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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Xirxe
Wohnort: 
Hannover
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 869 Bewertungen
Bewertung vom 30.03.2015
Die besten Beerdigungen der Welt
Nilsson, Ulf;Eriksson, Eva

Die besten Beerdigungen der Welt


ausgezeichnet

Wie bringt man Kindern bei, was der Tod bedeutet? Vielleicht mit diesem wundervollen Büchlein, das gerade mal knapp 40 Seiten umfasst. Drei Kindern, ca. 4, 6 und 8 Jahre alt, ist es langweilig, bis sie auf die Idee kommen, Tiere zu beerdigen. Eine tote Hummel ist die erste Begrabene. Ester, die Älteste, gräbt das Loch, der Ich-Erzähler schreibt ein Gedicht ("Ein kleines Leben in der Hand, plötzlich weg, tief, tief im Sand") und Putte, Esters kleiner Bruder, ist für das Weinen zuständig. Sie säen Samen von Blumen aus und stellen auch ein Kreuz auf. Völlig begeistert von der Idee machen sie sich auf die Suche nach weiteren Toten und werden auch schon bald fündig: Mäuse aus der Falle, ein überfahrenes Kaninchen, ein Hamster aus der Nachbarschaft, drei tote Heringe aus dem Kühlschrank und eine Amsel, die vor ihren Augen stirbt. Bevor sie begraben werden, werden sie noch getauft auf so schöne Namen wie Paula Antonia oder Schweinchen Dick.
Die Drei gehen so unverkrampft mit dem Tod um, dass es eine wahre Freude ist. Selbst der kleine Putte, der zuvor noch überhaupt keine Ahnung hatte und erst einmal weint als er zu verstehen beginnt, ist halbwegs getröstet, als Ester ihm versichert, dass er erst als alter Mann sterben muss (und dann auch seine Kuscheldecke, Teddy, Kekse, Saft und Kuchen mitnehmen darf).
Auch die Bilder sind wunderschön. Alles ist sehr farbenfroh und zart gezeichnet und die Charaktere der Kinder sind toll wiedergegeben. Ein kleines Büchlein zum Lachen und Freuen mit einem ernsten Thema - einfach klasse!

Bewertung vom 30.03.2015
An einem Tag wie diesem
Stamm, Peter

An einem Tag wie diesem


sehr gut

Seit 18 Jahren lebt der Schweizer Andreas als Lehrer in Paris, ein Tag so unspektakulär wie der andere. Seit er die Chance vertan hat, sich seiner Jugendliebe Fabienne zu offenbaren, nimmt er das Leben wie es kommt und verschwendet keine Energien darauf, den Ablauf seines Daseins zu verändern oder Beziehungen zu vertiefen. Nichts berührt ihn wirklich, seine Freundschafts- wie auch Liebesverhältnisse und die Verbindungen zu seiner Familie bleiben oberflächlich, als ob mit der Nichterfüllung seiner Liebe zu Fabienne jegliches Interesse an Anderen erloschen sei. Erst als der Verdacht entsteht, er habe eine ernsthafte Krankheit, beschließt er aus dieser Monotonie seines Lebens auszubrechen.
Obwohl ich das Buch gerne gelesen habe, fällt es mir nicht leicht, es Anderen zu empfehlen. Die Handlung ist weder übermäßig spannend geschweige denn humorvoll, der Protagonist dröge und eher langweilig - weshalb sollte man es dann lesen? Vielleicht weil es ein Abbild des wahren Lebens ist, gerade in dieser Gleichförmigkeit, wo sich kaum ein Tag vom anderen unterscheidet. Doch letzten Endes liegt es nur an einem selbst, dies zu ändern. Andreas' Krankheit veranlasst ihn dazu: Statt in seinen Träumen weiter zu verharren und den verpassten Chancen nachzutrauern, ergreift er selbst die Initiative und erkennt, dass die Träume nur wenig bis nichts mit der Realität zu tun haben. Das echte Leben befindet sich genau vor ihm, er muss nur den Schritt hineinmachen.
Ein Buch, das weniger Unterhaltung bietet als Stoff zum Nachdenken.

