Fälle von Tom Hillenbrand und mit Xavier Kieffer und zwar welche mit Spannung, Unterhaltung und jeder Menge amüsanter Überraschungen!

Bewertung vom 21.11.2021
Hannerl und ihr zu klein geratener Prinz
Schmidinger, Dolores

Hannerl und ihr zu klein geratener Prinz


sehr gut

Hannerls Jugendjahre verlaufen eigentlich gar nicht so schlecht. Die Mutter ist zwar lieblos und hat oft kein Verständnis für die Pläne der Tochter, aber es gibt ja noch den Stiefvater, einen gestandenen Sozialisten, der Hannerl fördert und ihr zeigt, dass Frauen auch was wert sind und dass ihnen Wege offenstehen, ihre Zukunft selbst zu gestalten.

Dieser Glaubenssatz wird ihr aber vom Schmiedinger Josef, den sie heiratet und der ihr trotz ihrer guten Ausbildung nicht erlaubt, weiter zu arbeiten, schnell ausgetrieben. Das kleine Männlein ist der Ansicht, dass eine Frau zu Hause zu sein hat - und seine Meinung zählt, auch in den Augen des Staates Österreich.

Doch es kommt noch schlimmer: als sie nach langen Jahren endlich Mutter wird, beginnt er sie zu erniedrigen und der Tochter noch auf eine ganz andere Art und Weise zuzusetzen. Denn er mag Frauen nur, wenn es noch keine sind - noch lange nicht.

Ein Familienleben, wie es nicht sein sollte - widerlich und abstoßend ist, was Dolores Schmidinger mit einer Menge Sarkasmus und nach längeren Ausführungen zu Ahnen und Urahnen äußerst knapp darlegt -anders wäre es wahrscheinlich für sie nicht zu ertragen gewesen.

Der zu klein geratene Prinz war nicht einmal ein Knallfrosch, sondern allenfalls ein Molch, aber das hielt den Möchtegern-Heldentenor und Nazifreund nicht davon ab, sich an den Frauen seiner Familie schadlos zu halten - auf die ein oder andere Art.

Ein eindringlicher, aber auch sehr trauriger und ernüchternder Lesestoff.

Bewertung vom 21.11.2021
Das Geschenk
Bronsky, Alina

Das Geschenk


gut

Nach langen Jahren des Familienlebens möchten Peter und Kathrin Weihnachten endlich mal zu zweit feiern - eine spontane kleine Reise wird ins Auge gefasst, ans Meer zum Beispiel. Aber dann macht der Anruf eines alten Freundes ihnen einen Strich durch die Rechnung: Klaus, seit vier Jahren Witwer, bittet die beiden, Weihnachten doch bei ihm zu verbringen. Und Kathrin kann dem Rest eines Paares, mit dem sie jahrelang befreundet waren, einfach nicht absagen.

An Ort und Stelle treffen sie auf eine junge, eine sehr junge Frau: Sharon. Sie stellt sich als "Die Neue von Klaus" vor und lässt die beiden erstmal dumm dastehen. Klaus muss alles andere als getröstet werden und die Besucher kommen sich veräppelt vor. Zumal Sharon als das Dummchen vom Dienst auftritt.

Doch so langsam, aber sicher zeigt sich, dass nicht alles so ist, wie es scheint und dass nicht alle so ticken, wie es den Anschein hat: in mancher Hinsicht auch man selber nicht. Alina Bronsky versteht es hier, sowohl Lesern als auch Gästen den Wind aus den Segeln zu nehmen und alles anders dastehen zu lassen.

Abgesehen davon, dass es Geschenke und einen relativ unterkühlten Kirchgang ist, ist die Handlung jedoch nicht sonderlich weihnachtlich gestaltet. Außer, man ist der Meinung, man sollte in Gesprächen ans Eingemachte gehen, wie es in einigen Familien wohl passiert. Jedenfalls muss der Leser hier nicht auf die entsprechende Eskalation verzichten. Ich hätte - gerade bei dieser Autorin auf ein bisschen mehr Stimmung gehofft. So bleibt ein eher ungutes Gefühl in bezug auf weihnachtliche Harmonie zurück.

Bewertung vom 19.11.2021
In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10
Neuhaus, Nele

In ewiger Freundschaft / Oliver von Bodenstein Bd.10


sehr gut

Auch Lektor*innen können gefährlich leben
Was man im Winterscheid-Verlag überraschend zu spüren bekommt: gleich zwei Vertreter dieser Berufsgruppe kommen gewaltsam zu Tode - mit nur wenigen Tagen Abstand voneinander. Die Erste war vor kurzer Zeit erst ihren Job losgeworden - dem neuen Verlagsleiter gefiel ihre Illoyalität gegenüber dem Haus Winterscheid nicht. Und der Zweite war - so schien es - fest integriert in das personelle Gefüge des Verlages. Doch wenn man genauer hinsieht, was Pia Sander und Oliver Bodenstein natürlich tun, dann wackelte es doch gewaltig und es gab so einige Köpfe im Verlag, die ihm nicht grün waren.

Wobei die beiden - vor allem Pia - sogar persönlich in den Verlag involviert sind: ihr Exmann, der Pathologe Dr. Henning Kirchhoff, mittlerweile wieder ein guter Freund, ist neuerdings Krimiautor und wird als solcher vom Winterscheidt-Verlag betreut.

In dem offensichtlich ein Hauen und Stechen herrscht: mehr und mehr zeigt sich, dass eigentlich jeder einige Geheimnisse vor manch anderen zu verbergen sucht - manche werden damit erpresst, anderen wird auf andere Art und Weise zugesetzt.

Die beiden Mordopfer waren zu ihrer Schulzeit in den 1980ern Teil einer sehr eng verbandelten Clique, in der sich auch Götz Winterscheid, der im Sommer 1983 zu Tode kam, befand. Nach seiner Beerdigung erhielten überraschenderweise alle Mitglieder der Clique eine Festanstellung im Verlag seiner Eltern. Allerdings haben nicht alle so lange an dieser festgehalten wie die beiden Opfer.

Anscheinend konnte nur jemand aus diesen Reihen der Täter sein - denn das Wissen, das den Taten zugrunde liegt, kreist um einige wenige Tage im August 1983.

Ein Belletristik-Verlag und alles, was um ihn herum kreist, ist in der Tat ein fesselndes und packendes Setting für Leseratten. Doch leider war mir so, als wolle Autorin Nele Neuhaus sowohl hier als auch in der wie stets sehr lebhaft gestalteten Rahmenhandlung viel zu hoch hinaus - viel zu verschachtelt und weit hergeholt erschien mir diese.

Aber das macht nix: eine Nele Neuhaus macht - wenn überhaupt - nur Kleinigkeiten falsch und so habe ich auch diesmal mit großer Spannung und meistensteils auch mit Begeisterung gelesen!