Bewertung vom 30.03.2015
Die Reise mit der gestohlenen Bibliothek
Whitehouse, David

Die Reise mit der gestohlenen Bibliothek


ausgezeichnet

Der 12jährige Bobby hat es nicht leicht: Seine Mutter ist von einem Tag auf den andern verschwunden und so lebt er nun alleine mit seinem jähzornigen Vater und dessen klatschsüchtiger Freundin unter einem Dach. Sein einziger Halt ist sein Freund Sunny und die Spuren seiner Mutter zu archivieren: Haare, Kleidungsstücke, Bürsten, alles was er finden kann. Doch dann verschwindet auch noch Sunny und er droht zu verzweifeln, aber die plötzliche Freundschaft zu Rosa, einem Nachbarmädchen und deren Mutter Val gibt ihm neuen Mut. Als sich dann plötzlich jede Menge Schlamassel ankündigt, brechen die drei mit einem gestohlenen Bibliotheksbus zu einer Abenteuerfahrt auf. Und ein Abenteuer wird es...
Eine richtig schöne herzerwärmende Geschichte, die jedoch ebenso ein nicht gerade kleines Maß an Traurigkeit zu bieten hat. Wie Bobby seine Mutter vermisst, von seinem Vater und Klassenkameraden drangsaliert wird ebenso wie Rosa von größeren Jungs, wie bei der ganzen Unternehmung stets die Ahnung mitschwingt, dass es kein gutes Ende nehmen wird - das ist nicht gerade amüsante Unterhaltung. Doch dem Autor gelingt es immer wieder, diese allzu traurigen Momente mit wenigen Worten in eine heitere Situation zu verwandeln. So war ich beim Lesen hin und her gerissen zwischen traurig und wunderschön - ach, es ist einfach Beides.
Natürlich kommen auch die Bücher nicht zu kurz, schließlich findet die Reise ja in einem Bibliotheksbus statt. Val, die Rosa viel vorliest, führt auch Bobby ans Lesen heran. Und so beginnt er alles zu verschlingen, was ihm in die Finger fällt und stellt fest, dass viele Abenteuer die er kurz zuvor gelesen hatte, er selbst in ähnlicher Form erlebt. Auch das Ende (das ich natürlich nicht verrate) ereignet sich durch die Inspiration eines Buch.
Alles in allem: einfach schön!

Bewertung vom 30.03.2015
In guten Kreisen
Dermont, Amber

In guten Kreisen


sehr gut

Es ist Ende der 80er: Jason gehört mit seinen 18 Jahren zu den reichen jungen Erwachsenen, die sich um ihre Zukunft keine Sorgen machen müssen. Die Familien haben Geld, mehr als genug, man genießt das Leben und irgendetwas wird sich schon ergeben. Doch Jason fühlt sich nicht zugehörig zu seinen Altersgenossen. Seine Liebe gehört dem Segeln zusammen mit seinem besten Freund Cal, doch als dieser sich umbringt, gerät Jasons Leben in Schieflage. Er wechselt das College und kommt in ein Internat, wo alle mit dem entsprechenden 'Hintergrund' ihr Abschlusszeugnis erhalten werden. Dort lernt er Aidan, eine Aussenseiterin, kennen, mit deren Hilfe er vorsichtig beginnt, Cals Tod zu verarbeiten. Doch bei einem schweren Sturm stirbt sie unter merkwürdigen Umständen und Jason ist wieder allein.
Es scheint eine recht unspektakuläre Geschichte zu sein, die hier erzählt wird: Ein 18jähriger, der mühsam versucht, seinen eigenen Weg zu finden und dabei immer wieder auf die Vergangenheit schaut. Doch Jason als Ich-Erzähler schildert mit überraschend genauem, empfindsamen Blick und auch mit Humor das Leben in dieser Luxuswelt, in der man die eigenen Privilegien als selbstverständlich hinnimmt und auf Andere, denen es nicht so gut geht, mit Gleichgültigkeit wenn nicht sogar Verachtung herabsieht. Jason versucht anders zu sein, was nicht so einfach ist, denn er stößt dabei immer wieder auf Misstrauen vonseiten der Menschen, die ausserhalb seiner Welt leben. Viele Vorurteile über das Leben der Reichen werden bestätigt (Oberflächlichkeit, Arroganz, Egoismus...), doch es wird auch klar, dass diese Jugendlichen letzten Endes zu großen Teilen nur ein Produkt ihrer Erziehung sind.
Ein schön zu lesender Roman mit einem Einblick in eine andere Welt, der mir persönlich nur etwas zu viel Segelsprache enthielt. Manche Seiten habe ich deshalb einfach quer gelesen, da ich eh nichts verstanden habe ;-)

Bewertung vom 30.03.2015
Denn wir waren Schwestern
La Seur, Carrie

Denn wir waren Schwestern


weniger gut

Montana ist die Heimat von Alma, doch mittlerweile lebt sie als erfolgreiche Anwältin in Seattle, hängt aber noch immer mit ganzem Herzen an diesem rauen, wunderschönen Land mit seinen einsilbigen Menschen, auch wenn sie es vor sich selbst nicht zugeben möchte. Als der überraschende Tod ihrer jüngeren Schwester Vicky sie mehr oder weniger nötigt in ihre Heimatstadt Billings zurückzukehren, sieht sie sich gegen ihren Willen gezwungen, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Dazu belastet sie der mysteriöse Tod ihrer Schwester, bei dem es einige Ungereimtheiten gibt wie auch die Sorge um ihre Nichte Brittanny. Nur wenige Tage will Alma in Montana verbringen, doch diese gestalten sich als eine Herausforderung, wie die toughe Anwältin noch keine zu bewältigen hatte.
Mehr oder weniger sind es eigentlich zwei Geschichten die hier erzählt werden. Zum Einen die Aufklärung der Umstände die zum Tode Vickys führten, zum Anderen Almas Gefühlsleben, das durch die Rückkehr in ihre Heimat und der Begegnung mit ihrer früheren Liebe in ein heftiges Chaos gestürzt wird. Während mir Ersteres zusagte (recht spannend mit einer für mich überraschenden Auflösung), empfand ich den anderen Teil zunehmend eher nervig. Nicht nur die Sprache störte mich ("Alma begreift allmählich die ozeanische Gewalt ihrer Gefühle..." S. 138 oder "...Bergkuppen, die wie Halbgötter über der Herrlichkeit eines Universums aus Hochebenen thronten." S. 152), auch die Vorhersehbarkeit der Handlung. Wer kriegt wen, wer macht was, die Guten (wenn auch mit kleinen Fehlern) sind in Montana, die Schlechten in der Stadt. Nach ca. 1/3 bis zur Hälfte des Buches ahnte ich, wie es ausgehen würde - und so war es denn auch, wie ich am Ende leider feststellen musste (aber, wie schon geschrieben, nicht beim 'Krimiteil').
So fällt mein Resümee etwas unentschieden aus: Die Aufklärung der Todesursache von Vicky habe ich mit Freude gelesen, Almas Gefühlsleben und Vergangenheitsbewältigung war nicht so mein Fall.

Bewertung vom 30.03.2015
Der Klang der Fremde
Thúy, Kim

Der Klang der Fremde


sehr gut

Als Zehnjährige floh die Autorin gemeinsam mit ihren Eltern aus Vietnam und gelangte über Malaysia nach Kanada. In kurzen Stücken, die selten mehr als eine Seite umfassen, blickt die nunmehr 40jährige in diesem Buch in nicht chronologischer Reihenfolge zurück auf ihre Vergangenheit und die ihrer Familie. Viele dieser Erinnerungen bergen den Ansatz für den Sprung zu einer anderen in sich.
Ein Beispiel: Sie berichtet von Kindern der GIs in Vietnam, die zumeist Waisen und/oder Obdachlose wurden. Einem dieser ehemaligen Kinder, einer mittlerweile jungen, obdachlosen Frau, begegnet sie in New York ohne ihr helfen zu können. Dabei erinnert sie sich an einen Onkel, der in Princeton seinen Doktor in Statistik machte und sie fragt sich, ob er die Anzahl der Risiken und Hindernisse berechnen könnte, denen diese junge Frau ausgesetzt war. Davon ausgehend überlegt sie, ob ihm dies auch mit der Berechnung der Wahrscheinlichkeit des Überlebens von Herrn An möglich wäre. Auch Herr An, ein früherer Richter und Universitätsprofessor, ist ein Flüchtling, der Grauenvolles durchmachte und ihr 'die Nuancen gelehrt' hat so wie Herr Minh in ihr den Wunsch zu schreiben weckte. Der Herr Minh, der an der Sorbonne französische Literatur studiert hatte. Und so weiter...
Menschen und Geschehnisse aus der Vergangenheit wecken Erinnerungen an Bekannte aus jüngerer Zeit und andersherum. Und so entsteht nach und nach ein Bild eines vielschichtigen, bunten Lebens, das neben Leid und Schmerz auch viel Wärme und Freude erlebt hat. Besonders eindrucksvoll empfand ich die Liebe und Dankbarkeit zum Dasein, die immer wieder durch die poetischen Sätze hervorklingen trotz all der entsetzlichen Dinge, die Kim Thúy erlebt hat. Ein berührendes Buch!

Bewertung vom 30.03.2015
Schwimmen mit Elefanten
Ogawa, Yoko

Schwimmen mit Elefanten


sehr gut

Ein kleiner Junge, geboren mit zusammengewachsenen Lippen und entstellt durch eine verpfuschte Operation, entdeckt (indirekt durch einen Toten) seine Liebe zum Schachspiel. Ein ehemaliger Busfahrer, der jetzt als Hausmeister im Wohnheim seiner früheren Kollegen arbeitet und nun in einem ausrangierten Bus lebt, lehrt dem Kleinen die Regeln, aber auch den tieferen Sinn für das Spiel. Dieser taucht völlig darin ein, in 'Ein Meer, in dem Elefanten baden.', zumal er dort einen der wenigen Freunde wiederfindet, die er hat: Es ist Indira, ein verstorbener, früher auf dem Dach eines Kaufhauses lebender Elefant, den er in seinen Läufern wiederentdeckt (statt des Läufers gab es ursprünglich eine Figur 'fil' bzw. 'alfil', was Elefant bedeutet. Im Russischen heisst der Läufer noch immer Elefant.) Durch die Vermittlung seines Lehrers erhält er die Möglichkeit, in einem mysteriösen Schachclub zu spielen, jedoch nicht wie üblich an einem Tisch sondern unerkannt in einem Schachautomaten, was dem kleinen Jungen sehr entgegenkommt. Denn seine Fähigkeiten entfaltet er am besten, wenn er unter dem Tisch sitzt und das Spiel von unten betrachtet. Sein Können spricht sich herum und so erhält der Schachautomat schon bald den Namen 'Kleiner Aljechin' nach einem berühmten Schachweltmeister.
Es ist eine Geschichte, die zu Beginn trotz ihres poetischen Stils recht realistisch anmutet. Doch je weiter sie fortschreitet, umso unerklärlicher und seltsamer wirkt das Geschehen. Für den Jungen, der beschließt nicht mehr zu wachsen ('Größerwerden ist eine Katastrophe'), ist Schach nicht nur ein Zeitvertreib, sondern das Leben, einfach alles. Mir schien es immer mehr wie eine Art des Zen: Der Junge als Zen-Schüler, der durch seinen Meister an die Praxis herangeführt wurde und diese immer weiter verbessert hat (lt. Wiki: 'Ein anderer, ebenso wichtiger Teil der Zen-Praxis besteht aus der Konzentration auf den Alltag. Dies bedeutet einfach nur, dass man sich auf die Aktivität, die man gerade in diesem Augenblick ausübt, vollkommen konzentriert, ohne dabei irgendwelchen Gedanken nachzugehen.'...'Den Schülern wird die Bereitschaft zur Aufgabe ihres selbstbezogenen Denkens und letztlich des Selbst abverlangt.'), bis am Ende die Erleuchtung steht. Lt. Wiki '...ein oft plötzlich eintretendes Erleben universeller Einheit, d. h. die Aufhebung des Subjekt-Objekt-Gegensatzes...'.
Ob dies nun stimmen mag oder nicht, in jedem Fall ist es eine schöne, poetische und etwas märchenhafte Geschichte, deren eigentliche Bedeutung sich ohne Hinweise wohl nie erschließen wird. Aber muss man immer alles verstehen ;-) ?

Bewertung vom 29.12.2014
Mops und Totschlag
Thoma, Victor

Mops und Totschlag


weniger gut

Ein eher erfolgloser und etwas träger Musiker, der sich mehr schlecht als recht als Klavierlehrer durch's Leben schlägt und durch seine überdurchschnittliche Schüchternheit noch ein zusätzliches Handicap aufweist, wird gleich durch zwei Ereignisse aus der Gleichförmigkeit seines Lebens gerissen: Die schöne aber auch mysteriöse Josephine, in die Ellermann sich verliebt hat, bittet ihn um Hilfe auf der Suche nach einem Mops, den sie zur Pflege hatte und der ihr entwischt ist. Gleichzeitig wird eine Klavierschülerin von ihm tot aufgefunden und ihre Diamanten sind verschwunden. Auf fast unerklärliche Weise wird Ellermann in diesen Fall hineingezogen und plötzlich findet er sich in einem Gewirr von Mord und Diebstahl wieder, in dem auch der verschwundene Mops eine Rolle zu spielen scheint. Von Josephine ganz zu schweigen...
Das mag sich alles erst einmal recht nett und amüsant anhören, doch bei mir kam diese Art des Humors nicht so richtig an. Ich haderte mit dem Protagonisten bzw. dessen Lebensumständen, die mir derart unglaubwürdig vorkamen, dass ich mich immer wieder fragte: "Wie kann er sich eine Haushälterin leisten? Was ist mit den anderen KlavierschülerInnen? Von was lebt er? Wie kann man nur so blöd sein?" (Letzteres bezieht sich auf Josephine ;-) Ok, Liebe macht blind, aber sooo blind?). Dazu kommt die Figur des Therapeuten der dies alles erzählt, von der mir auch bis jetzt noch nicht so klar ist, was ihr Part der Geschichte ist. Weshalb schildert Ellermann nicht gleich das Ganze? Das wäre um einiges sinnvoller gewesen. Auch wenn die Lösung des Falles bzw. der Fälle doch überraschte, hat sie für mich diesen Romankrimi (oder wie immer man das nennen mag) nicht gerettet. Alles in allem gerade mal so durchschnittliche Kost.